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Archiv "Serie: Aktuelle Rheumatologie – Selektive Inhibitoren der Zyklooxygenase 2" (30.06.2000)

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Academic year: 2022

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(1)

eit einem Jahr sind die Me- dien voll von euphorischen Vorausmeldungen zur Ein- führung selektiver Zyklooxygenase- 2-(COX-2-)Inhibitoren. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass von nun an Schmerzbefreiung ohne Neben- wirkungen zur täglichen Routine des praktizierenden Arztes wird. Neue Substanzen werden als Revolution des Jahrzehnts, wenn nicht gar des Jahrhunderts angepriesen. Hier wer- den Erwartungshaltungen geweckt, die im vollen Umfang nicht erfüllt werden können. Es scheint daher an der Zeit, die Fakten von der Fiktion zu trennen, um eine sinnvolle Ver- wendung der ohne Zweifel innovati- ven neuen Wirkstoffe zu ermögli- chen.

Was sind

Zyklooxygenasen?

Zyklooxygenasen wandeln die ungesättigte Fettsäure Arachidonsäu- re zu instabilen Vorformen der stabi- len Prostaglandine (PG) um. Sie sind membranständige Schlüsselenzyme der Prostaglandinproduktion. Prosta- glandine sind „Gewebshormone“, die

in allen Organsystemen des Körpers gebildet werden. Sie regulieren den Blutfluss, schützen Zellen und Orga- ne vor Überlastung, rufen aber auch Schmerz und Entzündungen hervor (Grafik 1).

Eine Analyse des menschlichen Genoms ergab, dass im Organismus grundsätzlich zwei ähnlich gebaute, aber nicht identische Zyklooxy- genasen vorhanden sind. Es handelt sich um die in fast allen Zellen expri- mierte Zyklooxygenase 1 (COX-1) und um die hochgradig regulierte, das heißt unter physiologischen Be- dingungen (meist) fehlende, bei Stress und Entzündung jedoch inner- halb von Stunden exprimierte Zy- klooxygenase 2 (COX-2)(4, 6). Eine selektive Hemmung der katalyti-

Serie: Aktuelle Rheumatologie

Selektive Inhibitoren der Zyklooxygenase 2

Evolution oder Revolution?

Kay Brune

1

Joachim Kalden

2

Josef Zacher

3

Hanns Ulrich Zeilhofer

1

Der selektive Zyklooxygenase-2-Hemmer in der Therapie schmerzhafter, rheumatischer Erkrankungen stellt eine lo- gische Evolution auf dem Gebiet der antipyretischen Anal- getika (Zyklooxygenase-Hemmstoffe) dar. Aufgrund mo- lekularbiologischer Einsichten in die Struktur der Zyklo- oxygenase 2 gelang es innerhalb weniger Jahre, ihre biolo- gische Bedeutung aufzuklären und spezifische Enzym- hemmer zur Marktreife zu entwickeln. Die ersten Ergeb- nisse zeigen, dass diese Wirkstoffe keine Vorteile hinsicht- lich ihrer Wirksamkeit, vermutlich aber deutlich weniger (gefährliche gastrointestinale) unerwünschte Arzneimittel- wirkungen aufweisen als die üblichen NSAR. Nierenfunk- tionsstörungen und funktionelle Magen-Darm-Beschwer- den sowie Allergien treten aber auch bei diesen Wirkstof-

fen auf. Darüber hinaus lassen die Verteilung und auch die vielfältige

Funktion der Zyklooxygenase 2 während der embryona- len Entwicklung und bei vielen Adaptationsprozessen des Körpers die langfristige intensive Hemmung dieses En- zyms problematisch erscheinen. Eine euphorische Überver- wendung ist daher zu vermeiden. Neue faszinierende, aber bisher nicht ausreichend belegte Therapieoptionen wie Karzinomprophylaxe und Prophylaxe der Alzheimer- schen Krankheit sind grundsätzlich von hohem wissen- schaftlichen und therapeutischen Interesse, müssen vorläu- fig aber als rein spekulativ gelten.

Schlüsselwörter: Zyklooxygenase, Celecoxib, Rofecoxib, Arthrose, rheumatoide Arthritis, Schmerz

ZUSAMMENFASSUNG

Selective Inhibitors of Cyclooxygenase 2

The successful introduction of two selective cyclooxygenase 2 inhibitors in the United States raised expectations in Ger- many. This new class of drugs is expected to be free of side ef- fects and as active as the known non-steroidal anti-inflam- matory drugs. In this review we discuss that the new drugs are selective inhibitors of COX-2, without serious gastrointesti- nal side effects and are useful analgesic and anti-inflamma- tory compounds in muscular skeletal pain. Cyclooxygenase 2 is a constitutive enzyme in many organs including bone,

CNS, kidney and the urogenital tract. It is expect- ed that a permanent complete inhibition of this

enzyme can not be free of unwanted drug effects. Cautious use and not over-prescription, therefore, is mandatory until we know how safe these drugs are in daily clinical use.

