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Archiv "Das primäre Mammakarzinom" (25.10.1996)

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Kaufmann und Minckwitz be- haupten in ihrem sehr differenzier- ten Artikel, „alle Patienten haben von einer Chemotherapie einen Nut- zen.“ Kann dieser Nutzen quantitativ erfaßt werden? Dieser sollte gegen- wärtig sein, bevor über eine Therapie entschieden wird. Zur Beantwortung dieser Fragestellung könnten eine 20jährige adjuvante Studie von Bo- nadonna et al. (1) und die entspre- chende Kommentierung von Hen- derson (2) herangezogen werden.

Pauschal (ohne Berücksichti- gung der Untergruppe) waren nach 20 Jahren 179 Patienten des Kon- trollarms (entspricht 77 Prozent) ge- genüber 137 von 200 Patienten im Behandlungsarm (entspricht 68 Pro- zent) verstorben. Im Kontrollarm waren 10 Patienten (7 Prozent) ohne Symptome eines Rezidivs verschie- den, hingegen 14 Patienten (10 Pro- zent) im Behandlungsarm.

Henderson zieht daraus die vor- sichtige Schlußfolgerung, daß eine adjuvante Chemotherapie Rezidive zu verzögern vermag, aber Heilun- gen wohl nicht erreicht werden kön- nen. Bei Betrachtung der Untergrup- pen haben von einer Chemotherapie die prämenopausalen Patientinnen den größten Vorteil gezogen. Das rezidivfreie Überleben lag für diese Patientengruppe nach 20 Jahren im Kontrollarm bei 26 Prozent, im The- rapiearm bei 37 Prozent. Der Unter- schied im Gesamtüberleben war deutlicher (24 Prozent im Kon- trollarm gegenüber 47 Prozent im Behandlungsarm). Die Henderson- Hypothese könnte beim Vergleich dieser Ergebnisse weiter unterstützt werden.

Da offensichtlich nur präme- nopausale nodal-positive Frauen von einer Chemotherapie nach dem CMF-Schema profitieren, ergibt sich konsequenterweise die Frage, ob diese dargestellten Ergebnisse nicht durch eine chemotherapiebedingte Kastration erzielt worden sind. Der Sinn einer Chemotherapie müßte da-

her nicht nur durch die meines Er- achtens enttäuschenden Ergebnisse des Therapiearms gegenüber dem Kontrollarm, sondern auch die dar- gestellte Frage der durch Chemothe- rapie induzierten Kastration kriti- scher hinterfragt werden, insbeson- dere weil ein großer Teil der Patien- ten „umsonst“ behandelt zu werden scheint.

In Anbetracht einer solchen Sichtweise (3) können Kaufmann und Minckwitz nicht genügend in ih- rer Empfehlung unterstützt werden, Patienten im Rahmen von Studien

behandeln zu lassen, insbesondere wenn man von den Schätzungen aus- geht, daß über 80 Prozent der in Fra- ge kommenden Patienten außerhalb von Studien behandelt werden dürf- ten. Wir meinen daher, daß die An- sicht nicht überspitzt ist, daß Kassen die Kosten von Studienpatienten mit unterstützen sollten und die Über- nahme der Kosten von entsprechend behandelten Patienten außerhalb von Studien hinterfragt werden soll- te.

Literatur

1. Bonadonna G et al.: Adjuvante Cyclophosa- mide, Methorexate and Fluorouracil in node-positive breast cancer. N Engl J Med 1995; 332: 901-906

2. Henderson IC: Pardadigmatic shifts in the management of breast cancer. N Engl J Med 1995; 332: 951-952

3. Heyden von HW: Adjuvante Chemothera- pie bei kolorektalen Karzinomen – Ein Feh- ler bei Unterlassung ? Med Klin 1996:; 91:

243-244 Prof. Dr. med.

Hans Wulfard von Heyden Chefarzt der Medizinischen Abteilung mit Schwerpunkt für Hämatologie und Onkologie Sertürnerkrankenhaus Einbeck 37574 Einbeck

Die Notwendigkeit adjuvanter Therapie leitet sich aus dem heutigem Konzept zur Pathogenese von Brust- krebserkrankungen ab.

