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Archiv "Grenzen der Intensivtherapie in der Chirurgie: Schlußwort" (26.03.1993)

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Academic year: 2022

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Schlußwort

Die Autoren danken für die zahlreichen, überwiegend zustim- menden Reaktionen zu ihrem Arti- kel. Das sehr aktuelle, bisher wenig koordinierte und damit konfliktbela- dene Thema bringt es mit sich, daß auch kritische Stellungnahmen geäu- ßert wurden. Sie sind von uns beson- ders ernst zu nehmen, gerade auch dann, wenn sie unserer Ansicht nach aus Mißverstehen oder einer aus- schließlich emotionalen Betrach- tungsweise entspringen.

So reicht die Kritik von Verbit- terung aus falsch verstandener Ge- wichtung von Morbus Down (Stel- lungnahme von Dr. med. M. J. Gelb und Frau Monique Randel) bis zum Vorwurf, sozioökologische Gesichts- punkte seien typischerweise mißach- tet geblieben (Stellungnahme von Dr. med. Georg Nachtigal), so daß es kein Wunder sei, wenn man wei- terhin auf „Seite Eins des Deutschen Ärzteblattes die freche Forderung nach Erhöhung der Beitragssätze hinnehmen müsse".

Auch die Koautorenschaft von Juristen und Theologen wird im Ein- zelfall nicht als Sachbeitrag zu kri- tischer Ausgewogenheit in der Argu- mentation, sondern als Zeichen da- für gewertet, „wie verloren indes ei- ne technisch immer perfektere Pro- fession auf der ethisch-medizini- schen Sektor" agiere.

Mit dem Hinweis auf arme Län- der der Dritten Welt wird in der glei- chen Zuschrift vermerkt, „daß das Anerkennen der Begrenztheit von Ressourcen ganz unverhofft zu ei- nem humanen, weil bescheidenen Menschenbild verhelfen kann" und sich damit — so könnte man schließen

— die angesprochenen Probleme von selbst lösen.

Wer unseren Artikel sorgfältig gelesen hat, dem kann nicht entgan- gen sein, daß eine Katalogisierung von typischen Entscheidungswegen am Beispiel typischer Krankheits- symptome mit Sorgfalt und niemals mit dem Anspruch des generell Gül- tigen vorgenommen wurde. Es wird mehrfach betont, daß niemals ein Einzelfaktor, sondern jeweils die Summe mehrerer objektiver krank- heitsbezogener sowie objektiv und

subjektiv patientenbezogener Daten in die Entscheidungsfindung ein- fließt. Diese Daten ergeben sich dar- über hinaus nicht nur aus aktuellen Wertungen, sondern berücksichtigen genauso den Langzeitverlauf und die wissenschaftlich fundierte Einschät- zung einer Krankheitsprognose. Die ausgesprochenen Empfehlungen ba- sieren auf langjähriger täglicher Er- fahrung der Autoren, sind in der Li- teratur wohl belegt, entsprechen da- her weitgehend der derzeitigen Ein- schätzung der Vorgehensweise der meisten Intensivmediziner verschie- dener Zentren der Welt und spiegeln einen weitgehenden Konsensus un- ter den Beteiligten.

Begriffe wie „primärer und se- kundärer Therapieverzicht", „Thera- piereduktion" und „Therapieab- bruch" sind keine Masken ideologi- scher Strategien („. . hat nur jung, schön, dynamisch' eine Existenzbe- rechtigung?" heißt es in dem Brief der Down-Gesellschaft), sondern In- strumente der Fachsprache, die auch in unserem Artikel eindeutig im ver- bindlichen Rahmen weltweit geübter ethischer Grundsätze der Heilung und Hilfe, des Nicht-Schadens und der Patientenwürde klar und litera- turbedingt differenziert sind. Den Eltern Down-kranker Kinder sei in diesem Zusammenhang gesagt, daß die genetische Erkrankung aus dem Gesagten und im Artikel explizit dargelegten Zusammenhang niemals alleine ein entscheidungstragender Faktor sein kann, sondern allenfalls eine wissenschaftlich begründete Zusatzinformation im Datenpool ei- ner chirurgischen Grunderkrankung, die objektive Zeichen der Aussichts- losigkeit erkennen läßt und als sol- che mit Morbus Down nichts zu tun hat. Andererseits können Fortschrit- te in der Schulung und Umwelt-Ein- gliederung Down-kranker Kinder nicht das Faktum aus der Welt schaf- fen, daß Morbus Down in 20 bis 40 Prozent mit schweren viszeralen und kardialen Schäden einhergeht, die durchaus in so besonderen Fällen — wie in Tabelle 1 beispielhaft aufgeli- stet — Prognosen mitbestimmen kön- nen — und dies auch nur dann, wenn sie sicher diagnostiziert sind.

Wer uns „Verschwommenheit des ärztlichen Blickes gegenüber den

Krankenkassenbeiträgen der Bür- ger" vorwirft, der muß sich fragen lassen, wer denn den Blick jener Bürger geschärft hat, die heute mit dem Hinweis auf unsere Wohl- standsgesellschaft eine Maximalme- dizin zum Discountpreis fordern; si- cher nicht die den Fortschritt verant- wortenden Mediziner, Naturwissen- schaftler und Technologen.. Er muß sich ferner fragen lassen, ob er nicht selbst schon die Hilfe gerader dieser fortschrittlichen Medizin erfahren hat, die eben nicht mit DM 10,— pro Kopf und Jahr zu entwickeln und an- zuwenden ist. Wo soll die Grenze des Fortschritts gezogen und dies po- litisch und damit auch sozioöko- nomisch verantwortet werden? Etwa vor der Entwicklung der ach so teu- ren Antibiotika? Oder soll die Fi- nanzierung der teuren HIV-For- schung zur Disposition gestellt wer- den?

In unserem Artikel über Gren- zen der Intensivtherapie in der Chir- urgie wurden ökonomische Kriterien durchaus mit dem Hinweis auf be- schränkte Ressourcen angesprochen und wohl begründet als Entschei- dungsmerkmale zweiter Ordnung den ethisch-medizinischen nachge- ordnet. Eine andere Gewichtung so- zioökonomischer Aspekte ist — wie wir meinen — mit dem geltenden Recht und den ganz überwiegenden ethischen Anschauungen nicht ver- einbar.

Prof. -Dr. med. Hans G. Beger Chirurgische Universitätsklinik Ulm Prof. Dr. med. W. Oettinger Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier

Prof. Dr. theol. Dr. med. D. Rössler Evangel.-Theolog. Seminar der Universität Tübingen Prof. Dr. jur. Dr. h. c.

H. L. Schreiber Juristisches Seminar der Universität Göttingen Anschrift für die Autoren:

Prof. Dr. med. Hans G.

Beger Chirurgische Klinik I der

Universität Ulm

Steinhövelstraße 9 W-7900 Ulm

Dt. Ärztebl. 90, Heft 12, 26. März 1993 (69) A1-889

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