• Keine Ergebnisse gefunden

5. Diskussion

5.2.1. Haltung und Bewegung der Zuchtstuten im Winter

Die Einzelaufstallung dominiert mit einem Anteil von 87 % der Stuten bzw. 88 % der Betriebe als die favorisierte Haltungsform für Zuchtstuten. Die Gruppenhaltung spielt hingegen kaum eine Rolle. Ganzjährige Weidehaltung wurde lediglich in Einzelfällen praktiziert, wenn gesundheitliche Probleme der Stuten (z.B. chronisch obstruktive Bronchitis, chronische Phlegmone) eine Stallhaltung unmöglich machten. Die Betriebe, die Anbindehaltung praktizieren, sahen dies z.T. als Übergangslösung an und waren bemüht, die Situation zu verändern.

Berechnet man nach der Formel (Widerristhöhe [m] x 2)² die Mindestfläche einer Einzelbox, so ergibt sich für eine mittelgroße Warmblutstute mit 1,68 m Stockmaß ein Boxengröße von 11,3 m². Diese Maße wurden bei 22 % der Stuten unterschritten, bei weiteren 27 % lagen sie im nur knapp ausreichenden Bereich. Von den Stuten aus den Gruppenhaltung gab es mit 53 % einen noch größeren Anteil, die nicht den Richtlinien entsprechend [n x (Widerristhöhe [m] x 2)²] mit Platz versorgt waren. Diese Situation kam bei zwei der acht Betriebe, die eine Gruppenhaltung betreiben, vor.

Eine Außenbox ist eine Variante der Einzelaufstallung, bei der im Vergleich zur Innenbox zusätzliche Einflüsse (Klima, vermehrtes Teilhaben an der Umwelt etc.) auf das Pferd einwirken können. Insgesamt 17 % der in Boxen gehaltenen Stuten standen in einer Außenbox, 83 % wurden in einer Innenbox gehalten.

143

Das Ausmisten der Boxen erfolgte bei 97 % der Stuten in monatlichen oder längeren Intervallen.

Die Vorteile dieser Handhabung liegen in einem relativ geringen Arbeitsaufwand, allerdings ist großzügiges Einstreuen erforderlich. In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass insbesondere in schlecht belüfteten Altgebäuden eine Matratzenstreu ohne das tägliche Entfernen von Dung und nassem Stroh das Stallklima und damit die Atemluft der Pferde belastet.

Bewegung der Zuchtstuten

Betrachtet man die Bewegungsfrequenz der Stuten, so wird knapp ein Drittel aller Stuten überhaupt nicht bzw. weniger als einmal pro Woche bewegt. Diese Situation ist im Hinblick auf die Bedürfnisse eines hochspezialisierten Lauf- und Fluchttieres nicht zufriedenstellend, und steht ebenfalls im Gegensatz zu den Richtlinien der FN / des BMELF, die einen täglichen Auslauf ausdrücklich fordern.

Die Bewegungsfrequenz innerhalb der einzelnen Modi zeigt, dass die Betriebe zwar generell über Bewegungsmöglichkeiten verfügen, diese aber in vielen Fällen eher selten nutzen (weniger als einmal bzw. ein- bis zweimal pro Woche). Oft wurde von den Betriebsleitern ein Stück Grünland als Winterweide genutzt, welches anschließend im Frühjahr regelmäßig neu eingesät wurde. Diese Winterweiden sind häufig nicht nutzbar, da sie stark vermatschen und dann auch ggf. in diesem Zustand mit extrem unebener Oberfläche auffrieren.

Ein Paddock hingegen ist ein Ganzjahresauslauf, der nicht als Futtergrundlage dient und über einen mehr oder weniger wetterfesten Boden verfügt. Dieser Boden kann ein drainierter Sandboden oder auch ein trittfestes Pflaster sein. Betrachtet man allerdings die Auswertung über die Bodenverhältnisse in den Ausläufen, so waren die Bedingungen in den Paddocks zwar etwas besser als die Winterweide, sie lagen jedoch insgesamt im nicht zufriedenstellenden Bereich. Hier besteht der Bedarf an praktikablen Lösungen, um mit vertretbarem Aufwand winterfeste Ausläufe für Zuchtstuten zur Verfügung zu stellen.

