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Stress als Mediator der Zusammenhänge zwischen Mobbing am. Arbeitsplatz und Gesundheit sowie Analyse von Resilienz und Konfliktverhalten

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Academic year: 2022

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Institut für Psychologie

Arbeits-, Organisations- und Umweltpsychologie

Martin Weikenmeier, B.Sc.

Stress als Mediator der Zusammenhänge zwischen Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit sowie Analyse von Resilienz und Kon- fliktverhalten als potenzielle Präventions- und Interventionsfaktoren

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades „Master of Science“ an der Na- turwissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz.

Betreuer/-in:

Univ.-Prof. DDr. Konrad Wolfgang Kallus Univ.-Prof. DDr. Christa Kolodej

Graz, 2018

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 3

1.1 Einführung in das Thema Mobbing ... 4

1.1.1 Was ist Mobbing? ... 4

1.1.2 Mobbing als eskalierter Konflikt ... 7

1.1.3 Prävalenz in Österreich und international ... 9

1.1.4 Mobbingursachen ... 13

1.1.5 Mobbingformen ... 19

1.1.6 Mobbinghandlungen ... 20

1.1.7 Mobbingfolgen ... 22

1.2 Erarbeitung der Fragestellungen ... 24

1.2.1 Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit ... 24

1.2.2 Mobbing am Arbeitsplatz, Stress und Gesundheit ... 29

1.2.3 Resilienz, Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit ... 37

1.2.4 Konfliktlöseverhalten, Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit ... 45

2 Fragestellungen ... 49

3 Methode ... 52

3.1 Design ... 52

3.1.1 Mobbing am Arbeitsplatz, Stress und körperliche Gesundheit ... 52

3.1.2 Mobbing am Arbeitsplatz, Stress und psychische Gesundheit ... 53

3.1.3 Mobbing am Arbeitsplatz, Resilienz und körperliche Gesundheit ... 53

3.1.4 Mobbing am Arbeitsplatz, Resilienz und psychische Gesundheit ... 54

3.1.5 Konfliktverhalten am Arbeitsplatz und Mobbingrisiko ... 54

3.1.6 Konfliktverhalten, Mobbing am Arbeitsplatz und körperliche Gesundheit ... 55

3.1.7 Konfliktverhalten, Mobbing am Arbeitsplatz und psychische Gesundheit ... 56

3.2 Datenerhebung und Untersuchungsablauf ... 56

3.3 Untersuchungsstichprobe ... 57

3.3.1 Personenbezogene Daten ... 57

3.3.2 Arbeitsbezogene Daten ... 59

3.3.3 Konfliktbezogene Daten ... 61

3.3.4 Gesundheitsbezogene Daten ... 63

3.4 Untersuchungsmaterial/Fragebögen ... 64

3.4.1 Soziodemographischer Fragebogen ... 64

3.4.2 Inventar zur Erhebung resilienten Verhaltens im Arbeitskontext ... 65

(3)

3.4.3 Fragebogen zum Gesundheitszustand ... 66

3.4.4 Erfassung von Mobbingbetroffenheit ... 66

3.4.5 Inventar zur Messung des Eskalationsgrades von Konflikten in der Arbeitswelt ... 69

3.4.6 Inventar zum individuellen Konfliktlöseverhalten ... 70

3.4.7 Erholungs-Belastungs-Fragebogen in der Arbeit ... 71

3.5 Datenverarbeitung ... 73

3.6 Datenaufbereitung ... 74

3.7 Statistische Hypothesen, Operationalisierung und statistische Auswertung ... 74

3.7.1 Alpha-Adjustierung ... 78

3.7.2 Exkurs - Multiple lineare Regression ... 79

4 Ergebnisse ... 79

4.1 Überprüfung der Mobbingbetroffenheit ... 79

4.2 Voraussetzungsprüfung der Multiplen linearen Regressionen ... 80

4.3 Mobbing am Arbeitsplatz, Stress und körperliche Gesundheit ... 81

4.4 Mobbing am Arbeitsplatz, Stress und psychische Gesundheit ... 82

4.5 Resilienz, Mobbing am Arbeitsplatz und körperliche Gesundheit ... 84

4.6 Resilienz, Mobbing am Arbeitsplatz und psychische Gesundheit... 84

4.7 Konfliktverhalten am Arbeitsplatz und Mobbingrisiko ... 85

4.8 Konfliktverhalten, Mobbing am Arbeitsplatz und körperliche Gesundheit ... 86

4.9 Konfliktverhalten, Mobbing am Arbeitsplatz und psychische Gesundheit ... 87

5 Diskussion ... 88

5.1 Mobbing am Arbeitsplatz, Stress und Gesundheit ... 89

5.2 Resilienz, Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit ... 91

5.3 Konfliktverhalten am Arbeitsplatz und Mobbingrisiko ... 92

5.4 Konfliktverhalten, Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit ... 94

5.5 Limitationen ... 96

5.6 Konklusion und Empfehlungen für die weiterführende Forschung ... 98

6 Literaturverzeichnis ... 100

7 Abbildungsverzeichnis ... 111

8 Tabellenverzeichnis ... 112

9 Anhang ... 114

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Zusammenfassung

Mobbing am Arbeitsplatz steht bei Betroffenen Individuen mit schwerwiegenden und weitrei- chenden gesundheitlichen Folgen in Zusammenhang. Zum besseren Verständnis der Wirkungs- weise zwischen Mobbings und Gesundheit und zur potenziellen Erweiterung präventiver und interventionistischer Maßnahmen gegen Mobbingbetroffenheit widmet sich die vorliegende Arbeit daher der näheren Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Mobbingbetroffenheit und den Konstrukten Gesundheit, Stress, Resilienz und Konfliktverhalten. Diese stehen empi- rischen Erhebungen zufolge Folge alle mit Mobbing in Zusammenhang. Mit Hilfe eines On- linefragebogens wurden Daten von 160 erwerbstätigen Personen erfasst, von denen zum Zeit- punkt der Erhebung 85 konfliktbetroffen (ohne Mobbing) und 75 mobbingbetroffen waren.

Eine Mediatoranalyse zeigte, dass die Zusammenhänge zwischen Mobbingbetroffenheit und körperlicher sowie psychischer Gesundheit durch das Stressniveau mediiert werden. Resilienz konnte nicht als Moderator für die Zusammenhänge Mobbings auf die gesundheitlichen Beein- trächtigungen identifiziert werden. Weitere multiple Regressionen ergaben jedoch, dass non- konfrontatives Konfliktverhalten als stärkerer Prädiktor für Mobbingbetroffenheit anzusehen ist als konfliktzugewandtes Verhalten. Zudem sagte non-konfrontatives Konfliktverhalten eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit vorher. Demnach scheint Konfliktverhalten als Ansatzpunkt für Präventions- und Interventionsmaßnahmen in Frage zu kommen. Im Hinblick auf die gesundheitlichen Folgen erscheinen angesichts der Ergebnisse der Mediatoranalyse prä- ventive und interventionistische Maßnahmen, die den Stress in den Mittelpunkt stellen, eben- falls als sinnvoll.

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Abstract

Bullying at work has serious and extensive effects. The presented thesis aims at a better under- standing of the effects of bullying on health. Therefore, it offers an examination of the link between being affected by bullying and factors such as health, stress, resilience as well as the behaviour in the event of conflict. All those factors are empirically proven related to bullying so that the results might help to identify potential preventive and interventional factors against bullying at work and its destructive consequences. By using an online questionnaire, data of 160 employees, of whom 85 were affected by a conflict without bullying and 75 by bullying at the time of the examination, has been collected. A mediator analysis showed that the effects of bullying on physical and psychological health only exist when the stress level is increased.

According to the analysis and against expectations, resilience is not a factor that moderates the negative impacts of bullying at work on health of people who are affected. Further, multiple regressions indicated that non-confrontational conflict behaviour is a predictor of being affected by bullying stronger than confrontational conflict behaviour. Furthermore, non-confrontational behaviour leads to a deterioration of the health status of people affected by bullying at work.

Therefore, conflict management seems to be an effective preventive and intervening action.

According to the outcome of the mediator analysis, preventive and intervening actions that fo- cus on stress are useful as well when bullying affects health.

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1 Einleitung

Mobbing am Arbeitsplatz ist ein weit verbreitetes Phänomen. Aus einer Erhebung des Euro- pean Working Conditions Survey 2010 (2012) geht hervor, dass sich 7.2 Prozent der österrei- chischen Arbeitnehmer/-innen als von Mobbing betroffen einschätzen, während der EU-Durch- schnitt diesbezüglich bei 4.1 Prozent liegt.

Das ist eine erschreckend hohe Quote in Anbetracht dessen, dass das Phänomen Mob- bing spätestens seit den Analysen von Heinz Leymann (1993) in den 1980er Jahren ein breit beforschtes Themengebiet ist. Erschreckend ist diese Quote vor allem auch deshalb, da Mob- bingbetroffenheit mit vielen ernsten und weitreichenden negativen Folgen auf mehreren Ebe- nen einhergehen kann. So steht Mobbingbetroffenheit in der Literatur oftmals im Zusammen- hang mit verschiedenen schweren negativen gesundheitlichen Folgen und Stresssymptomen (z.B. Nielsen & Einarsen, 2012; Verkuil, Atasayi & Molendijk, 2015). Am häufigsten finden sich hierbei Befunde zu Verknüpfungen beziehungsweise positiven Zusammenhängen zwi- schen Mobbingbetroffenheit und der Ausprägung von Depressionen, so wie sie zum Beispiel in Studien von Hansen, Hogh, Persson, Karlson, Garde und Ørbæk (2006) oder Hauge, Skogstad und Einarsen (2010) dokumentiert sind. Im Verlauf dieser Arbeit wird auf die Zusam- menhänge zwischen Mobbingbetroffenheit und der Gesundheit noch ausführlicher eingegan- gen. Darüber hinaus wird davon berichtet, dass Betroffene gedanklich von der Mobbingsitua- tion oft über einen langen Zeitraum stark eingenommen sind (Leymann, 1993; Kolodej, 2005), was sich dann wiederum auch negativ auf ihre Beziehungen zu ihren Mitmenschen auswirken kann (Kolodej, 2005). In schlimmsten Fällen, kann es sogar dazu kommen, dass Menschen unter Mobbingsituationen von extremen Ausmaß so sehr leiden, dass sie zum Teil bis in den Selbstmord getrieben werden (Leymann, 1993; Kolodej, 2005).

