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Archiv "Der Wert maximaler Intensivtherapie für die Chirurgie" (12.09.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

Wenn man von Intensivtherapie, noch dazu von maximaler Inten- sivtherapie spricht, wird man si- cher Unbehagen auslösen. Asso- ziationen mit unsinniger Lebens- verlängerung, Verlängerung eines

Leidens, Überleben mit Defekt- heilung, Überleben als Apalliker u. ä. werden wohl auch bei Ärzten wachgerufen, abgesehen von ei- ner bei Laien verständlichen Aver- sion gegen Beatmungsmaschinen etc. Dies mag auch gelegentlich seine Berechtigung haben. Im we- sentlichen müssen jedoch die Möglichkeiten bedacht werden, die uns auch und gerade in der Chirurgie das Ausschöpfen aller intensivmedizinischen Maßnah- men bieten.

Größtmögliche Intensivtherapie ist sicher kein klar definierter Be- griff, es ist mehr als die „normale Intensivtherapie" nach großen operativen Eingriffen oder Unfäl- len, deren Wert ja unumstritten ist. Vielmehr handelt es sich bei der maximalen Intensivtherapie um einen Rettungsversuch bei ei- nem Menschen mit einer äußerst ungünstigen Prognose, mit Aus- sicht auf eine jedenfalls langdau- ernde, schwere Intensivbehand- lung, mit der Notwendigkeit, den Ausfall meist mehrerer Organ- funktionen zu überbrücken. Es handelt sich also um Patienten- verläufe, bei denen stets und wie- derholt neben den Entscheidun-

gen über die jeweils bestmögliche Therapieform auch die Überle- gungen über den Sinn des Be- ginns, der Weiterführung und der laufenden Intensivierung der The- rapie parallel einhergehen müs- sen.

Der Wert einer maximalen Inten- sivtherapie kann kaum statistisch beurteilt werden; stets handelt es sich mehr um Einzelerfolge—oder Mißerfolge. Nur einige Bereiche, für die eine maximale Intensiv- therapie in den letzten Jahren ent- scheidend war, können hier kurz erwähnt werden:

Im Bereich der Abdominalchir- urgie scheinen manche Fort- schritte bei der Behandlung schwerer diffuser Peritonitisfälle durch ein sehr viel aggressiveres chirurgisches Vorgehen möglich, als dies bisher üblich war. Zu ei- nem solchen aggressiven Vorge- hen gehören die verschiedenen Methoden der Bauchlavage und der geplanten regelmäßigen Revi- sions- bzw. Reoperationseingriffe.

Besonders die von uns befürwor- tete offene dorso-ventrale konti- nuierliche Bauchspülung mit zu- sätzlich regelmäßiger Reopera- tion stellt hohe Anforderungen an die Intensivpflege; dies beson- ders dann, wenn gleichzeitig re- spiratorische Insuffizienz und/

oder renale Insuffizienz mit vorlie- gen. Immerhin gelingt es auch bei

einer so ungünstigen Triaskombi- nation gelegentlich, Patienten zu retten (1, 2).

Nach eigenen Erfahrungen eignet sich offensichtlich dieses aggres- sivere Vorgehen, besonders die gezielte Reoperation, auch zur Behandlung der schwersten hä- morrhagischen nekrotisierenden Pankreatitis mit Peritonitis und Abszeßbildung. Auch hier gelang es in Einzelfällen, durch mehrere Reoperationen (an einem Verlauf siebenmal) eine zunehmende Rei- nigung der Abszeßhöhlen, die je- weils notwendige Nekrosektomie am Pankreas und die Behandlung der schweren vorliegenden Peri- tonitis zu ermöglichen.

O Größtmögliche Intensivthera- pie ist häufig auch in der Trans- plantationschirurgie, speziell bei der Lebertransplantation erfor- derlich. Hier handelt es sich oft um Patienten in schlechtestem Gesamtzustand, bei denen die Le- bertransplantation als letzte Ret- tungsmöglichkeit versucht wird.

Allerdings muß darauf hingewie- sen werden, daß hier trotz Aus- schöpfen aller intensivmedizini- scher Möglichkeiten eine Rettung selten gelingt; nur etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten, die im wirklichen Notfall lebertransplan- tiert werden, überstehen die Ope- ration bzw. die postoperative Pha- se — im Gegensatz zu etwa 60 bis 70 Prozent, wenn diese Operation elektiv bzw. frühzeitiger vorge- nommen wird.

(;) Maximale Intensivtherapie hat sich für viele Patienten mit schwe- rem Polytrauma als lebensrettend erwiesen. Hier kommt es vor al- lem auf die Verkürzung des Zeit- abstandes zwischen Unfall und Beginn der intensivmedizinischen Maßnahmen an. Erst in den letz- ten Jahren wurde erkannt, welch hohe Volumentherapie bei schwer polytraumatisierten Pa- tienten oft erforderlich ist.

• Auch eine besonders lange künstliche Beatmung im Bereich der Anästhesiologie stellt oft eine

Der Wert

maximaler Intensivtherapie für die Chirurgie

Rudolf Pichlmayr

Kurzbericht über das dritte Hauptreferat zum Thema

„Maximaltherapie, Intensivmedizin und Lebensqualität"

XXXII. Internationaler Fortbildungskongreß der deutschen Bundesärztekammer

und der Österreichischen Ärztekammer in Davos 1984

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 37 vom 12. September 1984 (59) 2639

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Maximale Intensivtherapie

maximale Intensivtherapie dar.

Beispiele hierfür sind vor allem jüngere Patienten mit schweren septischen Komplikationen, bei denen die respiratorische Insuffi- zienz oft über viele Wochen vor- liegen kann und die auch bei sehr ungünstiger Prognose in Einzel- fällen Reversibilität zeigen kön- nen.