Eine Bewegungshalle genügt diesem Anspruch ebenfalls nur zum Teil, da die Stuten dort in der Regel nur kurz verbleiben. In Kombination mit der dokumentierten eher seltenen Nutzung der Bewegungshalle entsteht dann das typische „Abbuckeln“, die Stuten bewegen sich für wenige Minuten im Galopp und stehen anschließend aufgrund mangelnder Bewegungsreize in der Mitte.

144

Diese Form der Bewegung ist im Hinblick auf die Gesundheit der Stuten als problematisch anzusehen. Aufgrund des Fehlens einer Aufwärmphase, die Voraussetzung für eine risikominimierte Belastung von Sehen und Gelenken ist, entsteht die Gefahr von Erkrankungen im Bereich des Bewegungsapparates. Weiterhin sind die durch die kurze, aber starke Belastung häufig geschwitzten Stuten in dieser Situation anfällig für Infektionskrankheiten der Atemwege.

Den Stuten wird innerhalb der Bewegungsmodi eine unterschiedlich lange Bewegungsdauer – ohne Berücksichtigung der Bewegungsfrequenz – gewährt. Der Paddock und nachfolgend Koppel bieten die ausgedehnteste Bewegung, gefolgt von der generell kurzen Bewegungsdauer (<

1 Std.) in der Halle.

Berücksichtigt man neben der Bewegungsdauer auch deren Frequenz, so werden häufig bewegte Stuten länger in den Ausläufen belassen als wenig bewegte Stuten. Es wird demzufolge nicht versucht, ein Defizit in der Häufigkeit der Bewegung durch einen längeren Auslauf

„auszugleichen“.

Die durchschnittliche Gesamtbewegung pro Woche macht noch einmal deutlich, wie hoch der Anteil der nicht adäquat bewegten Stuten liegt: 16 % der Zuchtstuten werden im Winter nicht bewegt. Die Werte sind einfach gerundet, so dass Stuten mit weniger als einer halben Stunde Bewegung pro Woche zu den Stuten, die generell nicht bewegt werden, hinzugezählt werden (vergl. Tab. 81). Für weitere 16 % der Stuten konnte eine Gesamtbewegung pro Woche von weniger als einer Stunde errechnet werden. 21 % der Stuten haben zwei bis vier Stunden Bewegung pro Woche, und 47 % verlassen ihre Box für mehr als vier Stunden pro Woche zur freien Bewegung.

145

5.2.2. Haltung und Bewegung der Fohlen Haltung der Fohlen

Vergleicht man die vorgefundenen Boxengrößen der Saugfohlen und ihrer Mütter mit den von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung bzw. dem BMELF herausgegebenen Richtlinien, so wird deutlich, dass diesen in der Praxis häufig nicht entsprochen wird. Für Stuten mit Fohlen wird eine Boxenfläche von mindestens 12 m², besser 16 m² empfohlen. Da die Stuten nach dem Abfohlen in der Regel in den Boxen verbleiben, in denen sie zuvor aufgestallt waren, erhöht sich der Anteil der in Bezug auf den Platzbedarf nicht den Richtlinien entsprechenden Boxen gegenüber der für die Stute allein als ausreichend angesehenen Fläche (s.S. 38) auf 49 % (Minimum 12 m²) bzw. 78

% (empfohlenen 16 m²).

Hinsichtlich der Gruppenboxengröße ergibt sich ein geteiltes Bild: Zwei Betriebe stellten den Stuten mit Fohlen die sog. Bewegungsboxen zur Verfügung, die ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit erlauben. Die übrigen Betriebe, die Gruppenhaltung betreiben, hielten oft nicht den von der FN geforderten Höchstbesatz an Pferden pro Fläche ein, was die Vorteile dieser Haltungsform wieder zunichte macht.

Bewegung der Fohlen

Die Bewegungsfrequenz der Fohlen hängt stark vom Geburtstermin ab. Insbesondere die früh im Jahr geborenen Fohlen wurden nicht oder nur selten bewegt, was zum größten Teil durch die fehlenden Auslaufmöglichkeiten in dieser Jahreszeit (vereiste Koppeln / keine Bewegungshalle) bedingt war. Auch hinsichtlich der Bewegungsdauer – unabhängig von der Häufigkeit der Bewegung - liegen die Frühgeborenen deutlich hinter den Spätgeborenen zurück.