Mobbing steht jedoch nicht nur auf individueller Ebene der Betroffenen mit negativen Folgen in Zusammenhang. Auch Kollegen/-innen, die Mobbing am Arbeitsplatz beobachten, scheinen negativ davon beeinflusst zu werden (Vartia, 2001) und auf Unternehmensseite ent- stehen durch die Folgen des Mobbings, wie zum Beispiel lange krankheitsbedingte Ausfälle der Betroffenen, beträchtliche wirtschaftliche Schäden (McTernan, Dollard & LaMontagne, 2013).

Zielsetzung.

Aufgrund der vielfältigen Zusammenhänge zwischen Mobbing am Arbeitsplatz und den zuvor benannten negativen Aspekten drängt sich die Frage auf, wie das Aufkommen von Mobbing-

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betroffenheit verringert werden kann und wie bereits betroffenen Arbeitnehmern/-innen effek- tiv geholfen werden kann, die potenziellen Beeinträchtigungen durch die Mobbingsituation möglichst gering zu halten.

Vordergründiges Ziel dieser Arbeit ist es daher, zum größeren Verständnis der Zusam- menhänge zwischen Mobbingbetroffenheit und Beeinträchtigungen der Gesundheit beizutra- gen. Dazu wird in den Mittelpunkt gestellt, welche Rolle individuell empfundener Stress in Hinsicht auf besagte Zusammenhänge spielt.

Zudem sollen Faktoren, die hinsichtlich einer Eindämmung des Auftretens von Mob- bing und der Reduzierung potenzieller negativer Effekte bei bereits bestehender Mobbing- betroffenheit eine helfende Funktion haben könnten, auf ihre mögliche Eignung analysiert wer- den. Auf Basis der Literaturrecherche wurden diesbezüglich die individuelle Resilienz und das individuelle Konfliktlöseverhalten als potenziell einflussreiche Variablen ermittelt. Beide Kon- strukte werden im Verlauf der Arbeit näher betrachtet. Zudem werden sie mit Mobbingbetrof- fenheit und individueller Gesundheit in Zusammenhang gesetzt und hinsichtlich Ihrer grundle- genden Eignung als Interventions- und Präventionsfaktoren untersucht.

1.1 Einführung in das Thema Mobbing

In den folgenden Abschnitten (1.1.1 bis 1.1.8) werden verschiedene Facetten des Konstrukts Mobbing dargestellt. Dabei werden Definitionen von Mobbing vorgestellt, Mobbing wird in den Kontext der Konflikteskalation eingebettet, es wird darauf eingegangen, wie häufig Mob- bing vorkommt und potenzielle Mobbingursachen werden diskutiert. Darüber hinaus wird da- rauf eingegangen, wie Mobbingprozesse verlaufen können, welche Mobbingformen und -hand- lungen es gibt und was für Folgen Mobbing nach sich ziehen kann.

1.1.1 Was ist Mobbing?

Im deutschsprachigen Raum wird zur Benennung der Thematik der Begriff Mobbing weitläufig verwendet (Zapf & Einarsen, 2005). Er entspringt dem englischen Wort to mob (sb.), was mit (jdn.) unterdrücken und angreifen übersetzt werden kann (Divincová & Siváková, 2014).

Eine einheitlich verwendete Definition von Mobbing ist in der Literatur nicht konsistent gegeben. Chirilă und Constantin (2013) listen in ihrem Review zu Konzepten des Phänomens Mobbing am Arbeitsplatz zum Besipiel allein 12 verschiedene Definitionen auf, die im Zeit- raum von 1976 bis 2003 veröffentlicht wurden. Diese unterscheiden sich in bestimmten Details, sind sich im Kern jedoch sehr ähnlich. Als Pionier der Mobbingforschung gilt Heinz Leymann

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(Zapf & Einarsen, 2005). Er startete Anfang der 1980er Jahre (Leymann, 1993) in Schweden mit explorativen Studien seine Forschung zum Thema Mobbing und setzte sich mit diesem dann lange Zeit auseinander. Basierend auf seinen Erkenntnissen und Ableitungen aus 300 Ein- zelinterviews mit mobbingbetroffenen Personen definierte Leymann (1996a) Mobbing wie folgt:

Psychological terror or mobbing in working life involves hostile and unethical communication, which is directed in a systematic way by one or a few individu- als mainly towards one individual who, due to mobbing, is pushed into a helpless and defenseless position, being held there by means of continuing mobbing ac- tivities. These actions occur on a very frequent basis (statistical definition; at least once a week) and over a long period of time (statistical definition: at least six months). (S. 168)

Darüber hinaus entwickelte Leymann (1996b) zur Operationalisierung dieser Definition und zur Feststellung von Mobbingbetroffenheit einen Mobbingfragebogen, den Leymann Inventory of Psychological Terror (LIPT).

Der Fragebogen erfragt die Betroffenheit hinsichtlich 45 verschiedener Mobbinghand- lungen. Wenn diese über ein halbes Jahr oder länger, mindestens einmal pro Woche vorkom- men, liegt laut Leymann ein Fall von Mobbingbetroffenheit vor (Leymann, 1996b). Zu den von ihm erhobenen 45 Mobbinghandlungen zählten zum Beispiel das Verbreiten von Gerüchten, das Ignorieren der Person und auch die Zuteilung von Arbeiten, die schädlich für die Gesund- heit der betroffenen Person sind, oder die nicht ihrer Qualifikation entsprechen. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die verschiedenen Ausprägungen der Mobbinghandlungen noch nä- her untersucht (s. Kapitel 1.1.7 Mobbinghandlungen).

Zapf und Einarsen (2005) sehen Mobbing als eigenständiges Forschungsfeld an, da es weder von der Stressforschung noch von der Konfliktforschung ausreichend abgedeckt wird.

Leymann wiederum leistete durch seine Forschung einen großen Beitrag dazu, dass das Thema Mobbing innerhalb Europas in den Medien, der Gesellschaft und der Wissenschaft präsenter wurde (Zapf & Einarsen, 2005).

Dennoch wurde Leymanns Definition und ihre Operationalisierung an so mancher Stelle hinsichtlich verschiedener Aspekte kritisch hinterfragt. So nimmt zum Beispiel Neuberger (1999) im Gegensatz zu Leymann (1996a) an, dass beide, Mobber/-in und Gemobbte/-r, eine aktive Rolle im Mobbingprozess innehaben und es sich nicht um eine einseitige Täter/-in-Op- fer-Relation handelt. Dieser Gesichtspunkt veranlasste Kolodej, Essler und Kallus (2010) dazu, im Kontext des Mobbings den Begriff Mobbingopfer durch den Begriff Mobbingbetroffene/-r

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zu ersetzen, um die Handlungsfähigkeit der mobbingbetroffenen Person/-en hervorzuheben. In der vorliegenden Arbeit wird daher ebenfalls der Begriff Mobbingebetroffene/-r verwendet.

Auch legen Kolodej et al. (2010) nahe, dass nicht immer nur eine Einzelperson, sondern auch eine sich in der Minderheit befindende Personengruppe von Mobbing betroffen sein kann. Neu- berger (1999) hebt außerdem hervor, dass der LIPT binär konstruiert ist – entweder es liegt Mobbing vor, oder es liegt nicht vor. Kolodej (2005) merkt diesbezüglich an, dass zur Messung von Mobbing besser von einem Prozesscharakter des Mobbings ausgegangen werden sollte als von einer genauen Zählung der Monate, in der die Mobbinghandlungen andauern.

Diese Kritikpunkte und Ergänzungen führten Kolodej et al. (2010) zu nachfolgender Definition von Mobbing, die auf einer vorherigen Definition von Kolodej (2005) basiert und diese geringfügig erweitert:

Der Begriff Mobbing beschreibt eine Konflikteskalation am Arbeitsplatz, bei der das Kräfteverhältnis zu Ungunsten einer Partei verschoben ist. Diese Konflikt- partei ist systematisch feindseligen Angriffen ausgesetzt, die sich über einen län- geren Zeitraum erstrecken, häufig auftreten und zu maßgeblichen individuellen und betrieblichen Schädigungen führen können. (S. 100 f)

Diese Definition von Mobbing ähnelt und unterscheidet sich in verschiedenen Aspekten von Leymanns (1996a) Definition. Sie vermittelt zwar ebenfalls, dass Mobbinghandlungen syste- matisch, also mit einer gewissen Intention und Methodik ausgehend von der mobbenden Per- son, über einen längeren Zeitraum und häufig auftreten müssen, beinhaltet aber diesbezüglich, wie oben schon diskutiert, keinen exakten Schwellenwert. Außerdem kann der Begriff Kon- fliktpartei in Bezug auf die Mobbingbetroffenheit sowohl eine oder mehrere Personen umfas- sen. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist der, dass nach Kolodej (2005) das Machtverhältnis zwar zum Nachteil der Betroffenen verschoben ist, jedoch geht sie nicht von einer hilflosen und wehrlosen Position aus, wie es bei Leymann (1996a) der Fall ist.