Beispiele des Erfolgs einer maxi- malen Intensivtherapie können nicht darüber hinwegtäuschen, daß bei all den entsprechenden Krankheitsverläufen die Prognose nach wie vor außerordentlich schlecht und unsicher ist. Gerade aber die Tatsache, daß in Einzel- fällen ein Überleben mit dann oft weitgehender Restitutio ad inte- grum möglich ist, verpflichtet in aller Regel zum Ausschöpfen aller intensivmedizinischer Maßnah- men. Gerade bei akuten Erkran- kungen und Verletzungen im Be- reich der Chirurgie läßt sich zu Beginn der Behandlung die Pro- gnose kaum je exakt vorher beur- teilen. Der Beginn einer maxima- len Intensivtherapie erscheint deshalb so gut wie immer indi- ziert.

Dies bedeutet nicht, daß eine sol- che höchste Form der Intensiv- therapie zu allen Zeiten in einem Krankheitsverlauf fortgesetzt wer- den muß oder soll, wenn nach all unserem Wissen und unserer Er- fahrung — jedenfalls im derzeiti- gen Könnensstand — Rettung aus- geschlossen ist. Dann würde ma- ximale Intensivtherapie tatsäch- lich nur Verlängerung eines meist ohnehin nicht mehr bewußten Le- bens ohne jede Hoffnung auf Überleben bedeuten. Hier muß si- cher nicht eine sich noch ständig steigernde Intensivtherapie be- trieben werden, m. E. ist hier in

Einzelfällen auch eine Reduktion, etwa das Weglassen der Behand- lung mit künstlicher Niere o. ä., ethisch vertretbar und berechtigt.

Auch bei einem palliativ operier- ten Krebskranken mit schwerer postoperativer Komplikation kann es im Verlauf klar werden, daß selbst eine erfolgreiche Behand-

lung dieser Komplikationen so lange dauern würde, bis das si- cher zu erwartende Ende durch Tumorwachstum naht. Dies sind Beispiele für Grenzsituationen in- dividueller Art, die bestmöglich auch individuell zu entscheiden sind.

Hinzuweisen ist noch darauf, daß Patienten, die eine extreme Inten- sivbehandlung überstanden ha- ben, meist keine Erinnerung an diese Phase haben. Sicher schließt dies nicht völlig aus, daß doch manche Perioden oder Maß- nahmen bewußt miterlebt wer- den, aber wahrscheinlich darf aus der zumindest späteren Auslö- schung der Erinnerung gefolgert werden, daß Empfindungen die- ser Phase nicht so tief gehen, wie dies für ein bewußtes Leiden die Voraussetzung ist.

Ein Preis maximaler Intensivthera- pie kann in Einzelfällen das Über- leben mit Defektheilung, beson- ders mit zerebraler Defektheilung, sein. Dies ist für alle Beteiligten außerordentlich belastend; der Ausweg, eine Intensivtherapie in ungünstiger Situation überhaupt nicht zu beginnen, ist jedoch ethisch nicht vertretbar. Es ist ein z. Z. unvermeidbarer Preis für die Rettung mancher Menschen durch eine solche maximale In- tensivtherapie und letztlich für

Enterotoxinbildendes Clostridium perfringens:

Diarrhoe

durch Antibiotika?

Freies Clostridium perfringens wurde im Stuhl von 11 Patienten mit Diarrhoe nachgewiesen. Alle hatten große Kotmengen mit darmgiftbildenden C. perfringens- Stämmen, meist von Serotypen, die im allgemeinen nicht mit Nah- rungsmittelvergiftung in Verbin- dung gebracht werden. 10 dieser

den Versuch, auch diesen Men- schen als volle Persönlichkeit zu retten.

In der Diskussion der letzten Jah- re ist meines Erachtens zu viel über mögliche negative Folgen ei- ner maximalen Intensivtherapie gesprochen worden, eine solche unberechtigterweise als „inhu- man" bezeichnet worden und dar- über vergessen worden, daß nach wie vor das Hauptproblem in vie- len Situationen „zu wenig" Inten- sivtherapie ist. Unterlassungen von Möglichkeiten fallen aber in der Medizin bekannterweise weit weniger auf als Gefahren oder auch Fehler bei höchstem Ein- satz. Dies darf aber nicht dazu führen, eben diesen Höchstein- satz unberechtigterweise zu kriti- sieren.

Literatur

(1) Die chirurgische Behandlung der Peritöni- tis, Hrsg. E. Kern, Springer Verlag Heidelberg- Berlin (1983) (2) Pichlmayr, R.; Lehr, L.; Pah- low, J.; u. Guthy, E.: Postoperativ kontinuier- liche offene dorso-ventrale Bauchspülung bei schweren Formen der Peritonitis, Chirurg 54 (1983) 299-305

Professor

Dr. med. Rudolf Pichlmayr Direktor der Chirurgischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover Konstanty-Gutschow-Straße 8 3000 Hannover 61

11 Patienten hatten eine schwere oder langanhaltende Diarrhoe, die nach Antibiotika-Therapie auftrat.

Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß enterotoxinbildendes C. perfringens einer der Gründe für eine Diarrhoe in Zusammen- hang mit Antibiotika ist. dpe

Borriello, S. P. et al: Enterotoxigenic Clostridi- um Perfringens: A Possible Cause of Antibio- tic-associated Diarrhoea, The Lancet I (1984) 305-307, S. P. Borriello, Division of Communi- cable Diseases, Clinical Research Centre, Wat- ford Road, Harrow, Middlesex HA1 3UJ, Eng- land

FÜR SIE GELESEN

2640 (60) Heft 37 vom 12. September 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

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