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1.2 Erarbeitung der Fragestellungen

1.2.3 Resilienz, Mobbing am Arbeitsplatz und Gesundheit

Aufgrund der erheblichen Folgen von Mobbing am Arbeitsplatz für die betroffenen Personen und auch aufgrund der dadurch entstehenden (volks-)wirtschaftlichen Konsequenzen, liegt die Suche nach wirkungsvollen Präventions- und Interventionsmaßnahmen nahe. Ein Konstrukt, welches dabei helfen könnte, die Verknüpfungen zwischen Mobbingbetroffenheit und den ge-sundheitlichen Beeinträchtigungen betroffenen Personen einzuschränken, ist die Resilienz.

Ursprünglich stammt der Begriff Resilienz vom lateinischen Wort resilire ab, was so viel wie abprallen, zurückspringen bedeutet (Windle, 2011). Für das psychologische Konstrukt Resilienz liegen in der Literatur viele verschiedene Definitionen vor, denen oftmals ein ähnli-cher inhaltliähnli-cher Kern zugrunde liegt. Resiliente Personen bleiben demnach in stressreichen Situationen handlungskompetent, sie erholen sich nach einem Trauma gut, verarbeiten starke Belastungen und Schicksalsschläge besser als Andere und resiliente Kinder entwickeln sich trotz mehrerer äußerer Risikofaktoren gut (Werner, 1995; Rutter, 2013). Narayanan und Betts (2014) sehen Resilienz als Aufrechterhaltung positiver Adaption trotz Erfahrungen von Not und Unglück. Darüber hinaus verstehen sie Resilienz als dynamischen Prozess.

Holtmann und Schmidt (2004, S. 196) geben eine prägnante Definition zum Konzept der Resilienz, die die vorherigen Faktoren in komprimierter Form zusammenfasst: “Der Begriff Resilienz beschreibt einen dynamischen oder kompensatorischen Prozess positiver Anpassung angesichts bedeutender Belastungen.“ Die Autoren (Holtmann & Schmidt, 2004) ergänzen ihre

Definition weitergehend durch die Annahme, dass die Wirkung resilienter Schutzfaktoren kon-textabhängig und spezifisch ist.

Grundlegend für die Erforschung und Etablierung des Resilienz Konzepts war ein Per-spektivwechsel der Experten im Gebiet der psychischen Gesundheit in den 80er und 90er Jahren (Werner, 2005). Während zuvor vorwiegend ein retrospektiver Ansatz zur Entwicklung des Verständnis von andauernden Verhaltensstörungen und emotionalen Problemen das Mittel der Wahl war, mit Fokus auf den negativen Effekten von biographischen, biologischen und psy-chosozialen Risikofaktoren betroffener Individuen, wurde dann zunehmend auch dem Phäno-men Aufmerksamkeit geschenkt, dass nicht alle Kinder, die unter widrigen Umständen und Stressoren aufwuchsen, emotionale Probleme oder Verhaltensstörungen entwickelten (Werner, 2005). Viel zitiert ist diesbezüglich die Kauai Langzeitstudie, die eine der ersten und der weni-gen Studien war, in der die Teilnehmer/-innen von ihrer Geburt im Jahr 1955 an, bis ins mittlere Erwachsenenalter begleitet wurden (Werner, 2005). Die Ergebnisse der Langzeitstudie wurden von Werner (2005), der Initiatorin der Studie, zu einem späteren Zeitpunkt zusammengefasst.

