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Archiv "Schweden: Umkehr aus der Sozialisierung ist schwer" (31.08.1978)

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„Veränderungen innerhalb der organisatorischen Struktur auf einem so komplizierten Gebiet wie dem Gesundheitswesen können sicherlich nicht über Nacht auftreten und sind in Zei- ten ökonomischer Schwierigkei- ten, so wie Schweden sie zur Zeit durchlebt, besonders schwer zu erreichen.”

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Schweden:

Umkehr

aus der Sozialisierung ist schwer

Prof. Dr. med. Gunnar Biörck,

Mitglied des schwedischen Reichstages

Bei den allgemeinen schwedischen Wahlen im September 1976 verlor die sozialdemokratische Regierung, die Schweden ungefähr 44 Jahre lang regiert hatte, und die frühere Opposition bildete eine neue Regierung, die aus Gemäßigten („Konservativen"), Liberalen und der Zentrumspartei (die frühere Bauernpartei) bestand. Ich wurde als Mitglied der gemäßigten Partei ins Parlament gewählt; ich bin tatsächlich der einzige Arzt und der einzige Universitätsprofes- sor im schwedischen Parlament. Im Hinblick auf diese Umstände könnte es zumindest einen zeitweiligen Stillstand in den Entwicklun- gen geben, die ich im folgenden schildere. Die Grundsatzerklärung der neuen Regierung deutet einen größeren Grad von Freiheit für persönliche Initiative auf verschiedenen Gebieten der Gesellschaft an und Maßnahmen, die sich gegen die wachsende Infiltration der Bürokratie wenden. Es ist auf der anderen Seite jedoch ziemlich offensichtlich, daß die alte Tradition der von der Gemeinde getrage- nen Gesundheitsfürsorge der Kernpunkt des schwedischen Gesund- heitswesens bleiben wird. Ein Bericht über die Schwierigkeiten und Bedrohungen des ärztlichen Berufes, die im Verlaufe solcher Ent- wicklungen auftreten können, kann auch aufzeigen, daß zu viel Kollektivismus und Bürokratie letztendlich das Pendel zum Zurück- schwingen zwingen können.

Vor ungefähr 25 Jahren schrieb ich eine Artikelserie für eine der

führenden schwedischen sozialistischen Zeitungen, um das Fehlen

von Vertrauen, das zwischen der regierenden sozialistischen Partei

und dem ärztlichen Beruf in unserem Lande vorherrschte, zu erör-

tern. Ich schlug, um meine Argumente kurz zusammenzufassen,

einige beiden Seiten gemeinsame Punkte vor und empfahl, daß

ernste und ehrliche Versuche unternommen werden sollten, um

vernünftige und konstruktive Lösungen zu finden. Zu jener Zeit war

ich ein junger AssiStenzprofessor, und mein einziger Vorteil war, daß

ich innerhalb des sozialistischen Establishments aufgewachsen war

und die führenden Persönlichkeiten innerhalb seines sozialen Fel-

des, ebenso wie ihre Art der Argumentation und ihren emotionalen

Hintergrund, kannte, ohne notwendigerweise etwas davon mit ihnen

(2)

Der Autor ist Professor am Stockholmer Karolinska-Insti- tut und der einzige Arzt (und der einzige Universitätsprofes- sor) im schwedischen Reichs- tag. Der vorliegende Bericht be- ruht auf einem Vortrag, den er noch vor den Reichstagswah- len, die zu einer bürgerlichen Regierung in Schweden führ- ten, an der Universität Chicago gehalten hat und den wir mit freundlicher Genehmigung der

„Annals of Internal Medicine", Philadelphia, wiedergeben. Er- gänzt ist dieser Vortrag auf Sei- te 1951 durch eine angefügte Mitteilung über die Entwick- lung seit diesem Regierungs- wechsel, die Prof. Biörck für das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT verfaßt hat. Der Autor bemerkt dazu: „Mein Vortrag wurde bei

einer Veranstaltung über das schwedische Gesundheitssy- stem, die vom Zentrum für Stu- dien zur medizinischen Verwal- tung der Universität Chicago am 12. April 1976 veranstaltet wurde, gehalten. Die Pro-Ge- sichtspunkte wurden zuvor von Dr. Bror Rexed, dem damaligen sozialistischen Generaldirektor der schwedischen Wohlfahrts- und Gesundheitsbehörde, und anderen vorgestellt, während ich gebeten wurde, eine kriti- sche Bewertung des Systems zu geben. Mein Vortrag wurde von Dr. Rexed als ,eine nostal- gische Klage eines konservati- ven Fossils' charakterisiert, und Dr. Rexed behauptete, daß es

‚keine praktikable Alternative' zu den heutigen Entwicklungen gäbe." DÄ Umkehr aus der Sozialisierung

zu teilen. Deswegen glaubte ich von einigem Nutzen sein zu können, um die Reaktion zwischen diesen Leu- ten und denen, die das ärztliche Establishment darstellten und deren Argumente und Gefühle einer ziem- lich anderen Sphäre angehörten, zu katalysieren. Ich darf gleich sagen, daß meine Versuche am Ende völlig umsonst waren.

Einige Jahre vorher hatte der dama- lige Generaldirektor der Gesund- heitsbehörde, der ein glühender So- zialist war und der erste Medizinal- beamte, der auf diesen Posten beru- fen wurde (er war sonst immer mit hervorragenden praktizierenden Ärzten besetzt gewesen), einige öf- fentliche Vorschläge unterbreitet, die auf vollständige Sozialisierung des schwedischen medizinischen Berufes hinzielten. Was er bis dahin an Zustimmung innerhalb des Be- rufsstandes gehabt hatte — und dies war schon nicht sehr überzeugend

—, ging daraufhin sofort verloren, und von da an wurde er von den meisten Kollegen, über die er be- stimmte, als Verräter und Feind an- gesehen. Auch die Regierung war von ihm nicht beeindruckt: es war ziemlich offensichtlich, daß das Vor- haben, einen ziemlich gut funktio- nierenden ärztlichen Beruf, der auf der Basis einer Kombination von Ge- halt und Honorar beruhte, in ein Sy- stem gehaltsempfangender öffentli- cher Angestellter mit festen Arbeits- stunden zu überführen, weder die ärztliche Versorgung noch die Staatsfinanzen verbessern würde.

Der Vorschlag wurde folgerichtig auf Eis gelegt mit nur sehr schwa- chen Protesten solcher Mitglieder der Partei, in deren Augen eine Mi- schung von Neid und Mißtrauen ge- genüber Privatunternehmen, aber Vertrauen in die staatliche Planung sogar die Möglichkeit einer Ver- schlechterung der medizinischen Versorgung gerechtfertigt hätte.

Die Kranken-Pflichtversicherung von 1955

Die Regierung — und hauptsächlich der damalige Minister für soziale An- gelegenheiten und spätere Finanz-

minister Gunnar Sträng — änderten ihre Position 1955 schnell. Lange Zeit hatten wir in Schweden ein nützliches, aber nicht ausreichen- des System der Krankenversiche- rung gehabt, das einen Großteil der schwedischen Bevölkerung umfaßte mit verschiedenen Graden der Risi- kodeckung. Viele derjenigen jedoch, die die Versicherung am meisten brauchten, wurden nie als Mitglieder aufgenommen wegen ihres schlech- ten Gesundheitszustandes zur Zeit ihrer Bewerbung. Daher legte die Regierung 1955 eine Gesetzesvorla- ge über die Pflichtkrankenversiche- rung vor, die hauptsächlich von Steuern finanziert wurde. Sie umfaß- te Krankenhauskosten, einen gro- ßen Anteil an der Arztrechnung und an Medikamenten und garantierte ein Krankengeld, das vom Lohn der Person abhängig war (und konse- quenterweise von den von ihr ge- zahlten Steuern). Dieses System ar- beitete 15 Jahre lang sehr reibungs- los, bis es 1970 ohne offensichtli- chen Grund verändert wurde.

Anfänglich waren die Ärzte mißtrau- isch, da sie voraussahen, daß Arbei- ter sich im Falle von Arbeitslosigkeit krank melden würden, um Vorteile zu erlangen, was die Aufgabe des Arztes schwieriger machen würde.

Hauptsächlich, weil während der er- sten Jahre der Versicherung Vollbe- schäftigung herrschte, taucht dieses Problem erst in den letzten Jahren als Hilfsmittel für einige Arbeitneh- mergruppen auf, um illegale Arbeits-

niederlegungen durch das Vorbrin- gen einiger sonst tolerierter chroni- scher Beschwerden (so wie „Rük- kenschmerzen") zu tarnen.

Die Auswirkungen der Versicherung waren teilweise vorteilhaft für den ärztlichen Beruf selbst. Es ist nicht einfach zu unterscheiden, ob das Anwachsen der Zahl der Sprech- stundenbesucher auf die Versiche- rung zurückging oder mit wachsen- dem Lebensstandard sowieso ge- kommen wäre. Auf jeden Fall hatten die Ärzte genug zu tun (manchmal mehr als genug); sie berechneten ihre Gebühren nach bestimmten Ta- bellen und quittierten auf standardi- sierten Formularen. Diese versetzten die Steuerbehörden zum ersten Mal in die Lage, ein Auge auf das Ein- kommen des Arztes zu haben, und in den folgenden Jahren wurden die Verhandlungen um die Gehälter der Ärzte und die Gebührentabellen un- ter konstanter Bezugnahme auf die geheimen Steuerinformationen, die den Verhandlungspartnern des Staates und der Provinzen enthüllt worden waren, geführt. Der „Große Bruder" des sozialistischen Staates beobachtete seine Ärzte!

