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Archiv "Zur kardiovaskulären Protektion durch Aspirin (ASS)" (04.09.1992)

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(1)

Rudolf Gross

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DIE ÜBERSICHT

Zur kardiovaskulären Protektion

durch Aspirin (ASS)

Eine Analyse von bald 25 Jahren experimenteller Arbeiten und kli- nischer Studien mit dem Cyclo- oxygenase-Hemmer Aspirin (ASS) zeigt, daß (bei oraler Gabe eventuell schon praesystemisch) das vasokonstriktorisch und ag- gregationsfördemd wirksame Thromboxan (vorzugsweise aus den Blutplättchen) stark und irre- versibel, das vasodilatatorisch und aggregationshemmend wirk- same, vorzugsweise aus den Ge- fäßendothelien stammende Pro- stacyclin schwächer und reversi- bel gehemmt wird. Für diese Indi- kation reichen Tagesdosen um 50 mg oder weniger aus. Für ra- schen Wirkungseintritt sind initial 100 oder mehr mg angezeigt. Die optimale Tagesdosis und eine eventuell retardierte Freisetzung sind noch in der Diskussion — ebenso die Frage, ob es eine Do- sis gibt, die langfristig die Throm- boxansynthese hemmt, Prostacy- clin aber nicht beeinflußt. In der kardiovaskulären Protektion ent- fallen mit um oder unter 100 mg weitgehend die sonst bei etwa ei- nem Drittel der Behandelten auf tretenden Nebenwirkungen am Magen-Darm-Kanal. Dagegen läßt sich eine (klinisch meist be- deutungslose) vermehrte Blu- tungsbereitschaft mit keiner plätt- chenhemmenden Behandlung vermeiden. Zahlreiche Studien zeigen die günstige Wirkung in der Vorbeugung von Herzinfark- ten und Schlaganfällen. Thrombo- embolische Erkrankungen im ve- nösen

Bereich werden nicht

oder nicht so sicher beeinflußt.

Ehe Übersicht

1. Aktuelle Probleme

In den letzten Jahrzehnten sind nach der Entdeckung der vasopro- tektiven Wirkung der Acetylsalicyl- säure = ASS (Aspirin® und zahlrei- che andere Handelspräparate) hun- derte von experimentellen und klini- schen Arbeiten über dieses — bei den genannten und anderen Indika- tionen — wohl weltweit meist ge- brauchte Arzneimittel erschienen.

Noch in diesem Jahr (1992) er- scheint aus der Feder des Düsseldor- fer Pharmakologen Schrör (53) die (wohl erste?) umfassende Monogra- phie zur ASS*). Größere Übersichten findet man auch bei Reilly und Fitz- gerald (47) sowie bei Zichner und Weihrauch (67). Eine eigene Zusam- menfassung haben wir in dieser Zeit- schrift gegeben (mit Nachdrucken in der Deutschen sowie Schweizeri- schen Apothekerzeitung [16]). Kurze Darstellungen gerade auch der neue- ren kooperativen Studien enthalten der „Arzneimittelbrief" und die

„Arzneiverordnungen" (beide je- weils 2/1992). Die folgenden Hinwei- se befassen sich ausschließlich mit der kardio-vaso-protektiven Wir- kung der ASS und folgenden Fragen:

■Bei welchen Indikationen zeichnet sich nach dem jetzt vorlie- genden Stand in größeren Studien ein Nutzen ab?

■ Welches ist die optimale Ta- gesdosis?

Die vielen Studien über Prosta- glandine und ihre Beeinflussung durch ASS haben zu vermehrten An- strengungen in der Synthese anderer Hemmstoffe der Plättchenaggregati-

*) Für die freundliche Überlassung seines im Druck befindlichen Manuskripts bin ich Herrn Professor Schrör, Düsseldorf, zu besonderem Dank verpflichtet.

an geführt. So sind in dieser Rich- tung in den nächsten Jahren auch Neuentwicklungen zu erwarten. Bis heute beherrschen aber ASS-Präpa- rate das Feld. Über diese (allein oder in Kombination) liegen bisher die meisten randomisierten Untersu- chungen vor. Weitaus weniger Studi- en gibt es für Ticlopidin (zum Bei- spiel Tiklyd®) (53, 54), das vor allem die ADP-induzierte Plättchenaggre- gation hemmt. Verschiedene Auto- ren haben Dipyridamol in fixer Kom- bination mit zur Zeit 325 mg ASS (zum Beispiel Asasantin®) gegeben.

Ob damit additive oder überadditive Wirkungen zu erzielen sind, wird in unserer Kenntnis unterschiedlich be- urteilt (zum Beispiel 10, 47, 56).

