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Der Einfluss von Aufzucht und Haltung auf das Auftreten von Osteochondrose (OC) beim Reitpferd

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover

und

dem Institut für Tierzucht und Haustiergenetik der Georg-August-Universität Göttingen

D

E R

E

I N F L U S S V O N

A

U F Z U C H T U N D

H

A L T U N G AUF DAS

A

U F T R E T E N V O N

O

S T E O C H O N D R O S E

(OC)

B E I M

R

EITPFERD

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Annette Wilke aus Bad Wildungen

Hannover 2003

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. O. Distl Prof. Dr. E. Bruns

1. Gutachter: Prof. Dr. O. Distl Prof. Dr. E. Bruns 2. Gutachter: Prof. Dr. H. Hackbarth

Tag der mündlichen Prüfung: 17.11.2003

(3)

für meine Eltern

(4)
(5)

5

INHALTSVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis ... 8

Glossar... 10

1. Einleitung... 11

2. Literaturübersicht... 13

2.1. Osteochondrose... 13

2.1.1. Vorkommen und Bedeutung von Osteochondrose ... 13

2.1.2. Einflussfaktoren auf die Entstehung von Osteochondrose... 17

2.1.2.1. Einfluss des Wachstums... 19

2.1.2.2. Einfluss von Fehlstellungen der Gliedmaßen... 20

2.1.2.3. Einfluss des Geschlechtes... 21

2.1.2.4. Einfluss der Bewegung / saisonaler Effekt... 21

2.1.2.5. Einfluss der Genetik... 22

2.2. Wachstum... 24

2.2.1. Übersicht über einige Wachstumsstudien ... 25

2.2.2. Einfluss des Geschlechtes ... 27

2.2.3. Einfluss der Genetik... 28

2.2.4. Saisoneffekt... 29

2.2.5. Einfluss der Fütterung... 31

2.2.6. Wachstum von Knochen... 32

2.2.7. Gliedmaßenfehlstellungen... 34

2.2.8. Regulation des Wachstums... 35

2.3. Haltung und Bewegung... 37

2.3.1. Einleitung... 37

2.3.2. Haltung... 37

2.3.3. Bewegung... 40

2.3.4. Rechtliche Grundlagen... 42

3. Material und Methoden... 45

3.1. Einleitung ... 45

3.2. Tiere ... 47

3.3. Datenerhebung ... 49

3.3.1. Wachstumsparameter... 49

(6)

6

3.3.2. Lineare Exterieurbeschreibung... 49

3.3.3. Haltung und Bewegung... 52

3.3.4. Röntgen ... 56

3.4. Datenaufbereitung und -auswertung ... 58

3.4.1. Wachstumsparameter... 58

3.4.2. Lineare Exterieurbeschreibung... 61

3.4.3. Haltung und Bewegung... 61

3.4.4. Röntgen ... 62

3.5. Statistische Modelle... 63

3.5.1. Analysen zum Einfluss verschiedener Effekte auf die Wachstumsparameter... 63

3.5.2. Analysen zum Einfluss verschiedener Effekte auf Osteochondrose ... 66

4. Ergebnisse... 68

4.1. Röntgenergebnisse ... 68

4.1.1. Ergebnisse des Röntgens der Fohlen (2001)... 68

4.1.2. Ergebnisse des Röntgens der Zweijährigen (2003)... 72

4.1.3. Vergleich der Röntgenbefunde bei Fohlen und Zweijährigen ... 76

4.2. Wachstum... 77

4.2.1. Wachstum der Fohlen... 77

4.2.1.1. Gewicht... 82

4.2.1.2. Größe... 84

4.2.1.3. Röhrbeinumfang ... 86

4.2.1.4. Quotienten... 87

4.2.1.5. Alter der Stute... 90

4.2.1.6. Beziehungen zwischen den Wachstumsparametern ... 92

4.2.2. Einfluss des Wachstums auf die Entstehung von Osteochondrose... 95

4.2.2.1. Einfluss des Gewichts ... 95

4.2.2.2. Einfluss der Größe ... 98

4.2.2.3. Einfluss des Röhrbeinumfangs ... 99

4.2.2.4. Einfluss der Quotienten ... 100

4.2.2.5. Nach Geschlecht getrennte Analysen ... 102

4.3. Lineare Exterieurbeschreibung und Häufigkeit von Osteochondrose... 107

4.4. Haltung und Bewegung... 109

4.4.1. Haltung und Bewegung der Zuchtstuten während der Stallperiode... 109

(7)

7

4.4.1.1. Haltung der Zuchtstuten während der Stallperiode... 109

4.4.1.2. Bewegung der Zuchtstuten während der Stallperiode ... 112

4.4.2. Haltung und Bewegung der Fohlen... 118

4.4.2.1. Haltung der Fohlen ... 118

4.4.2.2. Bewegung der Fohlen... 121

4.4.2.3. Einfluss der Bewegung der Fohlen auf OC... 125

5. Diskussion... 130

5.1. Wachstum... 130

5.1.1. Vergleich des Wachstumsverlaufs mit bisherigen Studien... 130

5.1.2. Einfluss des Geschlechtes ... 137

5.1.3. Saisoneffekt... 138

5.1.4. Einfluss des Betriebes ... 139

5.1.5. Einfluss des Alters der Stute... 139

5.1.6. Schlussfolgerungen... 140

5.2. Haltung und Bewegung... 142

5.2.1. Haltung und Bewegung der Zuchtstuten im Winter ... 142

5.2.2. Haltung und Bewegung der Fohlen... 145

5.2.3. Schlussfolgerungen... 146

5.3. Effekte auf Osteochondrose ... 151

5.3.1. Einfluss des Wachstums und des Geschlechtes... 152

5.3.2. Einfluss von Haltung und Bewegung ... 156

5.3.3. Saisoneffekt... 162

5.3.4. Einfluss der Gliedmaßenstellung... 162

5.3.5. Schlussfolgerungen... 163

6. Zusammenfassung ... 165

7. Summary... 168

8. Literaturverzeichnis... 170

9. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis... 187

10. Tabellenanhang... 199

(8)

8

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abb. Abbildung

Abweichg. Abweichung

BMELF Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

bzw. beziehungsweise

ca. circa

extr. extrem

FN Fédération Equestre Nationale

Fo_Nr. Fohlen-Nummer

ges. gesamt

GH growth hormone

GpG Gewicht pro Größe

GpRF Gewicht pro Röhrbeinquerschnittsfläche

GpRU Gewicht pro Röhrbeinumfang

HLRL Hessisches Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft

IGF insulin-like growth factor

KWPN Koninklijke Vereniging Warmbloed Paardenstamboek Nederland

LM Lebensmonat

LSM Least-Squares Mittelwert

Max. Maximum

Min. Minimum

mod. modifiziert

n Anzahl

n.s. nicht signifikant

(9)

9

neg. negativ

o.g. oben genannt

OC Osteochondrose

OCD Osteochondrosis dissecans

pos. positiv

s.o. siehe oben

s.S. siehe Seite

Sb Standardfehler des Regressionskoeffizienten

SLSM Standardfehler des LSM

Std. Stunde

Std.abw. Standardabweichung

syn. synonym

Tab. Tabelle

TierSchG Tierschutzgesetz

u.a. unter anderem

vergl. vergleiche

z.B. zum Beispiel

zit. zitiert

Ø arithmetisches Mittel

(10)

10

GLOSSAR

OC osteochondrotische Veränderung mit oder ohne Dissekat

Frühform von OC osteochondrotische Veränderung ohne Dissekat

OCD osteochondrotische Veränderung mit Dissekat

OC-ges. / OC-gesamt Osteochondrose gesamt

OC-F Osteochondrose im Fesselgelenk

OC-S Osteochondrose im Sprunggelenk

Bewegung Möglichkeit zur freien Bewegung

Bewegungsfrequenz Häufigkeit der Bewegung innerhalb einer Zeitspanne

Bewegungsdauer Dauer der jeweiligen Bewegung

Gesamtbewegung Produkt aus Bewegungsfrequenz und – dauer

Bewegungsmodus Koppel, Bewegungshalle (syn. Halle), Paddock, Führen Bewegungsbox Gruppenbox mit mind. 25 m² Fläche für Stute und Fohlen

(11)

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K a p i t e l 1

EINLEITUNG

„Wo immer der Mensch auf dem Wege zur Zivilisation seine Spur hinterließ, findet man auch das Pferd. Seine Größe und Stärke machen es dem Menschen körperlich weit überlegen, aber seine Dienstbereitschaft und jene seltsame Mischung aus freiem Stolz und Unterwürfigkeit, aus wildem Freiheitsdrang und angstvoller Hilflosigkeit haben den Menschen bestimmt, es zu erhalten“

(ISENBART, 1990).

Die Faszination, die seit jeher von den Pferden ausgeht, ist noch immer ungebrochen. Es wird in den verschiedenen Disziplinen der klassischen Reiterei (Springen, Dressur, Vielseitigkeit) über das Western- und Distanzreiten, den Fahr- und Rennsport sowie im Freizeitbereich eingesetzt.

Es findet Verwendung als Arbeitspferd im Dienste der Polizei, als Zugpferd beim Holzrücken oder als verlässlicher Partner im therapeutischen Reiten. Dabei ist Reiten ein Lifetime-Sport, dessen Zuwachszahlen sich mit denen des Fußballs messen können. Die 7.063 Reit- und Fahrvereine Deutschlands verfügen über 757.726 Mitglieder. Damit ist die Deutsche Reiterliche Vereinigung (Fédération Equestre Nationale, FN) die weltweit größte Pferdesport-Vereinigung.

Innerhalb des Deutschen Sportbundes (DSB) verzeichnete die FN im Jahr 2001 mit einer Steigerungsrate von 1,54 Prozent das drittbeste prozentuale Zuwachsergebnis unter den zehn größten Mitgliedsverbänden des DSB.