Als Folge davon wurde bald ziemlich klar, daß die höchsten Einkommen unter den Labordisziplinen zu fin- den waren sowie in der klinischen Chemie und dem Röntgen, ferner unter den HNO-Spezialisten und Dermatologen (alles Abteilungen mit hoher Patientenfrequenz), während

1922 Heft 35 vom 31. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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NACHRICHTEN

die innere Medizin, die Psychiatrie und Pädiatrie unter den am wenig- sten Begünstigten zu finden waren.

Eine Zeitlang war der Zusammenhalt innerhalb des Berufsstandes stark genug, um dem Versuch der Behör- den, die verschiedenen Gruppen ge- geneinander auszuspielen, zu wi- derstehen. Später wurde dann dem Berufsstand die Gleichmacherei aufgezwungen mit dem sofortigen Ergebnis, daß viele Röntgenologen auswanderten, hauptsächlich in die USA, und daß Bewerber für Karrie- ren in HNO und klinischer Chemie plötzlich rar wurden. Die Regierung mußte eine Reihe von Tricks anwen- den, um mit dieser selbstverschul- deten, künstlichen Mißverteilung der Ärzte fertig zu werden.

Gegen Ende der fünfziger Jahre scheiterten die Gehaltsverhandlun- gen zwischen den Krankenhausbe- hörden der Stadt Göteborg und dem schwedischen Ärztebund, und die Ärzte unternahmen einen Teilstreik, indem sie nur noch in ihren Praxen arbeiteten und nur die Notambulan- zen der Krankenhäuser intakt ließen.

Die Öffentlichkeit war auf der Seite der Ärzte und erhielt eine perfekte private Behandlung! Es war ein glänzender Sieg der Ärzte und zu- gleich ein Pyrrhussieg.

Politiker der Regierung und des Ver- bandes der Provinzen einigten sich darauf, solch eine Niederlage nie wieder hinzunehmen. Sie entschlos- sen sich, die „Produktion" von Ärz- ten in Schweden derart zu erhöhen, daß der Zusammenhalt innerhalb des Berufsstandes und seiner „Ge- werkschaft" schließlich so ge- schwächt würde, daß er in zukünfti- gen Verhandlungen keinen Wider- stand mehr bieten könne. Es wurde allmählich eine Vervierfachung der Zulassung zu medizinischen Hoch- schulen erreicht, indem man drei neue medizinische Fakultäten zu den bereits existierenden drei hinzu- errichtete und die Klassengröße ver- doppelte. Dieses Manöver fiel mit dem stark angewachsenen Verlan- gen nach höherer Bildung unter den Arbeitern zusammen, deren verbes- serte ökonomische Verhältnisse nun

den Stand erreicht hatten, wo die Eltern glaubten, daß ihre Kinder nicht ihre eigenen früheren Schwie- rigkeiten zu ertragen haben, son- dern „etwas Besseres" werden soll- ten.

Die Regierung fand in diesem Vor- haben einen energischen und star- ken Verfechter in dem Anatomiepro- fessor Bror Rexed, unserem derzei- tigen (1976) Generaldirektor des rie- sigen neuen Amtes für Gesundheit und Wohlfahrt (dieses Amt ist eine Erweiterung der früheren soliden Struktur des Amtes für Gesundheits- wesen). Es war während der letzten Jahre seine unangenehme Aufgabe, den jungen zukünftigen Ärzten, die er selbst dazu ermuntert hatte, Me- dizin zu studieren, zu erklären, daß es nicht in seiner Macht stände, ih- nen notwendigerweise auch irgend- eine bezahlte Stellung nach ihrer Ausbildungszeit zu sichern. Die gi- gantische Welle des Optimismus der sechziger Jahre war an den ökono- mischen Realitäten zerschellt.

Um diese Situation ein wenig in den Griff zu bekommen, kämpfte Komi- tee um Komitee mit Plänen, um Wei- terbildungsplätze für die Massen neuer Ärzte bereitzustellen, die von den Universitäten drängten. Wäh- rend dies in früheren Jahren sehr wenig Probleme gestellt und der

„Markt" sich selbst reguliert hatte, mußte nun eine gewaltige bürokrati- sche Regulierung organisiert wer- den, um mit dieser Sache fertig zu- werden, mit oder ohne Computer.

Während dieses Prozesses fand die Regierung heraus, daß sie nun ein Instrument besaß, um die Ärzte nicht nach ihren eigenen Präferenzen, sondern eher nach denen des Mini- steriums zu verteilen, indem man die Ausbildungsmöglichkeiten (und Ka- näle) eng oder weit hielt, abhängig von den mathematischen Berech- nungen der Planungsgruppe. Bis jetzt hat dies eine starke Betonung der Psychiatrie, der Langzeitbe- handlung und der Allgemeinpraxis bedeutet mit einer konsequenten Vernachlässigung der klinisch-so-

• Fortsetzung auf Seite 1947

Herbstkongreß in Grado eröffnet

Rationelle Medizin nicht zu Lasten der Patienten

Rund einhundert Millionen DM werden Jahr für Jahr dadurch ge- spart, daß eine Vielzahl Dialyse- Patienten nicht mehr im Kranken- haus, sondern zu Hause dialysiert werden; denn die Heimdialyse ist um etwa 40 Prozent billiger als die Klinikdialyse. Das unterstrich Dr.

med. h. c. Klaus Ketzler, der Vor- sitzende des Kuratoriums für Heim-Dialyse, Neu Isenburg, in ei- nem Vortrag anläßlich der Eröff- nung des XII. Seminarkongresses der Bundesärztekammer in Grado am 20. August. Ketzlers Aufgabe war es — dem Generalthema des Kongresses „Rationelle Diagno- stik und Therapie" entsprechend

—, am Beispiel der Dialysetherapie Möglichkeiten der Rationalisie- rung im Gesundheitswesen darzu- stellen.

Das Kuratorium für Heim-Dialyse, ein privater Verein, im wesentli- chen auf Initiative von Ketzler ent- standen, hat seit 1970 bewiesen, was hier möglich ist. Der Verein betreut heute rund ein Drittel der Dauerdialysepatienten in der Bun- desrepublik Deutschland. Deren Zahl steigt rapide: von 745 Ende 1970 über heute 7000 bis zu schät- zungsweise 14 000 bis 15 000 in- nerhalb der nächsten fünf Jahre.

Würden heute nicht nur ein Drittel, sondern zwei Drittel aller Dialyse- patienten Heimdialyse betreiben können, könnten bis zu 250 Millio- nen DM schon jetzt jährlich ge- spart werden, schätzt Ketzler.

Doch auch dann ist Dialyse eine besonders teure Behandlung; Ko- sten, die zudem nur für einen klei- nen Kreis aufgewendet werden.

Aber, so Ketzler vor den Ärzten in Grado, wenn heute so viel von So- lidargemeinschaft die Rede sei, dann könne doch Fürsorge für Kranke nicht von der Höhe der Be- handlungskosten abhängig ge- macht werden. Eine Feststellung,

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Kinderunfälle:

Deutschland hält traurigen Rekord

Frankreich

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Italien lit,T4I

7 _Niederlande

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NACHRICHTEN

die die Grenzen jedes Kostenden- kens berührt. Heimdialyse ist nicht nur „billiger" als Klinikdialyse, sondern erleichtert auch die Re- habilitation des Patienten. Damit setzte sich in Grado der Präsident der Ärztekammer Baden-Württem- berg, Dr. med. Dietrich Maiwald, der bei der Kongreßeröffnung den Vorstand der Bundesärztekammer vertrat, auseinander: Ob es mit Diagnostik und Therapie eigent- lich genug sei, und ob nicht heute die möglichst vollständige Rehabi- litation dazugehöre, fragte Mai- wald. Doch das war eine nur mehr rhetorische Frage. Maiwald setzte sich nachdrücklich dafür ein, daß der Arzt sich intensiv auch um Rehabilitation kümmere. Dies sei für ihn wie für den Patienten eine

„Charakterfrage". Aber nicht nur das. Angesichts einer drohenden Ärzteschwemme habe eine solche Erweiterung des Tätigkeitsfeldes auch existenzielle Bedeutung. Ei- ne Charakterfrage sei freilich ehenso die vom Arzt verlangte Wirtschaftlichkeit, erklärte Mai-

■kald. Allerdings darüber hinaus auch eine Frage des nötigen Wis- sens. Das gelte es in der Fortbil- dung „von Berlin bis Grado" so- fort zu vermitteln.

Dieser Forderung entspricht denn auch das Thema dieses Herbst- kongresses in Grado. Dessen wis- senschaftlicher Leiter, Prof. Dr.

med. Heinz Losse, Direktor der Medizinischen Poliklinik der Uni- versität Münster, wies darauf hin, daß es „viele Möglichkeiten gibt, unser ärztliches Handeln ohne Nachteil für den Patienten ratio- nell zu gestalten". Losse erinnerte in diesem Zusammenhang nach- drücklich daran, daß am Beginn ärztlichen Tuns immer noch die Anamnese und die körperliche Un- tersuchung zu stehen haben. Ra- tionalisierend wirke außerdem auch eine Verbesserung des Infor- mationsflusses. Außerdem müsse der Arzt sich selbstkritisch immer wieder die Frage stellen, ob die diagnostischen Informationen, die etwa von der Medizintechnik er- langt werden, überhaupt von the- rapeutischer Relevanz sind. NJ

Zielkonflikt durch Kostendämpfung

Einen „Zielkonflikt zwischen der angestrebten finanziellen Stabili- tät im Gesundheitswesen und dem Abbau der Arbeitslosigkeit" dia- gnostizierte das „Wissenschaftli- che Institut der Ortskrankenkas- sen (WIdO)", Bonn-Bad Godes- berg, in einer Analyse der Be- schäftigungssituation im Gesund- heitswesen der Bundesrepublik Deutschland. Danach arbeiteten im Jahr 1976 etwa 1,7 Millionen Berufstätige in den verschieden- sten Berufen und Einrichtungen des Gesundheitswesens. Damit ist nach der WIdO-Studie bereits je- der 15. Erwerbstätige im Gesund- heitswesen (im weitesten Sinne) beschäftigt. Ohne die große Auf- nahmefähigkeit dieses Teilarbeits- marktes wäre die Zahl der Arbeits- losen im Jahr 1975 schätzungs- weise um 135 000 höher gewesen.