Nur unter der Prämisse einer primär als systemisch anzusehenden Erkrankung ist es zu verstehen, daß die lokale Radikalität immer mehr zu- gunsten der Systemtherapien ab- nimmt. Sogar die Möglichkeit, der Pa- tientin nicht nur die Entfernung der gesamten Brust, sondern eventuell auch die axilläre Lymphonodektomie zu ersparen, wird derzeit in Form von klinischen Studien weltweit unter- sucht. Es wäre auch für die fernere Zukunft denkbar, daß durch eine ef- fektivere primäre Chemotherapie in bestimmten Fällen auf eine Operati- on ganz verzichtet werden könnte.

Die durch eine Chemotherapie indu- zierte „Kastration“ wird in ihrem Nutzen sehr kontrovers diskutiert, da dieser Effekt wohl nicht einer chirur- gischen Ovarektomie gleichzusetzen ist.

Unterstützt durch die positiven Ergebnisse des World Overview zur adjuvanten Therapie des Mammakar- zinoms, in denen auch die von von Heyden zitierte Studie von Bonadon- na et al. berücksichtigt wurde, sieht man sich heute berechtigt, Therapien bei Risikopatientinnen deutlich ag- gressiver als bisher zu konzipieren.

Als Möglichkeiten stehen hierbei die Kombination hochaktiver Substan- zen (zum Beispiel Anthrazykline mit Taxanen) und die sequentielle Verab- reichung nicht kreuzresistenter Sub- stanzen beziehungsweise zusätzlicher endokriner Therapien oder aber der hochdosierte Einsatz von Zytostatika mit Stammzellsupport zur Verfügung.

Am primär unbehandelten Tumor lassen sich neue Kombinationen in Form einer In-vivo-Resistenztestung besonders gut erproben, da die Ver- laufskontrolle mit bildgebenden Ver- fahren verhältnismäßig einfach ist.

Neuere Studienergebnisse berichten hierbei über Rückbildungsraten von etwa 90 Prozent, wobei auch der An- teil der histologisch verifizierbaren

Das primäre Mammakarzinom

Kann Nutzen quantitativ erfaßt werden?

Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Manfred Kaufmann und

Dr. med. Gunter von Minckwitz in Heft 12/1996

Schlußwort

(2)

kompletten Remissionen stetig an- steigt.

Eine Maximierung der Therapie bedeutet jedoch nicht immer auch ei- ne Verbesserung der Resultate. So lie- gen zum Beispiel mittlerweile die Er- gebnisse einer schottischen Studie als auch einer NSABP-Studie aus den USA vor, daß eine adjuvante Thera- pie mit Tamoxifen über zehn Jahre keine Verbesserung im Vergleich zu fünf Jahren bringt.

Mit der Vielzahl der zur Verfü- gung stehenden Therapieverfahren tritt aber auch für die Interpretation der klinischen, morphologischen und biologischen Tumorparameter eine Änderung ein. Während früher eine genaue Prognoseabschätzung im Vor- dergrund stand, geht es heute mehr um die Vorhersage eines Therapieer- folges. Denn wenn die eingesetzten systemischen Therapien zunehmend aggressiver werden, um für manche Patientinnen eine Verbesserung der Prognose zu erreichen, bedeutet dies jedoch für Patientinnen, welche durch die Therapie keinen Vorteil erhalten, auch eine größere Benachteiligung.

Übertherapien erhalten somit einen

größeren klinischen Stellenwert und müssen unbedingt vermieden werden.

Auch der unkontrollierte Einsatz supportiver Maßnahmen zur Behand- lung von Therapienebenwirkungen birgt die Gefahr einer Übertherapie.