Indessen wird die Einsatzfähigkeit des Pferdes häufig durch gesundheitliche Probleme eingeschränkt. WALLIN (2002) führt aus, dass mehr als 60 Prozent der Pferde aufgrund von Problemen des Bewegungsapparates ausfallen. In bisherigen Studien zur genetische Veranlagung für Gliedmaßenerkrankungen lagen die Heritabilitäten im niedrigen bis schwach mittleren Bereich (WINTER, 1995; WILLMS, 1997), was darauf hindeutet, dass die Ursachen der Erkrankungen im Bereich von Haltung und Nutzung der Pferde liegen.

Es ist von entscheidender Bedeutung im Hinblick auf Gliedmaßenerkrankungen nicht erst mit der Behandlung der Symptome einzusetzen, sondern deren Entstehung durch eine gezielte und konsequente Prophylaxe vorzubeugen.

Stichtag 1. Januar 2001; die Mitgliederzahlen werden von den Landessportbünden erfasst und erst zu Beginn des folgendes Jahres der FN mitgeteilt. Sie sind stets auf den 1. Januar des Vorjahres datiert.

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Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, umweltbedingte Faktoren, die die Entstehung von Osteochondrose möglicherweise begünstigen, zu identifizieren. Das Wachstum der Fohlen wird dargestellt und anschließend zur Häufigkeit von Osteochondrose in Beziehung gesetzt. Weiterhin wird – im Sinne einer Bestandsaufnahme – die Zuchtstuten- und Fohlenhaltung in Niedersachsen beschrieben und letztere im Hinblick auf die Entstehung von Osteochondrose analysiert. Es wird der Frage nachgegangen, ob der Züchter über das Management der Fohlenaufzucht (insbesondere der Bewegungsintensität während der ersten Monate) die Häufigkeit des Auftretens von Osteochondrose beeinflussen kann.

Letztlich werden Empfehlungen in Bezug auf Haltung und Aufzucht der Fohlen herausgegeben, durch die die Häufigkeit von Osteochondrose reduziert werden kann.

(13)

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K a p i t e l 2

LITERATURÜBERSICHT 2.1. Osteochondrose

Osteochondrose wird einer Störung in der Zelldifferenzierung des wachsenden Knorpels zugeordnet (MCILWRAIGHT, 1989), und ist daher aufgrund des Entstehungszeitpunkts als Erkrankung des Fohlens zu verstehen.

Neben Osteochondrose gibt es eine Reihe weiterer Veränderungen, wie die Vergrößerung von Epiphysen, Verformung von Gliedmaßenknochen und erworbene Veränderungen (Verkürzungen) der Beugesehnen (Fehlstellungen), sowie Missbildungen der Halswirbelsäule (Wobbler-Syndrom), die im gleichen Lebensabschnitt entstehen. Sie werden unter dem Komplex

„orthopädische Entwicklungsstörung“ zusammengefasst (PAGAN u. JACKSON 1996;

BAXTER u. TURNER, 2002; MCILWRAIGHT, 2002).

2.1.1. Vorkommen und Bedeutung von Osteochondrose

In US-Amerikanischer Literatur findet sich der Hinweis auf eine erstmalige Beschreibung einer Osteochondrosis dissecans im Kniegelenk im Jahr 1947 (MCILWRAIGHT, 1989). Mit Beginn der siebziger Jahre wurde bei Routineuntersuchungen von Pferden gehäuft Osteochondrose diagnostiziert (STRØMBERG, 1979).

SAMY et al. (1977) diagnostizierten auf röntgenologischen Aufnahmen von Sprunggelenken aus den Jahren 1961 bis 1977 (1.150 Pferde) in 11 % der Fälle Osteochondrose. HOPPE (1984) untersuchte ebenfalls Sprunggelenke (38 Traber und 114 Schwedische Warmblüter) auf Osteochondrose. Er fand bei den Trabern eine Inzidenz von 16,3 %, bei den Warmblütern waren 15,2 % der Pferde betroffen.

STÄCKER (1987) beurteilte bei insgesamt 2.576 Pferden Röntgenaufnahmen der Fesselgelenke hinsichtlich des Auftretens von Osteochondrose und kommt zu einer Befundhäufigkeit von

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insgesamt 13 % bei Warmblütern, obwohl nur 38 % der Gelenke (n=3.878) untersucht wurden.

Dabei untersuchte er unterschiedliche Altersgruppen von Warmblütern sowohl mit Lahmheit (Patientengut der Tierärztlichen Hochschule Hannover) als auch klinisch gesunde Pferde (Reihenuntersuchung, z.B. von Auktionspferden).

In einer Untersuchung an 793 Schwedischen Traberjährlingen durch SANDGREN (1993) waren 4,4 % der Pferde im Fessel- und 11,5 % im Sprunggelenk von Osteochondrose betroffen.

Weitere 22,4 % zeigten palmare / plantare osteochondrale Fragmente im Fesselgelenk.

Die von der KWPN (1994) durchgeführte Studie an einer Stichprobe von 30 Hengsten ergab eine Frequenz von 18 % Osteochondrose im Sprunggelenk. Bei 13,7 % der zusätzlich untersuchten 590 weiblichen Nachkommen dieser Hengste konnte Osteochondrose im Sprunggelenk festgestellt werden.

DIK (1998) fand bei einer nach dem Zufallsprinzip durchgeführten Untersuchung an 135 dreijährigen Niederländischen Warmblutpferden bei 20 % eine Osteochondrose im Sprunggelenk und bei 15 % im Kniegelenk. Ebenfalls an holländischen Warmblütern fanden VAN WEEREN und BARNEVELD (1999) und VAN TILBURG und ELLIS (2002) eine Gesamtfrequenz osteochondrotischer Veränderungen im Sprung- und/oder Kniegelenk von 20 – 26 %.

Eine Reihenuntersuchung an 220 Absatzfohlen im Zuchtgebiet Holstein wurde von HEINZ (1993) durchgeführt. 11,4 % der Fohlen zeigten Befunde im Fesselgelenk, 8,7 % im Sprunggelenk. 14,6 % derselben Fohlen zeigten im Jährlingsalter osteochondrotische Veränderungen im Fesselgelenk, 13,7 % im Sprunggelenk (THOMSEN, 1995). Als Zweijährige waren bei 15,9 % Befunde im Fesselgelenk und 12,7 % im Sprunggelenk vorhanden (KIRCHNER, 1996).

GRØNDAHL (1992) fand bei Norwegischen Trabern (n=753) 14,3 % Osteochondrose im Sprunggelenk und 11,8 % im Fesselgelenk.

PAGAN und JACKSON (1996) untersuchten über vier Jahre die Häufigkeit von orthopädischen Entwicklungsstörungen an 271 Vollblutfohlen. Erst nach aufgetretener Lahmheit wurden die Fohlen röntgenologisch untersucht. Die Frequenz von Osteochondrose lag bei insgesamt 10 % (3,3 % im Fesselgelenk, 4,4 % im Sprunggelenk, 2,2 % in Schulter- / Kniegelenk).

(15)

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STORGAARD JØRGENSEN et al. (1997) führten Untersuchungen an 280 Traberjährlingen durch. 14 % der Probanden zeigten Befunde im Sprunggelenk, 16 % im Fesselgelenk.

Untersuchungen an Clydesdales und Percheron von RILEY (1998) ergaben eine Frequenz von insgesamt 5 % im Sprung- und Kniegelenk.

BREHM und STÄCKER (2000) finden bei 1190 untersuchten Trabern 12,4 % Osteochondrose im Sprunggelenk.

RICARD et al. (2002) wiesen an 733 Selle Français 19 % osteochondrotische Veränderungen im Fessel-, 24 % im Sprung- und 8 % im Kniegelenk nach.

Nach Untersuchungen von MEYER (2002) an 100 Süddeutschen Kaltblütern liegt die Häufigkeit der Befunde bei 27 %.

In bezug auf das Fesselgelenk konnte von einigen Autoren (SANDGREN, 1993, HEINZ, 1993, HERTSCH et al. 1997) ein gehäuftes Auftreten an den Hintergliedmaßen festgestellt werden. In der Studie von STÄCKER (1987) hingegen schien die Verteilung der Befunde auf Vorder- und Hintergliedmaßen gleichmäßig zu sein.

Nach HOMMERICH (1995) werden mehr als 50 % der von der Vereinigten Tierversicherung entschädigten Pferde aufgrund von Gliedmaßenerkrankungen dauernd unbrauchbar, 69 % davon aufgrund von Gelenkproblemen. CLAUSEN et al. (1990) veröffentlichten eine Abgangsursachenstatistik, in die 10.336 Pferde eingingen, die zwischen 1977 und 1987 mit einem Schadensfall bei einer Versicherung gemeldet worden waren. Die Autoren stellten fest, dass 61,2

% der Pferde aufgrund von Erkrankungen des Bewegungsapparates ausfielen. Dabei hatten die akuten und chronischen Gelenkerkrankungen mit 38,1 % die größte Bedeutung. In einer Untersuchung an Schwedischen Reitpferden zeigen WALLIN et al. (2000), dass auch dort mehr als 60 % der Reitpferde aufgrund von Gliedmaßenproblemen ausfallen. Trotz der durchaus eindrucksvollen Zahlen, die die große Bedeutung von Erkrankungen des Bewegungsapparates

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belegen, wird der Anteil von Osteochondrose durch die Statistik der Versicherer nur unzureichend wiedergegeben.

Im Kurzbericht Nr. 12 /1997 der RIRDC (Rural Industries Research & Developmental Corporation, Australia) zu „Developmental Orthopaedic Disease in Thoroughbreds“ wird die ökonomische Bedeutung von OCD dargestellt. Die Autoren gehen davon aus, dass durch OCD jährlich Kosten in Höhe von 9,5 Millionen $ entstehen.

Diese Zahl ist sicher nicht ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragbar, sie verdeutlichen jedoch eindrucksvoll die internationale Bedeutung von OC. Bundesweit wurden im Jahr 2002 in Deutschland 29.862 Fohlen geboren, von denen 8.040 den Hannoveraner Brand trugen (FN JAHERSBERICHT 2002). Setzt man die Inzidenz von OC vorsichtig mit 20 % an, so sind ca.