Die mittlere Gesamtbewegung pro Woche steigt für die Gesamtheit der Fohlen mit höherem Lebensalter an, es ergeben sich jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den früh- und spätgeborenen Fohlen. Betrachtet man die Verteilung der Gesamtbewegung auf die verschiedenen Bewegungsmodi, so wird deutlich, dass die früh geborenen zu einem nicht unerheblichen Teil im Paddock oder der Halle bewegt werden, sich dort jedoch nur kurz aufhalten. Auch das Führen der Fohlen wird praktiziert, allerdings in noch kürzeren Zeitspannen.

146

Die spätgeborenen Fohlen hingegen laufen von Beginn an auf der Weide. Hinsichtlich des zeitlichen Ausmaßes und der Regelmäßigkeit der Bewegung wird die ganztägige Weidehaltung von keinem der übrigen Bewegungsmodi erreicht. Weiterhin bietet insbesondere die Weidehaltung den ausgiebigen Sozialkontakt der Fohlen mit Artgenossen und damit verbunden einen spielerischen Antrieb zu mehr Bewegung.

5.2.3. Schlussfolgerungen

Wie aus den Daten zur Haltung und Bewegung hervorgeht, gibt es offenbar eine nicht unerhebliche Diskrepanz zwischen dem Wissen um eine artgerechte Pferdehaltung bzw. -aufzucht und dessen Umsetzung in der Praxis.

Aus ethischer Sicht ist der physischen wie psychischen Gesundheit des Pferdes unabhängig von seiner Nutzung oberste Bedeutung einzuräumen. Wer auch immer sich mit dem Pferd beschäftigt, übernimmt Verantwortung für das ihm anvertraute Lebewesen und muss dessen Haltung den natürlichen Bedürfnissen anpassen (FN, 1999).

Wird Pferdezucht und –haltung als Erwerbsgrundlage (traditionell landwirtschaftliche Züchter) betrieben, so wird sie vorwiegend unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bewertet. In den ständig größer werdenden Kreisen derer, die sich ohne erklärte Gewinnabsicht mit Pferdezucht und –haltung beschäftigen, spielen finanzielle Erwägungen häufig eine eher untergeordnete Rolle. Die Erwartungshaltung geht vielmehr dahin, durch die Investitionen an Zeit und Geld ideelle Werte zu schöpfen. In beiden Fällen sind Konflikte mit den oben genannten Grundsätzen vorprogrammiert, denn unabhängig von der kommerziellen oder nicht-kommerziellen Ausrichtung ist ein relativ hoher Anteil von Erkrankungen, die den späteren Gebrauch der Zuchtprodukte als Reitpferde begrenzen oder unmöglich machen, zu beobachten.

In der zweiten Hälfte des vorangegangenen Jahrhunderts hat sich die Nutzung des Pferdes vom Arbeitstier zum heutigen Sport- und Freizeitpferd grundlegend verändert. Analog dazu gab es einen gewaltigen Wissenszuwachs um die Bedürfnisse und die Eigenheiten der Spezies Pferd, obwohl seine physiologischen Eigenschaften seit Jahrhunderten nahezu konstant sind. Es wurden

147

für viele altbekannte Dinge Erklärungen gefunden und neue Maßstäbe gesetzt. So galt es u.a.

auch, die für Arbeitspferde üblichen Haltungsbedingungen an die moderne Sportpferdehaltung anzupassen. Als Beispiel sei hier die Ständerhaltung genannt, die den Arbeitspferden nach intensiver Arbeit ein kühler und fliegenfreier Aufenthaltsort war, wo sie getränkt und gefüttert wurden und Gelegenheit zur Erholung hatten.