So können bei niedrig oder mittelgra- dig emetogenen Therapien durch die unreflektierte Gabe von H 3-Seroto- nin-Antagonisten der Patientin zu- sätzliche Nebenwirkungen (Obstipa- tion, Kopfschmerz) unnötigerweise verursacht werden. Auch durch die unter Tamoxifen ultrasonographisch beobachtete Verdickung des Endo- metriums werden viele Patientinnen derzeit einer Übertherapie unterzo- gen. Das gering erhöhte Risiko für die Erkrankung an einem Endometrium- karzinom der mit Tamoxifen behan- delten Patientinnen führte zu der Empfehlung regelmäßiger Ultra- schallkontrollen. Diese Empfehlun- gen wurden herausgegeben, ohne daß derzeit genaue Kenntnisse vorliegen, welche ultrasonographischen Kriteri- en eine richtige Indikationsstellung zur Kürettage erlauben. Auch konnte noch nicht gezeigt werden, daß durch frühzeitige Kürettagen das Endome-

triumkarzinomrisiko gesenkt werden kann. Bedingt durch die derzeit prak- tizierte Übertherapie vieler Patientin- nen, wurde im Mai diesen Jahres an- läßlich der Tagung der American So- ciety of Clinical Oncology (ASCO) darauf hingewiesen, daß die eigentli- che Indikation für eine fraktionierte Kürettage nach wie vor auch hier die Postmenopausenblutung darstellt.

Mit diesem kurzen Ausblick auf neue Therapiestrategien beim Mammakarzinom möchten wir unse- ren Artikel über die Empfehlungen zur adjuvanten Therapie bei Mamma- karzinomen ergänzen. Wir hoffen aber auch, daß wir dem Leser bewußt machen konnten, daß für die Erarbei- tung solcher Empfehlungen eine Viel- zahl klinischer Studien notwendig wa- ren und auch zukünftig weiter erfor- derlich sind.

Prof. Dr. med. Manfred Kaufmann Dr. med. Gunter von Minckwitz Zentrum der Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Universitätsklinikum Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt am Main

Das Kernproblem der äußerst begrenzten therapeutischen Mög- lichkeiten bei postzosterischen Neu- ralgien (PZN) liegt darin begründet, daß unsere Kenntnisse über die pa- thophysiologischen Zusammenhän- ge und Mechanismen bei Varizella- Zoster-Virus-Infektionen (VZV) noch weitgehend unaufgeklärt sind.

Nur wenige sicher belegte Fakten lie- gen vor.

Selbst die als richtig anzuneh- mende Eigenheit des Virus, nach Va- rizellen im Spinalganglion zu persi- stieren und unter bestimmten Um- ständen in eine forcierte Replikati- onsphase mit Migration im zugehöri- gen peripheren Neuron bis in die sen- sorischen Endstellen und die Epider- mis einzutreten, beruht mehr auf em- pirischen als auf detailliert nachge-

wiesenen Erkenntnissen. Heute be- stehen mit Methoden wie der Polyme- rase-Kettenreaktion erweiterte Mög- lichkeiten zur genauen Aufklärung dieser Mechanismen. Wie sehr wir bei PZN „im Dunkeln tappen“, weist die häufige Verwendung des Wortes

„scheinen“ aus. Darüber hinaus sind einzelne Fakten unklar dargestellt und ergänzungsbedürftig.

« Die Definition der PZN beinhaltet nicht „Schmerzen, die vier Wochen nach Zosterinfektion andau- ern“, sondern Schmerzen oder Neu- ralgien, die vier Wochen nach Beginn

des Zosters (der Erkrankung) andau- ern oder nach einer schmerzfreien Phase wieder aufgetreten sind. Die In- fektion mit VZV besteht ja bereits seit den Varizellen. Eine „Zosterinfekti- on“ gibt es nicht. Ob das VZV ohne früheren Kontakt mit Windpocken- kranken auch primär zum Zoster führen kann, ist nicht sicher bekannt, wird aber gelegentlich diskutiert. In Fällen mit einer über vier Wochen an- dauernden Zostererkrankung wird man auch noch nicht von PZN spre- chen können.

¬Malin zitiert, daß das patholo- gisch-anatomische Substrat der PZN die „irreversible Ganglienzellnekro- se sei“. Dies kann so nicht richtig sein, sonst wäre eine Heilung der PZN schwer denkbar. Bei der Be- handlung von bisher fast zwanzig Pa- tienten mit PZN konnten wir bei mehreren völlige Beschwerdefrei- heit, bei den meisten etwa 80- bis Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Jean-Pierre Malin in Heft 19/1996

Die postzosterische Neuralgie

Ein „Tappen“ im Dunkeln

(3)

90prozentige Linderung, bei einzel- nen keine Besserung der PZN errei- chen, allerdings mit einer Behand- lungsmethode, die noch keine breite Anwendung gefunden hat (1, 2). Un- sere bisherigen Erfahrungen bei der Therapie der PZN legen die Vermu- tung nahe, daß das pathophysiologi- sche Substrat die entzündlichen Ver- änderungen infolge der persistie- renden VZV-Infektion in den sen- sorischen Endstellen (Nozizepto- ren, Mechanorezeptoren) sowie im gesamten peripheren Neuron ein- schließlich des Spinalganglions, auch mit Nekrosen, sein dürften.