Moreover, the new fascinating indications, prevention of car- cinoma growth and metastasis and Alzheimers disease, still need more supportive clinical evidence.

Key words: Cyclooxygenase, celecoxib, rofecoxib, rheuma- toid arthritis, osteoarthritis, pain

SUMMARY

S

1Institut für Experimentelle und Klinische Phar- makologie und Toxikologie (Leiter: Prof. Dr.

med. Dr. h.c. Kay Brune) der Universität Erlan- gen-Nürnberg

2 Medizinische Klinik III mit Poliklinik und Insti- tut für Klinische Immunologie (Direktor: Prof.

Dr. med. Dr. h.c. Joachim Kalden) der Univer- sität Erlangen-Nürnberg

3Orthopädische Klinik (Direktor: Priv.-Doz. Dr.

med. Josef Zacher) des Klinikums Berlin-Buch

(2)

schen Funktionen der COX-2 er- scheint leicht möglich (Grafik 1), weil die katalytische Nische der COX-2 geräumiger ist als diejenige der COX-1 (6, 9). Seit mehreren Jah- ren gibt es, zunächst nur für die ex- perimentelle Forschung, selektive Hemmer beider Enzyme. Dabei wird Selektivität so definiert, dass bei über 90-prozentiger Hemmung des einen Enzyms (COX-2) keine Hem-

mung des anderen erfolgt. Zwei die- ser selektiven Hemmstoffe wurden im vergangenen Jahr in mehreren Ländern zur Therapie entzündlicher Schmerzen (Arthrose, rheumatoide Arthritis) mit großem Erfolg einge- führt. Sie sind seit kurzem auch in Deutschland erhältlich.

Regulation der Zyklooxygenasen

Die Analyse der Gene beider Zyklooxygenasen ergab sehr schnell, dass die COX-2 im Gegensatz zur COX-1 einer intensiven Regulation unterliegt (Grafik 2). Diesem geno- mischen Befund entspricht die expe- rimentelle Erfahrung, dass die Men- ge COX-2 im entzündeten Gewebe

oder im Zentralnervensystem bei

„Stress“ innerhalb von wenigen Stunden bis auf das Hundertfache ansteigen kann (4, 6). Verantwort- lich für diesen Anstieg sind unter anderem proinflammatorische Zyto- kine wie TNFa, IL-1, IL-6 und IL-8.

Die COX-2 kann auf der anderen

Seite auch sehr schnell herunterre- guliert werden. Mediatoren einer Reduktion der COX-2 sind unter an- derem antiinflammatorische Zytoki- ne wie IL-4 und IL-13 sowie Gluco- corticoide (Grafik 2). Beide Enzyme werden außerdem durch eine Reihe anderer Faktoren, wie zum Beispiel Sexualhormone, reguliert. Die Frage der Regulation wird intensiv experi- mentell erforscht. Spezifische Ein- griffe in die Regulation und Produkti- on beider Enzyme durch neue Wirk- stoffe werden ebenfalls bald möglich sein.

Funktionen von Zyklooxygenase- Produkten

Als Gewebshormone regulieren Prostaglandine Zellfunktionen im di- rekten Umfeld ihrer Produktion (Gra- fik 2). So wird PGE2in den Schleim- häuten des Magen-Darm-Trakts und der Lunge freigesetzt. Es erhöht dort die Durchblutung und die Schleim- produktion. Im Magen reduziert es zusätzlich die Säuresekretion. Das Prostazyklin (PGI2) der Endothelzel- len verhindert die Plättchenaggrega- tion und damit die Thrombusbildung.

Thromboxan (TX) schließlich wird aus aggregierenden Blutplättchen freigesetzt und verstärkt den einmal in Gang gekommenen Aggregations- prozess. Welche physiologischen Be- deutungen die Prostaglandine im Zentralnervensystem, im Knochen und im Urogenitaltrakt haben, ist noch nicht in allen Einzelheiten ge- klärt. Im ZNS und Rückenmark er- füllen sie Schutzfunktionen; außer- dem regulieren sie den Knochenum- bau und vermitteln die Nidation des befruchteten Eis.

Ein besonderer Stimulus für die Entwicklung selektiver COX-2- Hemmer war die Beobachtung, dass Prostaglandine das Absterben von Karzinomzellen verhindern. Prosta- glandine treten darüber hinaus in Degenerationsherden bei der Alz- heimerschen Krankheit im Gehirn auf. Schließlich sind Prostaglandine Vermittler der Kardinalsymptome der Entzündung. Dabei ist die lokal im Entzündungsgewebe ablaufen- de Prostaglandinproduktion für die Grafik 1

Arachidonsäure (Substrat beider

Enzyme)

Zyklo-

oxygenase 1 Zyklo-

oxygenase 2

Prostaglandine (aus Arachidonsäure) Protektion

Rofecoxib

Celecoxib

Adaptation K. Brune Acetylsalicylsäure

(Aspirin) (hemmt beide Enzyme)