Daten wurden zu Zeitpunkten erhoben, an denen die Teilnehmer/-innen 1, 2, 10, 18, 32 und 40 Jahre alt waren. Untersucht wurde der Einfluss von verschiedenen biologischen und psychoso-zialen Risikofaktoren sowie von protektiven Faktoren für die Entwicklung der Teilnehmer/-innen. Zwei Drittel der 210 Kinder, die bis zum Alter von zwei Jahren mit vier oder mehr Risi-kofaktoren, wie zum Beispiel Armut, Scheidung der Eltern, beständige Konflikte in der Familie oder prä- beziehungsweise. perinatale Komplikationen konfrontiert wurden, waren mit 10 Jah-ren von Lern- oder Verhaltensproblemen betroffen oder wurden bis zum 18. Lebensjahr krimi-nell und/oder entwickelten psychische Gesundheitsprobleme (Werner, 2005). Das übrige Drit-tel entwickelte sich jedoch zu kompetenten, zuversichtlichen und fürsorglichen Erwachsenen, die sich realistische Ausbildungs- und Berufsziele setzten, keine negativen Verhaltensauffäl-ligkeiten zeigten, gute sozialen Beziehungen führten und die Schule erfolgreich absolvierten.

Auch war weder jemand von ihnen im Alter von 40 Jahren arbeitslos noch hatte eine dieser Personen Probleme mit dem Gesetz. Darüber hinaus wurde bei ihnen eine signifikant niedrigere Scheidungs- und Todesrate beobachtet und chronische Krankheiten traten signifikant seltener auf. Auf Ausbildungs- und beruflicher Ebene erreichte dieses Drittel der Hoch-Risiko Kinder im Laufe ihres Lebens Dinge, die denen von Personen, die unter besseren sozioökonomischen Umständen aufwuchsen, glichen oder sie sogar überstiegen (Werner, 2005). Die Forscher iden-tifizierten bei diesem Drittel der Stichprobe protektive Faktoren, die sie drei verschiedenen

Be-reichen zuordneten: protektive Faktoren innerhalb des Individuums, protektive Faktoren inner-halb der Familie und protektive Faktoren innerinner-halb der Community und durch Beziehungen (Werner, 2005).

Als protektive Faktoren innerhalb des Individuums wurden im Kleinkindalter Charak-teristiken hinsichtlich des Temperaments identifiziert (Werner, 2005). Die Kinder wurden zum Beispiel als aktiv, liebevoll, freundlich, umgänglich, fröhlich, responsiv und gesellig beschrie-ben. Darüber hinaus konnten sie sich besser selbst helfen und auch ihre sprachlichen und mo-torischen Fähigkeiten waren besser entwickelt. Im Alter von 10 Jahren, hatten sie höher ausge-prägte Problemlösefähigkeiten, konnten besser lesen und waren zudem eher dazu bereit anderen zu helfen. Gegen Ende der Pubertät glaubten sie stärker an ihre Selbstwirksamkeit, hatten rea-listische Ausbildungs- und Berufsziele und ihre Erwartungen an die persönliche Zukunft waren höher (Werner, 2005). Der zweite Bereich protektiver Faktoren war die Familie. Resiliente Kinder zeigten hierbei verstärkt die Fähigkeit Beziehungen zu verschiedenen Personen in der Familie aufzubauen, wie zum Beispiel Großeltern, Geschwistern, Tanten und Onkeln. Diese waren emotional stabil, sie nahmen die Bedürfnisse der Kinder wahr und nahmen eine Art Er-satzelternrolle ein. Außerdem generierten manche Kinder durch die Religiosität innerhalb der Familie Stabilität und Sinnhaftigkeit (Werner, 2005). Als dritten Bereich werden die Commu-nity und positive Beziehungen, die die Kinder zu Personen in ihrem außerfamiliären Umfeld aufbauten, wie zum Beispiel bestimmte Lehrer, Nachbarn oder Peers, genannt. Werner (2005) schlussfolgert aus ihren Analysen, dass die protektiven Faktoren stärker sind als spezifische Risikofaktoren und negative Lebensereignisse und dass auch Menschen, die unter allgemein besseren Umständen aufgewachsen sind, von ihnen profitieren können.