Andererseits hat die Personalver-

46 253 verletzte Kinder und 1156 Altersgenossen, die als Radfah- rer oder Fußgänger im Straßen- verkehr starben: Mit dieser Jah- resbilanz 1976, dem letzten sta- tistisch erfaßten Jahr, hält die Bundesrepublik einen traurigen Rekord. Von 100 000 Kindern werden beispielsweise in Schwe- den vier getötet (bei uns neun) und 68 verletzt (bei uns 348)

mehrung zweifellos den expansi- ven Kostentrend im Gesundheits- wesen verstärkt. Einen Kompro- miß zwischen dem Zielkonflikt der Kostenstabilisierung und der Ver- meidung von Arbeitslosigkeit sieht das Ortskrankenkasseninstitut darin, den Personalbedarf in den Mangelbereichen (öffentlicher Ge- sundheitsdienst, Rehabilitation, ambulante Krankenpflege und sonstige soziale Dienste) zu dek- ken. Darüber hinaus sollten in Zu- kunft gezielt regionale Versor- gungslücken geschlossen werden.

Eine stabilitätsgerechte Entwick- lung der Zahl der Berufstätigen im Gesundheitswesen wäre nur dann erreicht, wenn bis 1980 die Zahl der Beschäftigten nur noch um 0,4 Prozent oder 6000 jährlich steigt.

Andererseits müsse nach Ansicht des Instituts der Dienstleistungs- sektor jährlich 200 000 bis 300 000 Erwerbspersonen aus dem produ- zierenden Gewerbe und der Land- wirtschaft aufnehmen. Der Ge- sundheitssektor müsse in Zukunft weitgehend „arbeitsmarktneutral"

sein. Die noch nicht ausreichende Zahl von Ausbildungsstellen für Gesundheitsberufe verringern auch automatisch Wachstums- möglichkeiten im Gesundheitswe- sen. Ein Konflikt zwischen der An- gebotsentwicklung bei Ärzten, Pharmazeuten und Psychologen und dem Bedarf des Gesundheits- wesens ist nach Ansicht des Go- desberger Instituts nicht auszu- schließen. HC

DAK entläßt

ihren „Finanzchef"

Die Deutsche Angestellten-Kran- kenkasse (DAK), Hamburg, hat auf Beschluß des Vorstandes den Lei- ter des Finanzressorts, Alfred Sontheimer, mit sofortiger Wir- kung suspendiert. In der offiziellen Begründung heißt es, Sontheimer habe sich an Geschäften beteiligt,

„die nach Auffassung des Vor- standes nicht im Einklang mit sei- nen dienstlichen Obliegenheiten stehen". Finanzielle Interessen der

1924 Heft 35 vom 31. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Fortsetzung

des 81. Deutschen Ärztetages

Am 4. und 5. November 1978 in Köln

Das Plenum des 81. Deutschen Ärztetages in Mannheim konnte seine Beratungen zu zwei Tagesordnungspunkten nicht beenden und beschloß, seine Plenarsitzung im Herbst dieses Jahres fortzusetzen. Auftrags- gemäß hat der Vorstand der Bundesärztekammer beschlos- sen, den 81. Deutschen Ärzte- tag am 4. und 5. November 1978 in Köln fortzusetzen.

Tagungsstätte:

Messe-Kongreßzentrum Ost

\ Kongreßsaal

Deutz-Mülheimer Straße 5000 Köln 21 (Deutz)

Tagungsdauer:

Sonnabend, 4. November:

9.00-13.00 Uhr, 14.00-18.00 Uhr Sonntag, 5. November:

ab 9.00 Uhr

Tagesordnung:

Fortsetzung der Beratungen zu den Tagesordnungspunkten V. Weiterbildungsordnung VIII. Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer der Tagesordnung, die dem Plenum in Mannheim vorlag.

Zu den Plenarsitzungen des Ärztetages haben die gelade- nen Gäste und, soweit es die räumlichen Verhältnisse gestat- ten, alle deutschen Ärztinnen und Ärzte als Zuschauer Zutritt.

Quartierbestellungen können über das

Deutsche Reisebüro GmbH Abteilung 442

Eschersheimer Landstraße 25-27

6000 Frankfurt/Main Telefon (06 11) 15 66-3 79 vorgenommen werden. BÄK/G Ersatzkassen seien dadurch je-

doch nicht beeinträchtigt wor- den.

Der 51jährige Sontheimer war seit 1962 in der Selbstverwaltung der DAK tätig, unter anderem als Vor- sitzender des Finanzausschusses, ehe er im Februar 1972 mit der Leitung der Hauptabteilung „Fi- nanzen" betraut worden war.

Im November 1974 hatte die DAK mit einer ähnlichen Personalent- scheidung Aufsehen erregt. Da- mals war der Hauptgeschäftsfüh- rer Gerhard R. Becker fristlos ent- lassen worden, weil ihm Eigen- mächtigkeiten bei der Finanzie- rung der 100-Jahr-Feier der Kasse vorgeworfen worden war. Nach prozessualen Auseinandersetzun- gen mit der Ersatzkasse ist Becker jetzt Personalchef einer großen in Hamburg ansässigen, gewerk- schaftseigenen Lebensmittella-

den-Kette. EB

Gebremster Kostenanstieg auch bei den

Arbeiter-Ersatzkassen

Auch die sieben Arbeiter-Ersatz- kassen melden wie die Angestell- ten-Krankenkassen für 1977 einen gebremsten Kostenanstieg. Die gesamten Leistungsausgaben je Mitglied nahmen um 2,08 Prozent (1976: 8,92 Prozent) auf 1995 DM zu. Für die wichtigsten Positionen ergaben sich folgende Steige- rungsraten: Ärzte 3,78 (1,42) Pro- zent; Zahnärzte 4,45 (4,14) Pro- zent; Zahnersatz: Abnahme um 2,44 ( + 36,97) Prozent; Apotheken 0,23 (7,39) Prozent und Kranken- häuser 1,07 (10,05) Prozent. Infol- ge des geänderten Rechtes haben bei den Arbeiter-Ersatzkassen 2100 frühere Familienmitglieder jetzt eine eigene Mitgliedschaft er- worben, was die Pro-Kopf-Aus- gaben statistisch gesehen positiv beeinflußt hat. Insgesamt hat sich die Zahl der Mitglieder vom 1. Ja- nuar 1977 bis Ende 1977 um 13 474 (+ 3,63 Prozent) auf 384 539 erhöht. EB

223 Lepra-Projekte

223 Lepraprojekte in 62 Ländern Asiens, Afrikas und Lateinameri- kas will das Deutsche Aussätzi- gen-Hilfswerk (DAHW) im Jahr 1978 mit rund 24 Millionen DM un- terstützen.

Die Hilfe wird über 600 000 Aussät- zigen zugute kommen. 1,5 Millio- nen DM sollen für die Leprafor- schung bereitgestellt werden, da es bisher immer noch keinen Impf- stoff gegen die Lepra gibt und das bisher gebräuchlichste Mittel (DDS) nach Beobachtungen der letzten Zeit mehr und mehr zu Re- sistenzen geführt hat.

Die Förderung durch das DAHW gilt auch wieder verstärkt der Aus- bildung von medizinischem Perso- nal, der Bereitstellung von Aus- bildungsmaterialien und der Ge- su nd heitsaufkläru ng.

In mehreren Ländern wird das Hilfswerk aufgrund der Situation in den betreffenden Staaten oder auf Bitten der Regierung kombi- nierte Hilfsprogramme für Lepra und Tuberkulose, Lepra und Tra- chom oder Kontroll- und Bekämp- fungsmaßnahmen unterstützen, bei denen die Leprabekämpfung bereits völlig in die allgemeinen Gesundheitsdienste des jeweili- gen Landes integriert ist. WZ/DÄ

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Mehr Alkoholiker als Magenkranke

Die Zahl der Patienten, die wegen Alkoholismus und Alkoholpsycho- se, vor allem Halluzinose und Delir, Akutkrankenhäuser aufsu- chen müssen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Von Ende 1974 bis Ende 1975 nahm sie um 56 Prozent auf 104 500 Patienten zu.

In keiner anderen Gruppe chro- nisch Kranker besteht eine derart zunehmende Tendenz, Akutkran- kenbetten zu beanspruchen, wie bei den Alkoholikern. Dies geht aus den „Daten des Gesundheits- wesens, Ausgabe 1977" hervor, die der Bundesminister für Ju- gend, Familie und Gesundheit kürzlich vorlegte. Nach diesen An- gaben wurden 1975 in den Akut- krankenhäusern mehr Alkoholiker behandelt als Patienten mit Ma- gengeschwür, Zwölffingerdarm- geschwür, Asthma, Gicht, Tuber- kulose und Infektionen des Ver- dau u ngssystems.