Celecoxib, Rofecoxib (hemmen nur COX-2)

Zell- membran

Zyklooxygenasen: Struktur und spezifische Hemmung. a) Kristallstruktur von Zyklooxy- genase 2 mit Hämgruppe (braun). Der un- spezifische Blocker Flurbiprofen (grün) be- setzt die katalytische Nische des Enzyms; b) In der schematisierten Grafik werden die un- terschiedlichen katalytischen Nischen der beiden Zyklooxygenasen sowie nichtspezi- fische und spezifische (selektive) Hemmer dargestellt.

a

b

(3)

Ausprägung aller Symptome der Entzündung mitverantwortlich. Syn- chron mit einem peripheren Gewe- beschaden werden aber auch ver- mehrt Prostaglandine im Rücken- mark gebildet. Beide Prozesse füh- ren zu einer erhöhten Schmerzemp- findlichkeit (Grafik 2). Bei Infektio- nen kommt es zur Bildung proinflam- matorischer Zytokine (TNFa, IL-1), sie provozieren die Bildung der COX-2 im Hypothalamus und lösen dadurch Fieber (PG-Freisetzung im Gehirn) aus.

Selektive Hemmer der Zyklooxygenase 2

In den vergangenen Jahren er- wiesen sich zahlreiche Substanzen in vitro als „selektive“ Hemmer der COX-2. Die Ergebnisse zu einzel- nen Substanzen sind jedoch je nach verwendetem Versuchssystem wi- dersprüchlich. Man erwartet deshalb von einem selektiven (spezifischen) Blocker der COX-2, dass bei thera- peutischer Dosierung (vollständige Hemmung der COX-2) keine rele- vante Hemmung der COX-1 erfolgt (Grafik 4).

Für die Charakterisierung der selektiven Zyklooxygenasehemmung beim Probanden und Patienten ste- hen mehrere Systeme zur Verfügung.

So ist es möglich, humanes Material (Blut, Magenschleimhaut, et cetera) zu gewinnen und in vitro möglichen Zyklooxygenasehemmern auszuset- zen. Diese Methode wird angewen- det, um neue, noch nicht zur An- wendung am Menschen zugelassene Wirkstoffe zu untersuchen. Je nach methodischem Vorgehen können er- hebliche Unterschiede in der beob- achteten Selektivität festgestellt wer- den. Besser ist es, Probanden oder Patienten den Zyklooxygenasehem- mer zu applizieren und die Zyklooxy- genasehemmung ex vivo zu bestim- men (13). Nach Möglichkeit sollte parallel zur Analyse des Wirkeffekts (zum Beispiel im Blut) die Konzen- tration der verwendeten Arzneistoffe analysiert werden, um sicherzustel- len, dass Effektmessungen dann ge- macht werden, wenn der Wirkstoff resorbiert und systemisch aktiv ist (Grafik 3).

Andere und wir haben in den vergangenen Jahren entsprechende Analysen mit einer Vielzahl von Arz- neistoffen bei Probanden und Patien- ten ex vivo durchgeführt. Zur An- wendung kam dabei meist der von Pa- trono und Mitarbeitern beschriebe- ne Versuchsansatz (Grafik 3). Dabei wird beim Probanden nach der Appli- kation eines Wirkstoffs wiederholt Blut entnommen und im Blut die Hemmung der COX-1 (Thromboxan- Synthese) bestimmt (13). In Blut- monozyten kann darüber hinaus die COX-2 induziert und ihre Hemmung durch die im Plasma vorhandene Arzneistoffkonzentration bestimmt werden. Da alle analgetisch-antiphlo- gistischen modernen Wirkstoffe die

COX-2 hemmen, wird auf diese Er- gebnisse nicht eingegangen. In Tabel- le 1 sind relevante Untersuchungen von verschiedenen Autoren mit die- sem Ex-vivo-System zusammenge- stellt. Es lässt sich feststellen, dass eine Reihe von bewährten NSAR COX-1 und COX-2 (ex vivo) in etwa gleichem Umfang hemmen. Zu dieser Gruppe gehören bekannte Arznei- stoffe wie zum Beispiel Ibuprofen, In- domethacin und Ketoprofen. Eine zweite Gruppe zeigt ex vivo eine ge- ringe Präferenz der Hemmung der COX-2 im Vergleich zu COX-1. Die- se „Präferenz“ ist aber so gering, dass bei therapeutischer Konzentration im Blutplasma (und damit vermutlich auch in den meisten Geweben) bei

Equilibrium Stress/Belastung (Entzündung)

COX-1 alle Gewebe

Klassische NSAR

TNFa +

? +

-

?