2. Pharmakologische Grundlagen

Die Anwendung vom ASS im kardiovaskulären Bereich wird vor allem vom Antagonismus zwischen Thromboxan = TX-A2 und Prosta- zyklin = PG-1 2 bestimmt

Thromboxan wurde vor allem in den Blutplättchen nachgewiesen, kommt aber auch in den Gefäßendo- thelien vor (55), wohl in klinisch nicht bedeutsamen Mengen. Es wirkt vasokonstriktorisch und begünstigt die Agglomeration der Blutplätt- chen, besonders durch Katecholami- ne, vielleicht etwas schwächer durch Adenosindiphosphat (ADP). Kolla- gen ist nur in hohen Konzentratio- nen und partiell wirksam; die Thrombinwirkung auf Blutplättchen wird nicht beeinflußt (37, 47). In der

fehlenden Interaktion mit Thrombin

dürfte der Grund liegen, weshalb ASS bereits ablaufende Thrombosie- rungen kaum zu beeinflussen mag,

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sondern ihrer Prävention dient. Sei- ne Hauptwirkung entfaltet Throm- boxan in der sogenannten „zweiten Welle" mit Freisetzung der die Ag- gregation und Adhäsion der Plätt- chen autokatalytisch verstärkenden Wirkstoffe (6, 47). Mit seiner Insta- bilität und einer Halbwertzeit im Se- rum um 30 Sekunden (36) ist für Thromboxan mehr eine lokale Wir- kung nach der Art parakriner Wirk- stoffe anzunehmen. Verstärkt wer- den aber auch sklerotische Plaques, auf denen Plättchen nicht nur die ge- nannte Bildung eines Plättchen- thrombus initiieren, sondern auch die Ausdehnung der Läsion über den

„Platelet derived Growth Factor"

(PDGF) bewirken (8, 12, 47, 52, 56 und andere).

Demgegenüber wirkt das bio- chemisch ähnliche Prostacyclin (bio- logische Halbwertzeit um drei Minu- ten) vasodilatierend, zytoprotektiv, auf die Plättchenaggregation hem- mend (zum Beispiel 12, 33, 36, 65).

Beide Wirkstoffe stammen aus der vierfach ungesättigten Arachidon- säure und gehören zu den zuerst von der Gruppe um den Nobelpreis- trägern Vane (zum Beispiel 33, 34, 65) bearbeiteten Prostaglandinen.

Schlüsselenzym für ihre Bildung ist die Cyclooxygenase, mit der über la- bile Endoperoxyde und Rezeptor- und zellspezifische Synthetasen Thromboxan (in den Blutplättchen) und Prostacyclin (in den Gefäßendo- thelien) gebildet werden. ASS gilt als potenter Inhibitor der Cyclooxygena- se (6, 11, 36, 41, 47, 53 und andere).

Wichtig ist, daß die Prostacyclin- Synthese offenbar weniger empfind- lich ist als die des Thromboxans. Vor allem können die (kernhaltigen) Endothelien das geschädigte Enzym- protein wieder regenerieren, wäh- rend die kernlosen Plättchen — ein- mal durch ASS gehemmt — über ihre gesamte Lebensdauer von 8 bis 10 Ta- gen kein Thromboxan mehr produzie- ren können (7, 42, 47, 53, 65). Nach Absetzen der ASS dauert es durch- schnittlich 7 bis 10 Tage, bis der Thromboxangehalt, gemessen an sei- nem inaktiven und stabilen Metaboli- ten TX-B 2, wieder normal ist (47, 57).

Weksler und Mitarbeiter (64) fanden nach einmaliger Gabe von 40 — 80 — 325 mg ASS einen Tag vor

aortokoronarem Bypass die Synthese des Thromboxans um 78-95-99 Pro- zent vermindert, die des Prostacy- clins um 35-38-75 Prozent. Die ent- sprechenden Zahlen von Patrignani und anderen (39) betrugen für Thromboxan nach Einzeldosen von 20 — 40 —100 — 325 mg: 50 Prozent, 77 Prozent, 95 Prozent, 99 Prozent Synthese-Hemmung gegenüber ASS- freien Kontrollen. Zu ähnlichen Er- gebnissen führte nach Fitzgerald und Mitarbeitern (12) die intravenöse Gabe von 10 mg und 5 mg ASS.

Auf der Suche nach einer — wie sie es nennen — sich damit anbieten- den „biochemisch selektiven Aspi- rindosierung" gaben Reilly und Fitz- gerald (47) 20 Einzeldosen zu 1 mg in je 30 Minuten Abstand und fan- den damit einen relativ schnellen Abfall des Thromboxans ohne Stö- rung der Prostacyclin-Biosynthese.

Auch konnten Petersen und Fitzge- rald (43) zeigen, daß die Thrombo- xansynthese beeinträchtigt wird, be- vor ASS im allgemeinen Kreislauf nachweisbar wird. Mindestens ein Teil der Plättchenveränderungen durch ASS (Resorptionszeit der übli- chen nativen Tabletten zirka 30 Mi- nuten) dürfte somit präsystemisch erfolgen, obwohl auch Wirkungen auf Megakariozytenebene diskutiert werden (11, 47, 53).

Anhaltende Gaben von 20 mg ASS hemmen die Thromboxan- synthese zu 90 Prozent und mehr.

Doch führen langfristige Anwendun- gen auch zu einer (geringeren) Hem- mung der Prostacyclinsynthese (58).

Reilly und Fitzgerald (47) bezwei- feln, ob 20 mg auch für die (nur zum Teil Thromboxan-abhängige) Plätt- chenaktivierung in vivo ausreichen.

DiMinno (und andere) (7) zeigten, daß schon nach der Zugabe von 2,5 Prozent Plättchen ohne Vorbehand- lung in Mischplasmen eine normale Aggregation eintritt.