Aufgrund der obigen Ausführungen wird in der vorliegenden Arbeit die Definition aus den Ausführungen von Kolodej et al. (2010) als Grundlage zur weiteren Analyse des Phäno- mens Mobbing herangezogen. Nach Kolodej et al. (2010) handelt es sich bei Mobbing um eine Form der Konflikteskalation. Sie beziehen sich dabei auf die Konflikteskalation nach Glasl (2010). Auch an anderer Stelle wird Mobbing als eine Art eskalierter Konflikt angesehen (z.B.

Zapf & Gross, 2001; Zapf & Einarsen, 2005; Chirilă & Constantin, 2013). Im folgenden Kapitel soll deshalb Mobbing im Kontext der Konflikteskalation näher beleuchtet werden.

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1.1.2 Mobbing als eskalierter Konflikt

Für viele Arbeitnehmer/-innen ist soziale Interaktion zum Beispiel mit Kollegen/-innen, Vor- gesetzten, Kunden/-innen, Schülern/-innen usw. fester Bestandteil des täglichen Arbeitsalltags.

Dabei kann es oft auch zu interpersonellen Konflikten kommen, deren Ausprägung und Aus- wirkungen häufig im Mittelpunkt vieler früherer und auch heutiger Forschungsarbeiten stehen (vgl. Hagemeister & Volmer, 2017; De Dreu, Dierendock & Dijkstra, 2004).

Berkel (1997) formulierte eine psychologisch fundierte Definition von Konflikten: „In der Psychologie, aber auch in den Sozialwissenschaften allgemein, spricht man dann von einem Konflikt, wenn zwei Elemente gleichzeitig oder unvereinbar sind“ (Berkel, 1997, S. 10). Ele- mente können an dieser Stelle mit Gedanken, Wünsche, Verhaltensweisen, Absichten, Gruppen und ähnlichem gleichgesetzt werden (Berkel, 1997).

Der Konfliktforscher Glasl (2010) widmete sich seit Beginn der 1990ger sozialen/inter- personellen Konflikten. Er definierte soziale Konflikte folgendermaßen:

Sozialer Konflikt ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw.

Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge.“

(Glasl, 2010, S. 17)

Glasl (2010) entwickelte zudem ein Konflikteskalationsmodell (s. Abbildung 1.1), dass dazu dienen sein soll, den Ausprägungsgrad von Konflikten besser einschätzen zu können und zur Bewältigung von Konflikten zu den jeweiligen Phasen des Konflikts geeignetere Interventions- maßnahmen wählen zu können. Nach Glasls (2010) Modell können Konflikte im Rahmen ihres Fortschritts drei verschiedenen Haupthasen mit jeweils drei untergeordneten Eskalationsphasen zugeordnet werden.

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Abbildung 1.1. Konflikteskalationsmodell nach Glasl (2010, S.234). Die neun Eskalationsphasen sind in drei

Hauptphasen unterteilt. Schwellen kennzeichnen Übergänge zwischen den einzelnen Phasen der Konflikteskala- tion.

Je weiter der Konflikt hinsichtlich der einzelnen Hauptphasen und Stufen fortschreitet, desto mehr spitzt er sich zu und desto schwieriger wird es den Konflikt zu lösen, da sich die Hand- lungsalternativen im Laufe des Konflikts beständig verringern.

Die erste Hauptphase betitelt Glasl mit win-win. Die drei dazugehörigen Zwischenpha- sen lauten Verhärtung, Polarisation und Debatte sowie Taten statt Worte. In dieser Phase des Konflikts liegt die Aufmerksamkeit noch auf Differenzen in der objektiven Sphäre. Die Parteien gehen zunächst noch von einer sachlichen Lösung der Differenzen aus, eine kooperative Lö- sung scheint noch realistisch und bestehende Normen werden weitestgehend anerkannt.

Die zweite Hauptphase eines Konflikts kennzeichnet Glasl mit der Begrifflichkeit win- lose. Sie umfasst die Phasen Sorge um Image und Koalition, Gesichtsverlust sowie Drohstra- tegien. Nun spielen Differenzen in der subjektiven Sphäre eine bedeutendere Rolle, die Kern- probleme des Konflikts werden dort vermutet. In dieser Phase schreitet die Polarisierung in verschiedenen Bereichen weiter fort und der Konflikt geht von der Sachebene in die Bezie- hungsebene über, was bei der Lösung des Konflikts berücksichtigt werden muss. Die Parteien entwickeln in dieser Phase zudem das Ziel als Gewinner aus dem Konflikt hervorzugehen. Da- bei beginnen sie zum Beispiel damit, Lücken im Normsystem zu finden, um sie gegen die an- dere Partei zu nutzen. Es wird jedoch vermieden, die Normen klar zu verletzen.

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Die dritte Hauptphase nennt Glasl lose-lose. Sie umfasst die letzten drei Phasen der Konflikteskalation: Begrenzte Vernichtungsschläge, Zersplitterung und Gemeinsam in den Ab- grund. In diesen Phasen wird aus Misstrauen gegenüber der anderen Partei Argwohn, der letzt- endlich zu Hass wird. Es geht um die eigene Existenz und eine Zusammenarbeit mit der Ge- genpartei wird als widerstrebend empfunden. Die Gegenpartei wird verdinglicht. Eigene Ver- luste werden in Kauf genommen, sofern die Gegenseite noch mehr geschädigt werden kann.

Zuletzt gilt die Vernichtung des/der Anderen als vorrangiges Ziel. Normen werden dabei nicht mehr berücksichtigt, oder wenn sie hinderlich sind, sogar angegriffen. Kollateralschäden wer- den teilweise in Kauf genommen und zuletzt sogar auch die eigene Vernichtung.

Als Mechanismen, die die Konflikteskalation vorantreiben benennt Glasl (2010) zuneh- mende Projektion, Ausweitung der strittigen Themen, Simplifizierung der Situation, Vermi- schung von Ursache und Wirkung, das eigene Handeln als Reaktion auf die Gegenpartei anse- hen und rechtfertigen, Ausweitung des sozialen Rahmens, Tendenz zur Personifizierung, Ab- nahme der face to face Kontakte und Beschleunigung durch Bremsen.

Nach Kolodej (2005) lässt sich Mobbing in der zweiten Hauptphase einordnen. Hierbei verweist sie darauf, dass zwischen Mobbing und Konflikten differenziert werden müsse. Mob- bing sei demnach nicht der Konflikt an sich, sondern die Eskalation des ursprünglichen Kon- flikts. Erst wenn der Konflikt über die Sachebene hinaus personifiziert wird, kann von Mobbing gesprochen werden: „Im Zentrum steht die Person des Gegners und dessen Ausgrenzung.“ (Ko- lodej, 2005, S. 89). Empirische Erhebungen im Rahmen der Entwicklung eines Fragebogens zur Messung des Mobbingrisikos untermauern die beschriebenen Überlegungen (Kolodej et al., 2010). Demnach korreliert Mobbingrisiko positiv mit der ersten und zweiten Hauptphase der Konflikteskalation nach Glasl (2010). Die Korrelation mit der zweiten Hauptphase war hierbei, wie von den Autoren erwartet, am höchsten. Dass das Mobbingrisiko nicht signifikant mit der dritten Hauptphase der Eskalation korreliert, kann darauf zurückgeführt werden, dass bei Mob- bingfällen ein Erreichen der letzten Konflikteskalationsstufe eher selten ist, da die mobbingbe- troffene Person schon vorher aus dem Arbeitsumfeld ausgeschlossen wird (Kolodej, 2005).

Auch Zapf und Gross (2001) beobachteten, dass Mobbingbetroffene oftmals das Verlassen des Unternehmens als letzten Ausweg aus der Mobbingsituation ansehen.

1.1.3 Prävalenz in Österreich und international

Im European Working Conditions Survey 2010 (Eurofound EWCSS2010, 2012) wurde u.a. er- hoben, wie viele Personen die Frage bejahten, ob sie innerhalb des letzten Jahres im Arbeits- kontext Mobbing ausgesetzt waren. Wie schon zuvor erwähnt gaben in Österreich 7.2 Prozent

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der befragten Personen an, im vergangenen Jahr im Arbeitskontext von Mobbing betroffen ge- wesen zu sein. Damit findet sich Österreich in dieser Befragung im Vergleich zu anderen euro- päischen Ländern in der Spitzengruppe wieder. Angeführt wird diese Statistik in der Erhebung von Frankreich mit 10 Prozent Betroffenen. In den Ländern Bulgarien, Polen, Italien und Slo- wenien fallen die Werte in dieser Statistik mit jeweils einem Wert von 1 Prozent am geringsten aus.

Es sollte jedoch festgehalten werden, dass die Prävalenzwerte für Mobbingbetroffenheit am Arbeitsplatz im Vergleich zwischen verschiedenen Studien, bei Untersuchungen in ver- schiedenen Ländern und unter Nutzung verschiedener Erhebungsmethoden stark variieren kön- nen. Zur Veranschaulichung werden an dieser Stelle drei verschiedene Studien, aus verschie- denen Ländern und mit unterschiedlichen Erhebungsmethoden als Beispiele vorgestellt.

In einer Studie aus Frankreich von Niedhammer, David und Degioanni (2007), die 7594 Arbeitnehmer/-innen der Allgemeinbevölkerung im Südosten Frankreichs umfasste, wurden mit dem LIPT (Leymann, 1996b) 12 Prozent der Befragten als von Mobbing betroffen identifi- ziert. Der LIPT geht hierbei wie oben bereits diskutiert von der Definition Leymanns aus, nach der Mobbing dann vorliegt, wenn die betroffene Person in den letzten 12 Monaten mindestens wöchentlich und für sechs Monate oder mehr den Mobbinghandlungen ausgesetzt war (Ley- mann, 1996a). Außerdem legten die Autoren den Befragten eine Definition von Mobbing vor, woraufhin diese einschätzen sollten, ob sie laut dieser Definition in den letzten 12 Monaten von Mobbing betroffen waren. Hierbei schätzten sich 25 Prozent der Befragten als von Mobbing betroffen ein.