6.000 Fohlen jährlich betroffen, ungefähr 1.600 davon im Zuchtgebiet Hannover. Da das Röntgen von Fohlen hierzulande nicht üblich ist, und eine Frühdiagnose somit nur in Ausnahmefällen stattfindet, wird das Vorhandensein von OC frühestens zu Beginn der reiterlichen Ausbildung des Pferdes, oft jedoch erst bei der Routineuntersuchung im Zusammenhang mit dem Verkauf bemerkt. Zu diesem Zeitpunkt hat das junge Pferd eine mindestens dreijährige Aufzuchtphase und evtl. sogar eine reiterliche Grundausbildung absolviert. Die Kosten für ein ungerittenes dreijähriges Pferd kalkuliert BRUNE (2000) mit 5830,- € bis 7090,- €. Die Erstausbildung eines jungen Pferdes nimmt in etwa ein halbes Jahr in Anspruch. Folglich erhöht sich der kostendeckende Verkaufspreis um die Haltungs- und Berittkosten für weitere sechs Monate. Konkrete Zahlen zu wirtschaftlichen Einbußen durch Osteochondrose liegen derzeit nicht vor. Eine ausführliche Arbeit zur ökonomischen Gewichtung von Osteochondrose befindet sich in Vorbereitung (GLAWATZ, 2003).

Untersuchungen im Sinne einer Survival-Analyse, die die Nutzungsdauer bzw. die Häufigkeit von Ausfällen der osteochondrose-positiven Pferde beschreiben, wurden bisher ausnahmslos an Trabern durchgeführt. GRØNDAHL und ENGELAND (1995) untersuchten den Einfluss radiologisch feststellbarer Veränderungen auf die Rennleistung von 753 Trabern. Es zeigte sich, dass Pferde mit Veränderungen weit weniger Rennen bestritten und dementsprechend auch weniger Gewinne erzielten. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Leistungsfähigkeit eines Rennpferdes von der Inzidenz röntgenologisch sichtbarer Knochenveränderungen der untersuchten Gelenke abhängt. Die postoperative Rennleistung bei Rennpferden mit Osteochondrose im Sprunggelenk wurde von BEARD et al. (1994) an 109 Pferden (Voll- und

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Warmblüter) untersucht. Es zeigte sich, dass sowohl die Anzahl der Starts und als auch die Höhe der Gewinnsumme der chirurgisch behandelten Pferde geringer war. Pferde mit multiplen Defekten nahmen weniger häufig an Rennen teil als Pferde mit nur einem Befund.

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, das im Zuge der Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien am 1.1.2002 in Kraft getreten ist, wurden die kaufrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erheblich modifiziert. Somit bekommt auch der gesundheitliche Status des Pferdes im Zusammenhang mit dem Recht des Käufers auf eine

„mangelfreie Kaufsache“ eine neue Bedeutung. Die röntgenologische Untersuchung von Pferden spielt somit eine immer größere Rolle, und die Untersuchungsergebnisse haben nach wie vor großen Einfluss auf die Preisfindung, denn bei positiven Befunden muss der Verkäufer mit bedeutenden finanziellen Einbußen rechnen. Wird ein Pferd mit geringen klinischen Erscheinungen (z.B. vermehrte Gelenkfüllung) beim Verkauf nur unzureichend untersucht und fällt Monate später aufgrund einer Lahmheit aus, die durch Osteochondrose verursacht wird, so haftet der Verkäufer zusätzlich zur Rücktritts- und Minderungsmöglichkeit des Käufers demgegenüber auch auf Schadenersatz, da er nicht alles erforderliche getan hat, um den Käufer vor Schäden zu schützen, die aus einer Mangelhaftigkeit des Pferdes resultieren (FELLMER, 2003).

2.1.2. Einflussfaktoren auf die Entstehung von Osteochondrose

STRØMBERG (1978) führt aus, dass OCD durch Verdickung, Degeneration und Nekrose des Knorpels, sowie durch eine Störung der enchondralen Ossifikation gekennzeichnet ist. In den veränderten Knorpelzonen kommen Brüche und Fissuren vor, die zur Bildung von Knorpel- Flaps oder freien Gelenkkörpern führen können. Er weist darauf hin, dass die klinische Manifestation der Osteochondrose zu einer sekundären degenerativen Gelenkerkrankung beim erwachsenen Pferd führt.

Im Zusammenhang mit der Entstehung von Osteochondrose wird auch die Gefäßversorgung der betroffenen Bereiche kontrovers diskutiert. SAMY (1977) widerspricht aufgrund seiner arteriographischen Untersuchungen der Theorie, dass Osteochondrose primär als

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Ernährungsstörung des Knorpels infolge einer unzureichenden Gefäßversorgung entstehe.

HERTSCH (1981) konnte ebenso keinen Einfluss der Gefäßversorgung im Zusammenhang mit der Entstehung von Osteochondrose nachweisen. CARLSON et al. (1995) und EKMAN et al.

(1998) jedoch führen aus, das eine ischämische Nekrose des Knorpels im Zusammenhang mit einer gestörten Gefäßversorgung ein wichtiger Faktor in der Pathogenese von OC sei.

In einem Beitrag zur Pathogenese von Osteochondrose schreibt JEFFCOTT (1991), dass, obwohl die primäre Läsion der Osteochondrose in der defekten enchondralen Ossifikation gesehen werde, die letztendliche Ursache jedoch unbekannt sei. Als wichtige Faktoren führt er zu schnelles Wachstum, Ernährung, unausgeglichene Mineralstoffzufuhr, endokrine Störungen und biomechanisches Trauma an.

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2.1.2.1. Einfluss des Wachstums

STRØMBERG (1979) beschreibt eine ansteigende Inzidenz von Osteochondrose bei schnell wachsenden Pferden in Europa und den USA. WEGNER (1986) sieht die Ursachen für Osteochondrosen in der frühen Belastung unreifen Gewebes, verbunden mit einer genetisch – hormonellen Komponente. Große, schnell wachsende Individuen erkranken nach Ansicht des Autors verstärkt und familiär gehäuft an einer Osteochondrose, allerdings vorwiegend im Schultergelenk und weniger an den Hintergliedmaßen.

SANDGREN (1993) führte eine Studie zum Einfluss des Wachstums auf Osteochondrose an 77 Traberfohlen durch. Es wurden von Geburt an monatliche Messungen u.a. von Gewicht, Größe (Stockmaß) und Röhrbeinumfang vorgenommen. Die Fohlen mit Befunden im Sprunggelenk (10

%) unterschieden sich insbesondere durch einen größeren Röhrbeinumfang von den nicht betroffenen Fohlen, zudem waren sie größer und schwerer. Fohlen mit palmaren / plantaren osteochondralen Fragmente im Fesselgelenk (14 %) hingegen waren kleiner, leichter und hatten einen geringeren Röhrbeinumfang als die nicht betroffenen Fohlen.

JELAN et al. (1996) konnten keinen Einfluss der Wachstumsparameter auf die Häufigkeit des Komplexes orthopädischer Entwicklungsstörungen (Epiphysitis, Osteochondrose, Wobbler- Syndrom) nachweisen. Im Rahmen dieser Studie wurden aus der Gruppe der Pferde mit orthopädischern Entwicklungsstörungen jedoch nur klinisch auffällige Pferde (13 %) geröntgt.

Von PAGAN und JACKSON (1996) wird veröffentlicht, dass Vollblutfohlen mit osteochondrotischen Veränderungen im Sprunggelenk schwerer sind (mit 25 Tagen 5 kg und mit 240 Tagen 14 kg) als der Durchschnitt der Fohlen. Die Fohlen mit Befunden im Fesselgelenk entsprachen hinsichtlich Größe und Gewicht dem Populationsmittel.

VAN WEEREN et al. (1999) können jedoch für das Sprunggelenk keinen Einfluss der Wachstumsparameter nachweisen, hinsichtlich der Befunde im Knie stellen sie jedoch eine signifikant höhere Wachstumsrate des Gewichts im dritten und fünften Lebensmonat fest.

Von VAN TILBURG und ELLIS (2002) konnte ein signifikanter Einfluss des Gewichtes auf OC im Sprunggelenk / Knie nachgewiesen werden, wobei ebenfalls bei schweren Fohlen gehäuft Befunde auftraten.

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In einer Untersuchung von SLOET VAN OLDRUITEN-OOSTE et al. (1999) wurde die Beziehung von OC im Sprung- und Kniegelenk bei Fohlen und der Konzentration verschiedener Wachstumshormone in deren Blutplasma untersucht. OC-positive Fohlen zeigten signifikant geringere IGF-I Konzentrationen als OC-negative Fohlen.

2.1.2.2. Einfluss von Fehlstellungen der Gliedmaßen

Die Grundlage für die Fortbewegung eines Pferdes ist sein Körperbau. Das Pferd ist ein Nutztier, und sein Wert wird vom Zustand seiner Gliedmaßen bestimmt. Fehlerhafte Gliedmaßenstellungen verstärken bestimmte Lahmheitsformen und können in einigen Fällen die tatsächliche Lahmheitsursache sein. Oft bestimmt der Körperbau als maßgebender Faktor für ein gesundes Fundament die Nutzungszeit eines Pferdes (STASHAK, 1989).

BÖHM und NAGEL (1980) vermuten, dass Stellungsfehler und dadurch bedingte Fehlbelastungen der Gelenke eine auslösende Rolle bei der Entstehung von Osteochondrose spielen. DÄMMRICH (1985) sieht Osteochondrose ebenfalls als Folge von wachstumsbedingten Stellungsanomalien. Auch WEGNER (1986) beschreibt, dass das Auftreten von Osteochondrosis dissecans oft mit einer Stellungsanomalie einhergeht.

DALIN et al. (1993) kommen im Hinblick auf die überwiegend an den Hintergliedmaßen auftretenden palmaren / plantaren osteochondralen Fragmente der Fesselgelenke (POF) zu dem Schluss, dass eine Auswärtsdrehung der Hintergliedmaßen (kuhhessige Stellung) durch eine veränderte biomechanische Belastung die Entstehung von POF begünstigt. GAUGHAN (1999) führt aus, dass Gliedmaßenfehlstellungen von Pferden, die mit normaler Gliedmaßenstellung geboren werden und die Fehlstellung erst im Jährlingsalter entwickeln, zumeist auf eine Osteochondrose zurückzuführen sind.