Nach der Gabe von 20 mg und 50 mg tritt der Abfall der TX-A 2-Me- taboliten erst nach 2 bis 4 Tagen ein (57, 58).

Die wichtigsten unerwünschten Wirkungen der bisher üblich ASS- Dosen von 500 bis 3000 mg betreffen vor allem den Magen-Darm-Kanal:

In einer größeren Sammelstatistik von May (30) hatten 22 bis 49 Pro-

zent subjektive Beschwerden (mit oder ohne Ulkus); bei 10 bis 25 Pro- zent mußte die Behandlung abgebro- chen werden. Nach den bisher ver- fügbaren Daten ist bei den genann- ten niedrigen Dosen von ASS kaum mit unerwünschten Wirkungen zu rechnen. Dagegen läßt sich eine ge- wisse Erhöhung der Blutungsbereit- schaft durch eine Thromboxan- wirksame Behandlung mit ASS nicht vermeiden, da ja die Bildung eines pri- mären oder eines Plättchenthrombus verhindert oder verzögert wird. Hier ist (ähnlich wie bei Heparin oder Cu- marinen) das Nutzen/Risiko-Verhält- nis individuell abzuwägen.

3. Zur Dosierung der ASS

Verfolgt man die klinische Lite- ratur, so kann man in der Entwick- lung für die kardiovaskuläre Protek- tion drei Gruppen unterscheiden:

• Hohe Tagesdosen von 600 bis 1500 mg, mit denen viele klini- sche Studien durchgeführt, diese Dosen aber jetzt verlassen wurden;

Q Mittlere Tagesdosen von 160 bis 320 mg, die in den neueren kon- trollierten Studien überwiegen;

• Niedrige Tagesdosen von 20 bis 100 mg, für die übereinstimmend alle erreichbaren experimentellen Ergebnisse sprechen.

Die Wahl wird bestimmt durch die verbundene Zeit- und Dosisab- hängigkeit. Sinzinger und andere (54, 57, 59) sind davon überzeugt, daß eine Tagesdosis von 20 mg die „Dosierung der Zukunft" sein wird. In diesem Zu- sammenhang sei betont, daß Hoff- mann und Förster (20) im Rahmen ih- rer Infarktstudien schon 1981/82 bei einem Teil ihrer Kranken auch mit 30 mg begannen und mit dieser Tagesdo- sis gute Erfahrungen machten. Umge- kehrt kamen Lee und Mitarbeiter (25) zu dem Ergebnis, daß nur Tagesdosen von 50 bis 70 mg die Plättchenaggrega- tion wirksam verhindern. 20, 30 oder 50 mg werden in Deutschland zur Zeit von den großen Herstellern nicht an- geboten (Ausnahme zum Beispiel Mi- niasal® = 30 mg). Man kann aber die 100-mg-Tablette (zum Beispiel Aspirin 100® oder ASS-ratiopharm 100®) brechen, wobei eine peinlich A1-2868 (52) Dt. Ärztebl. 89, Heft 36, 4. September 1992

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genaue Halbierung nicht wichtig ist.

Auch 100 mg jeden zweiten Tag (zum Beispiel bei 27) sind nach den bisher vorliegenden Daten weine Al- ternative.

Wenn es bei der speziellen Indi- kation (zum Beispiel allgemeine Ar- teriosklerose ohne Erscheinungen) auf raschen Wirkungseintritt nicht ankommt, empfehlen wir nach dem heutigen Stand eine Tagesdosis von 50 mg, mit der nach 2 bis 4 Tagen ei- ne weitgehende Hemmung des Plätt- chenthromboxans erreicht wird.

Langfristig dürften mit Standardprä- paraten die experimentell gut unter- suchten (42, 43, 44) 0,45 mg bezie- hungsweise 0,5 mg/kg Körperge- wicht, das heißt etwa 30 bis 40 mg täglich genügen. In den meines Wis- sens neuesten kontrollierten Studien

— der holländischen (8) und der schwedischen (52) — wurden als Ta- gesdosen 30 beziehungsweise 75 mg verwendet. Unterschiede zu rund 300 mg täglich ergaben sich hinsicht- lich der kardiovaskulären Protektion nicht, wohl aber eine deutliche Ab- nahme der unerwünschten Wirkun- gen im Magen-Darm-Bereich. Wal- lentin et al. (63) halten unter Beru- fung auf experimentelle Arbeiten ei- ne tägliche Dosis von 40 mg für die geringste wirksame, 50 bis 100 mg für die optimale Dosis (100 mg waren 1990 auch von uns empfohlen wor- den [16]). Die günstige Tagesdosis ist somit — bei allen noch bestehenden Kontroversen — auf Werte um 50 mg zusammengerückt.