-

Glucocorticoide

Protektion der Gewebe beispielsweise Blutplättchen (Aggregation­) Endothelzellen (Aggregation¯) Nierenmark (Durchblutung­) Magenschleimhaut (Durchblutung­,) Säuresekretion¯)

Adaptation physiologisch:

Nidation (Gebärmutter) Knochenumbau (Osteoklasten) Wassermangel Salzbelastung (Niere) Scherkräfte (Arterien)

Krankheit pathologisch:

Infektion Fieber (ZNS) Trauma (Narben- bildung) (Schmerz) Entzündung (Schmerz) b Nozizeptor a COX-2-Verteilung

Nur COX-1, außer bei Heilungsvorgängen

Magen

IL-1 +

-

IL-4, IL-13 Selektive NSAR

COX-2 alle belasteten Gewebe

1

3 3

2

2 2

2

5 6

TTX-S TTX-R

cAMP 4 Na+

K. Brune

Funktion, Regulation und Verteilung der Zyklooxygenasen. Prostaglandine dienen der Protektion und Adapta- tion des Organismus. Das in allen Geweben dauernd vorhandene Enzym COX-1 verstärkt normale Regula- tionsprozesse und schützt damit Zellen und Organe. Bei Stress, Belastungen und ungewöhnlichen Anforderun- gen wird die COX-2 vermehrt exprimiert, produziert große Mengen Prostaglandine und führt damit zur Adap- tation oder zur misslungenen Adaptation, dass heißt zur Krankheit. a) In vielen Organen ist die COX-2 dauernd (ZNS, Niere) oder zyklisch (Uterus, Tuben, Ovarien) vorhanden. b) Bei Entzündungen (zum Beispiel im Gelenk) kommt es zur Sensibilisierung von Nozizeptoren durch Prostaglandine, die die „Durchlässigkeit“ TTX-resisten- ter Na-Kanäle cAMP-abhängig erhöhen. 1: Sensorische Endigung einer polymodalen C-Faser; 2: Schwannsche Zelle; 3: Prostaglandinrezeptor; 4: Tetrodotoxin-(TTX-)resistenter Na-Kanal; 5: Prostaglandine (gebildet von COX-2) im entzündeten Gewebe; 6: Depolarisation, fortgeleitete (zum Rückenmark) Nervenerregung.

Grafik 2

(4)

weitgehender Hemmung der COX-2 auch eine deutlich messbare Hem- mung der COX-1 erfolgt. Wirkstoffe dieser Gruppe, von manchen Auto- ren auch als „präferenzielle Hem- mer“ der COX-2 bezeichnet, sind Diclofenac, Etodolac, Meloxicam und Nimesulid (Grafik 3). Im Einklang mit Patrono und einigen amerikani- schen Autoren sind wir der Meinung, dass die so genannte „präferenzielle Hemmung“ der COX-2 bei gleichzei- tiger Hemmung der COX-1 beim Pa- tienten ohne wesentliche klinische Relevanz ist. Auch für alle Arznei- stoffe mit präferenzieller Hemmung der COX-2 sind Erosionen, Ulzera- tionen und gastrointestinale Perfora- tionen beschrieben worden. Die Be- hauptung, sie treten in geringerem Umfang auf, ist epidemiologisch nicht gesichert. Sie widerspricht auch den in allen epidemiologischen Studien evidenten Befunden, dass Ibuprofen als nicht selektiver Hemmer beider Enzyme ein relativ geringes Ulkusri- siko aufweist. Häufig wird darüber hinaus nicht korrekt verglichen. Die Grafik 3zeigt, dass Diclofenac früher, Meloxicam später, beide aber in etwa gleichem Umfang, die COX-1 der Thrombozyten konzentrationsabhän- gig blockieren.

Schließlich gibt es eine Reihe von neuartigen, systematisch als COX-2-Hemmer entwickelten Wirk- stoffen, die in der Tat selbst bei Do- sen, die über den therapeutischen lie- gen, die Thromboxansynthese beim Menschen nicht hemmen (Grafik 4 a/b). Nach intensiver präklinischer und Phase-1- beziehungsweise Pha- se-2-Erprobung sind sie nunmehr in der klinischen Anwendung. Phase-3- Studien zeigten, dass sie durchaus in der Lage sind, Schmerzen und Ent- zündungen ähnlich wie die bekann- ten nicht selektiven Zyklooxygen- ase-2-Hemmer zu reduzieren (Gra- fik 5 a/b). Ob sie in ihrer therapeu- tischen Wirksamkeit den bekann- ten nichtspezifischen Zyklooxyge- nasehemmern klinisch stets äquiva- lent sind, wird die weitere Erpro- bung ergeben. Sicher aber ist durch diese Wirkstoffe keine „stärkere“

analgetische oder antiphlogistische Wirkung möglich als mit den be- kannten, beide Enzyme blockieren- den NSAR.

Grafik 3

Nachweis der COX-1-Hemmung im Körper von Probanden. Beim „Whole Blood Assay“ erhalten Patienten (Pro- banden) einen Zyklooxygenasehemmer p. o.. Seine Wirkung wird ex vivo als Hemmung der Thromboxansyn- these (COX-1) oder Prostaglandinsynthese (in LPS-stimulierten Monozyten, nicht gezeigt) bestimmt. Gleichzei- tig kann die Wirkstoffkonzentration gemessen werden. Sowohl Diclofenac als auch Meloxicam hemmen neben der COX-2 (nicht gezeigt) auch die COX-1 bei therapeutischer Dosierung entsprechend der Wirkstoffkonzentra- tion im Plasma. Beide Pharmaka werden über 120 Stunden alle 12 Stunden (75 mg Diclofenac, retardiert) oder alle 24 Stunden (15 mg Meloxicam) gegeben. Aus: Tegeder et al., Clin Pharmacol Ther 1999; 65: 533–544.