Von den 73 300 Patienten im Jahr 1974 waren 77,8 Prozent Männer.

Im Jahr 1975 nahm die Männer- gruppe der Alkoholpatienten um 73 Prozent zu, das Gesamtkollek- tiv nur um 56 Prozent. Bei Frauen wurde die Diagnose Alkoholismus 1975 um 24 Prozent öfter gestellt als 1974.

In der akuten Krankenhausversor- gung hat der männliche Alkoholis- mus stärker zugenommen als der Alkoholismus der Frau, während in der Gesamtstatistik der Krank- heit bundesweit eher eine Stagna- tion des männlichen Alkoholismus bei wesentlicher Zunahme des Frauenalkoholismus angenom- men wird.

Der Anteil der psychotischen Alko- holikerinnen liegt relativ stabil bei 11 Prozent, die Männer stellen 89 Prozent der Alkoholpsychotiker.

Diese unterschiedliche Häufigkeit läßt sich damit erklären, daß die weibliche „Trinkkarriere" mei-

stens kürzer und nicht so exzes- siv verläuft wie die männliche.

Infolgedessen erleben Frauen sel- tener als Männer mit Halluzinosen, Delir und Korsakow die massiv- sten psychischen und organi- schen Begleitsymptome der Alko- holkrankheit. OK

Höhere Strafen für Rauschgiftdelikte erwogen

Die Bundesregierung erwägt, im Rahmen der Novellierung des Be- täubungsmittelgesetzes die höch- ste Strafe für Rauschgiftdelikte von jetzt zehn auf 15 Jahre anzu- heben. Dies teilte die Bundesmini- sterin für Jugend, Familie und Ge- sundheit, Frau Antje Huber, anläß- lich der Ministerkonferenz für eine europäische Kooperation zur Be- kämpfung des Drogen- und Rauschgiftmißbrauchs in Stock- holm mit. Die Ministerin sprach sich gegen jede Form der Locke- rung der gesetzlichen Beschrän- kungen bei Haschisch aus. Sie wi- dersprach entschieden der Auffas- sung, daß das Rauchen von Ha- schisch nicht gefährlicher sei als Zigarettenrauch. Die Forschung habe dazu auch andere Hinweise

erbracht. FR

In einem Satz

Krankenhausfinanzierung —

Der Bund hat den Ländern Finanzhil- fen in Höhe von insgesamt 757,4

Millionen DM für Krankenhaus- neu- und Ergänzungsinvestitionen bereitgestellt, außerdem wurden für Modellmaßnahmen im Kran- kenhaus in diesem Jahr 57,7 Mil- lionen DM den Ländern zugewie- sen (1977: 44 Millionen DM).

Theater-Ärzte —

635 Ärzte betreu- ten im vergangenen Jahr im Rah- men des Theaterarztdienstes der Ärztekammer Hamburg 2490 Vor- stellungen in acht Theatern ein- schließlich einiger Sonderveran- staltungen. DÄ

Ein Arzt für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen

Vielerorts wird geklagt, daß der Friedensnobelpreis immer mehr zu einem politischen Instrument geworden ist. Die Politik unserer Tage bemüht sich vorwiegend, die Auseinandersetzung zwischen dif- ferenten, gesellschaftlichen Ord- nungen zu regeln. Die Friedens- sehnsucht der Menschen hindert diese Differenzen nicht, nach Ein- tracht und Wohlergehen aller zu streben. In jedem Menschen guten Willens schlummert die Hoffnung, daß eines Tages aus dieser Utopie Wirklichkeit wird.

Kürzlich wurde der Schweizer Bundesrat ersucht, den Tropen- arzt Giuseppe Maggi, der 1910 in Caneggio (Tessin) geboren wurde, als Kandidaten für den Friedens- nobelpreis zu unterstützen.

In der Öffentlichkeit Deutschlands ist Dr. Maggi so gut wie unbe- kannt. Nach seiner Approbation 1936 in Lausanne praktizierte er zunächst in der Westschweiz.

Über ein Jahrzehnt später ging er nach Kamerun, wo er im humanen Geist und mit aufopferungsvoller Ausdauer als Arzt wirkt. Dank sei- ner seltenen Kombination von bauwirtschaftlicher, verwaltungs- technischer, sozialer und ärztli- cher Begabung schuf er aus dem Nichts sechs funktionstüchtige Krankenhäuser in Mad, Zinah, St.

Andre, Omwan, Pette und Tokom- bere. Um die Effizienz dieser Spi- täler zu erhöhen, richtete er im Umkreis von 50 Kilometern einfa- che Sanitätsstationen ein, die meist von geschulten Eingebore- nen versorgt werden. Mit einfach- sten Mitteln ist es ihm gelungen, einer großen Zahl von Menschen nicht nur ärztliche, sondern auch prophylaktische und allgemeine Lebenshilfe in vielen Bereichen zuteil werden zu lassen. Als einzel- ner hat er ein geradezu giganti- sches Hilfswerk in aller Stille ge- schaffen, das weit über medizini- sche Belange hinausgewachsen ist. Durch ihn wurden Verbin-

DER KOMMENTAR

NACHRICHTEN

1926

Heft 35 vom 31. August 1978

DEUTSCHES ARZTEBLATT

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AUS DEN BUNDESLÄNDERN

dungsstraßen einfachster Art ge- baut, Wasserleitungen gelegt und landwirtschaftliche Einrichtungen geschaffen. Die Leitung der Kran- kenhäuser üben vorläufig europäi- sche Ärzte aus. Dr. Maggis Ziel ist jedoch, daß später Einheimische diese Tätigkeit übernehmen.

Sein Hauptkapital stellt eine für heutige Zeiten einmalige freiwilli- ge Arbeitsleistung. Außerdem er- hält er von Freunden Spenden. Er selber bezieht seit Jahrzehnten kein Honorar. Die ungeheure Lei- stung kann man nur ahnen, wenn man sich der Größe Kameruns be- wußt wird. Das Land hat Entfer- nungen über Tausende von Kilo- metern.

Die Kandidatur von Dr. Maggi für den Friedensnobelpreis wird unter anderem unterstützt von der Schweizerischen Ärztezeitung, vom Nobelpreisträger der Medizin Sir John Eccles, von der Mailänder Ärztekammer, der italienischen Gesellschaft für psychosomati- sche Medizin, der Europäischen Union für Sozialmedizin, den Lions Clubs der Schweiz und von der Tessiner Freimaurerloge „II Dovere".

Es ist zu wünschen, daß sich die- sem Begehren noch weitere Insti- tutionen anschließen werden.

(Kontaktadresse: Prof. Dr. med. B.

Luban-Plozza, Piazza Fontana Pe- drazzini, CH-6600 Locarno).

Dr. Bernhard Fleiß

ZITAT

Systemkrise

„... Das Belegarztsystem ist in eine Krise gekommen.

Schuld daran sind nicht die niedergelassenen Ärzte, die eine bessere Verbindung zum Krankenhaus suchen.

Schuld ist die Größenent- wicklung der Krankenhäuser mit 300 bis 400 Betten ..."

Johann Freiberger, in: Deut- sches Allgemeines Sonn- tagsblatt

BADEN-WÜRTTEMBERG

Dreißig Jahre Freiburger Verband

Vor nunmehr dreißig Jahren, im Juli 1948, schlossen sich die sechs Kassenärztlichen Vereinigungen der damaligen französischen Be- satzungszone zu einer Arbeitsge- meinschaft zusammen, die auch heute noch unter dem Namen

„Verband der Kassenärztlichen Vereinigungen, Freiburg i. Br." be- steht und der die Kassenärztlichen Vereinigungen Koblenz, Pfalz, Südwürttemberg und Südbaden weiterhin angehören.

Im Gründungsprotokoll von 1948 wurde festgelegt, daß „die Arbeits- gemeinschaft der allein verhand- lungsberechtigte Vertragspartner in allen kassenärztlichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung gegenüber den Versicherungsträ- gern ist". Die Geschäfte der Ar- beitsgemeinschaft wurden von der damaligen kassenärztlichen Orga- nisation Baden, der späteren Kas- senärztlichen Vereinigung Südba- den, geführt, die diese Aufgabe auch heute noch innehat.

Da die Ortskrankenkassen der da- maligen französischen Besat- zungszone sich bereits im Jahre 1945 zum „Verband der Ortskran- kenkassen für Rheinland-Pfalz, Südbaden und Südwürttemberg- Hohenzollern (Südwest)" mit dem Sitz in Lahr/Schwarzwald zusam- mengeschlossen hatten und die- ser Verband schon in jener Zeit die Rechte einer öffentlichen Körper- schaft erhalten hatte, war es für die Verhandlungen von großer Be- deutung, daß diesem „Lahrer Ver- band" statt sechs Kassenärztlicher Vereinigungen eine gemeinschaft- liche Interessenvertretung der Kassenärzte gegenüberstehen konnte.