In Einer Studie von Ortega, Høgh und Pejtersen (2009) wurden Daten untersucht, die der Second Danish Psychosocial Work Environment Study entnommen wurden. Bei 3429 zu- fällig aus dem Danish Centralized Civil Register ausgewählten Personen, die zum Zeitpunkt der Befragung permanent in Dänemark wohnten, wurde hierbei ebenfalls Mobbingbetroffenheit erhoben. Dazu legte man den teilnehmenden Personen eine Definition von Mobbing vor. Im Anschluss sollten die Befragten einschätzen ob und wenn ja, wie oft sie nach der Definition in den letzten 12 Monaten von Mobbinghandlungen betroffen waren. Nur 1.6 Prozent der Befrag- ten gaben an, täglich bis wöchentlich von Mobbinghandlungen betroffen gewesen zu sein. Je- doch waren 6.2 Prozent den Angaben der Befragten nach zumindest gelegentlich in den letzten 12 Monaten von Mobbinghandlungen betroffen.

Die dritte Beispielstudie wurde in Spanien von Trijueque und Gomez (2010) durchge- führt. An der Studie nahmen 2861 der spanischen Bevölkerung zugehörigen Arbeitnehmer/-

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innen teil, die aus diversen Beschäftigungssektoren im Einzugsgebiet der Region Madrids re- krutiert wurden. Auch hier wurde den teilnehmenden Arbeitnehmern/-innen eine Definition von Mobbing vorgelegt, nach der sie im Anschluss einschätzen sollten, ob sie demnach in den letz- ten sechs Monaten von Mobbing betroffen waren. Von den Befragten gaben 5.8 Prozent an, wöchentlich oder täglich betroffen zu sein und 8.2 Prozent sahen sich gelegentlichem Mobbing ausgesetzt.

Den Schwankungen bei der Erfassung von Mobbingbetroffenheit waren sich auch Niel- sen, Matthiesen und Einarsen (2010) bewusst. Sie widmeten diesem Thema eine Meta-Analyse.

Ziel ihrer Analyse war es herauszuarbeiten, inwiefern methodische Unterschiede Anteil haben an der Varianz, der in der Literatur berichteten Prävalenzraten von Mobbing am Arbeitsplatz.

Dabei differenzierten sie die in den verschiedenen Studien gewählten, unterschiedlichen Ope- rationalisierungen von Mobbing am Arbeitsplatz. Bei der Self-labelling-Methode wird Mob- bingbetroffenheit zumeist nur durch die Beantwortung einer einzelnen Frage erhoben. In man- chen Studien wurde den Befragten zusätzlich noch eine Definition vorgelegt, die dann als Aus- gangspunkt für die Beantwortung der Frage dienen sollte. Bei der Behavioral Experience-Me- thode werden den Befragten eine Reihe von verschiedenen Verhaltensweisen vorgelegt, die als Mobbing eingestuft werden können, sofern sie wiederholt vorkommen. Daraufhin müssen die Befragten einschätzen wie oft sie diesen Verhaltensweisen innerhalb einer bestimmten Zeit ausgesetzt waren. Ob bei den jeweiligen Befragten dann von Mobbingbetroffenheit auszugehen ist oder nicht, wird zumeist durch ein vordefiniertes operationalisiertes Kriterium oder einen statistischen cut-off Wert entschieden.

Insgesamt wurden im Rahmen der Meta-Analyse 102 Studien berücksichtigt, von denen 34 Mobbingbetroffenheit anhand der Behavioral Experience-Methode erhoben haben, 21 mit- tels der Self-labelling-Methode ohne Definition und 47 mit der Self-labelling-Methode inklu- sive zusätzlicher Definition. Bei Betrachtung aller untersuchten Studien, unabhängig von der Erhebungsart, wird eine Prävalenzrate für Mobbing am Arbeitsplatz von 14.6 Prozent berichtet.

Bei getrennter Betrachtung der verschiedenen Erhebungsmethoden berichten die Forscher unter Berücksichtigung der Behavioral Experience-Methode eine Prävalenzrate von 14.8 Prozent.

Bei der Self-labelling-Methode ohne Definition liegt sie bei 18.1 Prozent und bei der Self-la- belling-Methode mit Definition bei 11.3 Prozent.

Auch geographische Unterschiede wurden in der Erhebung berücksichtigt und unter- sucht, da sich die Ursprungsländer der 102 Studien auf 24 verschiedene Länder aus allen be- wohnten Kontinenten verteilten. Die Studien aus den verschiedenen Ländern wurden dann wie- derum auf die drei übergeordneten Gruppen Skandinavien, andere europäische Länder und

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Nicht-europäische Länder aufgeteilt. Die Analyse ergab u.a., dass die Prävalenzrate in den skandinavischen Ländern im Vergleich zu den anderen beiden Ländergruppen in allen drei oben genannten Erhebungskategorien geringer ausfiel.

Je nach Erhebungsmethode, Stichprobe und Land, in dem die jeweilige Erhebung durch- geführt wird, lassen sich also Schwankungen hinsichtlich der Mobbingprävalenz beobachten.

Insgesamt veranschaulichen die Studien, dass verhältnismäßig viele Menschen im Arbeitskon- text von Mobbing betroffen sind. Dies stellt ein ernst zu nehmendes Problem dar, da die Folgen des Mobbings sowohl für die Betroffenen Arbeitnehmer/-innen, als auch die jeweiligen Arbeit- geber weitreichend sein können. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die potenziellen Folgen des Mobbings noch näher behandelt (s. Abschnitt 1.1.8 Mobbingfolgen).

Potenzielle Geschlechterunterschiede in der Mobbingbetroffenheit untersuchten Zapf, Einarsen, Hoel und Vartia (2003) in einer Meta-Analyse, in der sie Daten aus 28 verschiedenen Erhebungen analysierten. Sie berichten, dass in den meisten Stichproben der Studien die Mob- bingbetroffenen zu einem Drittel aus Männern und zwei Dritteln Frauen bestanden. Jedoch ver- weisen die Autoren darauf, dass in den meisten Fällen die Geschlechterverteilung innerhalb der jeweiligen Gesamtstichprobe ebenfalls zu zwei Dritteln aus Frauen und zu einem Drittel aus Männern bestand. Sie vermuten, dass dies wiederum daran liegen kann, dass Frauen innerhalb der untersuchten Populationen von vornherein überrepräsentiert waren, da die Erhebungen in Arbeitssektoren durchgeführt wurden, die von Frauen dominiert werden (z.B. Dienstleistungs- und Gesundheitssektor). Da das Verhältnis der von Mobbing betroffenen Männern zu mobbing- betroffenen Frauen jedoch dem Gesamtverhältnis von Männern und Frauen in der Gesamtstich- probe entspricht, resümieren die Autoren aus ihren Analysen, dass Frauen und Männer bezüg- lich Mobbings ähnlich gefährdet sind. Dieser Analyse nach, scheint also das Geschlecht für Mobbingbetroffenheit keine entscheidende Rolle zu spielen, weshalb es für die Analysen der vorliegenden Arbeit nicht als unabhängige Variable berücksichtigt wird.

Diese Entscheidung wird auch durch die Daten der anfänglich des Kapitels vorgestellten Studien zur Mobbingprävalenz gestützt, da diese Studien zusammengenommen auch keine klare Aussage zulassen. So berichten Niedhammer et al. (2007) nur leichte Unterschiede in der Geschlechterverteilung der Mobbingbetroffenen (11 Porzent Männer, 12.8 Prozent Frauen).

Trijueque und Gomez (2010) beobachteten einen signifikanten Unterschied bezüglich der Mob- bingbetroffenheit (6.9 Prozent der Frauen, 4.3 Prozent der Männer. Ortega et al. (2009) wiede- rum fanden keine signifikanten Unterschiede.

Auch bezüglich des Alters zeichnet sich in der bisherigen Forschung hinsichtlich der Mobbingbetroffenheit ein heterogenes Bild. Ortega et al. (2009) konnten zum Beispiel keine

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signifikanten Altersunterschiede hinsichtlich der Prävalenz von Mobbingbetroffenheit unter Arbeitnehmern/-innen beobachten. Dann wiederum gibt es Studien, die entweder nahelegen, dass eher bei jüngeren (Einarsen & Raknes, 1997), älteren (Einarsen & Skogstad, 1996) oder Arbeitnehmer/-innen mittleren Alters (Notelaers, Vermunt, Baillien, Einarsen & De Witte, 2010) von Mobbingbetroffenheit auszugehen ist. In einer Studie von Hansen, Hogh, Persson, Karlson, Garde und Ørbæk (2006), in der 437 Arbeitnehmer/-innen befragt wurden, von denen wiederum 22 (5 Prozent) von Mobbing betroffen waren, konnten ähnlich wie bei Ortega et al.

(2009) keine signifikanten Altersunterschiede zwischen Mobbingbetroffenen und nicht mob- bingbetroffenen Arbeitnehmern/-innen festgestellt werden. Das Durchschnittsalter der Mob- bingbetroffenen lag hier bei 49 Jahren. Mikkelsen und Einarsen (2010) sammelten Daten von 107 mobbingbetroffenen und 107 nicht von Mobbing betroffenen Arbeitnehmern/-innen. Im Rahmen ihrer Analysen erfassten sie bezüglich der Kontrollgruppe ein Durchschnittsalter von 41 Jahren (range: 20-66), während das Durchschnittsalter der Mobbingbetroffenen bei 47 Jah- ren (range: 20-64) lag und somit dem Durchschnittswert ähnelt, den Hansen et al. (2006) doku- mentierten. Letztendlich lässt sich an dieser Stelle keine klare Aussage darüber treffen, in wel- chen Altersgruppen Mobbingbetroffenheit eher auftritt.