Die Anbindehaltung von Pferden ist fast so alt wie die Pferdehaltung selbst. Schon von König Salomon (972 bis 932 v. Chr.) ist bekannt, dass er die Pferde seines großen Heeres in Anbindehaltung hielt. Noch bis in die sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts stand die Mehrzahl der Pferde in diesen Haltungssystemen, weil sie dadurch schneller verfügbar waren und ihre Unterbringung hinsichtlich Platzbedarf sowie Einstreu- und Futterkosten günstig war. Die haltungsbedingten Risiken des Festlegens bzw. Aufhängens an der Anbindung wurden häufig durch die sowohl im Militärdienst als auch in der Landwirtschaft üblichen Stallwachen (der Knecht hatte seine Kammer über dem Pferdestall) minimiert. Somit war der Anbindestand zu seiner Zeit ein zweckmäßiger Kompromiss. Für heutige Sport- oder Freizeitpferde, die etwa eine Stunde am Tag geritten werden, sowie insbesondere für Zuchtstuten, die sich überwiegend im Stall aufhalten, kann dies jedoch nicht mehr als artgerechte Haltungsform akzeptiert werden.

Die baulichen Gegebenheiten der traditionell landwirtschaftlichen Züchter stammen häufig noch aus der Zeit, als das Pferd mit den übrigen Nutztieren des Betriebes um Platz und Futter konkurrierte - was zum Teil auch heute noch so ist. Demzufolge unterlagen die Abmessungen der Pferdeboxen in erster Linie wirtschaftlichen Zwängen. Betriebe, die sich durch besonders großzügige Stallungen hervortun, werden zumeist aus Liebhaberei betrieben. Auch einige der Züchter, die das Nutzvieh abgeschafft und sich ganz der Pferdezucht gewidmet haben, verfügen nun über ausreichend Platz, um großzügig bemessene Pferdeboxen anbieten zu können.

Die Probleme hinsichtlich der unzureichenden Bewegung der Pferde treten fast ausschließlich in der Winterhaltung auf. Die aufgezeigten Schwierigkeiten ergeben sich vielfach aus einem Mangel an Arbeitskräften und / oder technischen Voraussetzungen während der Stallhaltungsperiode.

Die Motivation der Züchter, ihren Pferden ausreichend Bewegung zukommen zu lassen, ist größtenteils gegeben. Häufig jedoch stehen die Zuchtstuten und Jungpferde in der Priorität des Zeitaufwands hinten an, da den vermarktungsfähigen Remonten / Reitpferden größte Aufmerksamkeit gewidmet wird. Diejenigen, die eine Bewegung ablehnten, führten die Gefahr eines Unfalls durch zu große Aufregung im Auslauf als Begründung an - eine sich selbst

148

erfüllende Prophezeiung, denn durch den angestauten Bewegungsdrang aufgrund des selten gewährten Auslaufs passieren tatsächlich mehr Unfälle. Hier ist weitere Aufklärung unentbehrlich, denn nur eine optimale Umwelt lässt hinsichtlich Konstitution und Leistungsfähigkeit der Pferde ein bestmögliches Ergebnis erwarten. Die lange Zeitspanne zwischen „Haltungssünden“ und den daraus resultierenden Schäden erschwert das Erkennen dieses kausalen Zusammenhangs.

Es ist verwunderlich, dass einerseits so klare Einigkeit darüber besteht, dass Pferden Bewegung gewährt werden muss, andererseits aber die bestehenden Möglichkeiten innerhalb eines Betriebes nahezu als gegeben und mithin unveränderbar angesehen werden. Eine Veränderung der baulichen Gegebenheiten (Boxen / Auslaufmöglichkeiten) zur Erzielung einer am Optimum orientierten pferdegerechten Nutzungsmöglichkeit ist in der Regel kostenintensiv und arbeitsaufwendig. Mit kritischem Blick sowohl für das Notwendige als auch das Machbare kann jedoch oft eine Verbesserung der Haltungsbedingungen erreicht werden, ohne einen Komplettumbau vorzunehmen. Hier sind die Praxistipps der Fachberatungen für Pferdebetriebe eine wertvolle Hilfe.

Eine extensivere Haltung von nicht oder nur selten gearbeiteten Pferden erscheint sinnvoll, weil die Pferde eine nicht mit zusätzlichem Aufwand an Zeit und Arbeit verbundene Bewegung erhalten. Zudem können sie im Herdenverband Sozialkontakte pflegen und sich vermehrt klimatischen Einflüssen aussetzen. Unter einer extensiven Haltung wird deshalb nicht das häufig praktizierte Sich-Selbst-Überlassen in einer mehr oder weniger verwahrlosten Umgebung verstanden, sondern vielmehr eine kontrollierte und mit Verstand betriebene Haltungsform für Pferde, die ihren natürlichen Bedürfnissen angepasst ist. Eine Haltung in Einzelboxen erfüllt diese Ansprüche nur zum Teil, was eine erhöhte Arbeitsintensität z.B. durch ausgiebige Bewegung (Reiten, Weide) oder auch häufiges Füttern erfordert.