In den vergangenen drei Jahr- zehnten ist viel gemeinsame, ziel- strebige Arbeit geleistet worden;

vieles hat sich verändert, sowohl vertragsrechtlich als auch berufs-

politisch. Wenn auch seit der Ab- lösung der Kopfpauschalära der 50er und 60er Jahre durch die Ein- zelleistungsvergütung, deren ver- tragliche Regelungen auf KV-Ebe- ne erfolgen, die Bedeutung des Verbandes gemindert und den ihm verbliebenen Aufgaben nicht mehr das Gewicht der Vergangenheit beizumessen ist, so nimmt er den- noch weiterhin wichtige berufspo- litische und administrative Aufga- ben wahr. VKV

BERLIN

Sieben Krankenheime mit „aktivierender Pflege"

Sieben Krankenhäuser mit „akti- vierender Pflege" für Patienten, die zu Hause nicht mehr versorgt werden können, bilden das neue Bindeglied zwischen Chroniker- krankenhaus und der Pflegesta- tion des Altenheimes.

Mit der Verringerung der Zahl der Krankenhausbetten im Rahmen des Bettenbedarfsplans des Senats wurde die Einrichtung solcher Krankenheime vorangetrieben.

Fünf der Krankenheime haben freigemeinnützige Träger, zwei gehören privaten Trägern. Für je- weils 120 Patienten stehen je ein Arzt und zwei Krankengymnastin- nen oder Beschäftigungsthera- peutinnen zur Betreuung zur Ver- fügung.

Es wird allerdings von vielen Sei- ten bezweifelt, ob die angekündig- te „aktivierende Pflege" mit dem geringen personellen Aufwand 2,5 Pflegekräfte auf zehn Patien- ten – geboten werden kann, zumal vorgesehen ist, daß in jeder Schicht mindestens eine exami- nierte Schwester im Haus sein muß.

Um die medizinische Versorgung zu sichern, soll jedes Krankenheim unmittelbare Verbindung zu einem Akutkrankenhaus halten. zel

(8)

1970

Die Stärke des DGB

1960 Anfang 1978

20,

rd

26

Beschäftigte Arbeitnehmer in Millionen

DGB-Mitglieder in% der beschäftigten Arbeitnehmer 21,31 1950

Gut ein Drittel (genau: 35,7 Prozent) der insgesamt 21,3 Millionen in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer sind im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisiert. Damit ist der sogenannte Organisa- tionsgrad der mit Abstand größten Arbeitnehmerorganisation wieder auf einem Höchststand, nachdem er zwischen 1950 und 1960 leicht zurückge- gangen war. Stärkste Einzelgewerkschaft der insgesamt 16 DGB-Einzelge- werkschaften ist nach wie vor die Industriegewerkschaft Metall, die mehr als 2,6 Millionen Mitglieder in ihren Reihen zählt (Anteil am Deutschen Gewerk- schaftsbund: rund 35 Prozent) Globus/DÄ

AUS DEN BUNDESLÄNDERN

HESSEN

Gute Berufschancen im Gesundheitswesen

Als „mittelfristig recht gut" hat So- zialminister Armin Clauss die Be- rufschancen für Jugendliche in den nichtärztlichen Fachberufen des Gesundheitswesens bezeich- net. Bei den einzelnen Heil- und Hilfsberufen seien die Aussichten allerdings unterschiedlich, und die Jugendlichen sollten sich daher vorher genau informieren. Gene-

rell wies Clauss auch darauf hin, daß eine höhere Qualifikation die Berufschancen besser absichert.

Dies zeige sich bei den Kranken- pflegehilfe-Berufen, bei denen die Zahl der Arbeitsplätze rückläufig ist, während sich die Nachfra- ge nach qualifizierten Kranken- schwestern und -pflegern ver- stärkt. Angesichts der recht guten Berufschancen in der Kranken- pflege nannte Clauss das Mißver- hältnis zwischen Angebot und

Nachfrage von Ausbildungsplät- zen mehr als unbefriedigend: 1977 konnten nur knapp 2000 Bewerber in die Krankenpflegeschulen auf- genommen werden, während fast 11 000 Ausbildungsplatzgesuche unberücksichtigt bleiben mußten.

Die Arbeitsmarktlage bei Kranken- gymnasten, Masseuren, medizini- schen Bademeistern, Beschäfti- gungs- und Arbeitstherapeuten bezeichnete Clauss als ausgegli- chen. Hier ist allerdings die Über- sicht schwierig, weil diese Berufe vielfach freiberuflich ausgeübt und daher in der Arbeitsmarkt- statistik nicht erfaßt werden. Rela- tiv ausgeglichen sei auch die Ar- beitsmarktlage bei den Assistenz- berufen. Im einzelnen gibt es aller- dings zur Zeit dreimal soviel offe- ne Stellen für medizinisch-techni- sche Assistenten als Arbeitsplatz- bewerber, während dieses Ver- hältnis bei Diätassistenten und pharmazeutisch-technischen As- sistenten umgekehrt ist. Die Be- rufschancen für Arzthelferinnen und ärztliche Fachhelferinnen

nannte der Minister „nicht beson- ders günstig". In diesen Berufen seien sehr viele Nachwuchskräfte ausgebildet worden.

Zusätzliche Arbeitsplätze für Ge- sundheitsberufe entstehen jedoch im Bereich der sozialen Dienste zum Beispiel in der mobilen Kran- kenpflege, in Pflegedienst- und Sozialstationen, in der Altenpflege sowie bei Kurheimen, Kurkliniken und Rehabilitationszentren. WZ

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Gesetzentwurf über Hilfen für psychisch Kranke

„Die Verwahranstalten für psy- chisch Kranke sind tot; moderne Behandlungsmethoden in Fach- krankenhäusern sind an ihre Stelle getreten." Das sagte Sozialmini- ster Karl Eduard Claussen wäh- rend einer Pressekonferenz in Kiel bei der Vorstellung eines Gesetz- entwurfes über die Hilfen für psy- chisch Kranke. Die heute wesent- lich verbesserten therapeutischen Möglichkeiten erlauben, so Claus- sen, eine kürzere stationäre Be- handlung und damit auch eine weitgehende soziale und berufli- che Wiedereingliederung.

Der Entwurf regelt im wesentli- chen öffentliche Aufgaben der Ge- sundheitsbehörden gegenüber al- len psychisch Kranken und nicht nur denjenigen, die stationär un- tergebracht werden müssen. So sollen die Gesundheitsämter in Zukunft regelmäßige Sprechstun- den für diese Patienten einrichten und mit Krankenhäusern, Heimen, Ärzten und freien Wohlfahrtsver- bänden und anderen geeigneten Organisationen zusammenarbei- ten.

Die Hilfen zielen darauf ab, daß sich psychisch Kranke rechtzeitig und freiwillig behandeln lassen. Eine Zwangsunterbringung soll mög- lichst vermieden werden. Wenn ein Eingriff in die Freiheit nötig ist, soll er so kurz wie möglich gehal- ten werden. yn

1928 Heft 35 vom 31. August 1978 DEUTSCHES ARZ fEBLATT

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AUS DER DDR

NORDRHEIN-WESTFALEN

Gesundheitserziehung wird „amtlich" ausgebaut

Die Gesundheitserziehung vor al- lem durch die Gesundheitsämter soll nach Ankündigungen der Lan- desregierung weiter ausgebaut werden. Der nordrhein-westfäli- sche Arbeits- und Sozialminister Professor Dr. Friedhelm Farth- mann sagte in einer Antwort auf eine große Anfrage der FDP, der noch bestehende Personalman- gel, das unzureichende Angebot gesundheitserzieherischer The- men in der Aus- und Weiterbil- dung müsse abgebaut werden. Ein größerer Nachholbedarf bestehe in der Ernährungsberatung; im ganzen Lande seien nur vier Fach- kräfte an Gesundheitsämtern tätig.

Minister Farthmann begrüßte, daß 75 Prozent der Ärzte in den Sprechstunden gesundheitserzie- herische Beratungen durchführ- ten. Um der Gesundheitserzie- hung in den Praxen noch mehr Geltung zu verschaffen, sollte die ärztliche Beratungstätigkeit bes- ser honoriert werden. EB

Ärztemangel

beim Landschaftsverband

In einigen der 17 Fachkranken- häuser für Psychiatrie und Sucht- krankheiten des Landschaftsver- bandes Westfalen-Lippe herrscht noch immer „nahezu katastropha- ler" Ärztemangel, wie Landesrat Herbert Neseker von der Haupt- und Personalabteilung des Land- schaftsverbandes erklärte. Seit

1970 konnten 75 Ärzte eingestellt werden, so daß im Durchschnitt das Verhältnis von Ärzten zu Pa- tienten in der Erwachsenenpsych- iatrie in den letzten acht Jahren von 1:100 auf 1:49 stieg; bei Kin- dern und Jugendlichen änderte sich das Verhältnis von 1:88 auf 1:53. Trotzdem sind von 330 vor- gesehenen Arztstellen nur 214 besetzt.

Die größten Personalschwierigkei- ten bestehen dabei in den im länd- lichen Raum gelegenen Fachkran- kenhäusern wie beispielsweise Marsberg, Eickelborn und Hal- dem. Trotz der vieldiskutierten Ärzteschwemme ist Landesrat Ne- seker nicht sehr optimistisch; dies geht aus seiner Äußerung hervor, er hoffe, „daß der ärztliche Not- stand in unseren Krankenhäusern spätestens in 10 Jahren überwun- den sein wird." LVWL

BLÜTENLESE

Contraria (lll) - Ziel und Zufall

„Die physikalische Forschung hat klipp und klar bewiesen, daß zumindesten für die er- drückende Mehrheit der Er- scheinungsabläufe, deren Re- gelmäßigkeit und Beständig- keit zur Aufstellung des Postulates der allgemeinen Kausalität geführt haben, die gemeinsame Wurzel der be- obachteten Gesetzmäßigkeit - der Zufall ist." (Erwin Schrö- dinger, geb. 1887, Physiker, Nobelpreis, aus seiner An- trittsrede 1922 an der Univer- sität Zürich)

„Wenn Pessimismus zu einem Handelsansporn wird, so soll- te das nicht unwillkommen sein: anders als Leichtsinn oder Gleichgültigkeit ist er nicht der schlechteste Ratge- ber auf dem Weg in die Zu- kunft." (Heinrich K. Erben, Paläo-Biologe)

„Es soll eine Gemeinschaft zwischen Formtrieb und Stoff- trieb, das heißt also ein Spiel- trieb sein, weil nur die Einheit der Realität mit der Form, der Zufälligkeit mit der Notwen- digkeit, des Leidens mit der Freiheit den Begriff des Men- schen vollendet." (Fr. v. Schil- ler aus „Ober die aesthetische Erziehung des Menschen" 15.

