nikärzten des Landes gestartet mit dem Ziel, Erfahrungsberichte und entsprechende Meinungen aus den Kliniken zu Arbeitsbelastung und Pa- tientenversorgung zu erfahren, insbe- sondere auch im Hinblick auf die Auswirkungen des Arbeitszeitgeset- zes, das seit mehr als zwei Jahren in Kraft ist.
Alarmierende Umfrage
Die Ergebnisse der Umfrage sind alarmierend: 80 Prozent der Leiten- den Ärzte sind der Ansicht, daß bei der Durchführung des Arbeitszeitge- setzes ohne entsprechende Stellen- vermehrung die Qualität der sta- tionären Patientenversorgung und das Betriebsklima leiden. 75 Prozent monieren, daß sich die Arbeitsbela- stung des ärztlichen Personals durch verschärften Zeitdruck vermehrt.
Knapp 70 Prozent vermelden zuneh- mende berufliche Unzufriedenheit bei den Assistenzärzten und sich selbst. Ebenfalls 70 Prozent der Be- fragten beklagen fehlende ärztliche Planstellen. Dabei ist nach Auskunft der Leitenden Ärzte nur im Verant- wortungsbereich von 40 Prozent das Arbeitszeitgesetz vollständig umge- setzt.
Die Ergebnisse dieser Befra- gung zur stationären Versorgung –
zusammen mit der bekanntermaßen zunehmenden Überforderung der Ärzte im Bereich der ambulanten Versorgung – nahm der bayerische Kammerpräsident zum Anlaß für ei- ne an Politik und Öffentlichkeit ge- richtete Mahnung, „die vielfältigen Signale ärztlicher Überlastung und Unzufriedenheit nicht länger als Äußerung von ,purem Egoismus‘ ab- zutun, sondern sehr ernst zu nehmen als Aufbegehren gegen den immer schärfer empfundenen Konflikt zwi- schen den politisch gesetzten Außen- zwängen, einer mangelnden Klarheit der Rechtslage und dem ärztlichen Gewissen“.
Im Hinblick auf einen besorgnis- erregenden Rückgang der Zahl in Allgemeinmedizin weitergebildeter Ärzte hat der Bayerische Ärztetag, dessen 180 Delegierte rund 54 000 Ärzte repräsentieren, den Gesetzge- ber aufgefordert, zur Sicherstellung einer auch zukünftig ausreichenden allgemeinmedizinischen Versorgung der Bevölkerung die gesetzlichen Voraussetzungen für Rotationsstellen zu schaffen, die der Weiterbildung von angehenden Allgemeinärzten vorbehalten bleiben. An die Kranken- kassen appellierte er, die Weiterbil- dung in Allgemeinmedizin zu fördern.
Der Staatssekretär im Bayeri- schen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit, Dr. Gerhard Merkl,
hatte im Rahmen seiner Ansprache zur Eröffnung des 49. Bayerischen Ärztetages konzediert, daß das Kern- problem der Nachwuchsgewinnung in der Allgemeinmedizin die Stellenfra- ge im Gesamtgefüge der ärztlichen Weiterbildung ist. Der Staatssekretär plädierte für die Schaffung eines plan- baren ärztlichen Weiterbildungsgan- ge zur Allgemeinmedizin, eines de- taillierten, in sich geschlossenen und zukunftsweisenden Gesamtkonzep- tes, für das er in jüngsten Beschlüssen des Deutschen Ärztetages realistische Lösungsvarianten sieht.
Kritik an der Weiterbildungs- ordnung
Die geltende Weiterbildungsord- nung insgesamt ist bei diesem Bayeri- schen Ärztetag vehement in die Kri- tik geraten – nicht nur die enormen fi- nanziellen und administrativen Fol- gen der jüngsten Änderung der Wei- terbildungsordnung, sondern auch ihr Inhalt, insbesondere, so Dr. Hege,
„die langen Listen detaillierter Selbstverständlichkeiten“, die peni- ble Aufzählung von Leistungshäufig- keiten in verbindlichen Richtlinien.
Das Urteil des bayerischen Kammer- präsidenten, der sich mit fast allen seinen Präsidialkollegen in der Bun- desrepublik einig weiß: „Man muß heute konstatieren, daß die korrekte Beachtung der Weiterbildungsord- nung nach ihren Buchstaben in wei- ten Bereichen ohne unzumutbare Verlängerung der Weiterbildungszei- ten gar nicht möglich ist.“
Die Weiterbildungsordnung be- dürfe der Vereinfachung, der Präzi- sierung ihrer Ordnungsprinzipien, der Anpassung an das sinnvoll Mögli- che; sie dürfe nicht zur „Berufsaus- übungsregelung“ gemacht werden, sondern müsse ihren Charakter als Qualifikations- und Schilderordnung bewahren.
Die Delegierten forderten den Vorstand der Bayerischen Landesärz- tekammer auf, dem Vorstand der Bundesärztekammer einen Vorschlag zur Deregulierung der Weiterbil- dungsordnung vorzulegen und dem Bayerischen Ärztetag 1997 darüber
zu berichten. rr
A-2743
P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 43, 25. Oktober 1996 (19)
Gesundheitspolitik im Konsens
Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, erläu- terte den Bayerischen Delegierten zu Beginn ihrer Arbeitstagung am 12. Oktober im Füssener Kurhaus die wenige Tage zuvor von den Koali- tionsfraktionen fixierten Vorstellungen zur sogenannten 3. Stufe der Ge- sundheitsreform. Nach realistischer Einschätzung des Zeitplanes für die Beratung und Verabschiedung könnte das nicht mehr von der Zustim- mung des Bundesrates abhängige Gesetz am 1. Februar 1997 in Kraft tre- ten. Erst im November sei mit dem Entwurf eines weiteren (sogenannten Omnibus-)Gesetzes zu rechnen, das anderen regelungsbedürftigen Fra- gen der Sozialversicherung gewidmet sei.
Nachdem jetzt auch die SPD-Vorstellungen auf dem Tisch liegen, welche die Haltung des Bundesrates festschreiben dürften, unterstrich Dr. Vilmar vor den bayerischen Ärztedelegierten die am Vortag vom Vor- stand der Bundesärztekammer artikulierte Forderung nach einem Kon- sens zwischen Bundestag und Bundesrat und die Sorge des BÄK-Vor- standes, daß sich Gesundheitspolitik unmöglich auf die Dauer daran aus- richten könne, was zustimmungsbedürftig ist und was nicht.