­ Keineswegs „spielen die Pri- märlokalisation des Zosters sowie die Intensität der Schmerzen in der Früh- phase und das Ausmaß der Sensibi- litätsdefekte in der Frühphase eine Rolle“. Dafür gibt es aus unseren Er- fahrungen keine sicheren klinischen Anhaltspunkte. Nein, entscheidend ist die Therapie des Zosters. Im Um- kehrschluß ist zu beobachten, daß bei sehr frühem, leider unrealistischem Einsatz von modernen Virustatika (wer sieht einen Zoster bereits in den ersten zwei Tagen der Erkrankung?) die PZN-Rate zu reduzieren ist. Noch deutlicher wird das Ergebnis bei An- wendung einer sicheren und schnell zur Abheilung des Zosters führenden, primären antiviralen, modifizierten Lokaltherapie, die wir seit über zehn Jahren mit 100prozentiger Heilungs- rate des Zosters bei mehr als hundert Patienten durchgeführt haben. Das besondere an dieser Behandlungsme- thode aber ist nicht die sichere und schnelle Abheilung des Zosters allein:

Bei keinem dieser Patienten traten PZN auf (3). Schon deshalb, aber auch aus Kostengründen, sei diese Therapie als Ergänzung zur Arbeit von Malin erwähnt.

Literatur

1. Müller G: Postzosterische Neuralgien – Ein neues Therapiekonzept. Abstraktband der 38. Tagung der Dt Dermat Ges in Berlin, S. 318

2. Müller G: Postzosterische Neuralgien: Ein neues Therapiekonzept. Z Dermatol 1995;

181: 80–84

3. Müller G: Modifizierte topische Zosterthe- rapie: Vermeidung postzosterischer Neural- gien. Z Dermatol 1995; 181: 74–79

Dr. sc. med. Gunther Müller Zingel 8

31134 Hildesheim

Die im genannten Beitrag er- wähnte Häufigkeit der postzosteri- schen Neuralgie trifft heute nicht mehr zu. Bis zur Einführung der virostatischen Therapie war sie, auch in meiner Praxis, ganz gewiß ein schweres therapeutisches Problem.

Ich kann die genannten therapeuti- schen Maßnahmen – Analgetika, Antidepressiva, Einreibungen, Infil- trationen und TENS-Stimulationen – noch gut nachempfinden. Trotz der genannten therapeutischen Be- mühungen blieb die postzosterische Neuralgie eine sich oft Wochen und Monate hinquälende Angelegenheit.

Der Leidensdruck der betroffenen Patienten war enorm, und bei einem von ihnen konnte ich den Suizid leider nicht verhindern. Seit die antivirale Therapie zur Verfügung steht, ist dies alles deutlich besser geworden. Vor- ausgesetzt, die Therapie beginnt früh genug (mit Beginn des Exanthems) und wird in adäquaten Dosen (4 000 mg Aciclovir/die für sieben Tage) ver- abreicht.

Unter dieser Behandlung wird die Dauer des Herpers zoster ab- gekürzt, und postzosterische Neural- gien treten nur noch selten auf.

Die im Beitrag genannte Anga- be, jeder zweite der über sechzig- jährigen an Zoster erkrankten Patien- ten muß mit einer postzosterischen Neuralgie rechnen, kann ich nicht be- stätigen. Den im letzten Absatz ange- führten Aufruf zur Verstärkung der Bemühungen um eine virostatische Therapie (genügend schnell, hoch und lang) möchte ich nachdrücklich unterstreichen.