Zusammengefasst identifizierte Werner (2005) also folgende protektiven Faktoren: Ak-tivität und Zielorientiertheit, Freundlichkeit, Umgänglichkeit, Geselligkeit, die Fähigkeit sich selber helfen zu können und somit gute Problemlösefähigkeiten und die Fähigkeit gute Bezie-hungen aufzubauen, zu guttuenden familiären oder auch außerfamiliären Personen, Selbstwirk-samkeit und Sinnhaftigkeit.

Demnach umfasst das Konstrukt Resilienz also verschiedene individuelle Eigenschaften und Fähigkeiten. Auch Kolodej, Reiter und Kallus (2013) identifizierten bei der Konstruktion des Inventars zur Erhebung resilienten Verhaltens im Arbeitskontext (REVERA) auf Basis der damals aktuellen Literatur verschiedene Subskalen der Resilienz, die mit den von Werner (2005) gefundenen Faktoren entweder übereinstimmen, oder sie teilweise auch noch ergänzen.

Die acht Subtests des REVERA lauten Sinnhaftigkeit, Soziale Unterstützung, Optimismus, Vita-lität, Handlungskompetenz, Verantwortung, Soziale Kompetenz und Zukunftsorientierung (Ko-lodej et al., 2013).

Holtmann und Schmidt (2004) diskutieren, dass bei gering ausgeprägter Resilienz der Einfluss von Risikofaktoren stärker zum Tragen kommt, während gegenwärtige protektive Fak-toren die Wirkung der RisikofakFak-toren mildern oder sogar zur Gänze beseitigen können. Ähnlich sieht dies auch Wustmann Seiler (2012) der in Bezug auf die Entwicklung von Kindern neben Faktoren, wie zum Beispiel einem unharmonischen Familienumfeld oder getrennten bezie-hungsweise geschiedenen Eltern, auch Mobbingbetroffenheit als Risikofaktor benennt.

Diese theoretischen Überlegungen werden an anderer Stelle in der Literatur durch kon-krete Datenerhebungen gestützt. Sapouna und Wolke (2013) führten in Schottland eine Lang-zeitstudie durch, in der sie Daten von 3136 Jugendlichen analysierten. Die Daten wurden zu drei Messzeitpunkten erhoben. Die Jugendlichen waren zum ersten Messezeitpunkt 12, zum zweiten Messzeitpunkt 13 und zum dritten Messzeitpunkt 14 Jahre alt. Anhand von Selbstein-schätzungsitems wurde Mobbingbetroffenheit im Alter von 13 und 14 Jahren sowie Depression und kriminelles bzw. unsozial-aggressives Verhalten1 im Alter von 14 Jahren erhoben. Zudem wurden zum ersten Messzeitpunkt, also als die Jugendlichen 12 Jahre alt waren, per Selbstein-schätzungsitems/-fragebögen soziale Entfremdung, Selbstwert, elterliche Konflikte und zum zweiten Messzeitpunkt Schikanierung durch die eigenen Geschwister erhoben. Darüber hinaus wurde zum ersten Messzeitpunkt die Anzahl enger Freunde anhand einer einzelnen Frage er-fasst.

Den Ergebnissen der Studie nach (Sapouna und Wolke, 2013) stand Mobbingbetroffen-heit im Alter von 13 Jahren in positivem Zusammenhang mit Depression (r = .28, p < .01) und kriminellen Verhalten (r = .07, p = .01) im Alter von 14 Jahren. Im Zuge ihrer weiteren Analy-sen, die sie zum Teil auf einer Methodik von Bowes, Maughan, Caspi, Moffitt und Arseneault (2010) aufbauten, machten die Autoren durch eine hierarchische Regression Faktoren aus, die geringere Depressionswerte - bzw. geringeres kriminelles Verhalten als zuvor erwartet im Alter von 14 Jahren, bei Mobbingbetroffenheit im Alter von 13 und 14 Jahren, vorhersagten. Bei dieser Methode wurden die Residuen der Depressions- und Kriminalitätswerte umcodiert, so dass positive Werte Personen mit geringeren Werten als erwartet für Depression und kriminel-les Verhalten anzeigten. Diese Werte sahen die Autoren dann unter Verweis auf Bowes et al.

