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Bei Gefässproblemen auch pflanzlichePräparate berücksichtigen

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ARS MEDICI 7 2008 T A G U N G S B E R I C H T

H A L I D B A S

Mikro- und makroangiopathische, zu- nächst funktionelle, später auch struktu- rell bedingte Beeinträchtigungen sind eine entscheidende Basis für die vielfäl- tigen und schwerwiegenden Komplika- tionen des Diabetes mellitus. «Auf die Entstehung und die Progression dieser Veränderungen üben zahlreiche Faktoren wesentliche Einflüsse aus», sagte Profes - sor Reinhard Saller, Leiter des Instituts für Naturheilkunde am Universitätsspi - tal Zürich. Er erinnerte an Hyperglyk - ämie, gestörte Insulinsekretion und Hyper insulinämie, Insulinresis tenz, Ver- änderungen der Blutfette wie erhöhte

«small dense» Low-Density-Lipoproteine (LDL) und erniedrigte High-Density- Lipoproteine (HDL), Störungen der Endo - thelfunktion, Beeinträchtigung der NO- abhängigen Vasodilatation, ferner auch Störungen der kapillären Zirku lation

und einen erhöhten Sympathikotonus sowie eine verminderte Herz-Kreislauf- Variabilität. Auch Hyperkoagulabilität, oxidativer Stress, chronische entzündli- che Vorgänge in den Gefässwänden und der atherosklerotische Um bau sind hier zu erwähnen.

Für eine grosse Anzahl von pflanzlichen Drogen und Extrakten, so Saller, liess sich im Experiment zeigen, dass sie in solche Vorgänge eingreifen können. Dar-

aus lässt sich ableiten, dass diese Effekte potenziell auch therapeutisch genutzt werden können.

Allerdings ist die wissenschaftliche Situa - tion bei den Phytotherapeutika insofern anders, als sie nicht aus Monosubstan- zen oder einfachen im Labor hergestell- ten Wirkstoffkombinationen bestehen, sondern einen genuinen Vielstoffcharak- ter besitzen. Dies bedeutet aber gleich- zeitig, dass diese Vielstoffgemische ein

komplexes Wirkgefüge aufweisen und auf die Vielfalt der Abläufe im Rahmen einer gestörten Mikrozirkulation einwir- ken, also von Haus aus zahlreiche An- griffspunkte haben (multi target drugs).

Experimentell untersuchte Drogen und Extrakte stammen aus der europäischen, vor allem aber auch aus der chinesi- schen, japanischen und ayurvedischen Medizin, die oft Kombinationen mit fünf und mehr pflanzlichen Drogen oder Extrakten einsetzen. Aufgrund des um- fangreichen Wirkstoffgefüges der Phyto- therapeutika, so Saller, erscheint es als lohnenswert, auch solche erneut auf Wirkungen auf die Mikrozirkulation zu untersuchen, die bisher in ihrer Anwen- dung auf ganz andere Indikationen be- schränkt waren.

Schon heute sind für Grünteeblätter (Theae viridis foliae, aus der Pflanze Camelia sinensis) antioxidative, anti- thrombogene und antiinflammatorische Effekte sowie eine günstige Beeinflus-

sung der endothelialen Dysfunktion be- kannt, die bei koronarer Herzkrankheit sinnvoll sein können. Schwarz- und Olongtees sind hingegen weniger gut untersucht worden.

Auch für das Präparat Padma® 28 (bzw.

Padmed Circosan® auf der Spezialitäten- liste) aus der tibetischen Medizin liegen zahlreiche Untersuchungen vor, die den Einsatz bei atherosklerotischen Gefäss - prozessen stützen.

Bei Gefässproblemen auch pflanzliche Präparate berücksichtigen

Phytotherapie zur Prophylaxe und Behandlung von Störungen der Mikrozirkulation

Eine Vielzahl synthetischer Medikamente bewirbt sich heute um Ärzte und Patienten mit dem Versprechen, gegen athero - sklerotische Prozesse an sich oder gegen die Gefäss- und Or- gankomplikationen diabetischer Stoffwechselentgleisungen einen prophylaktischen oder therapeutischen Beitrag zu leis - ten. Ist da auch Platz für Phytotherapeutika?