Da die Daten bisheriger Studien letztlich keine klare Aussage über die Bedeutung von Geschlecht und Alter in Bezug auf Mobbingbetroffenheit zulassen, werden diese Variablen in der vorliegenden Arbeit nicht als unabhängige Variablen in die Berechnungen aufgenommen.

Klar geht hingegen aus den Daten von Erhebungen zur Prävalenz von Mobbing am Arbeitsplatz hervor, dass es ein weit verbreitetes und somit ein umso bedeutsameres gesellschaftliches Phä- nomen ist.

1.1.4 Mobbingursachen

In der Literatur bietet sich ein sehr breites Spektrum an Faktoren, die für die Entstehung von Mobbing am Arbeitsplatz als begünstigend und ursächlich diskutiert werden. Im Folgenden wird eine Auswahl der verschiedenen Erklärungsansätze für das Auftreten von Mobbing ge- nauer dargestellt.

Zapf (1999) legte diesbezüglich nahe, dass einseitige Erklärungsansätze für Mobbing am Arbeitsplatz nicht sinnvoll erscheinen und vielmehr von multikausalen Ursachen auszuge- hen ist. Die Annahme multikausaler Ursachen für Mobbing wird auch von anderen Autoren vertreten (z.B. Salin, 2003; Einarsen, Hoel, Zapf & Cooper, 2011).

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Auf Basis seiner empirischen Erhebung arbeitete Zapf (1999) drei verschiedene Kate- gorien von Faktoren für die Entstehung von Mobbing heraus, welche auch in aktuelleren Ar- beiten weiterhin als bedeutend für die Entstehung von Mobbing eingestuft werden (z.B. Hoel

& Salin, 2003; Baillien, Neyens, De Witte & De Cuyper, 2009; Branch, Ramsy & Barker, 2013). Diese Kategorien sind: das Unternehmen betreffende Faktoren, Faktoren bezüglich des sozialen Systems der Arbeitsgruppe und individuelle Faktoren, die sich auf die Täter und die Betroffenen selbst beziehen.

Das Unternehmen betreffende Faktoren sollten berücksichtigt werden, da bestimmte Gegebenheiten hinsichtlich der Arbeitsumgebung und Arbeitsbedingungen in Verdacht dazu stehen, ein Aufkommen von Konflikten und Mobbing zu erhöhen (Salin & Hoel, 2011). Hin- sichtlich solcher Faktoren werden in der Literatur stressvolle Arbeitsbedingungen diskutiert (z.B. Hauge, Skogstad & Einarsen, 2011; Hoel, Zapf, & Cooper, 2002). In einer Querschnitt- untersuchung, die sich dieser Thematik widmete, sammelten Notelaers, De Witte und Einarsen (2010) Daten von 6175 belgischen Arbeitnehmern/-innen. Nach Auswertung der Daten mittels einer hierarchischen Regression interpretieren die Autoren, dass Rollenkonflikt und Rollenun- sicherheit potenziell als wichtige Faktoren beim Entstehen von Mobbing in Frage kommen.

Bowling und Beehr (2006) führten eine Meta-Analyse durch, die sich ebenfalls der be- nannten Thematik widmete. In dieser wurden Erhebungen berücksichtigt, die Daten von 90 verschiedenen Stichproben umfassten. Den Ergebnissen der Meta-Analyse nach bestehen Zu- sammenhänge zwischen Rollenkonflikt (p = .44), Rollenunsicherheit (p = .30) und dem Auf- treten von Mobbing. Darüber hinaus wurde auch der Zusammenhang zwischen Rollenüberlas- tung und Mobbing signifikant (p = .28). Aufgrund des Querschnittdesigns können die Beobach- tungen von Notelaers et al. (2010) und von Bowling und Beehr (2006) letztlich nicht als Belege für kausale Zusammenhänge zwischen dem Auftreten der genannten Faktoren und dem Auftre- ten von Mobbing angesehen werden, da auch eine umgekehrte Kausalität möglich ist. So ist es im Prinzip auch möglich, dass erst im Rahmen der Mobbingsituation selbst bei den Betroffenen ein verstärktes Empfinden von Rollenkonflikt, Rollenunsicherheit und Rollenüberlastung aus- gelöst worden ist.

Jedoch finden sich in den Ergebnissen weiterer Studien Hinweise, die einen Kausalzu- sammenhang zumindest bezüglich des Faktors Rollenstress ein Stück weit wahrscheinlicher machen. So erhoben zum Beispiel Matthiesen und Einarsen (2007), dass in einer Stichprobe von zufällig ausgewählten Arbeitnehmern/-innen, die bei verschiedenen Arbeitgebern und in unterschiedlichen Arbeitsumgebungen arbeiteten, sowohl bei Mobbing Tätern/-innen als auch

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bei Mobbingbetroffenen im Vergleich zu Arbeitnehmern/-innen, die nicht in eine Mobbingsi- tuation involviert waren, eine erhöhte Ausprägung von Rollenstress und Rollenunklarheit zu beobachten war, welche sich in Bezug auf Arbeitsaufgaben und die alltägliche Arbeit durch unklare - oder Konflikte bereitende Anforderungen und Erwartungen äußerte. Dass die Autoren dies nicht nur bei Mobbingbetroffenen, sondern auch bei Tätern beobachteten, kann zwar auf- grund des Querschnittdesigns der Ergebung letztlich nicht als Beleg, aber zumindest als Indiz dafür gedeutet werden, dass Rollenstress in dieser Untersuchung nicht nur durch die Mobbing- betroffenheit entstand, sondern zuvor schon im jeweiligen Arbeitsumfeld bestanden hat und somit auch potenziell zur Entstehung der Mobbingsituation beigetragen haben könnte. Einen Hinweis dafür, dass die Mobbingbetroffenheit darüber hinaus zusätzlichen Rollenstress auslöst, bietet ein weiteres Ergebnis der Studie, welches besagt, dass der empfundene Rollenstress der Mobbingbetroffenen im Vergleich zu dem der Mobbing Tätern/-innen nochmals höher ausge- prägt war (Matthiesen & Einarsen, 2007).

Auch Agervolds (2009) Erhebung weist darauf hin, dass Faktoren, die das Unternehmen betreffen mit dem Auftreten von Mobbing verknüpft sind. Er befragte diesbezüglich Ange- stellte, die in 12 verschiedenen Kommunalverwaltungen mit höherer oder geringerer Mobbing- rate arbeiteten. Dabei machte er Unterschiede bezüglich des Empfindens von Angst aus. Ar- beitnehmer/-innen in Unternehmen mit einem höheren Mobbingaufkommen berichteten stär- kere Angst davor, versetzt zu werden oder neue Aufgaben zu bekommen. Diese Unterschiede blieben auch bestehen, nachdem die Werte der Mobbingbetroffenen aus der Analyse herausge- rechnet wurden, was bedeutet, dass die Ausprägung der Angst in diesen Verwaltungen nicht nur aufgrund der Werte der Mobbingbetroffenen höher war.

Darüber hinaus beobachtete Agervold (2009), dass in den Abteilungen mit hoher Mob- bingbetroffenheit, im Vergleich zu Abteilungen in denen weniger von Mobbingvorfällen be- richtet wurde, ein höherer Arbeits- und Leistungsdruck, ein autokratischerer Managementstil, eine geringere Rollenklarheit, mehr Rollenkonflikte und ein schlechteres soziales Klima vor- herrschten. Diese Unterschiede blieben ebenfalls bestehen, nachdem in den Abteilungen mit mehr Mobbingvorfällen die Werte der Mobbingbetroffenen aus der Analyse herausgerechnet wurden. Das bedeutet, dass diese Unterschiede zwischen weniger und mehr betroffenen Abtei- lungen bzgl. der eben genannten Faktoren also nicht nur aufgrund des Empfindens der Mob- bingbetroffenen, sondern auch nach Ausschluss derer Werte und somit allein durch die Werte der nicht direkt von Mobbing betroffenen Arbeitnehmern/-innen Bestand hatten. Da also auch die nicht betroffenen Arbeitnehmer in den Abteilungen, in denen Mobbingfälle vermehrt vor-

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lagen, angaben, dass ein höherer Arbeits- und Leistungsdruck, ein autokratischerer Manage- mentstil, eine geringere Rollenklarheit, mehr Rollenkonflikte und ein schlechteres soziales Klima in ihrer Abteilung bestehen, sieht der Autor dies als Indiz dafür an, dass die Ausprägung der genannten Faktoren am Arbeitsplatz nicht erst aufgrund der Mobbingsituation zustande kam, sondern schon zuvor vorlag und somit zur Entstehung von Mobbing beigetragen haben könnte.

Dennoch ist sich Agervold (2009) bewusst, dass seine methodische Vorgehensweise (Querschnitterhebung) Schwächen hat und weist drauf hin, dass die Kausalität auch in seiner Erhebung letzten Endes nicht geklärt ist. Er erläutert, dass es zum Beispiel auch sein könnte, dass die Mobbingsituation an sich zur erhöhten Ausprägung der untersuchten Variablen hätte führen können und sich zuvor womöglich ein anderes Bild zeigte.

Langzeitstudien, die die Problematik der genannten ungeklärten Kausalität ausräumen könnten, weisen divergierende Ergebnisse auf. So schlussfolgern Finne, Knardahl und Lau (2011) aus den Ergebnissen ihrer Langzeitstudie, dass psychische Stresssymptome Stress als Prädiktor für Mobbingbetroffenheit angesehen werden kann, während die Ergebnisse von Hauge et al. (2011) Rollenstress nicht als Prädiktor für Mobbingbetroffenheit ansehen. Der Sachverhalt, ob Stress beziehungsweise in welcher Form Stress als Ursache für das Aufkom- men von Mobbing und Mobbingbetroffenheit am Arbeitsplatz anzusehen ist, ist also noch nicht zur Gänze geklärt.