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2.1.2.3. Einfluss des Geschlechtes

SAMY (1977) beobachtete einen hochgradigen Überhang im Vorkommen von Osteochondrose im Sprunggelenk bei männlichen Pferden (67 % der Befunde bei Hengsten / Wallachen, 23 % bei Stuten). Auch STRØMBERG (1979) weist darauf hin, dass Hengstfohlen doppelt so häufig von Osteochondrose betroffen sind wie Stutfohlen. HOPPE (1984) fand in seiner Studie an Trabern und Schwedischen Warmblütern insgesamt keinen Einfluss des Geschlechtes auf Osteochondrose; in der Gruppe der Warmblüter waren jedoch deutlich mehr männliche (40,6 % positiv) als weibliche (25,8 % positiv) Pferde von Osteochondrose im Sprunggelenk betroffen.

STÄCKER (1987) fand keinen Einfluss des Geschlechtes auf die Befundhäufigkeit im Fesselgelenk, ebenso wie HERTSCH (1997), der in seiner Verlaufsstudie ebenfalls keinen Geschlechtseinfluss nachweisen konnte, obwohl im ersten Jahr überproportional viele Stutfohlen Befunde zeigten. Insgesamt war das Geschlechterverhältnis dieser Untersuchung zu Gunsten der Hengstfohlen verschoben (67 % Hengst-, 33 % Stutfohlen).

PAGAN und JACKSON (1996) und KROLL (1999) hingegen beobachteten bei Stutfohlen doppelt so viele Befunde im Fesselgelenk wie bei Hengstfohlen, ohne dieses Ergebnis jedoch statistisch belegen zu können.

In den Studien von GRØNDAHL (1991), SANDGREN (1993), VAN WEEREN (1999) und VAN TILBURG und ELLIS (2002) konnte kein Einfluss des Geschlechtes auf die Befundhäufigkeit abgeleitet werden.

2.1.2.4. Einfluss der Bewegung / saisonaler Effekt

In der Untersuchung von KROLL (1999) konnte eine Häufung der Befunde bei den von Februar bis April geborenen gegenüber den im Mai / Juni geborenen Fohlen festgestellt werden.

Auch PAGAN und JACKSON (1996) kommen zu dem Ergebnis, dass vor dem 15. April geborene Vollblutfohlen eine deutlich erhöhte Frequenz von Befunden im Fesselgelenk aufweisen. Sie führen dies auf die weniger intensive Bewegung der früh geborenen Fohlen

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zurück. Alle 271 an der Studie teilnehmenden Fohlen befanden sich auf demselben Gestüt und wurden nach den Empfehlungen des NRC (National Research Council´s Nutrient Requirement of Horses, 5th Edition, 1989) gefüttert. Sie unterlagen einem standardisierten Bewegungsmanagement, das nach dem 15. April eine deutlich verlängerte Bewegungszeit gewährte.

Eine Studie aus den Niederlanden fand bei Warmblutfohlen, die mit hochenergetischem Futter versorgt wurden, einen protektiven Effekt von Bewegung (BRUIN und CREEMERS, 1994). Das Trainingsprogramm umfasste drei Bewegungseinheiten pro Woche mit je 30 bis 45 Minuten Trab und Galopp. Die Kontrollgruppe wurde für die gleiche Zeit ohne forcierte Bewegung in die Arena gelassen. Die Fohlen der Trainingsgruppe unterschieden sich durch eine signifikant geringere Inzidenz von OC (6 %) von der ebenfalls mit hochenergetischem Futter versorgten Kontrollgruppe (20 %).

KNAAP und GERDING (1999) führten einen Versuch zum Einfluss der Bewegung auf das Vorkommen von osteochondrotischen Veränderungen bei Warmblutfohlen durch. 43 Fohlen wurden unter standardisierten Bedingungen aufgezogen. Dabei wurden drei Gruppen gebildet, denen unterschiedlich viel Bewegung gewährt wurde: Die erste Gruppe blieb in der Box, die zweite Gruppe war teilweise in der Box, musste jedoch zusätzlich ein bestimmtes Training (schneller Galopp) absolvieren. Die dritte Gruppe hatte permanenten Weidegang. Nach dem Absetzen im Alter von fünf Monaten kamen alle Fohlen in einen großen Laufstall. Im Rahmen dieses Versuchs konnten die Autoren einen Einfluss der Bewegungsaktivität der Fohlen auf die Häufigkeit der Befunde nachweisen. Bei der Weidegruppe traten nach fünf Monaten am wenigsten Befunde im Knie auf, die Boxengruppe war am häufigsten betroffen. Die Zahl der Befunde im Sprunggelenk wurde nicht durch Bewegung beeinflusst.

2.1.2.5 Einfluss der Genetik

Zur genetischen Disposition von OC liegen verschiedene Untersuchungsergebnisse vor, die in Tab. 1 zusammengefasst sind. Je nach dem untersuchten Pferdematerial, das von einer Vielzahl von Auktionspferden (WINTER, 1995) bis hin zu Nachkommenschaften eines Hengstjahrganges

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(KWPN, 1994) reicht, und je nach der angewandten statistischen Analysenmethode werden Schätzwerte der Heritabilität zwischen 0,01 und 0,34 angegeben. Vor kurzem hat DE BACKER (2000) erste Ergebnisse anhand von wenigen Stutenfamilien aus dem Gestüt Zangersheide vorgestellt und die Möglichkeit aufgezeigt, dass OC von einem autosomal rezessiven Gen beeinflusst wird.

Tab. 1: Übersicht verschiedener Studien zur Vererbung von Osteochondrose

Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes zur Osteochondrose beim Reitpferd untersuchten Mirja SCHOBER und Kathrin LÖHRING genetische bzw. molekulargenetische Aspekte im Zusammenhang mit dem Auftreten von Osteochondrose.

Autor Jahr Population Anzahl

untersuchter

Tiere Heritabilität

SCHOUGAARD et al. 1987 Dänische Traber 325 0.26

GRØNDAHL, DOLVIK 1990 Norwegische Traber 644 0.32 PHILIPSSON et al. 1992 Schwedische Traber 793 0.24 – 0.27

KWPN 1994 Holländisches Warmblut 590 0.01 – 0.14

WINTER 1995 Deutsche Reitpferde 3.566 0.06 – 0.07

Holsteiner Stuten 456 0.34

WILLMS 1998

Holsteiner Fohlen 144 0.19

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2.2. Wachstum

In der Pferdezucht gibt es seit geraumer Zeit Bemühungen, das Wachstum von Pferden objektiv zu beschreiben. „Vor einer Reihe von Jahren setzten in Trakehnen Bestrebungen ein, die dortigen Pferde stärker und schwerer zu züchten. [...] Unter allen Umständen schien es mir interessant, einmal zu versuchen, die Veränderungen in den Trakehner Pferden mit dem Maße festzuhalten.“, schreibt VON NATHUSIUS im Jahr 1912. So dienten Messungen an Pferden als objektivierende Maßnahme zur Beschreibung des Zuchtfortschritts.

Auch WUSSOW (1961) befürwortet das Messen der Pferde in hohem Maße: „Erst die Angabe von absoluten Maßen stellt die Beurteilung auf streng sachlichen Boden. [...] Man kann anhand von Messergebnissen Tiere in geografisch getrennten Gebieten und aus verschiedenen Zeiten in einwandfreier Weise miteinander vergleichen.“

Auch heute noch gehört das Messen von Größe und Röhrbeinumfang im Rahmen der Körungen zum Standard; bei den Stuten werden anlässlich der Stutbuchaufnahmen je nach Zuchtverband unterschiedliche Maße erhoben.

Wachstum ist definiert als „kontinuierliche Vergrößerung eines Systems“. Auf zellulärer Ebene wird es bestimmt durch Hyperplasie (Zellvermehrung), Hypertrophie (Zellvergrößerung und – differenzierung) und die Vermehrung von Interzellularsubstanz. Betrachtet man das Individuum als Ganzes, so sind Größen- und Gewichtszunahmen, die Veränderung der Körperproportionen und der Körperzusammensetzung charakteristische Merkmale für Wachstum (KÜNZI und STRANZINGER, 1993).

Wachstum verläuft allometrisch, also mit unterschiedlich großen Wachstumsgeschwindigkeiten der Organe im Verhältnis zueinander und zur Wachstumsgeschwindigkeit des gesamten Organismus (BLUM, 2002).

Das Zentralnervensystem ist der sich am frühesten entwickelnde Teil des Körpers, dem die Knochen, die Muskeln und am Schluss das Fett folgen. Bei frühreifen und / oder intensiv gefütterten Tieren läuft die Entwicklung schneller ab als bei spätreifen und / oder extensiv gefütterten Tieren, doch die Reihenfolge bleibt immer gleich (PALSSON, 1955). Bei einer

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Verknappung der Nährstoffversorgung wird das Wachstum in umgekehrter Reihenfolge reduziert, d.h. die Fettbildung wird zuerst eingeschränkt, das Wachstum des Nervengewebes zuletzt (KÜNZI und STRANZINGER, 1993).

2.2.1. Übersicht über einige Wachstumsstudien

Weiterhin ist man bemüht, für die jeweilige Population eine Wachstumskurve zu definieren (THOMPSON, 1995), um das Fütterung- bzw. Haltungsmanagement optimal abstimmen zu können. In Tab. 2 sind einige Studien zum Wachstum in einer Übersicht zusammengefasst.

Tab. 2: Übersicht der zitierten Wachstumsstudien

Autor Jahr Anzahl Pferde Population

VON NATHUSIUS 1912 1.460

590 Zuchtpferde Soldatenpferde

GREEN 1969 50 Vollblüter

BORNEMANN 1977 510 Trakehner

HINTZ et al. 1979 1.992 Vollblüter

OTT & ASQUITH 1986 63 Vollblüter

Quarter Horses

THOMPSON et al. 1988 40 Vollblüter

SANDGREN 1993 77 Traber

THOMPSON 1995 106 Vollblüter

PAGAN et al. 1996 700 Vollblüter

JELAN et al. 1996 798 Vollblüter

FINKLER-SCHADE 1997 144 Warmblüter

Neuere Studien zum Wachstum von Pferden beschäftigen sich mit zellulären Vorgängen (z.B.