Betrachtet man ein Haltungssystem für Zucht- bzw. Aufzuchtpferde unter ökonomischen Gesichtspunkten, so soll es im wesentlichen drei Grundsätzen genügen: Es muss kostengünstig und wenig arbeitsintensiv sein, um eine möglichst hohe Gewinnspanne bei der Vermarktung der Nachkommen erzielen zu können. Zudem soll die Haltungsform gesund für die Pferde sein, damit auch in dieser Beziehung einer Gefährdung des wirtschaftlichen Erfolges vorgebeugt wird.

149

DOHMS (2002) kommt in ihren Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Fruchtbarkeitsleistung der Stuten in sehr hohem Maße durch das Management im Züchterstall beeinflusst wird. Bei einer Stutenherde, die aufgrund von persistierenden Infektionen ständig einen Teil ihres Immunsystems für die Infektionsabwehr zur Verfügung stellen muss, ist eine schlechtere Trächtigkeitsrate als bei einer gesunde Herde zu erwarten. DOHMS (2002) weist ausdrücklich darauf hin, wie bedeutend eine gute Fruchtbarkeit für die Rentabilität eines Zuchtbetriebes ist. Indes wird den Bedürfnissen der Zuchtstuten offenbar noch immer zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet.

Durch den kausalen Zusammenhang mangelnder Bewegung der Fohlen zu gesundheitlichen Problemen (z.B. Osteochondrose, s.S. 125 ff.), die den Wert des späteren Reitpferdes mindern, kann eine direkte Verbindung zwischen Haltung, Gesundheit und wirtschaftlichem Erfolg hergestellt werden.

Eine betriebswirtschaftliche break-even-Analyse zur Ermittlung einer Mindestinvestitionssumme mit dem Ziel von arbeitserleichternden und damit kostenreduzierenden sowie haltungsoptimierenden Effekten wird durch entsprechende professionelle Beratungsstellen für Pferdebetriebe angeboten. Die Entwicklung des betriebswirtschaftlichen Mehrwertes ist über einem Zeitraum von vier Jahren (Zeit von Bedeckung bis zur Vermarktung) zu verfolgen.

Die vorgenannten Grundsätze werden in der derzeit hauptsächlich praktizierten Einzelboxenhaltung der Zuchtstuten nur zum Teil erfüllt. Sie ist eine relativ aufwendige und teure Haltungsform. Die Stuten müssen mindestens zweimal täglich gefüttert und regelmäßig bewegt werden, für jede Stute ist eine Einzelbox mit Tränke zu errichten. Zudem ist der für das Wohlbefinden wichtige Sozialkontakt nur eingeschränkt gegeben.

In der Gruppenhaltung hingegen haben die Stuten die Möglichkeit, sich selbst im Laufstall zu bewegen und Sozialkontakte zu pflegen. Das System ist in der Anschaffung aufgrund des reduziertem Materialaufwands kostengünstiger als eine Einzelboxenhaltung. Die Gefahr der Verletzung ist eher gering, da die Gruppenzusammensetzung im Züchterstall in der Regel konstant ist und die Stuten im Sommer ohnehin gemeinsam auf der Weide laufen. Ideal wäre eine Gruppenhaltung mit zusätzlichem wetterfesten Paddock, den die Stuten permanent zur freien Verfügung haben.

150

Dabei sind jedoch eine Reihe von Grundsätzen zu beachten, um eine Gruppenhaltung erfolgreich betreiben zu können. So soll u.a. der Unterstand mindestens zwei Eingänge haben, damit er nicht durch ein ranghohes Tier blockiert wird. Ferner müssen genügend Futterplätze vorhanden sein. Des weiteren ist ein Überbesatz zu vermeiden. Eine praktikable Lösung zum Einfangen der Stuten muss individuell gefunden werden (Treibgang, Einsatz von Krippenfutter).