Bericht von der 22. Schweizerischen Tagung für

Phytotherapie, 29. November 2007 in Baden (AG)

« Vielstoffgemische haben ein komplexes Wirkgefüge

und wirken auf eine Vielfalt der Abläufe bei gestörter

Mikrozirkulation ein. »

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Als Beispiel einer Arzneidroge, die über ihr etabliertes Indikationsgebiet hinaus eingesetzt werden kann, nannte Profes- sor Saller dann Hypericum perforatum.

Johanniskrautextrakte können nämlich als Adjuvans im Bereich des metabo - lischen Syndroms Verwendung finden.

Ihre Interaktionen sind bekannt, ebenso aber dank ihrer stimmungsaufhellenden Wirkung auch ihr günstiger Einfluss auf das psychosoziales Umfeld und den Lebensstil. Schon ein bis zwei Tassen Johanniskrauttee, die noch keine anti - depressive Wirkung entfalten, wirken beim metabolischen Syndrom dem erhöh- ten Sympathikotonus entgegen, haben einen günstigen Einfluss auf Mikrozirku- lationsstörungen und endotheliale Dys- funktion, vermindern die Beeinträchti- gung der NO-abhängigen Vasodilatation und bessern die gestörte Gefässper - meabilität. Untersuchungsergebnisse zur Lipid- oder Blutdrucksenkung lieferten hingegen inkonsistente Ergebnisse.

Phytotherapeutika, so Professor Saller, wir- ken multimodal, sie haben damit einen systemischen Charakter, der in einem Ge - gensatz steht zur oft indikationsbezoge- nen Anwendung und einem im Fall dia- betischer Stoffwechsel- und Gefässverän- derungen viel zu «glukozentrischen» auf Blutzucker und HbA1c fixierten Ansatz.

Patienten selbst hin gegen operieren sehr oft mit einem sys temischen Ansatz, wenn sie – mangels ärztlicher Empfehlung und Beratung aus eigenem Antrieb – pflanzli- che Heilmittel nach ihren eigenen Vorstel- lungen und Überzeugungen einsetzen.

«Für den Arzt werden Phytotherapeutika nicht die alleinige oder ausschliessliche Behandlung von Erkrankungen wie Dia- betes mellitus bilden, sondern angemes- sen in vielschichtige Behandlungen, aber auch Präventionsansätze aufge- nommen», schloss Professor Saller.

Mit Ginkgo gegen frühe Gefässverän- derungen

Ein konkretes Beispiel eines Phytothera- peutikums, das bei peripheren und zen- tralen Durchblutungsstörungen einge- setzt werden kann, besprach Professor Günter Siegel vom Institut für Physiolo- gie der Charité in Berlin: den Ginkgo- biloba-Extrakt EGb 761 (Tebokan®).

Aus Studien am Menschen ist eine ganze Reihe hämorheologischer Effekte unter EGb 761 bekannt:

Abnahme der Blutviskosität

■Zunahme der Erythrozytendefor- mierbarkeit

■Zunahme des retinalen, kapillären Blutflusses

■Senkung der Fibrinogenkonzentra- tion.

Aus experimentellen Untersuchungen er - gab sich ferner:

■eine Steigerung der Cochleadurch- blutung

■eine Hemmung der LDL-Oxidation

■eine endotheliale Zellprotektion gegen freie Sauerstoffradikale.

Professor Siegel selbst konnte an einem experimentellen Modell, der «Nano - plaque»-Bildung, sehr frühe Stadien des atherosklerotischen Prozesses mit einer ellipsometrischen Technik direkt beob- achten. Bei der Nanoplaque handelt es sich um einen Dreierkomplex aus dem isolierten endothelialen Lipoprotein - rezeptor (einem Proteoglykan), LDL und Kalzium. Dieser ternäre Aggregations- komplex kann von Makrophagen auf - genommen werden, was auch den pro- inflammatorischen Aspekt früher athero sklerotischer Veränderungen be- gründet. Bei acht kardiovaskulären Hochrisikopatienten, die über zwei Monate zusätzlich zur konventionellen Standardtherapie mit Acetylsalicylsäure (ASS), Betablocker und ACE-Hemmer täglich zweimal 120 mg des Ginkgo- biloba-Extrakts EGb 761 erhalten hatten, liess sich eine Reduktion der Nano - plaquebildung um 12 Prozent, der Nano - plaquegrösse um 24 Prozent, eine sehr deutliche Erhöhung der gefässerweitern- den Substanz cAMP und cGMP, ferner eine Verminderung des Quotienten zwi- schen oxidiertem und nicht oxidiertem LDL sowie auch eine Abnahme von Li- poprotein(a) um 23 Prozent beobachten.