Grafik 4

Selektive (spezifische) Hemmung der COX-2. Nach der Gabe von Celecoxib und Rofecoxib kommt es bei su- pratherapeutischer Dosierung (Rofecoxib) nicht zu einer messbaren Hemmung der Thromboxansynthese, also zu keiner Hemmung der COX-1. (Celecoxib: Leese et al., J Clin Pharmacol 2000; 40: 124–132, Rofecoxib: Eh- rich et al., Clin Pharmacol Ther 1999; 65: 336–347.

(5)

Selektive Hemmer in der Klinik

Indikation, Pharmakokinetik Inzwischen befinden sich zwei se- lektive COX-2-Hemmer – Celecoxib (Celebrex, Heumann, Pfizer, Searle) und Rofecoxib (Vioxx, MSD) – in der klinischen Anwendung (Grafik 1b).

Einer oder auch beide Wirkstoffe wur- den im Laufe des vergangenen Jahres in den USA, Kanada, der Schweiz und England zur Anwendung beim Patien- ten für die Indikationen leichte bis mittelstarke Schmerzen und Arthrose (Rofecoxib) beziehungsweise Arthro- seschmerzen und chronische Polyar- thritis (Celecoxib) zugelassen. Vor der Zulassung erfolgte eine etwa fünf- jährige klinische Erprobung an etwa 30 000 Patienten.

Einige wichtige pharmakokine- tische Daten sind in Tabelle 2zusam- mengefasst. Es lässt sich feststellen, dass Celecoxib eine etwas geringere Bioverfügbarkeit und eine etwas kürzere Eliminationshalbwertszeit sowie eine geringere Potenz auf- weist. Rofecoxib ist zu annähernd 100 Prozent bioverfügbar, etwa 10-fach potenter und weist eine Eli- minationshalbwertszeit von knapp einem Tag auf. Dementsprechend wird Celecoxib zur zweimal tägli- chen Applikation, Rofecoxib zur einmal täglichen Applikation emp- fohlen. Die relativ langsame Elimi- nation beider Wirkstoffe und die langsame Absorption (tmax) lässt ihren Einsatz bei akuten, passageren Schmerzen wenig sinnvoll erschei- nen (11). Die Unterschiede bei den zugelassenen Indikationen ergeben sich aus den Schwerpunkten der bis- herigen klinischen Erprobung und den pharmakologischen Eigenschaf- ten. Eine zweite Generation schnell resorbierbarer und kurzzeitig wirk- samer Wirkstoffe befindet sich be- reits in der klinischen Prüfung.

In Grafik 6a/b sind Untersu- chungen zur gastrointestinalen Toxi- zität beider Arzneistoffe im Ver- gleich zu gängigen, zum Teil hoch dosierten NSAR (Ibuprofen), darge- stellt. Beim gesunden, ulkusfreien Patienten fanden sich nach Celeco- xib- und Rofecoxibgabe (8, 14) etwa so viele Ulzerationen und Erosionen

100

50

0

3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0,0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 12 24 Anteil der Patienten

mit ausreichender Schmerzlinderung Schmerzlinderung

Stunden Stunden nach Einnahme

a b

Rofecoxib 50 mg Ibuprofen 400 mg Placebo Celecoxib 100 mg SD* (n = 50)

Celecoxib 400 mg SD* (n = 50) Acetylsalicylsäure 650 mg SD* (n = 50) Placebo SD (n = 50)

*SD = Single Dose Grafik 5

Analgetische Wirksamkeit von Celecoxib und Rofecoxib. a) Anteil der Patienten mit ausreichender Schmerz- linderung. b) Nach Weisheitszahnextraktion (Lokalanästhesie). Entsprechend der längeren Halbwerts- zeit wirkt Rofecoxib deutlich länger (aber nach zwei Stunden nicht besser als Ibuprofen). Rofecoxib: Ehrich et al., (2), Clin Pharm Ther 1999; 65: 336-347, Celecoxib: Scand J Rheumatol 1999; 28 (Suppl 109):

31–37.