(2010) als Werte für emotionale bzw. behaviorale Resilienz an.

1 Die Variable kriminelles bzw. unsozial-aggressives Verhalten wird im weiteren Verlauf zur flüssigeren

Lesbar-keit nur noch als kriminelles Verhalten bezeichnet.

Im ersten Schritt der hierarchischen Regression wurde in Bezug auf emotionale Resili-enz (im Sinne von geringer als erwartet ausgefallenen Werten von Depression) das männliche Geschlecht (β = .21, p < .001), ein hoher Selbstwert (β = .17, p < .001) ein geringes Gefühl der sozialen Entfremdung (β = −.08, p < .001) als Prädiktoren identifiziert. Im zweiten Schritt konnte zudem ein niedriges Niveau an elterlichen Konflikten (β = .13, p < .001) als weiterer Prädiktor ausgemacht werden. Insgesamt konnte das Modell 12% der Varianz für emotionale Resilienz aufklären. Die Prädiktoren geringes Gefühl der sozialen Entfremdung und geringes Niveau an familiären Konflikten wurden in ähnlicher Form auch von Werner (2005) als Fakto-ren für Resilienz benannt (Geselligkeit und die Fähigkeit gute Beziehungen aufzubauen zu Fa-milienmitgliedern und außerfamiliären Personen). Als Prädiktoren für das Kriterium behavio-rale Resilienz (im Sinne von geringer als erwartet ausgefallenen Werten für kriminelles Ver-halten s.o.) bei Mobbingbetroffenheit im Alter von 13 und 14 Jahren identifizierten die Autoren im ersten Schritt das weibliche Geschlecht (angegeben war hier allerdings nur der Wert für das männliche Geschlecht: β = −.14, p < .001) und Selbstwert (β = .08, p < .001). Im zweiten Schritt wurden zudem geringe elterliche Konflikte (β = .28, p < .001) geringe Werte für Schikanierung durch die eigenen Geschwister (β = .05, p < .05) aber auch die Anzahl von engen Freunden (β

= −.11, p < .001) als Prädiktoren ausgemacht. Auch hier konnte das Modell insgesamt 12% der Varianz aufklären. Wie zuvor schon erwähnt erinnert der Prädiktor geringe elterliche Konflikte aber auch der Prädiktor geringe Schikanierung durch die eigenen Geschwister an Faktoren, die von Werner (2005) als grundlegend für die Bildung individueller Resilienz gegenüber widrigen äußeren Umständen angesehen werden.

Als kritisch betrachtet werden kann die Begebenheit, dass Sapouna und Wolke (2013) zur Erfassung der Resilienz kein konkretes Fragebogeninstrument verwendet haben. Aufgrund der Ähnlichkeit zwischen den von den Autoren erhobenen Prädiktoren und den von Werner (2005) identifizierten Faktoren für Resilienz, erscheinen die Ergebnisse dennoch als ein Indiz für die schützenden Eigenschaften von Resilienz gegenüber den Zusammenhängen zwischen Mobbingbetroffenheit und einer beeinträchtigten Gesundheit.

Auch Bowes et al (2010), auf die sich Sapouna und Wolke (2013) beziehen, beobachte-ten in ihrer Langzeitstudie, dass Kinder, die im Alter von 10 Jahren von Mobbing betroffen waren, und bei denen familiäre Faktoren stärker ausgeprägt waren, wie z.B. mütterliche Wärme und hohe positive Atmosphäre im Elternhaus, die nach Werner (2005) als resiliente Faktoren gelten, im Verlauf der nächsten zwei Jahre weniger emotionale (im Sinne von Angst und De-pression) und behaviorale (im Sinne von kriminellen bzw. aggressiven Verhalten) Probleme aufwiesen als Kinder, bei denen die familiären Faktoren weniger stark ausgeprägt waren.

