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Archiv "Metastasiertes Mammakarzinom: Welche Patientinnen profitieren von einer Antikörper-Therapie?" (16.11.2001)

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ithilfe molekularbiologischer Methoden werden zunehmend Strukturen von Tumorzellen identifiziert, die sich als Ziel für thera- peutische Eingriffe eignen. Damit zeich- net sich eine Änderung der systemi- schen Tumortherapie ab. Voraus- setzung für den effizienten Einsatz der neuen Medikamente ist der präzise Nachweis der Zielstruktu- ren. Deshalb gewinnt die Diagno- stik im Zusammenhang mit den neuen Behandlungsstrategien eine bisher nicht gekannte Bedeutung.

Das erste in die Klinik einge- führte Beispiel für ein solches Vor- gehen beim Mammakarzinom ist der Einsatz des humanisierten An- tikörpers Trastuzumab (Hercep- tin®) gegen den menschlichen Wachstumsfaktor-Rezeptor HER2.

Bei HER2 handelt es sich um ein Rezeptorprotein, das im Bereich der Zellmembran lokalisiert ist.

Es wird durch ein Protoonkogen auf dem Chromosom 17 codiert.

Normale Epithelzellen besitzen zwei Kopien dieses Protoonkogens und exprimieren nur physiologische Men- gen des wachstumsregulierenden HER2- Rezeptorproteins.

Circa 25 Prozent der invasiven Mammakarzinome zeigen eine Überex- pression des HER2-Proteins. Die Über- expression des HER2-Onkoproteins an der Oberfläche der Mammakarzinom- zellen beruht nach heutiger Kenntnis in der Regel auf einer Genamplifikation.

Eine solche Proteinüberexpression wird durch die konventionelle histopathologi- sche Beurteilung nicht erfasst.

Daher erfolgt der Nachweis der HER2-Rezeptorprotein-Überexpressi- on mithilfe spezifischer Antikörper und immunhistochemischer Detektionssy-

steme. Die in den USA gängige, in Eu- ropa nicht übliche Praxis, dass Diagno- stika von der Food and Drug Admini- stration geprüft werden, hat dazu ge- führt, dass mit der US-Zulassung von Herceptin im September 1998 auch das

standardisierte Testkit HercepTest™

der Firma Dako zugelassen wurde.

Beurteilt werden die mit dem Her- cepTest gefärbten Proben nach einem Score, der eine Graduierung von 0, 1+, 2+ und 3+ umfasst. Diese Bewertung diente als Entscheidungsbasis für die Zulassungsstudie von Herceptin. Bei dieser Phase-III-Studie wurden Patien- tinnen mit einem Score von 2+ und 3+

behandelt. Die Auswertung zeigte, dass insbesondere Patientinnen mit einem Score von 3+ auf die Antikörperthe- rapie ansprechen.

Etwa jede vierte Patientin mit einem immunhistochemischen Score von 2+

weist eine Amplifikation des HER2- Gens auf (1). Erst kürzlich konnte ge-

zeigt werden, dass diese Patientinnen bei Vorliegen einer Genamplifikation gleichermaßen von einer Herceptin- Therapie profitierten wie Patientinnen mit einem 3+-Score (2). Als Prüfmetho- de zum Nachweis einer HER2-Gen- amplifikation am Paraffin-einge- betteten, archivierten Tumorge- webe bietet sich die Fluoreszenz-in- situ-Hybridisierung (FISH) an.

Diese allerdings relativ perso- nal- und kostenintensive Methode erlaubt unter histopathologischer Kontrolle eine eindeutige Identifi- zierung der Tumorzellen mit Gen- amplifikation. Kommerziell er- hältlich sind hierfür das Path VysionHER2/neu-Kit™ von der Firma Vysis und der Inform HER2/neu-Test™ von der Firma Ventana. Systematische Untersu- chungen zeigten, dass ein Score- wert von 3+ regelmäßig mit einer Genamplifikation assoziiert ist (1).