Dr. med. Ulrich Krause Brennerstraße 9 31737 Rinteln

Ziel muß es sein, durch eine mög- lichst frühzeitige Behandlung den Zer- störungsprozeß im Nervengewebe zu verhindern. Es ist daher anzustreben, die Behandlung nach Möglichkeit

schon bei der präzosterischen Neural- gie zu beginnen. Schon lange, ehe es Aciclovir gegeben hat, war bekannt, daß eine Enzymtherapie bei Herpes zoster von großem Nutzen sein kann (1). Vor etwa 22 Jahren erfuhr ich, daß in Italien Lysozym bei Herpes zoster eingesetzt wird. Da mir der Informant eine Packung mitgebracht hatte, ver- suchte ich dieses damals bei einem Pa- tienten, bei welchem wegen gleichzei- tig reichlichem Alkoholkonsum mit ei- ner sehr reduzierten Abwehrlage und daher mit einem schweren Verlauf zu rechnen war. Trotzdem waren nach drei Injektionen Lysozym an aufeinan- der folgenden Tagen die Hauterschei- nungen fast nicht mehr sichtbar und al- le neuralgischen Schmerzen beendet.

Später setzte ich orale Präparate wie Bromelain und mit anderen Enzymen kombinierte Präparate sowie Serra- peptase mit ähnlich guten Erfolgen ein. Nur bei einem Fall von generali- siertem Herpes zoster mußte ich Aciclovir verordnen. Je früher die Be- handlung begonnen werden konnte, um so rascher setzte die Besserung ein.

Bestand der zosterische Ausschlag schon mehr als eine Woche, dann war die Wirkung nicht mehr so überzeu- gend. Kann die Behandlung schon zum Zeitpunkt der präzosterischen Neuralgie begonnen werden, so scheint der Ausbruch des typischen Herpes-zoster-Ausschlages verhindert werden zu können.

Bei keinem der frühzeitig be- handelten Patienten hat sich eine post- zosterische Neuralgie entwickelt. Auch die Neuraltherapie nach Huneke, wel- che hier mit der auch nicht treffen- deren Bezeichnung „Blockaden“ um- schrieben wird, kann einen beginnen- den Herpes zoster sofort beenden.

Wenn auch eine Einzelbeobach- tung noch keine wissenschaftliche Aussage erlaubt, so fußt doch jede Erkenntnis auf einer Erstbeobach- tung, die zu einer Arbeitshypothese Anlaß gab, auf Grund welcher weite- re Forschungen angestellt werden konnten. Daher erlaube ich mir hier eine Zufallsbeobachtung zu erwäh- nen: Bei einer Patientin verschwand überraschend eine postzosterische Neuralgie durch Trollius europaeus D 12, welches wegen anderer Beschwer- den verordnet worden war(2). Da ich bis jetzt keine Gelegenheit hatte, die

Erwähnte Häufigkeit falsch

Enzymbehandlung

nichts Neues

(4)

Wirksamkeit dieses Mittels in weite- ren Fällen zu überprüfen, sollte diese Beobachtung hiermit als Anregung mitgeteilt sein. Auch wenn es viel- leicht nur bei ein Prozent der Betrof- fenen nützlich ist, wäre ein Versuch gerechtfertigt, da mit ihm keinerlei Risiko verbunden ist.

Ein Naturmittel beschreibt Mat- thiolus (3), nämlich das Auflegen von frischen Taraxacumblättern bei „hitzi- ger Glieder-Wehe“. Damit schienen mir die brennenden neuralgischen Schmerzen beschrieben zu sein, was durch den Versuch bestätigt wurde, denn diese einfache Anwendung hat sich bei Neuralgien verschiedener Ge- nese erstaunlich oft bewährt.

Literatur

1. Billigmann P: Enzymtherapie – eine Alter- native bei der Behandlung des Zoster. Fort- schritte der Medizin 1995; 113: 39–48 2. Cornelius P: Nosoden und Begleittherapie,

S 23f, Pflaum-Verlag

3. Matthiolus: New Kreuterbuch 1626 S. 152 Peter Cornelius

Arzt für Allgemeinmedizin Wiesenstraße 4

82269 Geltendorf

Die klassische Homöopathie hat teilweise außerordentliche Heilerfol- ge bei der Zosterneuralgie. Um Mißverständnisse auszuschließen: ge- meint ist die Homöopathie nach Hah- nemann, nicht die Gabe von irgend- welchen „bewährten“ Komplexarz- neien.