Die Zusammenhänge zwischen Mobbing und Stress und Stress und Gesundheit wurden oben schon benannt. Auch zu Zusammenhängen zwischen Resilienz und Stress sowie Resilienz und Gesundheit finden sich in der Literatur Hinweise.

Ong, Bergeman, Bisconti und Wallace (2006) untersuchten in ihrer Studie Zusammen-hänge zwischen Resilienz, Stress und negativen Emotionen. Die Autoren konnten 27 Personen im Alter von 62 – 80 Jahren (M = 72.09, SD = 5.29) für die Teilnahme an ihrer Studie gewinnen, bei der in einem Zeitraum von 45 Tagen täglich Daten von den Teilnehmern/-innen erfasst wurden. Vor dem Beginn der täglichen Datenerfassung, füllten die Teilnehmer/-innen einen Fragebogen zur Resilienz aus. Die tägliche Datenerfassung erfolgte anhand von Tagebüchern, die den Teilnehmern/-innen alle zwei Wochen zugeschickt wurden. Sie umfassten Fragebögen für 14 Tage. Die Fragebögen beinhalteten Items zu positiven und negativen Emotionen und Items zu den stressvollsten Ereignissen des Tages. Die Teilnehmer/-innen wurden angewiesen, die Antwortbögen in den Tagebüchern immer abends auszufüllen. Am Ende einer jeden zwei-wöchigen Periode wurden die Tagebücher von den Teilnehmern/-innen zurückgeschickt. Im Durchschnitt füllten die Teilnehmer/-innen die Bögen an 37 Tagen aus (SD = 3.6). Die Ergeb-nisse ihrer Analysen zeigten unter anderem, dass Resilienz die Beziehung zwischen täglichem Stress und negativer Emotion moderierte (

γ

11 = -.293, t(925) = -4.68, p <.01). Genauer gesagt, ging mit einer Steigerung der Resilienz um eine Einheit eine Verringerung der Steigung des Zusammenhangs zwischen täglichem Stressempfinden und negativer Emotion um .29 Einhei-ten einher. Eine erhöhte Resilienz ging bei erhöhtem Stressaufkommen also mit weniger stark ausgeprägten negativen Emotionen einher.

Wie bereits erwähnt, bieten die Analysen zur Kauai Studie Hinweise darauf, dass wid-rige Lebensumstände in der kindlichen Entwicklung sich bei resilienteren Personen weniger stark auf die psychische Gesundheit und die Ausprägung von chronischen Krankheiten auswir-ken als bei weniger resilienten Personen (Werner, 2005). Aber auch weitere Studien beobach-teten eine positive Verknüpfung zwischen Resilienz und Gesundheit. Haddadi und Besharat (2010) konnten bei College Studenten/-innen einen positiven Zusammenhang zwischen Resili-enz und psychischer Gesundheit und einen negativen Zusammenhang zwischen der Resilien-zausprägung und negativ empfundenen Stress, sowie Depression und Angst feststellen.

Steinhardt und Dolbier (2008) kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Sie verglichen College-studenten/-innen mit hoher und geringer Resilienzasuprägung. Die resilienteren Studenten hat-ten hierbei niedrigere Werte hinsichtlich der Wahrnehmung von Stress, depressiver Symptome und negativer Affektivität.

Als protektiver Faktor gegenüber Mobbingbetroffenheit und dessen Verknüpfung zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wird Resilienz jedoch letztendlich erst wirklich interes-sant, wenn davon auszugehen ist, dass Resilienz bzw. die Facetten von Resilienz auch lernbar sind. Darüber wird in der Literatur diskutiert. Werner (2005) meint, dass Verfahren zur Förde-rung der Resilienz zunächst einer unabhängigen Evaluation hinsichtlich ihrer Effektivität un-terzogen werden müssen, da sie davon ausgeht, dass bei Risikokindern auch der Lernerfolg solcher Programme unterschiedlich ausfallen wird.