Morphologie von Knorpelzellen etc.), der hormonellen Regulation des Wachstums bzw. den Zusammenhängen von Wachstum und entwicklungsbedingten Erkrankungen (s. S. 19).

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Vor allem im Bereich der Körpermasse ist eine große Wachstumskapazität zu erwarten, da das Geburtsgewicht nur etwa 10 % des Endgewichtes beträgt, was die hohen Zunahmen in der postnatalen Phase begründet. Die Größe hingegen liegt bei neugeborenen Fohlen schon bei ca.

65 % der Endgröße, so dass hier ein moderaterer Zuwachs erwartet werden kann.

Tab. 3 veranschaulicht das große Wachstumspotenzial der Fohlen. Nach Zahlen von HINTZ (1979) erreichen sie mit sechs Monaten 83 % ihrer Endgröße, nach 18 Monaten sind es bereits 95

%. Hinsichtlich des Gewichtes ist mit sechs Monaten knapp die Hälfte des Endgewichtes erreicht, nach 18 Monaten 80 %.

Tab. 3: Größe und Gewicht von Vollblutfohlen (n=1992) in den Lebensmonaten 6 – 18, dargestellt als prozentualer Anteil an den Maßen der ausgewachsener Vollblüter (= 100 %)

ausgewachsene Vollblüter (= 100 %) Lebens-

monat Gewicht [%]

( 500 kg, 545 kg) Größe [%]

( 160 cm, 162 cm)

6 46 83

12 67 90

18 80 95

nach HINTZ et al., 1979

Ausgehend von einem Geburtsgewicht von 53,5 kg und einer –größe von 104,5 cm gibt JELAN (1996) das Wachstum von Größe und Gewicht bei Vollblütern als prozentualen Zuwachs in Bezug auf diese Werte an (Tab. 4).

Tab. 4: Entwicklung von Größe und Gewicht bei Vollblutfohlen (n=798), dargestellt als prozentualer Zuwachs in Bezug auf Geburtsgewicht und -größe (=100 %)

Wachstum in [%]

Lebens-

monat Gewicht Größe

2 147 14,0

4 254 19,0

6 351 26,5

8 425 32,5

10 485 36,5

12 538 40,0

nach JELAN, 1996 Diese Werte spiegeln den großen Zuwachs im Gewicht und die im Vergleich dazu eher moderate Wachstumsgeschwindigkeit der Körpergröße wider.

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Die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere (GEH) gibt die mittlere tägliche Lebendmassezunahme beim Fohlen je nach Lebendmasse des ausgewachsenen Pferdes wie folgt an (Tab. 5).

Tab. 5: Mittlere tägliche Gewichtszunahme bei Fohlen [g/Tag]

Lebendmasse des ausgewachsenen Pferdes [kg]

Lebensmonat

100 300 500 800

3 - 6 172 492 820 1311

7 - 12 126 346 495 659

13 - 18 66 198 357 527

19 - 24 44 131 246 437

25 - 36 22 74 137 284

nach GEH, 1994

2.2.2. Einfluss des Geschlechtes

Hengstfohlen sind im Mittel größer und schwerer als Stutfohlen (HINTZ et al, 1979;

THOMPSON, 1995; PAGAN et al., 1996). Bei Vollblutfohlen ist der Geschlechtsdimorphismus jedoch weniger stark ausgeprägt (GREEN, 1969) als bei Warmblutfohlen.

Tab. 6 gibt einen Überblick über die mittlere Gewichts- und Größenentwicklung von Hengst- und Stutfohlen (Vollblut) innerhalb der ersten fünf Lebensmonate in Kentucky.

Tab. 6: Durchschnittliche Gewichts- und Größenentwicklung nach Geschlecht und Lebensalter in Tagen bei Vollblutfohlen in Kentucky (n=700)

Hengstfohlen (n=350) Stutfohlen (n=350) Alter

[Tage] Gewicht

[kg] TGZ

[kg] Größe

[cm] Gewicht

[kg] TGZ

[kg]. Größe [cm]

14 77,7 - 107,3 76,1 - 106,3

43 116,3 1,38 115,7 115,1 1,34 115,5

72 149,5 1,20 122,6 148,5 1,19 121,8

99 182,1 1,14 127,3 178,6 1,11 127,1

127 208,8 1,01 129,8 207,9 1,01 130,3

155 233,6 0,89 133,5 230,2 0,84 132,5

mod. nach PAGAN et al., 1996

(28)

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2.2.3. Einfluss der Genetik

Die Wachstumsparameter (Größe, Gewicht etc.) bzw. deren Wachstumsraten sind genetisch vorbestimmt, sie werden jedoch durch die Umwelt modifiziert (s. S. 31, Wachstum und Fütterung). Dabei gibt es innerhalb der Spezies Pferd eine sehr große Variationsbreite – vom Shetlandpony bis zum Kaltblüter. Für verschiedene Rassen konnten in Bezug auf die Messgrößen (Größe, Röhrbeinumfang, Gewicht) sehr unterschiedliche Heritabilitäten geschätzt werden, die in den Tab. 7 vergleichend dargestellt sind.

Tab. 7: Geschätzte Heritabilitäten unterschiedlicher Autoren für Größe, Röhrbeinumfang und Gewicht verschiedener Populationen

Größe h² Röhrbein

umfang

Gewicht h² Autor Jahr Population

0,33 – 0,88 0,12 – 0,77 0,13 – 0,90 Hintz et al. 1979 Vollblüter (wachsend)

0,77 0,50 - Arnason 1979 Islandpferd

0,60 0,39 - Arnason 1984 Islandpferd

0,25 0,47 - von Butler 1986 Bayrisches

Warmblut

0,25 0,55 - von Butler,

Krollikowsky 1986 Warmblut

0,73 0,53 - Klemetsdal et al. 1986 Norwegisches

Kaltblut 0,25 – 0,71 0,30 – 0,50 0,27 – 0,88 Saastamoinen 1990 Finnpferd

(wachsend)

0,48 0,51 - Seidlitz et. al. 1991 Araber

0,25 0,34 - Kaiser et al. 1991 Trakehner

0,55 0,44 - Grosshauser, von

Butler-Wemken 1991 Bayrisches Kaltblut

0,89 - - van Bergen,

van Arendonk 1993 Shetland Pony 0,40 – 0,46 0,36 – 0,62 - Kapron et al. 1994 Halbblüter

0,67 – 0,81 - - Thuneberg 1995 Finnpferd

0,59 - - Gerber et al. 1997 Schwedisches

Warmblut

0,78 0,65 - Saastamoinen et

al. 1998 Finnpferd Traber

0,79 - - Miglior et al. 1998 Haflinger

aus Genetics of the Horse, 2000 HINTZ et al. (1979) beschreiben, dass die Heritabilitäten der Größe bzw. des Gewichtes für wachsende Pferde geringer sind als für ausgewachsene Individuen. Somit unterliegen die

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Körpermaße während des Wachstums einem höheren Umwelteinfluss als die des erwachsenen Pferdes.

2.2.4. Saisoneffekt

HINTZ et al. (1979) vermuten aufgrund ihrer Beobachtung, dass von Januar bis März geborene Fohlen ein geringeres Geburtsgewicht aufweisen als die von April bis Juni Geborenen einen saisonalen Effekt.

PAGAN et al. (1996) können einen saisonalen Einfluss des Abfohltermins auf das Wachstum nachweisen. In ihren Untersuchungen sind im März geborene Fohlen größer und schwerer als Fohlen aus Januar und Februar. April- und maigeborene Fohlen wiederum liegen über den Maßen der im März geborenen Fohlen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Wachstumsrate der untersuchten Fohlen eher durch einen saisonalen Effekt als durch das Alter der Fohlen beeinflusst wird. Sie zeigen auf, dass unabhängig vom Geburtsmonat im Winter das geringste Wachstum stattfindet. Im Frühjahr ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, mit einem Wachstumsmaximum im Mai.

FINKLER-SCHADE (1997) beschreibt in ihren Untersuchungen an Warmblutfohlen einen Wachstumsschub zwischen dem vierten und fünften Lebensmonat. Der Geburtszeitpunkt innerhalb des Jahres konnte in dieser Studie aufgrund der geringen Tierzahl nicht berücksichtigt werden.

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Abb. 1: Durchschnittliche tägliche Gewichtszunahme der Fohlen – Effekte von Geburts- und Lebensmonat

nach PAGAN et al., 1996 Abb. 1 zeigt den saisonalen Einfluss auf das Wachstum der Fohlen (PAGAN et al., 1996).

Ähnlich dem von FINKLER-SCHADE (1997) beschriebenen Wachstumsschub ist auch hier – mit Ausnahme der im März geborenen Fohlen – ein Anstieg der Wachstumsrate im 4./5.

Lebensmonat zu erkennen.

SANDGREN (1993) beobachtete in seiner Studie zum Wachstumsverlauf einen gegenläufigen Trend: Fohlen die, später im Jahr geboren wurden, waren leichter als die Frühgeborenen. Auch THOMPSON und SMITH (1995) stellten fest, dass die von Januar bis März geborenen Fohlen im Mittel größere Messwerte aufwiesen als die von April bis Juni Geborenen; signifikante Unterschiede ergaben sich jedoch lediglich für Rumpflänge und Brustumfang.

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2.2.5. Einfluss der Fütterung

THOMPSON et al. (1988) vergleichen das Wachstum zweier unterschiedlich gefütterter Gruppen. (Tab. 8). Zugefütterte Fohlen zeigten ein signifikant höheres Gewicht und eine signifikant größere Röhrbeinlänge der Hinterhand.