Ein Teilaspekt Agervolds (2009) Erhebung bezog sich auf die Messung der subjektiv empfundenen Ausprägung eines autokratischen Führungsstils in den Unternehmen. Da Mob- bingbetroffene häufig davon berichten, von Führungspersonen gemobbt zu werden (z.B. Hoel, Cooper und Faragher, 2001) ist der Führungsstil ein weiterer wichtiger Faktor. Er kann sowohl als Faktor der Kategorie unternehmensbezogene Ursachen (insofern, dass der Führungsstil die Unternehemenskultur/-philosophie widerspiegelt) als auch der Kategorie individuelle Ursachen (die Führungsperson als Individuum) angesehen werden.

Hoel, Glaso, Hetland, Cooper und Einarsen (2010) befassten sich in einer Studie in Großbritannien intensiver mit diesem Thema und untersuchten vier verschiedene Führungsstile in Bezug auf Mobbing am Arbeitsplatz. Den Ergebnissen ihrer Querschnittserhebung zufolge stehen ein autokratischer Führungsstil, der noncontingent punishment Führungsstil und der laissez-faire Führungsstil in positivem Zusammenhang mit selbstberichtetem und auch be- obachtetem Mobbing am Arbeitsplatz, während der partizipative Führungsstil diesbezüglich negativ korreliert.

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Branch et al. (2013) beleuchten in ihrem Review zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz auch individuelle Faktoren von Tätern und Betroffenen, die in der Literatur breit diskutiert wer- den. Ein Teil dieser Arbeiten richten ihren Fokus auf die Persönlichkeitsmerkmale der Betroffe- nen. Coyne, Seigne und Randall (2000) beobachteten bei mobbingbetroffenen Arbeitnehmern/- innen unter anderem eine Tendenz zu Introvertiertheit, Angst, Zurückhaltung, Sensitivität und Unterwürfigkeit. Teilweise bestätigt und ergänzt werden können diese Beobachtungen zum Beispiel durch Erhebungen von Glasø, Matthiesen, Nielsen und Einarsen (2007), die auf eine geringer ausgeprägte Extrovertiertheit, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Offenheit und stärker ausgeprägten Neurotizismus bei einem Teil der von ihnen befragten Betroffenen im Vergleich zum größeren Teil der Betroffenen hinweisen, sowie von Matthiesen und Einarsen (2007), deren Analyse bei Betroffenen einen geringeren Selbstwert und weniger soziale Kom- petenz aufzeigten. Lind, Glasø, Pallesen und Einarsen (2009) betonen jedoch, dass Persönlich- keitsunterschiede zwischen Betroffenen und anderen Arbeitnehmern/-innen als alleinige Erklä- rung für das Entstehen einer Mobbingsituation nicht ausreichen. Glasø et at. (2007) interpretie- ren ihre Ergebnisse weitergehend so, dass sie davon ausgehen, dass es keine generelle Persön- lichkeit gibt, die Mobbingbetroffenheit hervorruft.

In einem Review diskutieren Zapf und Einarsen (2011), dass über die Täter/-innen von Mobbing weitaus weniger bekannt ist als über die Betroffenen und dass die zu den Tätern/- innen vorliegenden Informationen zumeist aus zweiter Hand stammen, nämlich aus Berichten von Betroffenen. Aus ihrer Zusammenfassung der empirischen Erhebungen hinsichtlich der Beweggründe der mobbingausübenden Personen schlussfolgern sie drei bezeichnende Funkti- onen von Mobbing für die Täter/-innen, bzw. Merkmale der Täter/-innen. Demnach könnte Mobbing in Situationen, in denen der Selbstwert potenzieller Täter/-innen gefährdet ist, eine Art selbstregulierenden Prozess darstellen. Aggressives Verhalten soll dazu dienen, den eige- nen positiven Selbstwert vor sich, aber auch vor Anderen aufrecht zu erhalten.

Mobbing kann laut den Autoren (Zapf & Einarsen, 2011) aber auch die Folge von feh- lender sozialer Kompetenz und der damit verbundenen fehlenden emotionalen Kontrolle der Täter/-innen sein. Auch das Fehlen von Selbstreflektion und der Fähigkeit sich in andere hin- einzuversetzen diskutieren die Autoren im Zusammenhang mit diesen Punkten. Darüber hinaus merken sie an, dass, wenn die Mobbingaktionen von mehreren Personen ausgeübt werden, die Täter/-innen oft angeben, sich der Auswirkungen ihrer Handlungen nicht bewusst gewesen zu sein. Die einzelnen Täter/-innen nehmen ihre Handlungen isoliert wahr und können das Ver- halten der Betroffenen nicht nachvollziehen, bzw. stufen es als übertrieben ein, während die

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Betroffenen die Handlungen aller Personen in Summe als systematisch und intentional wahr- nehmen.

Als weiteren Punkt diskutieren die Autoren Zapf und Einarsen (2011) Mobbing im Sinne von mikropolitischem Verhalten. Mikropolitik meint hierbei, dass in Organisationen die organisierten Strukturen und Prozesse nicht allumfassend sind und die Mitglieder der Organi- sationen an Stellen, an denen keine formalen Strukturen herrschen, diese Lücken eigeninitiativ füllen müssen. Die Möglichkeit eigene informelle Entscheidungen zu treffen kann dann aber auch dazu führen, dass Arbeitnehmer/-innen dies zum eigenen Vorteil und für persönliche Be- lange ausnutzen, zum Beispiel um ihren eigenen Status zu sichern oder auszubauen. Um stär- keren Einfluss auf bestimmte Entscheidungen zu haben, können mitunter Koalitionen gebildet werden, die dann im Verbund gegen unternehmensinterne Konkurrenten agieren können. Mik- ropolitisches Verhalten beinhaltet nicht immer unbedingt Mobbing, denn mikropolitisches Ver- halten wird vorrangig aus strategischen Gründen angewandt. Jedoch kann Mobbingverhalten ein Aspekt von mikropolitischem Verhalten sein, wie zum Beispiel, wenn durch die Schwä- chung der Position eines Rivalen der Erhalt der eigenen Position im Unternehmen erreicht wer- den soll.

Trotz ihrer Ausführungen legen die Autoren (Zapf & Einarsen, 2011) jedoch nahe, dass individuelle Faktoren nicht immer der Grund für Mobbing sind. Auch sie verweisen parallel auf organisationale Faktoren, wie oben schon diskutiert, und auf Faktoren des sozialen Systems innerhalb der Organisationen. Denn erst wenn die Rahmenbedingungen für Mobbing gegeben sind und Mobbing zum Beispiel von Seiten der Firma oder der firmeninternen Arbeitsgruppe zumindest toleriert wird, kann Mobbing vermehrt stattfinden (Zapf & Einarsen, 2011).

Auch Branch et al. (2013) diskutierten in ihrem Review die Ursachen für Mobbing am Arbeitsplatz, die im sozialen System zu suchen sind. Sie fanden in der Literatur unter anderem Hinweise darauf, dass Unterschiede zwischen Arbeitnehmern/-innen innerhalb eines Unterneh- mens, wie zum Beispiel sichtbare Unterschiede in der Erscheinung der Personen, die einer Min- derheitengruppe angehören, ein Faktor für Mobbingbetroffenheit sein können.

Darüber hinaus behandelten (Branch et al., 2013) auch offene Kommunikation inner- halb einer Gruppe als Faktor für Mobbing. Die Autoren fanden diesbezüglich in der Literatur Hinweise darauf, dass destruktive Konfliktreaktionen und Mobbingverhalten bei einem gerin- geren Ausmaß an offener Kommunikation häufiger auftreten. Auch deuten sie auf Erhebungen hin, die nahe legen, dass starke soziale und kooperative Beziehungen zwischen den Mobbing- tätern dazu führen können, dass sich Mobbing weiter ausbreitet und es länger anhält.

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Salin (2003) entwickelte auf Basis ihres Reviews einen anderen Ansatz für die Identifi- zierung von Mobbingursachen. Sie argumentiert, dass Mobbing oft auf Basis dreier Faktoren- gruppen und der Interaktion von mindestens zwei dieser Gruppen entsteht. Als grundlegend sieht sie hierbei Faktoren, die Mobbing überhaupt erst ermöglichen. Zu diesen Faktoren zählt sie die Wahrnehmung eines Machtungleichgewichts, geringe potenzielle Kosten bzw. negative Konsequenzen sowie Unzufriedenheit und Frustration auf Seiten der Täter. Zu der Gruppe mo- tivierender Strukturen und Prozesse gehören für Salin (2003) Bedingungen und Umstände, die Mobbingverhalten belohnen. Konkret nennt die Autorin hier die Faktoren interne Konkurrenz, Belohnungssysteme und zu erwartende Vorteile sowie schwerfällige Bürokratie und damit ver- bundene Schwierigkeiten Angestellte zu entlassen. In der Gruppe der mobbingherbeiführenden Prozesse werden die Unterpunkte Restrukturierung, Stellenabbau und andere Krisen, generelle Veränderungen im Unternehmen und Veränderungen im Management oder der Zusammenset- zung der Arbeitsgruppe aufgeführt. Es handelt sich hierbei immer um unternehmensbezogene Veränderungen, die die Ausgangssituation innerhalb des Unternehmens so ändern, dass Mob- bingverhalten ein Stück weit wahrscheinlicher wird. Salin (2003) betont, dass ihr Modell keinen Anspruch auf Vollständigkeit besitzt, es jedoch dabei helfen kann, die große Vielfalt an poten- ziellen Mobbingursachen und ihre Interaktionen strukturierter einzuordnen und ein besseres Verständnis für sie zu entwickeln.