Steinhardt und Dolbier (2008) hatten bei ihrer Erhebung die Absicht, die Effektivität einer Intervention zur Erhöhung von individueller Resilienz zu evaluieren. An der Erhebung nahmen 57 Studenten teil. Von ihnen waren 82 % Frauen und das Alter der Teilnehmer lag zwischen 18 und 53 Jahren, bei einem Median von 21 Jahren. Die Studenten wurden nach Zu-fallsverfahren zwei Gruppen zugeordnet, die die Autoren als Experimental- (n = 30) und War-telisten Kontrollgruppe (n = 27) bezeichneten. Die Teilnehmer/-innen der Experimentalgruppe füllten einen Präinterventionsfragebogen aus, nahmen während der finalen Wochen der Kurse des Semesters an wöchentlichen Interventionen teil (vier Interventionen insgesamt, mit einer Dauer von jeweils ca. zwei Stunden) und füllten eine Woche nach der letzten Semesterwoche einen Postinterventionsfragebogen aus. Die Wartelistenkontrollgruppe füllte an denselben Ta-gen wie die andere Gruppe den Prä- und PostinterventionsboTa-gen aus. Die FrageböTa-gen wurden in einem ruhigen Klassenraum ausgefüllt und die Teilnehmer/-innen benötigten ca. 30 Minuten um die Bögen auszufüllen. Die vier Resilienzinterventionen à jeweils zwei Stunden behandel-ten jeweils ein übergeordnetes Thema: Transformation von Stress in Resilienz, Verantwortung übernehmen, Fokussierung auf ermächtigende Interpretationen und Kreation von Bedeutungs-vollen Beziehungen. In den jeweiligen Sitzungen wurden zum Beispiel Modelle zu den jewei-ligen Themen und Konstrukten vorgestellt, es wurden Coping Strategien vermittelt, auf Mög-lichkeiten hingewiesen, sich auf die Dinge zu fokussieren, die im eigenen Einflussbereich lie-gen und der Wert von Beziehunlie-gen zu guten Freunden sowie deren Einfluss auf Denken, Ver-halten und Gesundheit wurde erläutert. Die Prä- und Postinterventionsbögen enthielten Frage-bögen zu Resilienz (zwei verschiedene), zu Coping Strategien, zu protektiven Ressourcen und zu verschiedenen Symptomen (z.B. depressive Symptome, negative Emotionen, Stress und Krankheitssymptome). Um die Wirksamkeit der Intervention zu testen, wurden 2 x 2 MANO-VAs mit Messwiederholung berechnet, die den between-subjects Faktor der Gruppe (Experi-mental vs. Warteliste), den within-subject Faktor der Zeit (Präintervention vs. Postintervention) und die Gruppe x Zeit Interaktion umfassten. Als am wichtigsten beurteilten die Autoren die

Analyse der Interaktion, da diese Auskunft darüber gibt, inwiefern sich die beiden Gruppen nach der Intervention in Bezug auf die abhängigen Variablen voneinander unterscheiden.

Die Analysen bzgl. der beiden abhängigen Variable zur Resilienz ergaben einen signi-fikanten Haupteffekt für die unabhängige Variable Messzeitpunkt (F[2, 54] = 5.78, p < .01), einen nicht signifikanten Haupteffekt für die unabhängige Variable der Gruppenzugehörigkeit (F[2, 54] = .36, p = .70) und eine signifikante Gruppe x Zeit Interaktion (F[2, 54] = 7.13, p <

.01).