Tab. 8: Wachstum von zugefütterten und nicht zugefütterten Fohlen vom 10. – 120. Lebenstag (n=40) Parameter zugefütterte Fohlen nicht zugefütterte

Fohlen Signifikanz t-Test [%]

Gewicht [kg] 133,3 117,6 < 5

Größe [cm] 22,8 21,2 < 10

Röhrbeinlänge, hinten

[cm] 2,1 1,5 < 5

Röhrbeinlänge, vorn

[cm] 1,9 1,9 n.s.

nach THOMPSON et al., 1988

Auch OTT et al. (1986) können nach intensiver Fütterung eine signifikante Erhöhung des Gewichts beobachten, dabei unterscheiden sich die Gruppen - wie auch in dem Versuch von THOMPSON et al. (1988) - nur unwesentlich hinsichtlich ihrer Körpergröße.

CYMBALUK et al. (1990) führten eine Verlaufstudie zum Wachstum von ad libitum gefütterten Fohlen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe durch. Die Gruppe der ad libitum gefütterten Fohlen war nach zwei Jahren 13 % (51 kg) schwerer und 3,6 % (5,2 cm) größer als die Kontrollgruppe.

Ausführliche Angaben zur Fütterung von Fohlen finden sich in den Arbeiten, die im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes zur Osteochondrose im Institut für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule Hannover angefertigt wurden (BORCHERS, 2002; GRANEL, 2002).

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2.2.6. Wachstum von Knochen

Das Längenwachstum eines Knochens ergibt sich aus einer Folge von Vorgängen, die in hochspezialisierten Geweben an einem oder beiden Enden des Knochens ablaufen. Diese Regionen werden als Epiphyse oder metaphysäre Wachstumszone bezeichnet. Der hier ablaufende Prozess, die enchondrale Ossifikation, ist charakterisiert durch die schnelle Differenzierung und Reifung von Knorpelzellen und den Ersatz von Knorpel durch Knochen (TURNER, 1989).

Obwohl der genaue Mechanismus noch nicht geklärt ist, sind Zug- und Druckkräfte, die innerhalb gewisser physiologischer Grenzen auf die Epiphysenfuge einwirken, für die fortlaufende ordnungsgemäße Entwicklung unverzichtbar. Jede Epiphysenfuge hat eine biologische Breite für Zug- und Druckkräfte, innerhalb derer sie physiologischerweise reagiert.

Innerhalb dieses Bereiches beschleunigt die Steigerung von Zug- und Druckkräften das Wachstum, während eine Abnahme derselben das Wachstum verzögert. Unterhalb der physiologischen Grenzen von Zug oder Druck kann das Wachstum signifikant vermindert oder sogar unterbrochen werden. Diese Aussage beinhaltet das Heuter-Volkmann-Gesetz über das Wachstum in Epiphysenfugen. (TURNER, 1989).

Abb. 2: Graphische Darstellung der Epiphysenreaktion auf Druck

nach TURNER, 1989

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Das Längenwachstum der Knochen verläuft nicht synchron, sondern mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. FRETZ et al. (1984) analysierten die Wachstumsraten verschiedener Knochen der Vorder- und Hintergliedmaßen an neun Fohlen mit Hilfe von in den Knochen implantierten Metallmarkern. Die intensivste Wachstumsphase lag zwischen der Geburt und der 10. Lebenswoche. Der distale Teil des Radius zeigte ein kontinuierliches, ständig abnehmendes Wachstum bis zur 60. Lebenswoche, während die distalen Enden der Röhrbeine in der 10.

Lebenswoche das Wachstum abrupt abbrachen und auch weiterhin sistierten.

Im Zusammenhang mit den Vorgängen an den Epiphysenfugen ist auch das Ende des Wachstums bzw. der Epiphysenfugenschluss (Tab. 9) von einiger Bedeutung. Nach dem Schluss der Fuge ist eine aufgrund von Störungen in diesem Bereich verursachte Fehlstellung kaum noch zu beeinflussen.

Tab. 9: Zeitpunkt des Epiphysenfugenschlusses in Monaten

Epihysenfuge Zeitpunkt des Schlusses [Monate]

Zehenknochen 9 – 12

distale Röhrbeinepiphyse 6 – 12

Ellbogenhöcker 24 – 30

Schienbein proximal 24 – 30

Schienbein distal 12 – 18

Fersenhöcker 24 – 30

Oberschenkelbein 24 – 30

mod. nach HUSKAMP et al., 1996 Insbesondere über den Zeitpunkt des Schlusses der distalen Röhrbeinepiphyse gibt es unterschiedliche Ansichten. Nach BUTLER et al. (1993) geschieht dies schon nach sechs bis acht Monaten. STASHAK (1989) beschreibt bereits nach 90 Tagen eine erhebliche Verlangsamung des Wachstums, die nach 120 Tagen zum Schluss der Epihysenfuge führt.

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2.2.7. Gliedmaßenfehlstellungen

Unter einer Fehlstellung versteht man eine Abweichung der Gliedmaßen von der physiologischen Gliedmaßenachse bzw. deren Winkelung. Nach STASHAK (1989) werden Gliedmaßenfehlstellungen von zahlreichen Faktoren beeinflusst:

1. ungleichmäßiges Wachstum der Metaphyse des Röhrbeins 2. zunehmende Keilform der Epiphyse

3. ungleichmäßiges Längenwachstum der Zehen

4. Instabilität der Gelenke (besonders bei sehr jungen Fohlen)

AUER (1999) unterscheidet zwischen kongenitalen und entwicklungsbedingten Fehlstellungen.

Seiner Ansicht nach entstehen letztere im Zusammenhang mit zu starker Belastung bzw. Trauma oder einer unausgewogenen Ernährung (Mineralstoffe und Spurenelemente).

Abb. 3: Entwicklungsbedingte Faktoren, die eine Achsenfehlstellung induzieren

mod. nach AUER, 1999

Achsenfehlstellung

Verletzung der Wachstumsfuge vorzeitiger Schluss der Wachstumsfuge

Trauma zu starke

Belastung falsche Ernährung

zu schnelles Wachstum ungleichmäßiges

Wachstum der Wachstumsfuge

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JELAN (1996) konnte keinen Zusammenhang der Wachstumsgeschwindigkeit mit der Entstehung orthopädischer Entwicklungsstörungen des Skeletts nachweisen. FINKLER- SCHADE (1997) hingegen beobachtete ein erhöhtes Auftreten von Fehlstellung im Zusammenhang mit dem von ihr beschriebenen Wachstumsschub im vierten / fünften Lebensmonat der Fohlen.

2.2.8. Regulation des Wachstums

Die Regulation des Wachstums geschieht primär durch genetische Kontrollmechanismen;

sekundär wird das Wachstum durch endokrine Regulationssysteme modifiziert (BLUM, 2002).

Die Wirkungen von Somatotropin (Wachstumshormon, GH) zielen in erster Linie auf das Wachstum von Skelett und Organen, sowie der Schaffung der dafür erforderlichen metabolischen Voraussetzungen ab. Das Hormon ist ein Protein aus 192 Aminosäuren, das im Hypophysenvorderlappen gebildet wird. Somatoliberin und Somatostatin sind Peptide aus dem Hypothalamus, die in das Portalblut der Hypophyse abgegeben werden. Über Somatostatin und Somatoliberin wirkt eine Vielzahl von Faktoren fördernd und hemmend auf die Somatotropinausschüttung. Fördernd wirken Aminosäuren, Hypoglycämie, Glucagon, Schilddrüsenhormone, Dopamin, Serotonin, Noradrenalin (á), Endorphine, NREM (non-rapid- eye-movement) - Schlaf und Stress. Hemmende Wirkung hingegen geht von Hyperglycämie, Hyperlipidämie, Gestagenen, Cortisol, Thyroliberin, Adrenalin (â), Gamma-Amino-Buttersäure, Adipositas und Kälte aus (LANG, 1994).

Wachstumsfaktoren (Peptide, die in der Leber unter dem Einfluss von Somatotropin gebildet werden) treten als Vermittler der Wirkung von Somatotropin auf, so z.B. beim Sulfateinbau in den Knorpel und bei der Proteinsynthese. Durch den Wachstumsfaktor C (= insulin-like growth factor, IGF) wird über eine negative Rückkopplung die GH-Freisetzung aus der Adenohypophyse gehemmt (SILBERNAGEL und DESPOPOULOS, 1991).

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IGF-I wird in fast allen Geweben produziert, und kann dort para- oder autokrin wirken. Durch endokrine Sekretion (Leber) und das Vorhandensein von Rezeptoren an nahezu allen Zellen wirkt es auch systemisch (BLUM, 2002).

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2.3. Haltung und Bewegung

Die Aufzucht- und Haltungsbedingungen der Pferde unterliegen vielfältigen Einflüssen. Ein gutes Management in einem Pferdebetrieb zeichnet sich durch das Angebot möglichst vieler positiver Einflüsse auf das Pferd aus, so dass sowohl Gesundheitsvorsorge als auch Gesunderhaltung betrieben wird (FINKLER-SCHADE, 2000).

2.3.1. Einleitung

Über die Haltung von Pferden gibt es eine Fülle von Fachbüchern, die die Anforderungen an eine moderne Pferdehaltung darstellen und diesbezügliche Richtwerte herausgeben. Als maßgebend in Deutschland gelten hierbei die im FN-Verlag der Deutschen Reiterlichen Vereinigung erschienenen Publikationen.

Im folgenden soll eine Zusammenfassung der wichtigsten Parameter versucht werden, ohne jedoch auf detaillierte Richtwerte einzugehen. Vielmehr sollen gesundheitliche bzw. das Verhalten der Pferde betreffende Aspekte Berücksichtigung finden.

2.3.2. Haltung

Untersuchungen von RODEWALD (1990) und MARTEN (1991) zeigen, dass die relativ niedrige Lebenserwartung und die weite Verbreitung von Erkrankungen mit teilweise irreparablen Schäden in der deutschen Pferdepopulation beträchtliche Ausmaße angenommen hat. Besonders betroffen sind der Bewegungsapparat und die Atemwege, wobei sich ein Zusammenhang zwischen den nichtangepassten Haltungssystemen und den Schäden herstellen lässt.