Tabelle 1

Relative Potenz einiger analgetisch/antipyretisch/antiphlogistischer Wirkstoffe hinsichtlich ihrer COX-1- und COX-2-Hemmungen in vitro im humanen Vollblutassay

Substanz COX-1/COX-2-IC50-Verhältnis

Ibuprofen 0,50

Naproxen 0,56

S-Ketoprofen 0,61

Flurbiprofen 1,00

Indometacin 1,90

Piroxicam 3,10

Meloxicam 11,16*1

Nimesulid 17,70*1

Diclofenac 18,90*1

Celecoxib > 100*2

Rofecoxib > 200*2

*1Bevorzugte (präferenzielle) Hemmung der COX-2

*2Selektive (spezifische) Hemmung der COX-2

Für die aufgeführten Substanzen ist das Verhältnis der COX-1- zur COX-2-Hemmung angegeben. (Quotient IC50COX-1 und IC50 COX-2). Eine Zahl, die größer als 1 ist, kennzeichnet eine Substanz, die eine vergleichsweise stärkere COX-2-Hemmung zeigt.

Bei Substanzen, die präferenziell COX-1 hemmen, ist das angegebene Verhältnis kleiner als 1. (Nach Hinz et al., Wien Klin Wochenschr 1999; 111: 103–112.)

(6)

im Magen-Darm-Trakt wie in der Placebogruppe. Beide Wirkstoffe un- terschieden sich damit deutlich und hoch signifikant von Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen und Piroxi- cam, um nur einige zu nennen. Die- ser Befund begründet die breite An- wendung dieser selektiven Enzym- hemmer. Schließlich leiden Tausende und sterben Hunderte vor allem älte- re Menschen in Deutschland jährlich an NSAR-induzierten Schäden des Magen-Darm-Trakts.

Im Rahmen der Anwendung die- ser beiden selektiven Zyklooxygena- sehemmstoffe traten bisher in den USA, der Schweiz und England kei- ne überraschenden, gefährlichen, un- erwünschten Arzneimittelwirkungen auf. Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen und passagere Infek- tionen der oberen Luftwege werden berichtet – aber etwa genauso häufig wie in den Placebogruppen. Allergi- sche Reaktionen, bisher im üblichen Umfang, wurden ebenfalls beobach-

tet. Alle diese unerwünschten Effekte können nicht in einen direkten Zu- sammenhang mit dem Wirkungsme- chanismus gebracht werden.

Allerdings kam es gelegentlich zu Wasser- und Elektrolytretentionen.

Sie müssen im Zusammenhang mit der Tatsache gesehen werden, dass die menschliche Niere insbesondere bei Belastungen (Dehydratation) COX-2 exprimiert. Dieser Befund begründet die Interaktionen mit antihypertensi- ven Pharmaka wie ACE-Hemmern und Diuretika. Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist die Komedikation abzulehnen (Tabelle 2).

Interessanterweise gaben auch mehr behandelte als Kontrollgrup- penpatienten Oberbauchbeschwer- den (Dyspepsie) an. Man sollte die Patienten darauf hinweisen, um Ent- täuschungen zu verhindern. Die Ur- sachen dieser Beschwerden sind un- klar. Einige weitere Arzneimittel- interaktionen ergeben sich ebenfalls aus Tabelle 2.

Schließlich bleibt festzustellen, dass es sich bei den beiden selektiven COX-2-Hemmern im Gegensatz zu den Vergleichssubstanzen Diclofe- nac, Ibuprofen, Naproxen und Piro- xicam nicht um Säuren handelt. Ge- nerell wird den Säuren eine etwas höhere antiphlogistische Wirksam- keit und eine stärkere gastrointesti- nale Irritation zugeschrieben (5), da sie im Entzündungsgewebe, aber auch in der Schleimhaut des Magen- Darm-Trakts sowie in den tubulären Strukturen der Niere besonders ho- he Konzentrationen erreichen. Weit verbreitete (alte) nichtsaure analge- tische Wirkstoffe, wie zum Beispiel das Propyphenazon und das Parace- tamol provozieren keine Ulzeratio- nen, obwohl sie beide Zyklooxygen- asen hemmen. Sie gelten als zu wenig wirksam.

Rofecoxib scheint wirksamer als Paracetamol zu sein. Zu Propyphena- zon liegen keine Ergebnisse aus ver- gleichenden Studien vor.

Tabelle 2

Pharmakologische Eigenschaften nichtselektiver und selektiver (nichtsaurer) COX-Inhibitoren

Subklassen Orale F (%)*1 t1/2bbbb*2 Einzeldosis Relevante

(tmax,Std.) (maximale Arzneimittel-

Tagesdosis) interaktionen Nichtselektive

COX-Inhibitoren:

Propyphenazon 100 % 1–2,5 h 0,5–1 g nicht bekannt

galenikabhängig ( 1) (4 g)

Selektive COX-2- Inhibitoren:

Celecoxib*3 60–80%*4 11 h 100–200 mg Warfarin*5

(2–4) (400 mg) Fluconazol*6

Lithium*8 ACE-Hemmer*9 Diuretika*9

Rofecoxib*3 95 % 17 h*7 12,5–25 mg Methotrexat*8

(2–4) (25 mg) Warfarin*5

ACE-Hemmer*9

*1Oral bioverfügbarer Anteil, Zeit bis zum Erreichen der maximalen Plasmakonzentration nach oraler Applikation