Deshalb kann hier auch keine bestimmte Arznei für diese Erkran- kung vorgeschlagen werden, denn es ist der Homöopathie eigentümlich, daß in jedem Einzelfall individuali- siert werden muß. Beispielsweise könnte für einen Patienten in redu- ziertem Allgemeinzustand, der sich durch seine ängstliche Ruhelosigkeit und eine ausgeprägte nächtliche Ver- schlechterung (1 bis 2 Uhr) der ge- samten Symptomatik auszeichnet, Arsenicum album die richtige Arznei sein. Lokal wird über Juckreiz und außerordentliches Brennen geklagt, unter Umständen besteht Gangrän- neigung. Vom Patienten werden die

Homöopathie hilfreich

Beschwerden oft als absolut unerträg- lich empfunden, und sie sind völlig verzweifelt bis zu Suizidimpulsen.

Auffällige Symptome, über die viele Patienten klagen, denen Arsenicum album guttut, sind noch ein starkes Wärmebedürfnis und ein großer Durst, wobei der Patient immer nur kleine Schlucke trinkt.

Mir ist wohl bekannt, daß die Be- hauptung der Wirksamkeit ho- möopathischer Arzneien für einen naturwissenschaftlich ausgebildeten Mediziner eine ziemliche Zumutung ist. Ich selbst war früher absolut si- cher, daß es sich ausschließlich um Plazeboeffekte handeln kann; erst

wiederholtes Ausprobieren hat mich überzeugt.

Es wäre aber sehr erfreulich, wenn die Kliniker in dieser Hinsicht über ihren Schatten springen könnten und im Rahmen des von Prof. Malin vorgeschlagenen, abgestuften Thera- pieprogramms auf einer relativ frühen Stufe – spätestens aber vor einer neu- rochirurgischen Behandlung – die Zu- sammenarbeit mit einem „klassisch“

arbeitenden Homöopathen suchen.

Was haben sie zu verlieren?

Dr. Joachim Stürmer Frankfurter Straße 10 97082 Würzburg

Die klinische Erfahrung, daß bei der über die Akutphase hinaus anhal- tenden Neuralgie nach Zoster eine antidepressive (thymoleptische) Me- dikation erfolgreich ist, weist auf eine plurikausale Genese dieses Schmerz- syndroms hin. Dies läßt Vergleiche zu mit anderen Schmerzsyndromen, wie zum Beispiel der atypischen Trigemi- nusneuralgie, dem Sudeck-Syndrom, der Kausalgie, dem Phantomschmerz.

Bei den letzterwähnten Schmerzsyn- dromen fehlt die (beim Zoster virus- bedingte) Schädigung (Ganglienzell- nekrose) als hypothetische Alleinur- sache der Schmerzsymptomatik.

Die Klinikern nicht ungewohnte Feststellung bei minutiöser Abgren- zung des schmerzhaften Bereichs zwingt zur Annahme eines komple- xen pathophysiologischen Gesche- hens als Ursache des über die Entzündungsphase hinausreichenden Schmerzes; dessen alleinige Erklärung als „Deafferentierungsschmerz“ er- scheint somit ungenügend.

In seiner Ätiologie sind somit an- dere oder zumindest weitere Faktoren zu postulieren und entsprechend the- rapeutisch zu beantworten. – Auf- grund der Wirksamkeit der Stellatum- blockaden ist davon auszugehen, daß die Pathophysiologie des Krankheits- bildes der postzosterischen Neuralgie nicht die gleiche ist wie bei der Zoster- neuralgie. Denn es handelt sich bei diesem chronifizierten Schmerz-Syn-

drom nicht um eine Affektion des „pe- ripheren“ somatosensiblen Nervensy- stems, sondern eher um ein vegetati- ves Schmerzsyndrom in dem zuvor schmerzhaften radikulären Bereich. – Die Erfahrung, daß eine Behandlung mit Antidepressiva erfolgreich ist, ist wohl nicht nur über die diffuse Dämp- fung der Schmerzrezeption in den ent- sprechenden thalamischen oder limbi- schen Hirnregionen zu erklären, son- dern weist auf ein psychosomatisches Geschehen hin, dem therapeutischer- seits Rechnung zu tragen ist. Eine er- folgversprechende Behandlung muß somit die Gesamtheit des Syndroms in seiner organischen und psychischen Dimension erfassen, somit den

„Schmerz-Patienten“ behandeln.