Generell stellt die Gruppenhaltung jedoch eine echte Alternative zur derzeitigen Einzelboxenhaltung dar, und mit ein wenig Geschick und Innovationsfreude ließe sich so die Situation vieler Zuchtstuten entscheidend verbessern – und infolgedessen bei gesünderen Stuten eine verlängerte Lebensdauer und gesteigerte Fruchtbarkeitsleistung und damit einhergehend betriebswirtschaftlicher Gewinn erwarten. Der Erfolg einer Haltungsform ist in erster Linie von der Bereitschaft des Betriebsleiters abhängig, mit dem jeweiligen System pferde- und marktgerecht arbeiten zu wollen. Wenn Einzelfälle eine optimierte Gesamtlösung scheinbar unmöglich machen, ist für diese eine gesonderte individuelle Lösung anzustreben. Als Beispiel sei die einzelne unverträgliche Stute einer größeren Stutenherde genannt, die spezieller Behandlung bedarf. Der Mehrheit der Herde sollte aufgrund der Schwierigkeiten eines einzelnen Pferdes die Vorteile einer Gruppenhaltung nicht verwehrt werden.

Pferdezüchter und alle, die sich mit Pferden beschäftigen, wissen um die Notwendigkeit, dass den Pferden Bewegung gewährt werden muss. Dennoch wird insbesondere bei Zucht- und Aufzuchtpferden - trotz zunehmender Sensibilisierung für dieses Thema - allgemein akzeptiert, dass im Fall von mangelnden Voraussetzungen auf eine Bewegung ganz oder teilweise verzichtet wird.

Somit bewegt sich die Pferdehaltung zu Beginn des 3. Jahrtausends im Spannungsfeld von althergebrachten Erfahrungen und dem modernen Wissen um das Pferd.

Zukunftsweisend ist die Initiative der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, die bundesweit einheitliche Qualitätsstandards für Pferdebetriebe mit unterschiedlichen Schwerpunkten (z.B.

Zuchtbetrieb, Pensionsbetrieb, Ferienbetrieb, Turnierstall) festgelegt hat und den Betrieben nach erfolgreicher Überprüfung der fachgerechten Pferdehaltung und der Sachkenntnis des Betriebsleiters eine Kennzeichnung anbietet. Es wäre gut, wenn sich diese Kennzeichnung im Sinne einer positiv-Auslese in Kürze weiter etablieren und vielleicht auch in den Auktionskatalogen der Zuchtverbände wiederfinden würde, um die Käufer mit qualitativen Informationen über den Zucht- oder Aufzuchtbetrieb des Pferdes zu versorgen. Ein Gebrauch

151

der gekennzeichneten Herkunft eines Pferdes zu Werbezwecken durch den Verband erhöht die Attraktivität der Kennzeichnung für den Züchter. Hinsichtlich der Vergabepraxis der Kennzeichnung sollte in Erwägung gezogen werden, statt des bisher üblichen Prinzips (gekennzeichnet /nicht gekennzeichnet) wie bei der Kennzeichnung einer Reitschule Wertungspunkte (eins bis fünf) zu vergeben. Möglicherweise können bei noch ausreichenden Basisanforderungen auch gerade die suboptimal geführten Betriebe zur Teilnahme angeregt werden, um ihnen dann weitere Anreize und konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Betriebes zu geben.

Bei aller Kritik an den z.T. ungenügenden Haltungsbedingungen soll jedoch die Tatsache nicht in Vergessenheit geraten, dass viele Züchter mit großem Engagement und persönlichem Einsatz bei der Sache sind, um ihren Stuten bestmögliche Bedingungen zu bieten.

Die Bereitschaft mit verhältnismäßig geringem Investitionsaufwand eine bestmögliche und damit pferdegerechtere Haltungsform zu schaffen, gewährleistet eine Kostenreduzierung im Aufwand bei gleichzeitiger kalkulierbarer Gewinnoptimierung. Jede Form von Gewinn - materieller oder auch ideeller Art - ist langfristig nur mit gesunden Pferden erzielbar. Da die Aufzucht- und Haltungsbedingungen die Gesundheit von Pferden in hohem Maße beeinflussen, ist ihnen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Der Verantwortung des Menschen gegenüber dem ihm anvertrauten Lebewesen ist zum Wohle der Pferde oberste Bedeutung beizumessen.