«Ginkgo ist einer der besten Radikalen- fänger», sagte Professor Siegel, und dies erklärt, weshalb die Oxidation von LDL stark eingedämmt wird.

Diese experimentellen Ergebnisse stüt- zen den Einsatz von Ginkgoextrakt in der Prophylaxe und Therapie von mikro-

und makroangiopathischen Veränderun- gen. Besondere Vorteile sind die im Ver- gleich zu Statinen anderen Wirkungs - mechanismen und das praktische Fehlen von Nebenwirkungen. Auf eine Diskus- sionsfrage zur Kombination von Ginkgo mit anderen Therapeutika erwähnte Pro- fessor Siegel, dass diejenige mit Statinen durchaus möglich sei, während diejenige mit Marcoumar noch nicht ausdiskutiert sei und die gleichzeitige Verabreichung von ASS kein Problem darstelle.

Phytotherapie bei PAVK

Die chronische periphere arterielle Ver- schlusskrankheit (PAVK) ist in zwei Drit- teln der Fälle asymptomatisch, erinnerte Dr. med. Ernst Groechenig, Chefarzt An- giologie am Kantonsspital Aarau, und nur ein Drittel weist eine Claudiacatio intermittens auf. Die PAVK ist nie ein nur lokalisiertes Geschehen, sondern immer Ausdruck einer generalisierten Athero - sklerose: «Der Herzinfarkt beginnt am Bein.» Etwa 70 Prozent der Claudicatio- Patienten zeigen eine Kombination der peripheren arteriellen Verschlusskrank- heit mit einer koronaren Herzkrankheit und/oder einer zerebralen Verschluss- krankheit. Auch Aneurysmen treten ge- häuft auf. Deshalb empfehlen die Angio- logen bei PAVK generell ein Staging der Atherosklerose.

Diagnostisch sind Inspektion, Pulspalpa- tion und Auskultation erste Schritte, da- nach folgt die Bestimmung des ABI (Ankle-Brachial-Index). Ein ABI < 0,9 spricht für eine PAVK und für ein hohes kardiovaskuläres Risiko. Bei stark ver- kalkten Gefässen kann der ABI aber auch irreführend normal ausfallen; dies ist bei Diabetikern häufig der Fall, wie Groechenig erwähnte. Die morpholo - gische Diagnose erfolgt mit der Duplex- sonografie, die auch die Therapiepla- nung erlaubt.

Die Therapie richtet sich einerseits nach dem Schweregrad der PAVK (Stadienein- teilung in der Tabelle), andererseits nach dem morphologischen Befund. Eine

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« Ginkgo ist einer der

besten Radikalenfänger »

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ARS MEDICI 7 2008 konservative Basistherapie bildet in allen PAVK-Stadien die Grundlage. Sie umfasst Thrombozytenaggregations- hemmer (ASS oder Clopidogrel [Pla- vix®]), ein Statin und einen ACE-Hem- mer.

Für das Stadium I empfahl Ernst Groe- chenig ausserdem ein Atherosklerosesta- ging (Bein, Herz, Gehirn, viszeral) und ein aktives Risikofaktorenmanagement.