Mit der Umzüchtung des Arbeitspferdes zum modernen Reitpferd wurde aus ausdauernden Schrittpferden blutgeprägte (Leistungs-) Sportler, so dass der veränderten Nutzung und Züchtung der Tiere durch eine angepasste Haltungsform Rechnung getragen werden muss.

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Grundsätzlich unterscheidet man folgende Aufstallungsarten:

1. Gruppenhaltung: gemeinsame Haltung einer (meist größeren) Pferdegruppe in einem Raum 2. Einzelhaltung in Boxen

Der Flächenbedarf pro Pferd wird anhand der Faustzahl (Widerristhöhe x 2)² berechnet, für Gruppenhaltungen gilt [Anzahl der Pferde x (Widerristhöhe x 2)²] (Deutsche Reiterliche Vereinigung, 1997). In Tab. 10 ist der Flächenbedarf in den einzelnen Aufzuchtphasen zusammengestellt.

Tab. 10: Flächenbedarf in den Aufzuchtstadien

Fohlen Jährlinge Zweijährige Dreijährige und älter

5 m² 7 m² 9 m² 11 m²

RICHTLINIEN FÜR REITEN UND FAHREN, BD. IV (1997) Beide Aufstallungsarten können als Offenstall (mind. eine Gebäudeseite ist ständig ganz oder teilweise offen, das Stallklima entspricht im wesentlichen den Außenverhältnissen), oder geschlossener Stall (Mäßigung der Außenverhältnisse) betrieben werden. Der geschlossene Stall erfordert besondere bauliche Maßnahmen zur Sicherstellung des erforderlichen Luftaustauschs.

Sowohl hinsichtlich der Anforderungen an das Stallklima (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Schadgaskonzentration, Staub- und Keimgehalt, Luftbewegung und Licht) als auch an Maßen für die Stalleinrichtung gibt es eine Fülle von Richtwerten, deren Aufzählung den Umfang dieser Arbeit bei weitem übersteigt und die allgemein zugänglich sind.

Die Autoren der RICHTLINIEN FÜR REITEN UND FAHREN, BD. IV (1997) kommen in einer zusammenfassenden Bewertung der verschiedenen Haltungssysteme zu dem Schluss, dass für das Wohlbefinden der Pferde nicht allein das gewählte Haltungssystem wesentlich ist, sondern auch die Rahmenbedingungen im jeweiligen Betrieb, insbesondere die Zuwendung und Qualifikation der Betreuer / Halter, die Sicherstellung ausreichender Bewegung, gute Pflege und individuelle bedarfsgerechte Fütterung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einsatzgebiete des Pferdes von entscheidender Bedeutung sind.

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Die folgende Übersicht (Tab. 11) fasst Möglichkeiten die Bedürfnisbefriedigung des Pferdes (Sicht- und Körperkontakt, Sozialverhalten, Klimareize und Bewegung) innerhalb der verschiedenen Aufstallungsarten zusammen.

Tab. 11: Einfluss der Haltungssysteme auf die Pferde

EINZELHALTUNG Sicht-

kontakt Körper-

kontakt Sozial-

verhalten Klima-

reiz Bewegung Anbinde-

haltung - bis + - - - -

Innenbox - bis + - bis + - - +/-

Außenbox

ohne Auslauf - bis + - bis + - +/- +/-

Außenbox mit

Auslauf - bis + - bis + - + +

GRUPPENHALTUNG Sicht-

kontakt Körper-

kontakt Sozial-

verhalten Klima-

reiz Bewegung

Innenbox + + + - +

Außenbox

ohne Auslauf + + + +/- +

Außenbox mit

Auslauf + + + + ++

Weidehaltung + + + + +++

mod. nach Kriterien für eine artgerechte Pferdehaltung HLRL, 1997

-: nicht möglich; +/-: in geringem Maße möglich; +: möglich; ++: gut möglich; +++ sehr gut möglich;

- bis + in Abhängigkeit von der Ausführung der Zwischenwände und –zäune können die Kontaktmöglichkeiten in Einzelhaltungssystemen mehr oder weniger ausgeprägt sein

Die Anbindehaltung schneidet am schlechtesten ab, die Weidehaltung in der Gruppe befriedigt nach Ansicht der Autoren die Bedürfnisse des Pferdes am besten. Die Haltung in Einzelboxen mit oder ohne Auslauf ermöglicht je nach Handhabung des Betriebsleiters eine mehr oder weniger pferdegerechte Haltung – allerdings in keinem Fall mit der Möglichkeit zu

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Sozialverhalten. Hier liegt der Vorteil der Gruppenhaltung, die insbesondere in Kombination mit einem Auslauf auch ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit bietet.

2.3.3. Bewegung

Das Bedürfnis des Pferdes nach Bewegung ist allgemein bekannt und ergibt sich aus seiner Evolutionsgeschichte – als Steppentier bewegte es sich einst nahezu den ganzen Tag im gemächlichen Schritt, um Nahrung aufzunehmen, als Lauf- und Fluchttier war sein Atmungs- und Kreislaufapparat auf spontane Hochleistungen ausgelegt, um dem Feind zu entgehen (ZEEB, 2000). Trotz einer Entwicklungsgeschichte über mehrere Jahrhunderte und intensiver züchterischer Selektion hat sich an diesen grundlegenden Eigenschaften kaum etwas verändert.

Daraus hat sich landläufig die Maxime „je mehr Bewegung, umso besser“ entwickelt. Die individuellen Gegebenheiten des Betriebes / Pferdebesitzers fordern jedoch permanent gerade in diesem Bereich eine Kompromisslösung.

Unter praxisüblichen Haltungsbedingungen ist zum Ausgleich für den Aktivitätsverlust eine mehrstündige Bewegungsmöglichkeit anzubieten. Die erforderliche zusätzliche Bewegung wird neben Arbeit oder Training durch Weidegang, Auslauf o.ä. erreicht. Das Training oder der Arbeitseinsatz der Pferde müssen physiologisch sinnvoll aufgebaut sein und ihrer Kondition entsprechen. (Leitlinien Tierschutz im Pferdesport, BMELF 1992)

Im folgenden sind die die Bewegung von Pferden betreffenden Absätze aus den Richtlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen (BMELF, 1995) zusammengestellt:

„Zuchtstuten, Fohlen und Jungpferden ist grundsätzlich täglich Auslauf oder Weidegang zu gewähren. Für Hengste ist, falls mit ihnen nicht gearbeitet wird, mindestens täglicher Auslauf im Paddock oder Bewegung an der Führmaschine und, wenn ohne Gefahr möglich, auch Weidegang sicherzustellen.

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Weidegang ist Pferden so oft wie möglich zu gewähren, da die Weide ihrem natürlichen Lebensraum am ehesten entspricht. Auf der Weide sollen Pferde in der Regel in Gruppen gehalten werden

Zu berücksichtigen ist, dass auch der Weidegang bestimmten Anforderungen unterliegt. Defekte oder unzureichende Einzäunungen sind tierschutzwidrig; Stacheldrahtzäune, Knotengitterzäune u. ä. sind als alleinige Begrenzungen ungeeignet. Einfriedungen sind regelmäßig zu kontrollieren und ggf. zu reparieren.

Werden Pferde auf Weiden gehalten, muss ihnen die Möglichkeit zum Aufsuchen eines geeigneten Witterungsschutzes gewährt werden. Es sei denn, die Witterung ist so, dass die Tiere den Witterungsschutz nicht aufsuchen würden oder nur über solche Zeiträume auf eine Weide verbracht werden, dass Leiden oder Schäden nicht auftreten können. Natürlicher Witterungsschutz kann je nach Witterung und Gegebenheiten eine Baum- oder Buschgruppe oder dergleichen sein. Voraussetzung ist, die Schutzfunktion wird unter den gegebenen Umständen erfüllt. So sind Laubbäume in der kalten Jahreszeit z. B. bei langdauernden Niederschlägen ungeeignet. Unter dem Witterungsschutz darf sich auch bei langdauernden Niederschlägen kein Morast entwickeln.

Falls kein natürlicher Witterungsschutz vorhanden ist, muss erforderlichenfalls ein geeigneter künstlicher Schutz zur Verfügung stehen. So kann im Sommer ein Schutz gegen intensive Sonneneinstrahlung ausreichen. Im Winter ist ein Schutz gegen Wind und Niederschlag sicherzustellen. Aus Hygienegründen muss der Boden bei fest erstelltem Witterungsschutz trocken sein und sauber gehalten werden.

Die Fläche des Witterungsschutzes soll so groß sein, dass sich dort alle Pferde gleichzeitig aufhalten können. Kann Witterungsschutz generell nicht geboten werden, sind Pferde bei extremer Witterung oder Insektenplage in den Stall zu verbringen.

Sofern keine Weide zur Verfügung steht, ist ein entsprechend großer Auslauf als Alternative geeignet. Er unterliegt den gleichen Anforderungen, die an Weiden gestellt werden, muss aber erforderlichenfalls befestigt sein. Weiden und Ausläufe sowie Futterplätze müssen hygienischen Anforderungen genügen.“

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2.3.4. Rechtliche Grundlagen Tierschutz

Aus der Verantwortung für das Tier als Mitgeschöpf hat der Mensch dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen (§ 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes). Im Tierschutzgesetz werden zudem Anforderungen an die Zucht und Haltung von Tieren festgelegt. Jeder, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss u. a. das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen und muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (§ 2 des Tierschutzgesetzes).

Grundsatz jeder Tierhaltung muss sein, dass das Tier eine Haltungsumgebung vorfindet, in der es sowohl seinem Bewegungsbedürfnis nachkommen als auch seine Grundbedürfnisse erfüllen kann. Daneben muss eine angemessenen Ernährung des Tieres sichergestellt werden. Da die individuellen Bedürfnisse der Tiere sehr unterschiedlich sind, ist es unbedingt erforderlich, dass jeder Tierhalter sich Kenntnisse über Anatomie, Physiologie und Verhalten des Tieres aneignet und vor der Anschaffung eines Tieres prüft, ob er dauerhaft und jederzeit in der Lage ist, die verhaltensgerechte Unterbringung, Ernährung und Pflege des Tieres sicherzustellen. Auch muss er über Fähigkeiten zum Umgang mit den von ihm gehaltenen Tieren verfügen.