Die Bestimmung der extrazel- lulären Domäne des HER-2- Rezeptorproteins im Serum (shed antigen: sHER2) mittels ELISA-Test (OSDI-Test der Firma Oncogene Science® Diagnostics, Bayer Corpora- tion) bildet nach derzeitigem Kenntnis- stand keine Entscheidungsgrundlage für die Herceptin-Therapie.

Ringversuche in fünf Zentren

Da der Diagnostik im Vorfeld einer potenziellen Herceptin-Therapie ent- scheidende Bedeutung zukommt, haben sich frühzeitig in Deutschland fünf Zen- tren zu einem „Advisory Board Pa- thologie“ zusammengeschlossen, in dem auf der Grundlage des derzeitigen Kenntnisstandes Empfehlungen zur P O L I T I K

A

A3014 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 46½½½½16. November 2001

Metastasiertes Mammakarzinom

Welche Patientinnen profitieren von einer Antikörper-Therapie?

Mit einer differenzierten Diagnostik des HER2-Rezeptors kann die Therapie mit dem Antikörper Trastuzumab optimiert werden.

Medizinreport

Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) einer HER2- Genamplifikation mit dem Inform-HER2/neu-Test™ der Fir-

ma Ventana Foto: Schaller

(2)

HER2-Diagnostik erarbeitet wurden.

Diese sollen dazu beitragen, die Zuver- lässigkeit und Reproduzierbarkeit der HER2-Bestimmung zu gewährleisten.

Zur Qualitätssicherung werden von den genannten Institutionen Ringver- suche durchgeführt. Danach empfiehlt das Advisory Board Pathologie folgen- de Vorgehensweise als Entscheidungs- grundlage für eine Herceptin-Therapie:

1. Die Bestimmung des HER2-Status sollte möglichst frühzeitig, gegebenen- falls im Rahmen der Primärdiagnostik erfolgen.

2. Pathologische Institute sollten stan- dardisierte immunhistologische Tests einsetzen; hierzu eignen sich insbeson- dere standardisierte Test-Kits wie der HercepTest™ der Firma Dako oder der automatisierte Test mit dem CB11-Anti- körper der Firma Ventana, wenn eine standardisierte Gewebevorbehandlung eingehalten und ein geeignetes Stan- dardpräparat mitgeführt wird.

3. Bei Patientinnen, deren HER2- Überexpression immunhistochemisch mit 3+ bewertet wurde, ist die Hercep- tin-Therapie möglich. Wird der immun- histochemische Nachweis der HER2- Proteinüberexpression dagegen mit ei- nem Score von 2+ bewertet, sollten die Tumorproben zusätzlich mit der FISH-Technik untersucht werden. Bei Vorliegen einer Genamplifikation kann die Patientin ebenfalls mit Herceptin be- handelt werden. Für die FISH-Unter- suchung sind der Inform-HER2/neu- Test™ von der Firma Ventana (positiv:

Genkopien > 4) und das PathVysion- HER2/neu-Kit™ von der Firma Vysis (positiv: Verhältnis Gen-/Chromosomen- signale✞ 2) kommerziell verfügbar.

Mit dieser differenzierten Vorge- hensweise lassen sich nach heutigem Wissen diejenigen Patientinnen iden- tifizieren, die mit großer Wahrschein- lichkeit von einer Herceptin-Therapie profitieren. Außerdem wird dadurch erreicht, dass tatsächlich die Patien- tinnen ermittelt werden, die Nutzen aus der Therapie ziehen können. Ei- ne undifferenzierte Anwendung dieser modernen Therapieform wird vermie- den. Prof. Dr. med. Gerhard Schaller Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist. Dort sind auch die Teilnehmer des Advisory Board Pathologie aufgelistet.

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 46½½½½16. November 2001 AA3015

Z

ur richtigen Zeit am richtigen Ort sein: Als Prof. Axel Ullrich 1975 als frisch promovierter Biochemiker an die Universität von Kalifornien nach San Francisco ging, sollte seine Wahl beide Bedingungen perfekt erfüllen. Ullrich landete im Zentrum der gerade entste- henden Gentechnik. 26 Jahre später schlägt sich Ullrichs Entscheidung in mehr als 400 Publikationen und einer Reihe von Ehrungen und Preisen nieder.