Ausarbeitungen wie die von Zapf (1999), Modelle wie das von Salin (2003) und Litera- turanalysen wie die von Einarsen et al. (2011) oder Branch et al. (2013) veranschaulichen die breite Streuung und die potenzielle Komplexität des Zusammenspiels mobbingauslösender Faktoren. Daher liegt der Schluss nahe, dass, selbst wenn alle einzelnen potenziellen Mob- bingursachen identifiziert und bekannt wären, es immer einer umfassenden individuellen und situationsspezifischen Analyse bedarf, um zu erörtern, welche Ursachen beziehungsweise wel- ches Ursachengeflecht im jeweiligen Fall der Mobbingsituation zu Grunde liegt. Dabei er- scheint in Anbetracht früherer (Zapf, 1999) und auch aktuellerer Forschungsarbeiten (Zapf und Einarsen, 2011; Branch et al., 2013) eine nähere Analyse von Faktoren, die das Unternehmen, das soziale System der Arbeitsgruppe und die beteiligten Individuen selbst betreffen als maß- geblich.

1.1.5 Mobbingformen

Im Arbeitskontext tritt Mobbing in drei verschiedenen Formen auf. Kolodej (2008) verweist diesbezüglich auf vertikales und horizontales Mobbing. Vertikales Mobbing kann entweder vom/von der/von mehreren Untergebenen ausgehen und gegen die/den Vorgesetzte/-n gerichtet

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sein, was auch als Staffing bezeichnet wird, oder umgekehrt vom/von der Vorgesetzten gegen eine/-n Untergebenen gerichtet sein, was auch als Bossung bezeichnet wird. Horizontales Mob- bing wiederum spielt sich auf derselben Hierarchieebene ab und bezieht sich auf Situationen, in denen unter Kollegen/-innen gemobbt wird.

In ihrem Review berichten Zapf und Einarsen (2005) von unterschiedlichen Angaben zur Häufigkeit des Auftretens der einzelnen Mobbingformen. Sie betonen jedoch, dass die Fälle von Bossing und Kollegen/-innen Mobbing häufiger vorkommen, als Staffing. Dies begründen die Autoren damit, dass das schon zuvor in der Unternehmenshierarchie bestehende Machtun- gleichgewicht das Mobben von Vorgesetzten durch Untergebene stark erschwert und es somit nur in Ausnahmefällen zu einer solchen Konstellation kommt. Hinsichtlich der Anzahl der mobbingausübenden Personen berichten Zapf und Einarsen (2005) davon, dass in 20 bis 40 Prozent der Fälle nur eine Person das Mobbing ausgeübt hat und es in 15 bis 25 Prozent der Fälle von mehr als vier Personen ausging.

1.1.6 Mobbinghandlungen

Eine klare Benennung aller einzelnen potenziellen Mobbinghandlungen wird als schwierig, ja nahezu unmöglich diskutiert (Branch, 2013). Dennoch werden in der Literatur Versuche unter- nommen Mobbinghandlungen zu kategorisieren und sie dadurch letztendlich auch messbar zu machen.

Wie schon zuvor berichtet, identifizierte Leymann (1996b) 45 verschiedene Mobbing- handlungen, die sich auf fünf verschiedene Strategien beziehungsweise Kategorien für Mob- binghandlungen verteilen. Der von Leymann entwickelte LIPT Mobbingfragebogen basiert auf diesen Strategien und Mobbinghandlungen. Die fünf Kategorien lauten Angriffe auf die Mög- lichkeit sich mitzuteilen, Angriffe auf die sozialen Beziehungen, Angriffe auf das soziale Anse- hen, Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation, Angriffe auf die Gesundheit.

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Auch aufgrund der Tatsache, dass der LIPT Mobbing jedoch nur binär erfasst und nicht die Prozesshaftigkeit des Mobbings im Sinne einer fortschreitenden Konflikteskalation berück- sichtigt, entwickelten Kolodej et al. (2010) einen weiteren Mobbingfragebogen, den Test zur Erfassung von Mobbingverhaltensweisen am Arbeitsplatz (TEMA). Dieser Test misst das Mob- bingrisiko und gibt somit Hinweise dazu, wie stark im Prozess eines Konflikts das Risiko für eine Mobbingsituation ausgeprägt ist. Zur Konstruktion des Tests orientierten sich die Autoren dennoch am LIPT. Der TEMA umfasst elf verschiedene Mobbingverhaltenskategorien, denen

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die einzelnen Handlungen zugeordnet werden. Die Kategorien lauten Diskriminierung und un- angemessenes Führungsverhalten, Übergriffe auf den privaten Bereich, soziale Isolation, ab- lehnende Gestik und Mimik, Beleidigungen, Verletzungen, Angriffe auf das soziale Ansehen, irreführende Kommunikation, gezielte Überforderung, gezielte Unterforderung, Behinderung der Arbeitsausführung. Im später folgenden Kapitel 3 (Methode), wird der TEMA Fragebogen noch näher vorgestellt (z.B. in Bezug auf Gütekriterien).

Spezifischere Angaben zur Häufigkeit einzelner Mobbinghandlungen arbeiteten Mesch- kutat, Stackelbeck und Langenhoff (2002) heraus. Per Telefonbefragung sammelten sie diesbe- züglich Angaben von 495 aktuell oder ehemals mobbingbetroffenen Arbeitnehmern/-innen in Deutschland. Die Ergebnisse sind in Abbildung 1.3 dargestellt.

Abbildung 1.2. Relative Häufigkeiten von Mobbinghandlungen nach Meschkutat et al. (2002, S. 39)

Meschkutat et al. (2002) berichten, dass die häufigste wahrgenommene Mobbinghandlung die Verbreitung von Gerüchten und Unwahrheiten gewesen ist und sie somit gegen das soziale Ansehen einer Person gerichtet war.

Auf den Plätzen zwei (57.2 Prozent), fünf (48.1 Prozent) und sieben (38.1 Prozent) lie- gen Mobbinghandlungen, die sich auf die falsche Bewertung der Arbeitsleistung und Leistungs- fähigkeit der Person beziehen. Sticheleien werden am dritthäufigsten und Beleidigungen am achthäufigsten genannt. Mobbinghandlungen, die eine Einschränkung der Arbeit an sich be- treffen, werden am viert, sechst, neunt und zehnthäufigsten genannt.

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Die Autoren (Meschkutat et al.2002) weisen überdies darauf hin, dass die Betroffenen im Durchschnitt insgesamt fünf der zehn vorgegebenen Mobbinghandlungen angekreuzt haben, sie also in vielen Fällen mit mehreren verschiedenen Mobbinghandlungen konfrontiert worden sind.

Eine weitere häufige Handlung im Rahmen von Mobbing am Arbeitsplatz, welche auch von Privitera und Campbell (2009) in einer australischen Studie beobachtet wurde, ist das Cy- bermobbing. Ihrer Erhebung nach berichteten 10.7 Prozent der befragten männlichen Arbeit- nehmer (N = 103), die der Australian ‚Manufacturing Workers’ Union‘ (AMWU) angehörten, von Cybermobbing betroffen gewesen zu sein.

1.1.7 Mobbingfolgen

Mobbing am Arbeitsplatz steht im Zusammenhang mit negativen Ausprägungen, die das be- troffene Individuum, dessen soziales Umfeld, die Kollegen/-innen, welche die Mobbingpro- zesse mitbekommen, das Unternehmen selbst und letztlich auch die Gesellschaft betreffen. Die tragischste Beobachtung im Zusammenhang mit Mobbing, die schon von Leymann (1993) dis- kutiert wurde, ist der Selbstmord einer betroffenen Person. Leymann beruft sich dabei auf In- terviews, die mit sämtlichen Pfarrern des Bistums Stockholm durchgeführt wurden. Die Pfarrer wiederum hatten zuvor durch Gespräche mit Hinterbliebenen von Selbstmördern/-innen Ein- sicht erlangt in die Hintergründe der tragischen Taten. Nach Auswertung der Interviews schätzt Leymann (1993), dass sich im Jahr 1986 mindestens 100 und womöglich sogar bis zu 300 Men- schen aufgrund von Mobbing das Leben nahmen. Wie genau diese Schätzung der Selbstmord- fälle aufgrund von Mobbingbetroffenheit die Realität abbildet, lässt sich mit letzter Sicherheit nicht sagen, da die methodische Vorgehensweise Leymanns bei dieser Studie nicht ganz un- problematisch ist. Dennoch legen Leymanns (1993) Befunde nahe, dass Mobbing im schlimms- ten Fall zu Selbstmord führen kann.

Ein zentraler Aspekt der Mobbingforschung ist die häufig beeinträchtigte Gesundheit mobbingbetroffener Arbeitnehmer/-innen, von der zum Beispiel Verkuil (2015) in einer Me- taanalyse berichtet. Die Zusammenhänge von Mobbing und Gesundheit spielen auch in der vorliegenden Arbeit eine zentrale Rolle, daher wird dieser Aspekt später noch gesondert be- leuchtet (s. Kapitel 1.2.1 Mobbing und Gesundheit). Festzuhalten bleibt jedoch schon an dieser Stelle, dass Mobbingbetroffene im Laufe des Mobbingprozesses häufig krankheitsbedingt aus- fallen (McTernan, Dollard & LaMontagne, 2013), was sich wiederum auf die Produktivität der Unternehmen auswirken kann und für diese somit auch negative wirtschaftliche Konsequenzen

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mit sich bringt. Zum Beispiel beobachteten Hansen, Hogh und Persson (2011), dass Mobbing- betroffene im Vergleich zu einer Kontrollgruppe eher depressive Symptome berichteten.