Haltung von Pferden

Im Sinne des Tierschutzgesetzes gelten Pferde – auch wenn sie zunehmend als Freizeit- und Sportpferde gehalten werden - als landwirtschaftliche Nutztiere (Nr. 12.2.1.5.1 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Tierschutzgesetz – AVV). Spezielle rechtsverbindliche Vorgaben sind jedoch – im Gegensatz zu anderen landwirtschaftlichen Nutztieren - für die Pferdehaltung bisher nicht erlassen worden.

Für die tierschutzrechtliche Beurteilung sind die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten des BMELF (1995) und die Eckdaten zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter gesundheitlichen Aspekten des Pferdegesundheitsdienstes der

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Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe (1998) heranzuziehen. Für die ganzjährige Freilandhaltung von Pferden ist beim Tierschutzdienst Niedersachsen eine Broschüre mit Haltungshinweisen erarbeitet worden. Eine dauerhafte Anbindehaltung von Pferden ist grundsätzlich abzulehnen, wobei im Einzelfall, wie z. B. auf den Nordseeinseln, auf denen die Tiere als Zugpferde eingesetzt werden, unter bestimmten Bedingungen Ausnahmereglungen zu prüfen sind.

Pferdehaltungen unterliegen nach § 16 Abs. 1 Nr. Tierschutzgesetz der Aufsicht durch die zuständige Behörde.

Erlass über das Verbot der Anbindehaltung

Schon 1995 wurde in den Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten des damaligen Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erklärt, dass die Ständerhaltung als Daueraufstallung für Pferde abzulehnen ist. Sie wurde von der Sachverständigengruppe aber nur für Fohlen und Jungpferde als eindeutig tierschutzwidrig eingestuft. Der Appell, noch bestehende Ständerhaltungen baldmöglichst zu pferdegerechten Aufstallungssystemen umzubauen, wurde nicht von allen Tierhaltern umgesetzt.

In den folgenden Jahren wurden die Stimmen jedoch lauter, die verbindlich ein vollständiges Verbot der dauerhaften Anbindehaltung von Pferden fordern.

Daraufhin wurde auf der Grundlage des § 16aTierSchG per Erlass in den Bundesländern Hessen (1998), Schleswig-Holstein (2002), Mecklenburg-Vorpommern (2002), Thüringen (2002), Niedersachsen (2003) und Sachsen (2003) die dauerhafte Anbindehaltung von Pferden verboten.

Ausnahmen vom Anbindehaltungsverbot werden nur noch bei Turniereinsätzen oder tierärztlicher Behandlung zugelassen. In der Begründung wird auf das Tierschutzgesetz verwiesen, wonach Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend untergebracht werden müssen. Die dauerhafte Anbindehaltung schränkt das Verhalten von Pferden stark ein:

Sozialverhalten mit der Kontaktaufnahme zu Nachbarpferden ist kaum möglich, Komfortverhalten wie Knabbern, Scheuern, Wälzen und Kratzen ebenfalls nicht. Ruheverhalten ist nur bedingt möglich, insbesondere auf Tiefschlaf in Seitenlage müssen Pferde in Anbindehaltung weitgehend verzichten. Außerdem kann das Lauf- und Fluchttier Pferd sein angeborenes Bewegungsverhalten in Anbindehaltung in keiner Weise ausleben.

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Die noch bestehenden Ständerhaltungen müssen innerhalb einer Übergangsfrist in tiergerechte Haltungssysteme umgewandelt werden, d.h. es sind Boxen entsprechend der BMELF-Leitlinien einzurichten. Bei einem normal großen Pferd von 1,67 wird heute eine Boxengröße von 3 m x 4 m empfohlen. Wenn möglich, sollten Pferde jedoch in Gruppen gehalten werden und ganzjährig einen Auslauf bzw. Paddock nutzen können. Die Übergangsfrist kann aber nur dann beansprucht werden, wenn die für Anbindehaltungen geltenden Mindestanforderungen erfüllt sind.

Nach einer Erhebung durch das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium (2002) hat sich herausgestellt, dass in Niedersachsen noch 35 Ständerhaltungen amtlich bekannt sind, wobei mit einer deutlich höheren Dunkelziffer zu rechnen ist. Bisher musste der Amtstierarzt der örtlichen Veterinärbehörde im Einzelfall entscheiden, ob die jeweilige Anbindehaltung den Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetz entsprach oder nicht. Mit der neuen Regelung ist nun eine einheitliche Umsetzung in ganz Niedersachsen sicherstellt.

ZEITLER-FEICHT und BUSCHMANN (2001) konnten in ihren Untersuchungen zur Anbindehaltung von Pferden in 13 Pferdehaltungen mit insgesamt 65 Pferden nachweisen, dass die dauerhafte Anbindung eindeutig im Widerspruch zu den Kriterien einer verhaltensgerechten Pferdehaltung steht, wie es das Tierschutzgesetz fordert. Ein Großteil der untersuchten Anbindehaltungen erfüllte nicht die in den BMELF-Leitlinien von 1995 zur Beurteilung von Pferdehaltungen festgelegten Mindestanforderungen. Die Ständer waren bei 68 % der Pferde zu schmal und bei 38 % zu kurz, wodurch das Abliegen erschwert bzw. unmöglich gemacht wurde.

Auch die Anbindungen wiesen in 30 % gravierende Mängel auf. Als erschreckend beschreiben die Autoren das mangelhafte Bewegungsangebot: Fast 70 % der Pferde konnten sich nicht wenigstens einmal täglich außerhalb des Standes (Koppelgang oder Arbeit) bewegen. Über 50 % der beobachteten Tiere wies mindestens eine Verhaltensstörung (Koppen, Weben etc.) auf. Die dauerhafte Anbindehaltung von Pferden steht nach Ansicht der Autoren grundsätzlich im Widerspruch zu den Kriterien einer verhaltensgerechten Pferdehaltung, wie sie das Tierschutzgesetz fordert, denn sie schränkt das Bewegungsbedürfnis der Tiere erheblich ein und unterbindet weitestgehend das arteigene Bedürfnis nach Sozialkontakt, Körperpflege (Wälzen), Erkundung sowie das Liegen in der Seitenlage (Tiefschlaf).

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K a p i t e l 3

MATERIAL UND METHODEN 3.1. Einleitung

In Zusammenarbeit mit dem Verband hannoverscher Warmblutzüchter e.V. wurde im Frühjahr 2001 das Konzept des interdisziplinären Forschungsvorhabens zur Osteochondrose entwickelt.

Der Verband schrieb seine aktiven Mitglieder an, um ihnen die Studie vorzustellen und sie zur Teilnahme anzuregen. Aus den ca. 120 Betrieben, die sich um eine Teilnahme bemühten, wurden ca. 90 Betriebe ausgewählt. Kriterien zur Auswahl waren die geografische Lage der Betriebe und eine Mindestzahl von fünf erwarteten Fohlen im Jahr 2001.

In der Zeit vom 1. März bis zum 31. Oktober 2001 wurden die Betriebe in etwa monatlichen Abständen zur Datenerhebung besucht. Es wurden zwei Untersuchungsteams gebildet, die aus jeweils einer Doktorandin aus dem Institut für Tierzucht und Haustiergenetik der Georg-August- Universität Göttingen sowie einer Doktorandin des Instituts für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule Hannover bestanden. Die Anzahl Fohlen wurde zur Hälfte aufgeteilt, wobei eine Gruppe den westlichen Teil Niedersachsens, die andere den östlichen Teil befuhr. Der Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern wurde aufgrund der großen Tierzahl von beiden Teams gemeinsam besucht.

Das Gesamt-Projekt besteht – die vorliegende Arbeit eingeschlossen - aus insgesamt zehn Teilprojekten (Dissertationen), die an verschiedenen Fakultäten bearbeitet wurden. Alle Teilprojekte beschäftigen sich aus ihrem jeweiligen Spezialgebiet heraus mit Osteochondrose:

ARNAN, P.:

Röntgenologische Befunderhebung bei zweijährigen Warmblütern Klinik für Pferde, Freie Universität Berlin

BORCHERS, A.:

Die Körpergewichts- und Körpergrößenentwicklung des Warmblutfohlens während des ersten Lebenshalbjahres in Bezug zur Energie- und Proteinzufuhr sowie zum Auftreten der Osteochondrose

Institut für Tierernährung, Tierärztliche Hochschule Hannover

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GRANEL, M.:

Die Mengen- und Spurenelementversorgung von Warmblutfohlen während des ersten Lebenshalbjahres unter Berücksichtigung des Vorkommens der Osteochondrose

Institut für Tierernährung, Tierärztliche Hochschule Hannover KREKELER, N.:

Röntgenologische Befunderhebung am Sprung- und Kniegelenk von Warmblutfohlen Klinik für Pferde, Freie Universität Berlin

LÖHRING, K.:

Genome scan for Quantitative Trait Loci (QTL) for osteochondrosis in Hanoverian Warmblood horses using an optimised microsatellite marker set

Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Tierärztliche Hochschule Hannover SCHOBER, M.:

Schätzung von genetischen Effekten beim Auftreten von Osteochondrosis dissecans beim Warmblutpferd

Institut für Tierzucht und Haustiergenetik, Georg-August-Universität Göttingen REININGHAUS, M.:

Röntgenologische Befunderhebung am Fesselgelenk bei Warmblutpferden Klinik für Pferde, Freie Universität Berlin

WELKER, V.:

Röntgenologische Befunderhebung bei Warmbluthengsten Klinik für Pferde, Freie Universität Berlin

WINKELSETT, S.:

Biochemische Knochenmarker und Parathormon bei Warmblutfohlen unter Berücksichtigung des Vorkommens der Osteochondrose

Institut für Tierernährung, Tierärztliche Hochschule Hannover

Referenzen

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