Wenn — wie häufig — ein ra- scher Wirkungseintritt erwünscht ist, sollte man für ein oder zwei Tage 100 bis 200 mg geben und dann auf die niedrigere Dauerbehandlung über- gehen. Daß bei einer etwaigen Dop- pelbehandlung etwa mit Heparin (3a, 23, 28a), Cumarinen oder Fibri- nolytika die entsprechenden Labor- parameter wie partielle Thrombo- plastinzeit, Prothrombinzeit, Throm- binzeit, Blutungszeit, Plättchenzahl sorgfältig kontrolliert werden müs- sen, ist besonders auch nach den Warnungen von Quick (46) selbst- verständlich. Wer diese Möglichkeit nicht hat, sollte vorläufig auf eine

„Doppelbehandlung" mit Heparin verzichten. In der ISIS-3-Studie (23) erhielten über 20 000 Patienten

zweimal täglich 12 500 I.E. Kalzium- Heparin über sieben Tage subkutan, in der Risk-Group-Studie (63) am ersten Tag viermal 4000 I.E. intrave- nös, dann vier Tage lang jeweils drei Viertel dieser Dosen, also weniger als bei einer üblichen Heparin-Mo- notherapie.

Neuerdings haben Clarke und Mitarbeiter (5) nach einer Startdosis von 162 mg ASS über 28 Tage ein Präparat erprobt, aus dessen 75 mg stündlich 10 mg abgegeben wurden:

Am 27. Tag war der Bradykinin-in- duzierte Anstieg von Prostazyclin mit dem retardierten Präparat nicht vermindert, wohl aber durch 75 mg einer nativen ASS; dabei lag der Thromboxan-Metabolit TX-B 2 im gewünschten niedrigen Bereich.

Ähnliche Präparate dürften in ab- sehbarer Zeit auch in der Bundesre- publik Deutschland verfügbar sein.

4. ASS in der Primärprophylaxe

Die weitaus meisten Studien be- fassen sich mit der Sekundärprophy- laxe, das heißt mit Patienten, bei de- nen Vorgeschichte, Befunde, opera- tive Eingriffe usw. ein erhöhtes Risi- ko, vor allem kardiale oder zerebro- vaskuläre Komplikationen, erwarten ließen. Ob eine regelmäßige Einnah- me von ASS auch einen primären Schutz der Herz- und Hirngefäße be- deutet, verdient besonderes Interes- se. Retrospektiv wurden 473 Rheu- matiker, die mit den dabei üblichen höheren Dosen im Mittel über zehn Jahre behandelt worden waren, nachuntersucht. Sie hatten seltener Herzinfarkt, Pektangina, Hirnschlag, plötzlichen Tod; doch erreichte kein Kriterium die Signifikanzgrenze (26); nur ein Trend war erkennbar.

Prospektiv stehen sich eine ame- rikanische und eine britische Studie an Ärzten (die sogenannten „Ärzte- studien" [53]) gegenüber: In der amerikanischen Studie (60) mit 22 071 Teilnehmern, doppelblind, placebokontrolliert, nahmen die Verum-Probanden jeden zweiten Tag 325 mg ASS. Das Steering-Com- mittee fand eine hochsignifikante (p < 0,0001) Reduktion der Herzin- farkte (um rund 44 Prozent), eine

nichtsignifikante Zunahme der Schlaganfälle, besonders der hä- morrhagischen, keine Veränderung hinsichtlich aller kardiovaskulären Todesfälle. Gastrointestinale Sym- ptome (einschließlich Ulzera) waren im Vergleich zu Placebo nicht ein- deutig erhöht; wohl aber hatten Blu- tungen verschiedener Lokalisation zugenommen

An der britischen Studie (46) nahmen 5139 männliche Ärzte teil (Tagesdosis der ASS 500 mg). Das Ergebnis war eine etwas geringere, aber nicht signifikante Mortalität in der ASS-Gruppe, und in dieser über- wiegend durch andere Ursachen als Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

Trotz verschiedener Zahlen, Länder, Studien-Design, faßten die Hauptau- toren ihre Daten zusammen und ka- men (21) zu dem Ergebnis: Redukti- on nichttödlicher Herzinfarkte um rund ein Drittel, keine Abnahme der Herztodesfälle insgesamt; kein Ein- fluß auf die Zahl der Schlaganfälle, eher eine leichte Zunahme der zur Invalidität führenden Schlaganfälle.

Diese Angaben zur primären Prä- vention des Herzinfarktes sind auch von Manson (29) in eine neueste Übersicht übernommen worden.

Zu insgesamt negativen Ergeb- nissen kamen Paganini-Hill und Mit- arbeiter (38) mit einer Fragebogen- aktion an älteren Menschen (Median 73 Jahre), 8881 Frauen und 5106 Männern. Sie nahmen täglich oder unregelmäßig unterschiedliche Do- sen von ASS ein.

Zusammengefaßt ist somit eine günstige Wirkung der ASS in der pri- mären Prävention mit Ausnahme nichttödlicher Herzinfarkte nicht be- wiesen; man kann sie allenfalls durch Analogieschlüsse aus der Sekundär- prophylaxe annehmen. Vielleicht werden mit den experimentell ermit- telten niedrigeren Dosen von ASS bessere Resultate erreicht.

5. Klinik der kardiovaskulären Protektion

Die meisten der zahlreichen Ar- beiten betreffen die sekundäre Prä- vention bei erhöhtem Risiko. Unter Hinweis auf ausführliche Darstellun-

(4)

gen (1, 47, 53, 61, 67) können hier nur einige wichtige und neuere Ergebnis- se besprochen werden. Sie betreffen überwiegend Männer; genügend um- fangreiche Studien in der Sekundär- prophylaxe bei Frauen sind meines Wissens (mit Ausnahme von [38]) bis- her nicht getrennt mitgeteilt worden.