Brief) Durrak

Mehr Selbstmorde

In der Monatszeitschrift „Deine Gesundheit", herausgegeben vom Komitee für Gesundheitserzie- hung der DDR, wird unter dem Ti- tel „Signale an die Umwelt" gefor- dert, das Selbstmordproblem „of- fen und sachlich" darzulegen.

Die Autoren aus der Betreuungs- stelle für Suizidgefährdete in der neurologisch-psychiatrischen Kli- nik der Medizinischen Akademie

„Carl Gustav Carus" in Dresden veröffentlichen allerdings keine Jahresstatistiken über die Selbst- morde, sondern analysieren nur die Motive.

Nach dieser Dresdener Analyse entspringen 75 Prozent der Selbst- morde der beruflichen oder fami- liären Sphäre; 80 Prozent aller Selbstmordversuche werden an- geblich von seelisch Gesunden (?) begangen.

Als besonders gefährdet gelten

„Menschen mit Alkoholbindung und Medikamentensucht; Men- schen, die aus zerrütteten Fami- lien kommen oder aus anderen Bedingungen heraus gestörte Ent- wicklungsphasen durchmachten".

Die Autoren fordern daher: „Das sozialistische Zusammenleben sollte zur menschlichen Achtung befähigen, zu Vertrauen, Verant- wortung, Toleranz und zur Re- spektierung subjektiver Bela- stungsgrenzen." (Wer die Verhält- nisse in der DDR kennt, wird diese Forderung der Autoren zumindest bemerkenswert finden.)

Im Jahre 1970 kamen in der DDR auf je 100 000 Einwohner 35 männliche und 17 weibliche Selbstmorde; in der Bundesrepu- blik wurden im gleichen Zeitraum 28 männliche und 15 weibliche Selbstmorde auf je 100 000 Ein- wohner registriert. Die steigenden Zahlen veranlaßten die Regierung der DDR, seitdem keine Statistiken mehr an die Weltgesundheitsorga- nisation zu melden. zel

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AUS ALLER WELT

VEREINIGTE STAATEN

Vor einer größeren Reform des Arzneimittelrechts

Das US-Gesundheitsministerium hat einen umfangreichen Entwurf zu einer Reform des Arzneimittel- rechtes ausgearbeitet und inzwi- schen auch Senatoren und Abge- ordnete gefunden, die diesen Ent- wurf in beiden Häusern des Kon- gresses einbringen (die Regierung hat in den USA kein lnitiativrecht im Parlament). Mit einer schnellen VerabsChiedung wird allerdings nicht gerechnet: einer der „Spon- soren" des Gesetzentwurfes, Se- nator Edward Kennedy, wies be- reits darauf hin, daß nicht alle Sponsoren mit allen Bestimmun- gen des Entwurfes einverstanden seien.

Die wichtigste Änderung gegen- über der bisherigen Rechtslage betrifft die Registrierung und Zu- lassung von Arzneimitteln: In Zu- kunft sollen nur noch neue „Gene- rics" dem bisherigen Zulassungs- verfahren unterworfen werden.

Wenn dann ein Hersteller ein Prä- parat unter einem Markennamen anmeldet, dann braucht er ledig- lich noch nachzuweisen, daß die- ses Präparat dem zugelassenen Generic entspricht. Der Erstan- melder eines Generics würde ei- nen Fünfjahresschutz vor Nachah- mungen erhalten; falls ein gültiges Patent vorhanden ist, könnte die- ser Schutz auch länger dauern.

Andere Bestimmungen verändern die Vollmachten, die das Gesund- heitsministerium bzw. die „Food and Drug Administration" (FDA) besitzt: Besonders wichtig scheint eine Bestimmung zu sein, die der FDA die Möglichkeit gibt, für ein Medikament vorzuschreiben, daß es nur von Ärzten mit besonderer Ausbildung oder Erfahrung oder nur in bestimmten Einrichtungen verschrieben werden darf. Was hier wie eine Einschränkung aus- sieht, ist in der Tat eine Erleichte- rung gegenüber dem bisherigen Zustand, der nur ein Ja oder Nein

kannte: Wenn ein Medikament Ne- benwirkungen aufweist, insbeson- dere wenn es nur im Verdacht steht, kanzerogen zu sein, dann konnte oder mußte die FDA die Anwendung total verbieten. Auf diese Weise war selbst eine kriti- sche Anwendung in Fällen, wo der Nutzen eines Medikaments das Ri- siko überwog, nicht möglich. Man kann auf diese Weise auch errei- chen, daß neue Medikamente schneller, wenn auch zunächst unter beschränkten Bedingungen, angewendet werden können.

Der Entwurf enthält ferner Vor- schriften über die Patienteninfor- mation bei Medikamenten; er sieht die Einrichtung eines nationalen Zentrums für klinische Pharmako- logie vor, das nicht nur die Anwen- dung der vorhandenen Medika- mente forschend begleiten soll, sondern auch die Aufgabe erhal- ten soll, solche Medikamente zu entwickeln, für die es zuwenig oder keinen kommerziellen Anreiz gibt. Auch die Überwachung von Arzneimittel-Nebenwirkungen soll zu den Aufgaben dieses Zentrums gehören.

Schließlich erfüllt der Gesetzent- wurf einen langgehegten Wunsch aus allen beteiligten Kreisen, in- dem er die Begriffe Sicherheit und Wirksamkeit in juristisch faßbarer Form definiert.

Weitere Bestimmungen geben der FDA die Möglichkeit des Eingrei- fens, wenn Medikamente in größe- rem Ausmaß nicht ihrer ursprüng- lichen Bestimmung entsprechend verwendet werden — dies zielt auf den Mißbrauch von Amphetami- nen —, und die Vollmachten der FDA werden auch auf diejenigen Präparate ausgedehnt, die nur in einem Bundesstaat auf dem Markt sind. Diese letzte Bestimmung soll der Regierung offensichtlich die Möglichkeit geben, gegen das an- gebliche Krebsmittel Laetrile aus Aprikosenkernen vorzugehen, das von Mexiko aus in die USA ge- schmuggelt, aber jeweils immer nur innerhalb eines Staates ver- trieben wird. ama

Kunstfehler

an der Stoßstange

Wer in den USA, insbesondere Ka- lifornien, eine politische oder son- stige Meinung öffentlich kundtun will, kann dies dadurch tun, daß er im Papiergeschäft einen entspre- chenden „bumper sticker", einen

- w

Stoßstangen-Aufkleber aus San Fran- cisco

Aufkleber für die Autostoßstange, kauft und auf seinen Wagen klebt.

Oder andersherum: Wer in den Pa- piergeschäften das Angebot an bumper stickers durchblättert, kann sehen, was für Dinge die öf- fentliche Meinung gerade be schäftigen. Das Problem der Be- ziehungen zwischen Ärzten und Justiz, der zunehmenden Zahl von Kunstfehlerprozessen und der ins Unermeßliche wachsenden Haft- pflichtversicherungsprämien für Ärzte, das nach verbreiteter Mei- nung nicht zuletzt durch die be- sondere Geschicklichkeit von.

manchen Rechtsanwälten über- haupt erst entstanden ist, taucht auf diesen Aufklebern nun auch auf: Abgebildet ist ein solcher Auf- kleber aus San Francisco, der lapi- dar feststellt: „Werde Arzt und er- nähre einen Rechtsanwalt". bt

Vier-Tage-Woche kein Erfolg

Die in manchen amerikanischen Krankenhäusern praktizierte Vier- Tage-Woche bei 40 Stunden Ar- beitszeit hat nicht den ursprüng- lich erhofften Kostenbremseffekt gezeigt. Eine Expertise, die die Er- fahrungen in 15 verschiedenen.

Krankenhäusern auswertet, zeigt:

Sieben Krankenhäuser registrier- ten eine erwähnenswerte Zunah-

1930

Heft 35 vom 31. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Arbeit und Sozialpolitik

PRESSESTIMMEN

me der Betriebskosten seit der Einführung der Vier-Tage-Woche.

Bei sechs Hospitälern stiegen die Betriebskosten geringfügig, dage- gen vermeldeten nur zwei Kran- kenhäuser verringerte Betriebsko- sten durch die Konzentrierung der Arbeitszeit auf vier Tage pro Wo- che. Drei der Krankenhäuser muß- ten zusätzlich Personal einstellen.

Mithin ist das ein Indiz dafür, daß die Vier-Tage-Woche teurer als die Fünf-Tage-Woche ist. HC

CHINA

Labor

auf dem Fahrrad

Mit Stolz berichtet die englisch- sprachige chinesische Ärztezeit- schrift über eine Erfindung des 61 jährigen Krankenhauslaboran- ten Li Ti-sheng: Er hat ein trans- portables Labor entwickelt, das aus 300 Teilen in einer 10-Kilo- Kiste besteht und den ländlichen Krankenstationen und Barfußärz- ten die Durchführung von etwa 20 diagnostischen Tests ermöglicht.

