• Keine Ergebnisse gefunden

5. Diskussion

5.3. Effekte auf Osteochondrose

5.3.1. Einfluss des Wachstums und des Geschlechtes

Die statistischen Analysen zum Einfluss der Wachstumsparameter auf Osteochondrose zeigen, dass kleine, leichte Fohlen mit einem geringen Röhrbeinumfang tendenziell häufiger von OC im Fesselgelenk betroffen sind. Große, schwere Fohlen mit einem großen Röhrbeinumfang hingegen neigen gehäuft zu Befunden im Sprunggelenk.

Für die Wachstumsparameter untereinander ergeben sich hoch positive Korrelationen. Sie liegen für Gewicht und Größe bei ca. 0,75. Dennoch ergeben sich in den Analysen zum Einfluss von Gewicht und Größe auf OC im Fesselgelenk signifikante Ergebnisse ausschließlich für das Gewicht. Für OC im Sprunggelenk hingegen finden sich signifikante Einflüsse der Wachstumsparameter allein im Bereich der Größe.

Dabei wird sowohl die Häufigkeit der Befunde im Fessel- als auch im Sprunggelenk durch den Röhrbeinumfang in signifikanter Weise beeinflusst, jedoch mit der oben geschilderten gegenläufigen Tendenz.

Die häufig pauschal geäußerte Annahme, frohwüchsige Fohlen mit hohen Tageszunahmen erkrankten häufiger an OC (STRØMBERG, 1979; HOPPE, 1984; JEFFCOTT, 1991), kann anhand dieser Untersuchung nur zum Teil bestätigt werden. Sie gilt wohl für das Sprung-, nicht jedoch für das Fesselgelenk.

Ein mögliches Ungleichgewicht in der Beziehung von Körpergewicht und Fundament wurde mit Hilfe des Quotienten von Gewicht und Röhrbeinumfang untersucht. Es stellte sich heraus, dass diesbezüglich keine Unterschiede zwischen Stut- und Hengstfohlen bestanden, folglich also das Verhältnis von Körpergewicht zum Fundament bei Hengst- und Stutfohlen gleich ist. Es gibt

153

jedoch einen deutlichen Geschlechtsunterschied hinsichtlich des Kalibers der Fohlen, der sich im Quotienten von Gewicht und Größe widerspiegelt. Hier sind Hengstfohlen, dem Geschlechtsdimorphismus entsprechend, von einem gegenüber den Stutfohlen deutlich höheren Quotienten gekennzeichnet. In Bezug auf das Auftreten von Osteochondrose war ein kleiner Quotient von Gewicht und Röhrbeinumfang verbunden mit gehäuftem Auftreten von Befunden im Fesselgelenk. Es konnte keine Beziehung des Quotienten von Gewicht und Größe bzw.

Röhrbeinquerschnittsfläche zur Befundhäufigkeit von Osteochondrose-gesamt bzw.

Osteochondrose im Fessel- oder Sprunggelenk hergestellt werden.

Die Berechnungen zur Röhrbeinquerschnittsfläche sind jedoch kritisch zu betrachten. Allein der Umstand, dass die Röhrbeinquerschnittsfläche nicht exakt aus dem Umfang des Metakarpalknochens, sondern aus dem Umfang der gesamten Extremität im Bereich des Röhrbeins berechnet wurde, lässt ungenaue Ergebnisse erwarten. Zudem ist der Röhrbeinquerschnitt nicht kreisrund und der Umfang somit auch kein – wie zur Berechnung angenommen - Kreisumfang. Nicht zuletzt handelt es sich beim Röhrbein um einen Röhrenknochen, der folglich eine Markhöhle besitzt. Aus den genannten Gründen ist der Rückschluss vom Röhrbeinumfang auf eine lasttragende Kreisfläche ausgesprochen fragwürdig (s.S. 137). Daher sind sowohl die Berechnung des Gewichtes pro Röhrbeinquerschnittsfläche an sich als auch die Resultate der diesbezüglichen Analysen als zweifelhaft anzusehen.