Da häufig kardiale und zere- brosvaskuläre Ereignisse gleichzeitig registiert wurden und auch oft ätiolo- gisch und pathogenetisch nicht von- einander zu trennen sind, sollen sie gemeinsam besprochen werden.

Die „Antiplatelet Trialists" (1) kamen 1968 auf 25 abgeschlossene multizentrische randomisierte Studi- en mit über 29 000 Patienten, von denen 3000 bei Studienabschluß ver- storben waren. Sie betrafen Schlag- anfälle, transitorische ischämische Attacken (TIA), Herzinfarkte, insta- bile Angina pectoris. Die ASS-Do- sen lagen um 300 mg/die. Gegenüber höheren Dosen von ASS, Sulfinpyra- zon (Anturano®) oder auch Zugabe von Dipyridamol ergab sich kein si- cherer Unterschied. Die „nichtvas- kuläre" Letalität wurde nicht verän- dert, die „vaskuläre" nahm um 15 ( ± 4) Prozent ab; bei den nichttödlichen Schlaganfällen und Herzinfarkten betrug der Unterschied zugunsten der ASS 30 ( ± 4) Prozent. (Die Zah- len in Klammern geben die Stan- dardabweichungen an).

In einer der größten internatio- nalen kooperativen Studien wurden bei „I[ISIS] 2" (22) randomisiert be- handelt oder placebokontrolliert über 17 000 Kranke aus 417 Kliniken mit der Diagnose oder dem Ver- dacht eines Herzinfarktes. Die Ver- um-Gruppe erhielt über eine Stunde hin 1,5 Millionen Einheiten Strepto- kinase (SK) und/oder 162 mg ASS mit magenschützendem Überzug über einen Monat hin; die Proban- den wurden nach fünf Wochen ver- glichen. Am günstigsten erwies sich die Kombination von SK mit ASS (Letalität rund 8 Prozent). Aber auch Streptokinase allein oder ASS allein senken die Letalität, und zwar auf 9,2 Prozent mit SK statt 12 Pro- zent mit Placebos beziehungsweise 9,4 Prozent mit ASS statt 11,8 Pro- zent mit Placebos signifikant. ASS verminderte die späteren nichttödli- chen Herzinfarkte und Schlaganfälle

um jeweils die Hälfte, ohne daß nach ASS eine Zunahme von Hirnblutun- gen beobachtet wurde. Die Auswer- ter aus Oxford fanden, daß ein frü- her Behandlungsbeginn (ein bis drei Stunden nach Beginn der Schmer- zen) die Letalität um rund die Hälf- te, 13 bis 24 Stunden nach Schmerz- beginn immerhin noch um rund ein Drittel senkte. Dies wurde neuer- dings in einer Metaanalyse von 32 Studien über neuerliche Gefäßver- schlüsse nach Thrombolyse (Strepto- kinase und rtPA gleichwertig!) be- stätigt: Um 12 Prozent Reokklusio- nen in der ASS-Gruppe (mit Hepa- rin), über 15 Prozent in den Kontrol- len (29).

Die im März 1992 erschienene I[ISIS]-3-Studie (23) mit 41 000 Pa- tienten aus 914 Kliniken verglich vor- zugsweise verschiedene neuere Thrombolytika, wiederum auf der Basis von 162 mg darmlöslicher ASS, und die Vorteile sowie Nachteile ei- ner Zugabe von Heparin; sie kann hier aus Platzgründen nicht im ein- zelnen besprochen werden. Hoff- mann und Foerster (20, 23) haben im Bezirk Cottbus der damaligen DDR in einer offenen, nicht randomisier- ten Serie die Wirkung von 1000, 60 und 30 mg ASS bei aufgetretenen Herzinfarkten in dem Bezirk vergli- chen. Sie kamen schon 1983 zu dem Ergebnis, daß 30 mg gegenüber 1000 mg die Gesamtletalität um 35 Pro- zent, die tödlichen Reinfarkte gegen- über der höheren ASS-Dosis um 69 Prozent minderte. Dazu liegt aus dieser Gruppe eine Re-Evaluierung der 30 mg, 4 bis 6 Jahre nach dem Ende der Untersuchung vor (die Re- habilitierten nahmen zu 82 Prozent die 30 mg ASS weiter). Die Todesfäl- le insgesamt waren in allen drei Do- sisgruppen nach diesem Zeitraum et- wa gleich; nichttödliche Reinfarkte waren in der 30-mg-Gruppe gegen- über 1000 mg um die Hälfte niedri- ger und machten bei den 50- bis 59jährigen sogar eine Reduktion von 8,6 Prozent auf 1,7 Prozent auf (p < 0,01).

Aus kleineren, aber neueren Un- tersuchungen erhielten in einer hol- ländischen Gruppe (62) randomi- siert, placebokontrolliert 50 Patien- ten mit Vorderwandinfarkten sofort und dann über drei Monate hin täg-

lich 100 mg ASS. Die Letalität (rund 20 Prozent in der ASS-Gruppe gegen rund 24 Prozent der 50 Kontrollen) sowie die aus der kumulativen LDH abgeleitete Infarktgröße ( — 10 Pro- zent) wurden nicht signifikant beein- flußt, wohl aber die Zahl der Rein- farkte (rund 4 Prozent mit ASS ge- genüber 18 Prozent in der Placebo- Gruppe).