Eigene klinische Erfahrungen mit Post-Zoster-Neuralgie zeigten, daß bei den von mir behandelten Pati- enten die Schmerzen schon während der Akutphase als außerordentlich heftig und bedrohlich, das Erleben voll in Beschlag nehmend erlebt wur- den. Dies ging einher mit großer Angst vor den jeweiligen Schmerzver- stärkungen, ständiger angstvoller An- gespanntheit des Patienten, völliger Fixierung auf den Schmerz oder eine zu befürchtende neue Attak- ke, entsprechender Einschränkung des Wahrnehmungsbereichs auf den Schmerz und Vermeidungsmechanis- men, mit sozialem Rückzug, Gefühl der Auslieferung, Hilflosigkeit, schließlich Verzweiflung. Es zeigte sich, daß diese psychischen „Folgen“

des Schmerzerlebens in der Akutpha- se zugleich auch „Auslöser“ oder be-

Multikausales

Erklärungsmodell

(5)

stimmende Faktoren für das Auftre- ten erneuter Schmerzen und deren Chronifizierung waren.

Dr. med. Joseph Ullrich Leitender Arzt der

Neurologisch-psychosomatischen Abteilung des

St.-Marien-Hospitals Bonn Nikolausstraße 14–16 53129 Bonn

Zu dem Beitrag von Dr. Gunther Müller

Die in dem Beitrag gegebene De- finition der postzosterischen Neuralgie ist korrekt. Sie steht auch nicht im Wi- derspruch zu der Leserzuschrift: Ich darf dazu auf den Text verweisen. Erör- terungen zur Pathogenese der Varizel- len-Zosterinfektion sowie zur Diagno- stik (Polymerase-Kettenreaktion) sind nicht das Thema des Aufsatzes.

Die irreversiblen Ganglienzell- nekrosen im Hinterhorn sind patholo- gisch/anatomisch nachgewiesen. Der Schluß, daß deswegen eine Therapie aussichtslos sei, ist nicht korrekt. Es handelt sich hier um eine Schmerzthe- rapie, und der Erfolg der Schmerzbe- handlung hängt nicht davon ab, daß pathologisch/anatomisch eine Resti- tutio ad integrum erreicht wird.

Daß über die Veränderungen im Hinterhorn hinaus auch Läsionen an peripheren Nerven oder an den Nozi- zeptoren vorliegen, ist im Beitrag er- wähnt (1) und bedarf hier nicht der Wiederholung.

Die Anmerkung, daß die Primär- lokalisation des Zosters und die In- tensität der Schmerzen in der Früh- phase sowie das Ausmaß der Sensibi- litätsdefekte keine Rolle spielen sol- len, trifft nicht zu. Die bisher vorlie- genden epidemiologischen Untersu- chungen (2,5) belegen, daß eine Primärlokalisation in den sakralen Dermatomen oder im Trigeminusin- nervationsgebiet statistisch signifi- kant häufiger von einer postzosteri- schen Neuralgie gefolgt ist als etwa ei- ne Primärlokalisation in thorakalen oder lumbalen Dermatomen. Auch das Ausmaß der Schmerzen in der

Frühphase sowie das Ausmaß der Sensibilitätsdefekte in der Frühphase begünstigen statistisch signifikant das Auftreten einer postzosterischen Neuralgie. Die bisher vorliegenden Daten (siehe Literatur) beruhen auf einem großen Patientenkollektiv, das durch anekdotische Beobachtungen an 20 Patienten statistisch nicht mit hinreichender Sicherheit korrigiert werden kann. Bezüglich der erwähn- ten modifizierten Lokaltherapie sind mir kontrollierte Studien nicht be- kannt. Sie wären die rationale Grund- lage für eine Therapieempfehlung.