*2Terminale Eliminationshalbwertszeit

*3Fachinformation in der Schweiz (1) und Deutschland

*4Wahrscheinlich dosisabhängig

*5Geringgradige Beeinflussung der Prothrombinzeit

*6Verzögerte Ausscheidung von Celecoxib

*7Verzögerte Elimination bei Nierenkranken; bei stark reduzierter Clearance soll Rofecoxib nicht verwendet werden

*8Verzögerte Elimination

*9Verminderte Wirksamkeit

(7)

Anwendung der selektiven Hemmer

Dauergebrauch bei Risikopatienten

Wie bei jeder wirklichen Arz- neimittelinnovation wird erst der Großeinsatz am Patienten den the- rapeutischen Wert definieren. Die Grundlagenforschung hat schon heute einige Fragen aufgeworfen, deren Beantwortung wir mit Span- nung erwarten. So gilt es abzuklären, welche biologischen (funktionellen) Bedeutungen der COX-2 bei Bela- stungen (zum Beispiel Sauerstoff- mangel) und Krankheiten (Nerven- schäden, Nierenfunktionsstörungen, Osteoporose) zukommen (3). Es ist zu vermuten, dass sich der Dauerein- satz selektiver COX-2-Hemmer bei bestimmten Patientengruppen nicht als vorteilhaft herausstellt. Aller- dings wissen wir noch nicht sicher, um welche es sich handelt. Anderer- seits hat die experimentelle For- schung Hinweise auf neue zusätzli- che Indikationen gegeben, die be- sonders dann von eminenter Bedeu- tung sein werden, wenn sich heraus- stellt, dass diese Wirkstoffe auch bei Daueranwendung zum Beispiel beim älteren, polymorbiden Patienten, nur marginale Risiken aufweisen.

Konstitutive Expression:

Anlass zur Vorsicht

Untersuchungen bei Mensch und Tier haben inzwischen gezeigt, dass beide Enzyme, COX-1 und COX-2, konstitutiv exprimierte und regulier- te Enzyme sind (Grafik 2). So wird die COX-2 in unterschiedlichen Or- gansystemen während der embryona- len und fetalen Entwicklung expri- miert. Fehlt sie, kommt es zu Missbil- dungen der Niere, des Brustkorbs und des Herzens (10). Eine totale Blockade der COX-2 durch hohe Do- sen von selektiven Hemmern wäh- rend der embryonalen Entwicklung kann bei Kaninchen und Ratte eben- falls zu Missbildungen führen. Selek- tive Hemmer der Zyklooxygenase sind daher während der Schwanger- schaft kontraindiziert.

Nach der Geburt findet sich COX-2 in vielen Organsystemen in

zahlreichen unterschiedlichen Zell- populationen. Nierenzellen (7) und verschiedene Nerven- und Gliazel- len des Gehirns enthalten konstitu- tiv COX-2. In der Niere wird die COX-2 ebenfalls konstitutiv expri- miert. Wie zu erwarten, kommt es beim Menschen gelegentlich zu Öde- men bei der Gabe von Celecoxib und Rofecoxib.

Im Knochen wird die COX-2 in Osteoklasten exprimiert. Durch COX-2 produziertes Prostaglandin spielt bei der Regulation von Kno-

chenumbauvorgängen eine Rolle. Ei- ne erhöhte COX-2-Aktivität im Kno- chen, wie zum Beispiel bei chronischen Infektionen, kann zu Hyperostosen führen. Die Unterdrückung der COX- 2-Expression im Gefolge von Glu- cocorticoidgabe kann Kofaktor bei der Osteoporosebildung sein. Auch Östrogene sollen in den prostaglandin- abhängigen Knochenumbau eingrei- fen.

Bei Nagetieren führt das Fehlen der COX-2 zur Infertilität. Die Ge- bärmutterschleimhaut von Primaten exprimiert COX-2 während der Pha- se der Nidation. Auch beim Men- schen sind (negative) Effekte auf die Fertilität zu erwarten. Wundhei- lungsprozesse gehen ebenfalls mit vermehrter COX-2 Expression ein- her (15). Inwieweit die Hemmung der COX-2 mit der Wundheilung

und der Narbenbildung interferiert, ist noch unklar. Anoxämischer Stress führt zu einer Erhöhung der COX-2- Expression im gesamten ZNS auf das bis zu 100-fache. Worin die biolo- gische Funktion besteht, ist unklar.

Vermutlich schützen Prostaglandine vor dem kontrollierten Zellunter- gang (Apoptose).

Die Scherkräfte des arteriellen Blutstroms führen zur Expression der COX-2 im Endothel der Arteri- en und Arteriolen. Sie ist für die Prostazyklinproduktion verantwort-

lich und stellt einen Schutzmechanis- mus gegen Thrombenbildung dar.