Bei instabiler Angina pectoris (Neuauftreten oder Zunahme der Beschwerden innerhalb der letzten vier Wochen oder nichttransmurale Infarkte), kein Q im EKG, erhielten in der schwedischen „Risk-Group"- Studie (63) 796 Patienten täglich 75 mg ASS alternierend mit und ohne kleine Dosen von Heparin (Tag 1 : 5000 I.E.i.v., alle sechs Stunden, vier Tage lang drei Viertel dieser Dosen). Bei leichter Überlegenheit der kombinierten Behandlung, vor allem in den ersten zehn Tagen, war ASS über 90 Tage hin (mit oder oh- ne die sonst üblichen Zusatzbehand- lungen mit Beta-Blockern, Kalzium- antagonisten, Nitraten) signifikant günstiger. Altere gleichsinnige Lite- ratur findet man bei (4).

Für die stabile Angina pectoris fanden Ridker und Mitarbeiter (48) an einer Untergruppe der genannten amerikanischen Arztestudie bei zu- sammen 333 Männern mit einer Be- obachtung über sechs Jahre und ei- ner Tagesdosis von 325 mg ASS je- den zweiten Tag eine signifikante Minderung der Herzinfarkte, Schlag- anfälle oder kardiovaskulären To- desfälle (7/178 = rund 4 Prozent ge- genüber 20/155 = 13 Prozent). Die Ergebnisse bei chronischer stabiler Angina werden insgesamt aber nicht so eindeutig beurteilt wie bei instabi- ler.

Die Restenosierung nach per- kutaner koronarer Angioplastie (PTCA) schätzen W. McBride und Mitarbeiter (32) auf 25 bis 35 Pro- zent bei partiellem, auf 45 bis 55 Pro- zent bei vollständigem Gefäßver- schluß. Nach dieser Ubersicht hatten ASS, mit oder ohne Dipyridamol, Sulfinpyrazon, Dextran, Ticlopidin Cumarinderivate (Warfarin®) vor al- lem in zwei randomisierten Studien keine sichere Wirkung auf die Reste- nosierung. Einen günstigen Effekt fand diese Gruppe nur für Heparin.

A1-2872 (56) Dt. Ärztebl. 89, Heft 36, 4. September 1992

(5)

Umgekehrt kamen Roux und Mitar- beiter (49) 1992 in einer Sammelsta- tistik zwei Wochen nach erfolgrei- cher Thrombolyse auf 5 bis 45 Pro- zent Reokklusionen.

Bei 25 Prozent der 513 angiogra- phischen Nachuntersuchten ohne ASS kam es wieder zu einem Ver- schluß, aber nur bei 11 Prozent von 419 Patienten mit ASS-Behandlung.

Ischämische Erscheinungen traten in 41 Prozent der Kontrollgruppe, bei 25 Prozent der ASS-Gruppe auf (p jeweils < 0,001). Schanzenbächer und Mitarbeiter (51) fanden 64 von 79 Patienten nach sechs Monaten subjektiv und im Belastungs-EKG rezidivfrei; alle hatten vor dem Ein- griff 1000 mg ASS erhalten. Zwi- schen der weiteren Behandlung mit 1000 mg ASS und 100 mg täglich be- stand kein Unterschied.

Für ASS wurde meines Wissens nirgends eine günstige Wirkung auf Koronarspasmen angegeben, deren Bedeutung gerade in jüngster Zeit wieder betont wurde (35).

Schlaganfälle und leichtere Äquivalente (wie transitorische ischämische Attacken, Amaurosis fu- gax) werden zu 80 bis 85 Prozent durch thrombotische oder emboli- sche Gefäßverschlüsse, zu 15 bis 20 Prozent durch primäre Blutungen verursacht (Literatur zum Beispiel bei 53). Abgesehen von dem zur Zeit favorisierten Kalziumantagonisten Nimodipin (Nimotop®) (zum Bei- spiel in 19) liegt eine größere Anzahl von Untersuchungen mit ASS vor. In einer englischen, placebokontrollier- ten Studie erhielten 2435 Patienten mit TIAs oder leichteren Schlagan- fällen ASS in Tagesdosen von 1200 oder 300 mg (61). Die vorläufigen Resultate zeigten keine signifikant unterschiedlichen Ergebnisse in ein- zelnen Kriterien. Zusammen waren nichttödliche Herzinfarkte, nichttöd- liche größere Schlaganfälle, „vasku- lärer Tod", „nichtvaskulärer Tod" in den beiden ASS-Gruppen um 18 Prozent seltener (p = 0,01). Die ASS-Behandlung war in keinem Kri- terium schlechter; die gastrointesti- nalen Nebenerscheinungen vor al- lem der höheren ASS-Dosierungen wurden als beträchtlich angegeben.