Im Stadium II sollte ergänzend ein Geh- training hinzukommen, und die Mög - lichkeiten der Revaskularisation mit tels perkutaner transluminaler Angio plastie (PTA) oder Gefässchirurgie sind auszu-

loten. Die PTA kann heute bis weit in die Peripherie durchgeführt werden, liefert proximal aber bessere Resultate. Irgend- wann kommt es auch zum Wiederver- schluss, der aber ohne Symptome ver- laufen kann. Die Patienten versterben an anderen Ursachen. Im Stadium III muss eine Revaskularisation so rasch wie mög- lich erfolgen, ausserdem besteht hier eine Indikation für den gefässerweiternden Prostaglandinabkömmling Iloprost (Ilo- medin®). Eine PAVK im Stadium IV ist immer ein angiologischer Notfall.

Gibt es auch eine Indikation für Phyto- therapeutika? Nach Einschätzung von

Ernst Groechenig liegen zum tibetani- schen Arzneimittel Padma 28 interes- sante Daten in Form einer 2006 veröf- fentlichten Metaanalyse vor. Diese konnte sich auf die Originaldaten aller, meist älterer Studien stützen. Für die Neuauswertung wurden randomisierte, plazebokontrollierte Studien bei jeweils mindestens 30 Patienten mit PAVK Sta- dium II berücksichtigt, in denen die schmerzfreie und/oder maximale Geh- strecke standardisiert mittels Laufband gemessen worden war. Nach einer Nach- beobachtungszeit von 16 Wochen ergab sich in den fünf berücksichtigten Studien mit 272 Patienten eine signifikante, auch klinisch bedeutsame Verlängerung der Gehstrecke um mehr als 100 Meter bei 18,2 Prozent unter Padma 28 gegen über 2,1 Prozent bei den Patienten der Plaze- bogruppe (p < 0,001). Das pflanzliche Arzneimittel war gut verträglich (selten [2,5%] Dyspepsie, in der Verumgruppe 1 Myokardinfarkt, in der Plazebogruppe 1

Zehenamputation wegen PAVK-Ver- schlechterung). Der Einsatz von Padma 28 kommt somit in Betracht, wenn eine Revaskularisation nicht indiziert ist, wie Ernst Groechenig sagte, zu Langzeitaus- wirkungen oder Einfluss auf die Pro- gnose liegen jedoch keine Studien vor.

Halid Bas Interessenkonflikte: keine

« Der Herzinfarkt beginnt am Bein. »

Die Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP) hat die För- derung und die Ausbildung der Phytotherapie in den Medizinalberufen zum Ziel. Die dreijährige Ausbildung endet im Phytotherapie-Zer tifikat SMGP, mit dem der Ausweis Phytotherapie der UNION (für Ärzte/ Ärztinnen) respektive der Fähigkeitsausweis FPH in Phytotherapie (für Apo theker/ApothekerInnen) beantragt werden kann. Details zur Aus- und Weiterbildung mit den Terminen und die entsprechenden Reglemente finden sich jederzeit aktuell auf www.smgp.ch.

Aus- und Weiterbildung in Phytotherapie

Stadium I klinische Beschwerdefreiheit bei nachgewiesenen atherosklerotischen Veränderungen bzw. Strömungshindernissen

Stadium II belastungsabhängige Schmerzen in poststenotischen Muskelgruppen, die reversibel sind

IIa: schmerzfreie Gehstrecke > 200 m IIb: schmerzfreie Gehstrecke < 200 m

IIc: Läsion ohne Nachweis einer kritischen Durchblutungssituation Stadium III Ruheschmerzen

Stadium IV Ruheschmerz mit Nekrosen oder Gangrän, hohe Durchblutung kritisch (poststenotischer Druck < 50 mmHg)

Tabelle:

Stadieneinteilung der PAVK nach Fontaine

(modifiziert n. Bolliger)

76. Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Innere Medizin (SGIM)

21. bis 23. Mai 2008, Beaulieu Lausanne Thema: Medizin und Gesellschaft

Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. med. Anne-Françoise Allaz, Universitätsspital Genf, 24, rue Micheli-du-Crest, 1211 Genf Kongresssprachen: französisch, deutsch, englisch

Organisation: Dr. Schlegel Healthworld AG, Sennweidstrasse 46, 6312 Steinhausen, Tel. 041-748 76 00, Fax 041-748 76 11 E-Mail: h.fuchs@schlegelhealth.ch, Internet: www.congress-info.ch/sgim2008

B E K A N N T M A C H U N G

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