Theoretisch ergeben sich daraus Risiken, da im Gegensatz zum Bei- spiel zur Acetylsalicylsäure die se- lektiven COX-2-Hemmer die Aggre- gierbarkeit der Blutplättchen nicht herabsetzen (fehlende Thromboxan- synthesehemmung), wohl aber die antiaggregatorischen Effekte des Endothels. In der Tat hat eine noch nicht veröffentlichte aber bereits dis- kutierte Studie ergeben, dass unter Rofecoxib im Vergleich zu Naproxen deutlich weniger Ulzerationen aber (geringgradig) mehr thromboembo- lische Ereignisse auftraten. Deshalb wird die Anwendung niedrig dosier- ter Acetylsalicylsäure bei Risiko- gruppen auch bei Anwendung selek- tiver COX-2-Hemmer empfohlen.

Offensichtlich gehen zahlreiche phy- 30

25 20 15 10 5

0 Placebo 100 mg 200 mg 400 mg Naproxen

500 mg/d Placebo 25 mg 50 mg Ibuprofen 2 400 mg/d

Patienten mit Ulzera (%) a b

*

*

Celecoxib

(Celebrex) Refecoxib

(Vioxx) Grafik 6

Kumulative Inzidenz gastrointestinaler Ulzera (Erosion ✞3 mm nach 12 Wochen Behandlung). Die längerfri- stige Anwendung von Celecoxib und Rofecoxib führt zu keiner Steigerung der Inzidenz von intestinalen (endo- skopisch gesicherten) Erosionen im Vergleich zur Placebobehandlung. Naproxen und Ibuprofen (hoch dosiert) führen zu Schäden bei etwa einem Drittel der Patienten. Celecoxib: Simon et al., JAMA 1999; 282: 1921–1928, Rofecoxib: Lane et al., Gastroenterology 1999; 117: 776–783, (* signifikant im Vergleich zu allen anderen Be- handlungen)

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siologische Prozesse in unserem Or- ganismus mit der vermehrten Ex- pression der (häufig bereits) konsti- tutiv vorhandenen COX-2 einher (12). Daraus lässt sich schließen, dass die Verwendung selektiver COX-2- Hemmer zu unerwünschten Arznei- mittelwirkungen führen kann. Na- türlich wird die COX-2 auch von den bisher verfügbaren nichtselektiven COX-2-Hemmern blockiert, sodass eine erhöhte Inzidenz im Vergleich mit diesen bekannten Wirkstoffen primär nicht zu erwarten ist. Unklar bleibt allerdings die Frage, ob und in welchem Umfang sich die selektiven nichtsauren Arzneistoffe im Orga- nismus anders verteilen als die nicht selektiven, hochgradig an Eiweiß ge- bundenen, sauren Arzneistoffe und ob sich daraus Probleme ergeben können.

Neue Indikationen: Krebs und Alzheimersche Krankheit?

Neue therapeutische Indikatio- nen ergeben sich möglicherweise aus epidemiologischen, allerdings retro- spektiven Analysen von Patientenko- horten. Bei chronisch mit NSAR be- handelten Rheuma- oder Schmerzpa- tienten war die Inzidenz der Alzhei- merschen Krankheit relativ niedrig.

Im Gehirngewebe von Alzheimer- patienten befinden sich darüber hin- aus Entzündungsgebiete mit hoher COX-2-Expression. Es wird daraus geschlossen, dass die Hemmung der COX-2 eine prophylaktische Option bei der Alzheimerschen Krankheit darstellt. Diese Option kann aufgrund der unerwünschten Arzneimittelwir- kungen mit den gängigen NSAR nicht genutzt werden. Sie könnte aber durch nebenwirkungsarme COX-2- Hemmer in Risikogruppen aus- genützt werden. Dazu muss in Lang- zeitbeobachtungen belegt werden, dass COX-2-Hemmer fast nebenwir- kungsfrei sind. Außerdem müssen Ri- sikogruppen mit erhöhter Inzidenz der Alzheimerschen Krankheit iden- tifiziert werden, um die prophylakti- sche Wirksamkeit von COX-2-Hem- mern zu sichern.

Eine zweite interessante (Zu- kunfts-)Indikation stellt die Verwen- dung von selektiven COX-2-Hem- mern bei der Prophylaxe und Thera-

pie von Karzinomen dar. Im Tiermo- dell können COX-2-Hemmer das Auftreten von Colonkarzinomen im Gefolge der genetisch determinier- ten Polyposis coli verzögern und de- ren Metastasierung vermindern. Ob der gleiche Schutzeffekt bei der lang- zeitigen Anwendung von selektiven COX-2-Hemmern beim Menschen auftritt, wird zu klären sein. Entspre- chende Studien laufen zurzeit. Nur das Fehlen von Nebenwirkungen beim Langzeitgebrauch selektiver COX-2-Hemmer kann die Basis für prospektive klinische Studien zur Verminderung des Colonkarzinomri- sikos sein. Erst danach ist der pro- phylaktische Einsatz gerechtfertigt.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A-1818–1825 [Heft 26]

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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Kay Brune Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie

Universität Erlangen-Nürnberg Fahrstraße 17 · 91054 Erlangen E-Mail: brune@pharmakologie.uni- erlangen.de

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