Die Bestimmung des Röhrbeinumfangs (des Umfangs der Extremität im Bereich des Röhrbeins) hingegen ist eine geeignete und in der Praxis etablierte Methode, um die Stärke des Fundaments zu beschreiben. Die Beziehung der Körpermasse zur Stärke des Fundaments wird daher durch den Quotienten von Gewicht und Röhrbeinumfang plausibel zusammengefasst.

OZAWA et al. (1995) untersuchten die Beziehung der Konzentration des Wachstumshormons IGF-I im Blutplasma und dem Geschlecht bzw. Gewicht von Jährlingen aus sechs verschiedenen Rassen (Kaltblüter, Vollblüter, Ponies). Bei Hengsten konnten rasseunabhängig signifikant höhere IGF-I Konzentrationen gemessen werden als bei Stuten. Die Korrelation der IGF-I Konzentration zum Gewicht der schweren Rassen (Percheron, Breton breeds) betrug bei den Hengsten 0,6, bei den Stuten 0,2. In Verknüpfung mit der von SLOET VAN OLDRUITEN-OOSTE et al. (1999) festgestellten Beziehung von OC im Sprung- und Kniegelenk bei Fohlen und der Konzentration von IGF-I in deren Blutplasma (OC-positive Fohlen zeigten signifikant geringere IGF-I Konzentrationen als OC-negative Fohlen) kann vermutet werden, dass über

154

IGF-I wichtige physiologische Vorgänge gesteuert werden, die an der Entstehung von Osteochondrose beteiligt sind. Hier besteht der Bedarf nach einer grundlegenden Forschungsarbeit.

Hinsichtlich des engen Zusammenhangs von Wachstumsparametern und Geschlecht ist die Frage nach primärer und sekundärer Wirkung der Effekte anhand der vorliegenden Daten schwierig. Betrachtet man den Einfluss des Geschlechtes auf Osteochondrose, so besteht ein enger Zusammenhang zu den Wachstumsparametern: Stutfohlen und kleine, leichte Fohlen mit geringem Röhrbeinumfang zeigen gehäuft Befunde im Fesselgelenk. Es wurde anhand der Literatur gezeigt, dass die Konzentration von IGF-I in Abhängigkeit des Geschlechtes auch einen Einfluss auf die Entstehung von Osteochondrose haben kann. Somit könnte man den Einfluss des Geschlechtes als primär und den der Wachstumsparameter als sekundär ansehen. Für diese Annahme spricht auch, dass bei der nach Geschlechtern getrennten Analyse der Wachstumsparameter auf Osteochondrose der bei weitem überwiegende Teil der signifikanten Ergebnisse im Bereich der Stutfohlen zu finden war.

Allerdings kann eine unterdurchschnittliche Gewichtsentwicklung nicht allein mit der biologischen Variation in der Entwicklung der Fohlen begründet werden, sondern sie tritt auch infolge einer unangepassten Nährstoffversorgung auf. Um dieser Frage nachzugehen, wurden die Fohlen nach ihrer Körpergröße in zwei Klassen eingeteilt, innerhalb dieser Klassen wurden jeweils drei Gewichtsklassen gebildet.

Es sind sowohl in der Gruppe der kleinen (Abb. 21) als auch der großen Fohlen (Abb. 22) vermehrt die leichten Fohlen betroffen. Somit kann vermutet werden, dass die jeweils leichten Fohlen aufgrund einer unangepassten Nährstoffversorgung erkranken.

155

Abb. 21: Relative Häufigkeit [%] von Osteochondrose im Fesselgelenk innerhalb von drei Gewichtsklassen der kleinen Fohlen (117-128 cm) im vierten Lebensmonat (n=288)

Abb. 22: Relative Häufigkeit [%] von Osteochondrose im Fesselgelenk innerhalb von drei Gewichtsklassen der großen Fohlen (129-139 cm) im vierten Lebensmonat (n=280)

0

129 - 139 cm Körpergröße

130 - 194 kg 195 - 206 kg 207 - 245 kg

117 - 128 cm Körpergröße

126 - 167 kg 168 - 182 kg 183 - 231 kg

156