Letzte Woche ist der mit 120 000 DM do- tierte Robert-Koch-Preis hinzugekom- men, eine der angesehensten deutschen Forscher-Ehrungen. Zusammen mit Ull- rich, der seit 1988 Direktor am Max- Planck-Institut für Biochemie in Mar- tinsried bei München ist, hat die Robert- Koch-Stiftung den britischen Immunolo- gen Prof. Nicholas A. Mitchison mit der Robert-Koch-Medaille in Gold für sein Lebenswerk geehrt. Mitchison habe über Jahrzehnte „fundamentale Beiträge zur Rolle von T-Lymphozyten beim Auf- bau der Immunantwort und der Ent- wicklung von Autoimmun-Krankhei- ten“ geliefert, schilderte Prof. Bernhard Fleckenstein, Vorsitzender des wissen- schaftliche Beirats der Robert-Koch- Stiftung.

Signalaustausch

Auch bei dem 57-jährigen Ullrich gäbe es mehrere gute Gründe für die Verleihung des Preises. Sein Hauptarbeitsgebiet ist der Signalaustausch zwischen Zellen des Körpers und die Verarbeitung von Signa- len im Inneren der Zellen. Mit einer Idee, die ebenfalls in seiner Zeit in den USA entstanden ist, hat der „Schatzsu- cher der Moderne“ (Die Woche) ein Stück Medizingeschichte geschrieben.

Ullrichs Forschung steht hinter einem neuartigen Medikament gegen Brust- krebs: Trastuzumab heißt der Antikör- per (Herceptin®), der seit zwei Jahren in

Deutschland zur Behandlung von Frau- en mit bestimmten Varianten fortge- schrittenen Brustkrebses zugelassen ist.

Der Antikörper bindet an den HER2- Rezeptor, ein Protein auf der Oberfläche der Tumorzellen, das sie zum Wachstum anregen kann. Sorgfältig ausgewählten Frauen verschafft Herceptin zumindest einige Monate Zeitgewinn.

Was Ullrich kennzeichnet, ist, dass er auf die Verwirklichung dieser Thera- pie-Idee ebenso stolz ist wie auf eine lange Liste von fundamentalen Arbei- ten der Grundlagenforschung. Der 57- Jährige ist ein Wanderer zwischen den Welten, einer der wenigen deutschen Forscher, die es schaffen, Grundlagen- forschung und kommerzielle Anwen- dung miteinander zu verknüpfen. Der- zeit konzentriert sich seine Arbeit auf Krebs und Typ-2-Diabetes.

Ullrich hält mehr als 50 Patente und hat drei Biotechnologie-Unternehmen mit gegründet. Die Scheu vor der kommerziellen Verwertung seiner For- schung hat er ebenfalls in den USA ver- loren. 1979 wechselte er zum jungen Gentechnik-Unternehmen Genentech, heute eine der wenigen Biotech-Firmen, die Gewinne abwirft. Dort übernahm er Projekte, in denen es um Wachstumsfak- toren ging – Hormone, mit denen Zellen Signale zu Teilung und Wachstum aus- tauschen. Aus der Zeit stammt die Er- kenntnis, dass Krebs eine Störung der Kommunikationswege in der Zelle ist, ein Problem der Signalverarbeitung. Der Robert-Koch-Preis wird jährlich unter der Schirmherrschaft des Bundesgesund- heitsministers an Forscher verliehen für hervorragende, international anerkannte wissenschaftliche Leistungen. Die Träger des Robert-Koch-Preises genießen hohe internationale Wertschätzung. Dazu hat auch beigetragen, dass seit 1977 fünf Preisträger nach der Verleihung des Robert-Koch-Preises mit dem Nobel- Preis ausgezeichnet wurden. Klaus Koch

Robert-Koch-Preis

Wanderer zwischen Welten

Axel Ullrich hat den Spagat zwischen Grundlagenforschung

und kommerzieller Anwendung gemeistert.

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