Die erforderlichen Reagenzien sind nicht in Flaschen, sondern in kleinen Ampullen abgefüllt. Damit soll die größte Schwierigkeit über- wunden werden, die bisher bei der Versorgung auf dem Lande be- stand, die nämlich, daß diese Rea- genzien immer nur in großen Fla- schen und damit auch nur in den zentraleren Krankenhäusern zur Verfügung standen. Aqua destilla- ta wird mit Hilfe eines lonenaus- tauschers hergestellt, und für Bak- terienkulturen und zum Kühlen hat Li dasjenige Gerät herangezogen, dessen Produktion für den China- reisenden die größte Industrie des Landes überhaupt zu sein scheint:

ganz gewöhnliche Thermosfla- schen. Ein optisches Kolorimeter, eine batteriegetriebene Zentrifu- ge, einige Instrumente und Test- streifen ergänzen die Ausrüstung.

Die Kiste kann auf dem chinesi- schen Massenverkehrsmittel, dem Fahrrad, transportiert werden.

Beigegeben ist ein Handbuch von 270 000 Wörtern. bt

Psychotherapie:

Konsequenzen

noch nicht abzusehen

„28 Verbände, Organisationen, Gewerkschaften sind für Mitte September vom Bundesministe- rium für Jugend, Familie und Ge- sundheit zu einem Hearing über den Entwurf eines Psychothera- peutengesetzes eingeladen wor- den — Konfrontationen wollte man sich jedoch wohl sparen, denn bei dieser Sitzung sind die zahlrei- chen existierenden Psychologen- vereine und Gruppen gar nicht da- bei. In der Tat: das Psychothera- peutengesetz birgt mancherlei Zündstoff, den man nicht zu einer

‚kritischen Masse' aufhäufen soll- te. Denn erstmalig wird der Be- reich der für die Ausübung der Heilkunde am Menschen berech- tigten Personen über die bisher al- lein dafür zuständigen Berufe der Ärzte und der Heilpraktiker ausge- weitet.... Im Prinzip haben die Ärzte gegen die therapeutische Tätigkeit von Psychologen nichts einzuwenden — betont: im Prinzip.

An vielen psychiatrischen Kliniken sind bereits heute klinische Psy- chologen tätig. Aber: sie arbeiten mit den Ärzten zusammen, thera- pieren auf Überweisung durch Ärzte, sind ihnen sozusagen nach- geordnet. Dagegen haben sich die Psychologen oft gewandt; sie wol- len mit den Ärzten gleichberech- tigt sein.

Allerdings können die Psycholo- gen ein ärztliches Argument nicht widerlegen: daß nämlich fast jede psychische Störung eine somati- sche Ursache haben kann, deren Erkennung für den auf diesem Ge- biet nicht ausgebildeten Psycholo- gen schwierig, wenn nicht unmög- lich ist. Das kann ein Hirntumor sein oder eine Stoffwechsel- oder Durchblutungsstörung. In einem solchen Fall aber hilft keine der psychologischen Therapierichtun- gen (die sich auch noch unterein- ander bis aufs Messer bekämp- fen), sondern nur eine entspre- chende somatische Behandlung mit Skalpell oder Medikament. Es

gibt Grenzfälle — aber: die Östro- genbehandlung einer klimakteri- schen Depression ist weit einfa- cher, sicherer und nicht zuletzt bil- liger als eine entsprechende Psy- chotherapie. Die Ärzte bestehen auf ihrer bevorrechtigten Mitwir- kung, weil sie fürchten, daß ein Psychotherapeut ohne ärztliche Ausbildung die körperlich beding- ten psychischen Erkrankungen verkennen und mit bloßer Psycho- therapie nicht nur nicht nützen, sondern sogar Schaden stiften könnte. Ob der letzte Satz der Tä- tigkeitsbeschreibung für die Psy- chotherapeuten im Gesetzentwurf des BMJFG diese ärztlichen Be- denken ausräumen kann, er- scheint höchst zweifelhaft; § 1 Ab-

satz 2 endet mit der Bestimmung:

,Soweit eine ärztliche Mitwirkung . . . wegen der Art der vermuteten oder festgestellten Erkrankung oder Störung des Patienten gebo- ten ist, ist dem Psychotherapeuten und der Psychotherapeutin die Ausübung nur unter ärztlicher Mit- wirkung gestattet.'

Fraglich geworden ist, ob ein wei- teres ärztliches Argument sich durchsetzen kann: es war bezwei- felt worden, ob die vom BMJFG- Entwurf geforderte dreijährige Zu- satzausbildung nach dem Psycho- logiediplom ausreiche. Für die Fachbezeichnung ,psychoanalyti- sche Medizin' war von den ärztli- chen Fachgesellschaften eine sechsjährige Weiterbildung nach Abschluß des Medizinstudiums vorgesehen worden; nach ihrer Ansicht hätte sich die psychothe- rapeutische Zusatzausbildung der Psychologen an diesem Modell ausrichten müssen. Der Ärztetag hat jedoch im Mai dieses Jahres in Mannheim diesen Vorschlag ver- worfen, aus Gründen übrigens, die mit dieser Auseinandersetzung

(12)

PRESSESTIMMEN

kaum etwas zu tun haben. Statt des ‚Facharztes' hat er Zusatzbe- zeichnungen eingeführt, die man mit dreieinhalb Jahren Weiterbil- dung erwerben kann. Wenn man von den erheblich unterschiedli- chen Ausbildungsvoraussetzun- gen von Arzt und Psychologen ab- sieht, ist damit eine weitgehende Vergleichbarkeit gegeben.

Daß hinter der ganzen Frage auch berufsständisch-wirtschaftliche Probleme stehen, ist selbstver- ständlich ... Schon seit Jahren wird, allerdings abhängig von ei- nem komplizierten Bewilligungs- verfahren, große Psychotherapie von den Krankenkassen bezahlt, wobei auch die Überweisung an Psychologen möglich ist und bis- weilen praktiziert wird. Insofern wäre die Einschaltung eines ge- setzlich definierten und mit einer staatlich geregelten Spezialausbil- dung ausgestatteten Berufsstan- des nichts Neues, sondern auf den ersten Blick sogar ein Fortschritt, weil die überweisenden Ärzte bes- ser wissen als bisher, an wen sie überweisen Die Deklarierung der Psychotherapeuten als selbständi- ger Heilberuf aber stellt die bis- herige Notwendigkeit ärztlicher Überweisungen in Frage: muß die- ser Heilberuf nicht für den Patien- ten ebenso frei zugänglich sein, wie ein Facharzt?

Den Krankenkassen kann das kaum recht sein, aber wenn sie den unmittelbaren Zugang zum Psychotherapeuten beschränken, dann kommt auch das bei uns exi- stierende Recht der freien Wahl des Facharztes ins Wanken. All diese wirtschaftlichen und sozial- versicherungsrechtlichen Proble- me sind in dem Entwurf des BMJFG nicht angesprochen; dafür ist es auch gar nicht zuständig, sondern das Arbeitsministerium.

Diese Auseinandersetzung liegt noch in der Zukunft; es ist zu be- fürchten, daß es dann erneut zu harten Kämpfen um das Kassen- arztrecht kommen wird: soll ein Psychotherapeut als Kassen-,Arzt`

zugelassen werden können?"

600 000 Patienten warten auf Behandlung

„... Das dreißigjährige Bestehen des britischen staatlichen Ge- sundheitsdienstes ist kein Grund zum Feiern. Es fehlen Geld, Gerä-

`jrantfurter3ligenteine

te, Ärzte und Pflegepersonal. Der staatliche Gesundheitsdienst hat sich zu einer unpersönlichen, bü- rokratischen Einrichtung entwik- kelt; Patienten und Ärzte haben das Vertrauen verloren. Darauf hat der Vorsitzende des britischen Ärzteverbandes, James Cameron, hingewiesen. Der Ärzteverband könne nicht in die amtlichen Lob- preisungen des Gesundheitsdien- stes einstimmen, da dieser selbst eine gründliche Heilkur brauche.

Der Mangel an finanziellen Mitteln werde auch im internationalen

ECHO

Zu: „Einnahmenorientierte Aus- gabenpolitik darf nicht zur Maxi- me werden" von Dr. med. Eckart Fiedler im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT, Heft 31/1978, Seite 1767 ff.

Gesundheitsberatung

„Gemeinsam prüfen Kassen- ärzte und Ersatzkassen, ob es sich empfiehlt, nicht nur die Kranken zu behandeln, sondern auch alle Gesunden zum Arzt zu schicken. Man denkt daran, alle Versicher- ten aufzufordern, ihren Arzt aufzusuchen, um sich um- fassend untersuchen und im Hinblick auf eine gesunde Lebensführung und -erhal- tung beraten zu lassen`. Dies teilte der Hauptgeschäfts- führer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Eckart Fiedler, mit ..." (Albert Mül- ler, in: „Die Welt" vom 11.

August 1978)

Vergleich deutlich: England wen- de jährlich etwa 6 Prozent seines Bruttosozialproduktes für Ge- sundheitspflege auf, andere west- europäische Länder hingegen 7 bis 8 Prozent von einem bedeu- tend höheren Sozialprodukt. Aus Anlaß des Jubiläums wird in der britischen Öffentlichkeit darauf hingewiesen, daß der staatliche Gesundheitsdienst gerade jetzt mehr Schwierigkeiten hat und we- niger Leistung bringt als jemals zuvor. Etwa 600 000 Patienten warten, viele schon über ein Jahr, auf Behandlung ..." J. Rh.