In neueren Ergebnissen einer schwedischen Gruppe „SALT" (50)

erhielten die Probanden 75 mg ASS täglich, n = 676, gegenüber einer Placebo-Gruppe, n = 684. Begon- nen wurde ein bis vier Monate nach dem leichteren zerebralen Ereignis und im Mittel 32 Monate nachbeob- achtet. Schwere oder leichtere ischä- mische Reaktionen traten in dieser Zeit unter ASS um 18 Prozent selte- ner auf (p = 0,02).

Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine holländische Gruppe mit einer doppelblinden, randomisierten Un- tersuchung über 3100 Kranke mit TI- As (8). Nach diesen Ergebnissen re- duzierten 30 mg ASS täglich die vas- kulären Todesursachen, die nicht- tödlichen Schlaganfälle oder Herzin- farkte ebenso wirksam wie 283 mg ASS täglich. Durch 30 mg ASS wur- de das Risiko eines Rezidivs um 20 bis 25 Prozent gesenkt.

Bei häufig intermittierendem oder permanentem Vorhofflimmern steigt das Risiko einer Hirnembolie um das Mehrfache an (31), zu diffe- renzieren nach der Art der Grunder- krankung und in Abhängigkeit vom Alter (66). Nach den Ergebnissen der „Stroke Prevention Investiga- tors", doppelblind (31), wurden jähr- lich in einer Kontrollgruppe 6,3 Pro- zent primäre Hirnembolien beob- achtet, unter 325 mg ASS 3,5 Pro- zent (Reduktion um 42 Prozent), p

= 0,02, unter dem Cumarinderivat Warfarin® 2,3 Prozent gegenüber 7,4 Prozent der unbehandelten Kontrol- len (Reduktion um 67 Prozent), p = 0,01. Auch in anderen Literaturüber- sichten schneiden die Cumarinderi- vate bei rheumatischem und nicht- rheumatischem Vorhofflimmern bes- ser ab (zum Beispiel 14, 45). So dürfte bei Vorhofflimmern (vielleicht das durch KHK bedingte ausgenom- men) eine gut kontrollierte (1,3- bis 1,8fache Verlängerung der Pro- thrombinzeit) Cumarinprophylaxe den Vorzug verdienen. Die klassi- schen Antithrombotika (Standardhe- parin, niedermolekulares Heparin, Cumarine) sind in der Regel auch auf der venösen Seite des Kreislaufs mit seinen Abscheidungs- oder Gerinnungsthromben vorzuziehen.

Manche amerikanischen Chirurgen gaben, besonders bei Hüftgelenks- operationen, auch ASS; in Europa hat sich ASS zur Vorbeugung von

Venenthrombosen bisher nicht durchgesetzt, obwohl sie diskutiert wird (24).

6. Schlußfolgerungen

6.1.

Acetylsalicylsäure (ASS) hat sich in den meisten Indikationen kar- diovaskulärer Protektion weltweit bewährt. Dies gilt vor allem für den arteriellen Schenkel des Gefäßsy- stems, obwohl es — vor allem in den USA — bei ausgewählten Indikatio- nen wie der Hüftgelenkschirurgie — auch Ansätze gibt, auf der venösen Seite Cumarine durch ASS zu erset- zen.

6.2

Für die primäre Prävention bei anamnestisch und aktuell erschei- nungsfreien und nicht gefährdeten Probanden ist eine günstige Wirkung in Analogie zu den Gefährdungs- gruppen und unter der genannten niedrigen Dosierung zu erwarten.

Die bisherigen Ergebnisse sind noch kontrovers.

63

Die meisten und überzeugend- sten Arbeiten liegen aus der sekun- dären Prävention an Gefährdungs- gruppen vor, bei denen ASS tödliche oder nichttödliche vaskuläre Ereig- nisse im Bereich des Herzens um 30 bis 50 Prozent, im Bereich des Ge- hirns um 10 bis 20 Prozent senkt (grobe Mittel aus Kollektiven mit ganz verschiedenen Probandenzah- len, Art der Erkrankungen, studien- design, Ergebnissen usw.).

6.4.

Von den konservativen Maßnah- men erwiesen sich in der ISIS-Studie die Kombination von Streptokinase und ASS bei frischem Herzinfarkt als am wirksamsten. Doch hatten beide Behandlungen für sich allein noch Vorteile. Dabei sollte die Be- handlung so schnell wie möglich ein- geleitet werden (Streptokinaseinfusi- on nur unter Intensivüberwachung!).

Auch noch 13 bis 24 Stunden nach Schmerzbeginn werden die Überle- benschancen durch Gabe von ASS verbessert.

(6)

6.5.

Nach zerebralen Insulten sollte eine primäre Blutung (zum Beispiel hyperdense Zone im CT) möglichst ausgeschlossen werden. Bis dahin oder im Zweifelsfall schadet der Kal- ziumantagonist Nimodipin auch im Falle einer Blutung nicht.

6.6.

Für andere Plättchenhemmer oder für fixe Kombinationen liegen gegenüber ASS bisher nur Erfahrun- gen an kleineren Gruppen oder un- einheitliche Ergebnisse vor.

6.7.