McTernan, Dollard und LaMontagne (2013) berechneten einen Schätzwert für die Kosten, die durch Depressionen entstehen, welche auf Mobbing zurückgeführt werden können. Depressio- nen ziehen krankheitsbedingte Abwesenheit nach sich. Dies führt zu einem Produktivitätsver- lust. Die Autoren schätzen die jährliche finanzielle Belastung, die durch von Mobbing ausge- löste Depressionen der Arbeitnehmer/-innen entstehen in Australien auf 413 Millionen AUD.

Auch Meschkutat et al. (2002) sehen einen Zusammenhang zwischen Mobbingbetrof- fenheit und negativen Ausprägungen des Arbeits- und Leistungsverhaltens. Von 1316 Befrag- ten gaben nur 1.3 Prozent an, diesbezüglich nicht negativ von der Mobbingsituation beeinflusst gewesen zu sein. Hingegen gaben zum Beispiel 71.9 Prozent der Betroffenen an, Demotivation zu verspüren, 57.3 Prozent hatten innerlich gekündigt, 57.0 Prozent hatten Leistungs- und Denkblockaden und 51.5 Prozent gaben an unkonzentriert gewesen zu sein. Bei abgeschlosse- nen Mobbingfällen beobachteten die Autoren auch krankheitsbedingte Ausfälle (43.9 Prozent), die teilweise mehr als sechs Wochen andauerten (20.1 Prozent).

Mobbing steht jedoch nicht nur bei direkt betroffenen Arbeitnehmern/-innen im Zusam- menhang mit der Ausprägung negativer Aspekte. Auch bei Kollegen/-innen von Mobbingbe- troffenen wurden im Vergleich zu Arbeitnehmern/-innen an Arbeitsplätzen ohne Mobbingvor- fälle erhöhte Werte von allgemeinem Stress und psychischen Stressreaktionen beobachtet (Var- tia, 2001).

Auch das soziale Umfeld von Mobbingbetroffenen wird in Mitleidenschaft gezogen. So berichten Meschkutat et al. (2002) dass bei 13.9 Prozent der Befragten finanzielle Probleme entstanden und bei 9.6 Prozent das Thema Mobbing das Privatleben bestimmte. Bei 19.7 Pro- zent der Betroffenen kam es im Rahmen des Mobbingprozesses zu Streit in der Familie bezie- hungsweise der Partnerschaft und teilweise kam es sogar zur Trennung vom/von der Partner/- in (8.1 Prozent). Eine Trennung der Eltern kann wiederum negative Auswirkungen auf die Ent- wicklung und das Wohlbefinden der von der Trennung betroffenen Kinder haben (Amato, 2010). Krankheitsbedingte Ausfälle von mobbingbetroffenen Arbeitnehmern/-innen ziehen aber auch volkswirtschaftliche Kosten nach sich, zum Beispiel für Medikamente (in Abhängig- keit von dem in den Ländern vorherrschenden Versicherungssystem), für die Frührente oder Sozialhilfe (Hoel, Sparks & Cooper, 2001).

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1.2 Erarbeitung der Fragestellungen

1.2.1 Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit

Wie schon oben erwähnt, steht Mobbing in Zusammenhang mit einer beeinträchtigten Gesund- heit der Betroffenen. Im Folgenden wird näher darauf eingegangen, wie diese Beeinträchtigun- gen genau ausgeprägt sind.

Die World Health Organization (WHO,1948) definiert Gesundheit wie folgt „Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity.” (S.1). Viele Forschungsarbeiten bieten Hinweise darauf, dass Mobbingbetroffen- heit einem Wohlbefinden auf den drei im Zitat der WHO genannten Ebenen, körperlich, psy- chisch und sozial entgegenwirkt. Während die Zusammenhänge zwischen Mobbing und nega- tiven sozialen Aspekten schon diskutiert worden sind (s. Abschnitt 1.1.8 Mobbingfolgen), sol- len nun die Zusammenhänge von Mobbingbetroffenheit zu gesundheitlichen Aspekten auf kör- perlicher und psychischer Ebene genauer dargestellt werden.

Hansen et al. (2006) berichten zum Beispiel Verbindungen zwischen Mobbingbetrof- fenheit und einer veränderten psychischen Gesundheit, erhöhten Depressionswerten und erhöh- ten Angstwerten. Die Querschnittstudie der Autoren umfasste 437 Probanden/-innen (294 Frauen und 143 Männer), die in 5 verschiedenen Einrichtungen und Unternehmen aus verschie- denen Sektoren (Pharma-Unternehmen, Telekommunikation, Schule, Holz-Industrie, Sozial- versicherung) arbeiteten.

Mobbingbetroffenheit wurde hier durch die Vorlage einer Mobbingdefinition und die Beantwortung einer daraufhin erfolgten Frage, ob die Person sich im Zeitraum der letzten sechs Monate von Mobbing betroffen gefühlt hat, erhoben. 22 Probanden/-innen schätzten sich als mobbingbetroffen ein (15 Frauen, also 5.0 Prozent der weiblichen Stichprobe und sieben Män- ner, also 4.9 Prozent der männlichen Stichprobe).

Zur Messung der psychischen Gesundheit wurde der General Health Questionnaire-12 (GHQ-12; Goldberg, D., 1996) verwendet, der diese anhand von 12 Items, die mittels vier Punkte Skalen beantwortet werden, erhebt. Depression (13 Items), und Angst (10 Items) wur- den mittels der Sympton Checklist-35 (SCL-35; Derogatis, L. R., 1992) erhoben. Die Items wer- den hier anhand einer fünfstufigen Skala beantwortet.

Zur Auswertung der Daten nutzten die Autoren (Hansen et al., 2006) das Verfahren der einfaktoriellen Varianzanalyse. Es ergaben sich signifikante Unterschiede zwischen den Durch- schnittswerten der Mobbingbetroffenen (n = 22) zu den Variablen Somatisierung (m = 0.97, 95% CI 0.62 - 1.32), Depression (m = 1.36, 95% CI 0.97 - 1.75), Angst (m = 1.17, 95% CI 0.81

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- 1.52 ), psychische Gesundheit (m = 2.23, 95% CI 1.99 - 2.48) und negative Affektivität (m

=2.18, 95% CI 1.94 – 2.42) und den diesbezüglichen Durchschnittswerten der nicht betroffenen Arbeitnehmer/-innen (Somatisierung: m = 0. 56, 95% CI 0.51 – 0.61, p < .001 ; mdiff = 0.41, 95% CI 0.15 - 0.67, p < .001; Depression: m = 0.69 , 95% CI 0.63 – 0.75, p < 001 ; mdiff = 0.67, 95% CI 0.27 – 0.84, p < 001; Angst: m = 0.61, 95% CI 0.56 – 0.67, p < .001 ; mdiff = 0.56, 95%

CI 0.34 – 1.00, p < .001; psychische Gesundheit: m = 1.91 , 95% CI 1.87 – 1.95, p < ; mdiff = 0.33, 95% CI 0.11 – 0.54, , p < .001; negative Affektivität: m = 1.87, 95% CI 1.82 – 1.92, p <

01 ; mdiff = .31 , 95% CI 0.07 – 0.56, p < .001). Die Mobbingbetroffenen hatten also im Vergleich zu nicht betroffenen Arbeitnehmern/-innen erhöhte Werte für Somatisierung, Depression, Angst, negative Affektivität und schlechtere Werte hinsichtlich der psychischen Gesundheit.

In der Literatur finden sich auch Hinweise auf Verknüpfungen zwischen Mobbing am Arbeitsplatz und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTSD). Matthiesen und Einarsen (2004) befragten aktuell angestellte, krangeschriebene und ehemalige (arbeitslos, pensioniert) Arbeitnehmer/-innen in Norwegen. Mobbing wurde dabei anhand der Vorlage einer Definition und mittels des Negative Acts Questionnaire (NAQ; Einarsen, 2001; 22 Items) erhoben. Die 102, von den Autoren als aktuell oder ehemals von Mobbing betroffen identifizierten Personen bearbeiteten dann Tests, die zur Erfassung der psychischen Beeinträchtigung durch Stress (diese umfassten Skalen zu Symptomen von Angst, Depression und körperlicher Beschwerden) und PTSD Symptomen herangezogen werden (HSCL-25; Derogatis, Lipman, Rickels, Uhlen- huth, & Covi, 1974; PTSS-10; Raphael, Lundin, & McFarlane, 1989; IES-R; Weiss & Marmar, 1997). Dabei erreichten 60 bis 70 Prozent der befragten Teilnehmer/-innen Werte, die einen jeweiligen Schwellenwert der Tests überschritten und somit eine schwere psychische Beein- trächtigung durch Stress und PTSD implizieren. Außerdem wurden die Mittelwerte der Mob- bingbetroffenen in den jeweiligen Tests mit Mittelwerten andersartig belasteter Vergleichs- gruppen verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Mobbingbetroffenen hinsichtlich des PTSS-10, der übliche Symptome von PTSD misst, signifikant höhere Werte erzielten als Medizinstuden- ten, die temporär einem hohen Stresslevel ausgesetzt, jedoch nicht traumatisiert waren. Höchste Werte wurden dabei hinsichtlich der posttraumatischen Symptome depressive Gedanken, Ten- denz zur Isolation, schwankende Gefühlslagen, Angst vor Erinnerungen weckenden Situationen und generelle körperliche Anspannung ausgemacht. Auch in Bezug auf weitere PTSD Symp- tome, die mit dem IES-R erhoben wurden, erreichten die Mobbingbetroffenen im Vergleich zu den Medizinstudenten, zu Eltern, deren Kinder in eine schwere Buskatastrophe verwickelt wa- ren und Personen, die ein Jahr nach einem Einsatz in einem Kriegsgebiet befragt worden sind, erhöhte Werte. Auch Hinsichtlich des Levels der psychischen Beeinträchtigung durch Stress

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