Steinhardt und Dolbier (2008) berechneten im Anschluss univariate Varianzanalysen mit Messwiederholung, für jeden signifikanten Gruppe x Zeit Effekt, um die Interaktion für jede abhängige Variable einzeln zu überprüfen. Die Ergebnisse zeigten, dass der Gruppe x Zeit Effekt bei beiden Fragebögen zur Erfassung von Resilienz signifikant ausfiel (F[1, 55] = 10.55, p < .01; F[1, 55] = 10.07, p < .01). Die Experimentalgruppe hatte hinsichtlich beider Resilienz- fragebögen signifikant höhere Werte zum zweiten Messezeitpunkt (m = 61.43, s = 6.05; m = 75.30, s = 8.38), also nach der Intervention, als die Wartelisten Kontrollgruppe (m = 57.27, s = 8.65; m = 70.59, s = 11.70), die an keiner Intervention teilgenommen hatte.

Auch in Hinblick auf die abhängigen Variablen zu den verschiedenen negativen Beein-trächtigungen ergab sich bei der Berechnung der 2 x 2 MANOVA eine signifikante Interaktion Gruppe x Zeit (F[4, 52] = 2.63, p < .05). Die univariaten Nachfolgeanalysen ergaben signifi-kante Gruppe x Zeit Effekte für depressive Symptome (F[1, 55] = 9.31,p < .01), negative Emo-tionen (F[1, 55] = 7.62, p < .01) und vor allem auch wahrgenommenen Stress (F[1, 55] = 5.89, p < .05). Die Experimentalgruppe hatte hier also niedrigere Werte hinsichtlich der depressiven Symptome (m = 12.33, s = 6.37), des Stressempfindens (m = 4.83, s = 2.50) und der negativen Emotionen (m = 42.43, s = 11.00) als die Wartelisten Kontrollgruppe (m =17.52, s = 10.45; m

= 6.52, s = 3.89; m = 49.22, s = 18.89). Die Autoren schlussfolgerten demnach, dass die Resi-lienzintervention bei den Teilnehmern der Experimentalgruppe im Vergleich zur Wartelisten-kontrollgruppe zu einer höheren Resilienz führte sowie geringere Werte bezüglich Depression, negativer Gefühle und empfundenen Stresses nach sich zog.

Ein weiteres positives Beispiel für ein Training zur Resilienzförderung ist das Penn Resiliency Program (PRP), dass unter anderem auch in der U.S. Army in angepasster Form als Trainingsprogramm für Soldaten zum Einsatz kam (Reivich, Seligman, McBride, 2011). Die Trainingsinhalte des Programms, das ursprünglich für Schüler in spätem Kindesalter konzipiert wurde, umfassen die Bereiche Optimismus, Problemlösen, Selbstwirksamkeit, Selbstregula-tion, emotionales Bewusstsein, Flexibilität, Empathie und starke Beziehungen (Reivich, Selig-man, McBride, 2011).

Brunwasser, Gillham und Kim (2009) führten zur umfassenden Evaluation der Wirk-samkeit des PRP in Bezug auf depressive Symptome eine Meta-Analyse durch. Sie verwende-ten hierbei Artikel, die zwischen 1990 und 2009 erschienen sind. Die Kriterien für die Auf-nahme der jeweiligen Studien in die Analyse waren, dass in diesen das PRP mit einer Kontroll-bedingung verglichen wurde, dass in den Studien der Effekt des PRP’s auf depressive Symp-tome erhoben wurde und dass die Datenerhebung in den Studien schon vor der PRP-Interven-tion begann und eine oder mehrere PostintervenPRP-Interven-tions-Datenerhebungen angegeben waren.

Letztendlich wurden 17 verschieden Studien, in denen das PRP jeweils evaluiert wurde in die Meta-Analyse aufgenommen (N = 2498). Die Teilnehmer/-innen der einzelnen Studien waren zwischen 8 und 18 Jahre alt. Aus den Ergebnissen der Meta-Analyse schlussfolgern die Auto-ren, dass Jugendliche, die am PRP teilnahmen bis zu 12 Monate nach der Intervention im Ver-gleich zu Jugendlichen, die nicht an dem Programm teilnahmen, geringere Level an depressiven Symptomen berichteten, auch wenn die Autoren (Brunwasser et al., 2009) die durchschnittli-chen Effekte als eher klein einstufen.