Zur Zuschrift von Dr. Krause Die im Beitrag erwähnte Häufig- keit der postzosterischen Neuralgie sowie die Angaben zur Inzidenz des Zosters sind durch die bisher vorlie- genden epidemiologischen Studien (siehe Literatur) belegt und korrekt zitiert. Nach einer kürzlich abge- schlossenen epidemiologischen Stu- die an 2 000 Patienten in Deutsch- land, deren Ergebnisse demnächst publiziert werden, ist sowohl die Inzi- denz des Zosters als auch der postzo- sterischen Neuralgie eher höher ein- zuschätzen als in den älteren epide- miologischen Studien. Daten epide- miologischer Studien mag man be- zweifeln; korrigieren oder gar widerle- gen kann man sie nur durch aktuelle oder bessere epidemiologische Studi- en. Anekdotische beziehungsweise in- dividuelle Eindrücke reichen hier nicht aus. Die Bemühungen um eine frühzeitige und pharmakologisch aus- reichend hochdosierte antivirale The- rapie kann ich nur nachdrücklich un- terstützen. Es besteht tatsächlich die begründete Hoffnung, daß dadurch die Inzidenz der postzosterischen Neuralgie gesenkt werden kann(6).

Zu den Beiträgen von P.

Cornelius und Dr. J. Stürmer Bezüglich der von dem Autor er- wähnten Enzymtherapie und der Neuraltherapie nach Hunecke sowie der erwähnten Behandlung mit Trollius europaeus D 12 verfüge ich über keine eigenen Erfahrungen. So- weit mir bekannt ist, liegen hierzu auch keine kontrollierten therapeuti- schen Studien vor, die die Grundlage

für die Empfehlung in einem wissen- schaftlich rationalen Therapiekon- zept bleiben müssen. Dies gilt auch für die Leserzuschrift von Herrn Dr.

Joachim Stürmer bezüglich der dort erwähnten homöopathischen Be- handlungsmöglichkeiten.

Zu dem Beitrag von Dr. Ullrich Die Überlegungen zur Pathophy- siologie der Schmerzentstehung bei der postzosterischen Neuralgie, die zu der Annahme eines „vegetati- ven Schmerzes“ führen, sind so nicht zutreffend. Die bisher vorliegen- den schmerzphysiologischen Untersu- chungen belegen die hier diskutierte Pathophysiologie. Daß es sich nicht um ein allein aus den Ganglienzellne- krosen resultierendes Schmerzsyn- drom handelt, wurde bereits oben er- wähnt, und es ist dem Autor zuzustim- men, daß es sich hier um eine komple- xe Pathophysiologie der Schmerzent- stehung handelt. Daß auch die psychi- schen oder psychosomatischen Kom- ponenten der Schmerzwahrnehmung und der Schmerzverarbeitung zu berücksichtigen sind, ist selbstver- ständlicher Bestandteil eines Behand- lungskonzeptes bei einer derartigen Erkrankung. Darauf wurde auch in den allgemeinen Anmerkungen zur Therapie eingegangen, und es kann hier nochmals unterstrichen werden.

Literatur

1. Baron R: Schmerz bei peripheren Neuropa- thien. Welche Rolle spielen nozizeptive C- Afferenzen? Nervenheilkunde 1995; 14:

272–277

2. Bruxelle J: Prospective epidemiologic study of painful and neurologic sequelae induced by Herpes zoster in patients treated early with oral acyclovir. Neurology 1995; 45 (Suppl 8): 78–79

3. Danahue JG et al.: The incidence of Herpes zoster. Arch Int Med 1995; 155: 1605–609 4. Hope-Simpson RE: Postherpetic neuralgia.

J R Coll Gen Pract 1975; 25: 571–575 5. Ragozzino M W, Melton III LJ, Kurland LT,

Chu CP, Perry H O: Population based study of Herpes zoster and its sequelae. Medicine 1982; 61: 310–316

6. Tyrin S et al.: Famciclovir for the treatment of acute Herpes zoster: Effects on acute disease and postherpetic neuralgie. Ann Int Med 1995; 123: 89–96

Prof. Dr. med. Jean-Pierre Malin Neurologische Klinik und Poliklinik Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil

Gilsingstraße 14 44789 Bochum

Schlußwort

Referenzen

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