Obwohl die großen randomisier- ten Studien anfänglich mit hohen ASS-Dosen durchgeführt wurden, sprechen alle experimentellen und die neueren klinischen Ergebnisse für eine niedrige Dosierung. Nach den bisher vorliegenden (zur Zeit di- vergierenden) Angaben sind langfri-

stig 30 bis 75 mg mit einem Optimum um 50 mg oder 0,45 bis 0,50 mg/kg Körpergewicht angezeigt. Auch 100 mg jeden zweiten Tag können gege- ben werden. Die Einleitung sollte für ein bis zwei Tage mit 100 bis 200 mg durchgeführt werden, bei Kombina- tion mit Heparin oder Thrombolyti- ka unter Laborkontrollen. In Zu- kunft dürfte es auch retardierte Prä- parate geben, die im Darm stündlich kleine Mengen ASS freisetzen.

6.8

Mit den genannten Dosierungen werden die sonst häufigen Magen- Darm-Störungen weitgehend ver- mieden. Da jede Art von Plättchen- hemmung mit der Bildung eines pri- mären oder Plättchenthrombus in- terferiert, läßt sich eine gewisse — nach den bisherigen Erfahrungen nicht gravierende — Erhöhung der Blutungsbereitschaft nicht vermei- den.

6.9.

Ob bei längerer Behandlung ei- ne „biochemische Selektivität", das heißt: eine weitgehende Hemmung der Thromboxansynthese bei nicht beeinträchtigter Prostacyclinproduk- tion, erreicht werden kann, erscheint zweifelhaft. Die günstigste Schaden-/

Nutzenrelation ist von den genann- ten niedrigen Dosierungen zu erwar- ten.

Dt. Ärztebl. 89 (1992) A 1 -2867-2876 [Heft 36]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Rudolf Gross

Auf dem Römerberg 40 W-5000 Köln 51

Diuretika und

Schenkelhalsfrakturen

Schenkelhalsfrakturen stellen bei alten Patienten ein zunehmendes Problem dar. Die jährliche Inzidenz bei Frauen wird mit 1 Prozent ange- geben, mit dem 90. Lebensjahr ha- ben bereits 33 Prozent aller Frauen und 17 Prozent aller Männer in den Vereinigten Staaten eine solche Ver- letzung durchgemacht.

Die Autoren analysierten die Hypothese, ob die Verwendung von Thiazid-Diuretika vor solchen Fak- toren schützt. Analysiert wurden die Daten von 462 geriatrischen Patien- ten, die mit einer alters- und ge- schlechtskorrelierten Kontrollpopu- lation verglichen wurden. Das Risi- ko, eine Schenkelhalsfraktur durch- zumachen, war unter den Patienten, die Thiazid einnahmen, um den Fak- tor 1,6 erhöht. Noch ausgeprägter war dieser Risikofaktor bei Patien- ten, die unter einer Furosemid-Dau- ermedikation standen. Hier war das

Risiko um den Faktor 3,9 er- höht. Die Hypothese, das unter Thi- azid-Diuretika die Kalziumausschei- dung im Urin vermindert und damit die Knochenentkalkung angehalten werden könnte, traf somit nicht zu.

w

Heidrich, F. E., A. S. Tergachis, K. M.

Gross: Diuretic Drug Use and the Risiko for Hip Fracture. Ann. Int. Med. 115: 1-6, 1991.

Group Health Cooperative of Puget Sound and the University of Washington, Seattle, WA 98112, USA.

Filterkaffee günstig bei Hypercholesterinäinie

Kaffeekonsum korreliert signifi- kant mit dem Cholesterinspiegel.

Zum Teil dürfte diese Korrelation durch diätische Begleitfaktoren be- dingt sein, zum Teil spielt jedoch ein Faktor eine Rolle, der in einigen Kaffeesorten enthalten ist. Offen- sichtlich wird der hypercholesterin- ämische Faktor durch normales Fil- terpapier stark ausgefiltert, wie eine Studie aus Finnland zeigt. 20 Frei- willige tranken in randomisierter

Reihenfolge 6 bis 10 dl starken ge- kochten Kaffee über vier Wochen. In einer zweiten Crossover-Design-Stu- die wurde Filterkaffee getrunken.

Während des Zeitraums, in dem die Probanden Filterkaffee konsumier- ten, lagen die Cholesterin- und LDL- Werte, die Triglyzeride und Apopro- tein-B-Werte und die LDL-HDL- Ratio signifikant niedriger als in der Periode ungefilterten Kaffeekon- sums. HDL-Cholesterin und Apo- protein-A-1-Spiegel änderten sich nicht. Durch das Filterpapier wur- den 80 Prozent der lipidlösli- chen Substanz entfernt, die in ge- kochtem Kaffee nachgewiesen wer- den kann

Ahola, I., M. Jauhiainen, A. Aro: The hy- percholesterolaemie factor in boiled coffee is retained by a paper filter. J. Inter. Med.

230: 293-297, 1991.

Department of Biochemistry, National Public Health Institute, Helsinki, Finn- land.

Lindahl, B., I. Johansson, F. Huhtasaari, G. Hallmans, K. Asplundt: Coffee drinking and blood cholesterol effects of brewing method, food intake and life style. J. In- tern. Med. 230: 299-305, 1991.

Department of Nutritional Research, Uni- versity of Umeä, Sweden.

A1-2876 (60) Dt. Ärztebl. 89, Heft 36, 4. September 1992

Referenzen

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