KV: Weiterhin

die notwendigen Arzneien

„Das Notwendige im Rahmen des Wirtschaftlichen sollten die nie- dergelassenen Ärzte auch weiter- hin verschreiben, wenngleich vom 1. Juli an ein weiterer Teil des Ko- stendämpfungsgesetzes wirksam wird. Denn die Gesamtausgaben für Medikamente dürfen für das zweite Halbjahr 1978 generell nur 3,5 Prozent über denen des Vor- jahres liegen. Es sei denn, es tre- ten unvorhergesehene Situationen wie etwa Grippe-Epidemien auf, die eine intensivere medikamentö-

DER TAGESSPIEGEL

se Behandlung erforderlich ma- chen. Die Ärzte fürchten nun, daß die Patienten ihnen den ständigen Blick zur Preisliste übelnehmen und sich schlechter versorgt vor- kommen könnten als bisher. Trotz eines drohenden Regresses will sich jedoch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung [Berlin, Dr. Peter Krein – Red.], wie er betonte, im Einzelfall vorbehal- ten, auch weiterhin im Interesse eines Kranken das jeweils teuerste Medikament für ihn auszuwählen;

dann nämlich, wenn die Wahl ei- nes billigeren Präparates die Ge- sundheit des Patienten gefährden würde. Nach diesem Prinzip zu verfahren, müsse jedem Kollegen auch in Zukunft freistehen."

1932 Heft 35 vom 31. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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ÄRZTEBLATT

Heft 35 vom 31. August 1978

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Die Anästhesie

im Geburtsland der Akupunktur

Impressionen aus China

Karl Hutschenreuter

Aus dem Institut für Anästhesie

der Universitätskliniken des Saarlandes

(Direktor: Professor Dr. med. Karl Hutschenreuter)

Die Anästhesietechniken in China unterscheiden sich von den bei uns vorherrschenden Methoden vor allem in zweier- lei Hinsicht. Erstens spielt die Akupunkturanästhesie in Chi- na eine sehr große Rolle, zweitens nehmen —sowohl bei Eingriffen an ambulanten als auch bei Eingriffen an statio- nären Patienten die Verfahren der Lokal- und der Leitungs- anästhesie breiten Raum ein.

Das Zahlenverhältnis von all- gemeinen zu örtlichen Betäu- bungen liegt genau umge- kehrt wie bei uns.

Dieser Bericht stützt sich auf eine vierwöchige medizinische Studien- reise nach China. Mitglieder einer

„Ärztedelegation der Bundesrepu- blik Deutschland" waren je ein Ver- treter der Chirurgie, der Orthopädie und der Anästhesiologie. Während unseres Aufenthaltes hatten wir in Peking, Schanghai und Kanton in einer Reihe von Krankenhäusern u. a. reichlich Gelegenheit zum Ken- nenlernen der in China herrschen- den Anästhesiemethoden.

Die chinesische Anästhesie ist — wie die gesamte chinesische Medizin — eine Kombination aus der traditio- nellen chinesischen Medizin und der westlichen Medizin.

Die Anästhesietechniken in China unterscheiden sich von den bei uns vorherrschenden insbesondere in zweierlei Hinsicht. Erstens spielt in China die Akupunkturanästhesie ei- ne sehr große Rolle, und zweitens nehmen — sowohl bei Eingriffen an ambulanten als auch an stationären Patienten — die Verfahren der Lokal- und Leitungsanästhesie einen sehr breiten Raum ein. So beträgt bei- spielsweise an unserem Institut in Homburg im klinischen Betrieb das Verhältnis von allgemeinen zu örtli- chen Betäubungen 87:13. In den chinesischen Krankenhäusern, die

wir besucht und kennengelernt ha- ben, ist das Verhältnis etwa umge- kehrt. Dort werden nur 10 bis 15 Prozent der Operationen an statio- nären Kranken in Narkose und 85 bis 90 Prozent in Lokal-, Leitungs- oder Akupunkturanästhesie ausgeführt.

Diese für unsere Begriffe sehr gerin- ge Bedeutung der Verfahren der All- gemeinbetäubung im Vergleich zu den Methoden der örtlichen sowie Akupunkturbetäubung hat meines Erachtens insbesondere folgende vier Gründe:

0

Der Chinese scheint von seiner Mentalität her im Durchschnitt eher dazu befähigt und auch bereit zu sein, einem Betäubungsverfahren zuzustimmen, welches zwar eine weitgehende, aber keine komplette Anästhesie herbeiführt. Diese grundsätzliche Einstellung und Hal- tung der Chinesen ist nach meinem Dafürhalten auch ein wesentlicher Grund für die hohe Erfolgsquote der Akupunkturanästhesie in diesem Land, die nach uns erteilten Infor- mationen bei über 90 Prozent liegen soll.

Die Möglichkeiten, welche die Verfahren der regionalen Anästhesie

— im weitesten Sinne des Wortes — bieten, werden bis an die Grenze

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Abbildung 1 (links oben): Einstich einer Touhy-Nadel zwischen C 7 und T 1 für eine zervikodorsale Katheterepiduralanästhesie bei einem 33jährigen Mann zur blutigen Reposition einer linksseitigen Luxatio sterno-clavicularis

Abbildung 2 (oben): Daumenersatzoperation (Zehenüberpflanzung) bei einem 24jährigen Mann in doppelter Katheterepidural- anästhesie (zwischen C 7 und T 1 und zwischen L 3 und L 4). Links vom Kopf des Patienten — in Tücher eingehüllt — auf beide Katheter aufgesetzte Spritzen mit dem Lokalanästhetikum. Die Anästhesistin hat vor sich das Anästhesieprotokoll und das Standgerät zur RR- Messung (Hg-Manometer)

Abbildung 3 (links unten): Junger Mann unter konservativer Aku- punkturbehandlung wegen Trigeminusneuralgie

Anästhesie und Akupunktur in China

Abbildung 4 (rechts unten): Linsenextraktion wegen Katarakt bei einem ca. 60jährigen Mann in Akupunkturanästhesie (Ohrakupunktur rechts) mit Elektrostimulation. Die Anästhesistin (rechts im Bild) hat kurz vorher zur Senkung des intraokulären Druckes Mannitol i. v. injiziert

1934 Heft 35 vom 31. August 1978

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 5 (oben): Etwa 25jährige Frau nach erfolgter Exstirpation einer Strumazyste in Akupunkturanästhesie (Ohrakupunktur bds.) mit Elektrostimu- lation

Abbildung 6 (unten): Komissurotomie der Mitralis wegen Mitraistenose bei einer 20jährigen Patientin in Akupunkturanästhesie mit Elektrostimulation.

Intrathorakaler Teil des Eingriffs eben beendet des ärztlich Vertretbaren und des

dem Patienten Zumutbaren ausge- schöpft.

(I)

Die technische Durchführung von Leitungsblockaden für operati- ve Zwecke hat im allgemeinen einen hohen Stand aufzuweisen, den man bei Anästhesisten und entsprechend vorgebildeten Angehörigen des Pflegepersonals in gleicher Weise findet.

• Zum Einsatz moderner Verfahren der Allgemeinbetäubung in unserem Sinne fehlen vielfach die wesentli- chen apparativen und instrumentel- len sowie auch personellen Voraus- setzungen. Die meist sehr beschei- den anmutende technische Ausstat- tung entspringt zweifellos einer ge- wissen Notlage, und man ist be- strebt — oder man muß vielleicht so- gar bestrebt sein —, aus dieser Not eine Tugend zu machen.

Replantation — eine Domäne der Regionalanästhesie

Eine Domäne für die Regionalanäs- thesie bilden unter anderem Replan- tationen. Diese werden in China an einigen Zentren — insbesondere am 6. Volkskrankenhaus in Schanghai — seit 1963 mit gutem Erfolg durchge- führt. Für derartige Eingriffe im Be- reich der oberen Extremität werden vor allem zwei Anästhesieverfahren praktiziert, entweder eine suprakla- vikuläre Plexusblockade oder eine hohe Epiduralanästhesie (mit Ein- stich zwischen C 7 und T 1), meist mit Katheter. Da diese Operationen mehrere Stunden dauern und eine einseitige Armplexusanästhesie für diese Zeit nicht ausreichen würde, wird erforderlichenfalls eine zweite, gleiche Blockade gesetzt oder nach supraklavikulärem Aufsuchen der Plexusstränge mit einer dicken Ka- nüle entsprechend dem Bedarf das Lokalanästhetikum nachgespritzt.

Vielfach wird für solche Operationen von vornherein eine zervikale Kathe- terepiduralanästhesie (KEDA) ange- legt (Abbildung 1). Diese in unserem Land und in unseren Kliniken ausge- sprochen ungewöhnliche Methode erfolgt — beispielsweise auch für

Eingriffe im Bereich der Schulter, des Schlüsselbeins oder des oberen Brustbeindrittels — mit derselben Technik, wie sie bei uns für eine Epiduralanästhesie (EDA) im Lum- bal- oder unteren Thorakalbereich gebräuchlich ist.

Auch eine Zehenüberpflanzung auf den Daumenstumpf mit einer neun- stündigen Operationsdauer erfolgte in Regionalanästhesie. Hierzu wurde an zwei Stellen eine KEDA angelegt, eine im Lumbalbereich zwischen L 3 und L 4 und die zweite im Zervikal-

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