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Archiv "„Sozialisierung auf Raten“" (07.10.1976)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Europäische Vereinigung Katholischer Ärzte

samtkonzeption muß der Staat das Solidaritätsprinzip durchsetzen.

Von Solidarität kann allerdings nicht die Rede sein, solange die sieben reichsten Länder der Welt 10-15mal mehr für die Gesundheit ausgeben als alle armen Länder in Afrika, Lateinamerika, Süd- und Ostasien zusammen. Der Pro-Kopf- Aufwand ist in den reichen Län- dern 50mal höher als in den ar- men. Neben dem Solidaritätsprin- zip muß der Staat das Subsidiari- tätsprinzip durchsetzen. Er darf dem einzelnen nicht jede Mitsorge abnehmen, weil er sonst vom So- zialstaat zum Wohlfahrtsstaat de- generiert. Die Bürger müssen sich bewußt werden, daß die Gesund- heit wie das Glück und das Leben zu jenen Gütern gehört, die letzt- lich unverfügbar sind und darum auch nicht eingeklagt werden kön- nen.

Geburtenregelung

Das Problem der Geburtenrege- lung hat heute durch neue Metho- den der Kontrazeption, die Verhin- derung der Nidation und die opera- tive Sterilisation, nicht nur für den Arzt, sondern auch für den Theolo- gen und Juristen erneut Aktualität bekommen. Zur gleichen Zeit be- stätigt Papst Paul Vl. bekanntlich in seiner Enzyklika „Humanae vi- tae" die traditionelle Lehre der Kir- che, wonach jeder direkte Eingriff in das Zeugungsgeschehen uner- laubt sei. Nach der Rechtsauffas- sung in der Schweiz, in Österreich, Schweden und jetzt auch in der Bundesrepublik Deutschland ist der Begriff „Leibesfrucht" an die Nidation gebunden. Die strafrecht- liche Konsequenz ist demnach, daß die Intrauterinspirale und die morn- ing after pill nicht mehr als Aborti- vum, sondern als Antikonzeptivum anzusehen sind. Da beide Me- thoden die Einnistung des be- fruchteten Eis verhindern, mensch- liches Leben aber mit der Ver- schmelzung von Ei- und Samenzel- le beginnt, widersprechen sie der ethischen Grundnorm von der Un- antastbarkeit menschlichen Le- bens. Ansonsten besteht ein ärztli-

cher Meinungskonsens in allen Ländern, daß keine Methode der Geburtenregelung von vornherein bevorzugt oder abgelehnt werden kann. Einige Untersuchungen in Österreich, Australien und zuletzt in England (Medical centre Bir- mingham) legen die Aufwertung der natürlichen Methoden nahe.

Als wie genau und sicher jedoch

ZITAT

„Sozialisierung auf Raten"

„Bei alledem werden wir auf der Hut sein müssen, daß nicht gleichsam durch die Hintertür eine ,Sozialisierung auf Raten' erfolgt. Denn wir kennen den Trend zur ge- setzlichen Einheitsversiche- rung mit anderen unverhoh- len ideologisch begründeten Forderungen, etwa nach dem ,Klassenlosen Kranken- haus'. Die Praxis sozialisier- ter Gesundheitssysteme mit ihrer unpersönlichen Fließ- bandbehandlung in Ambula- torien und Polikliniken, dem Wegfall des Hausarztsystems und der Hausbesuche, mona- telangen Wartezeiten auf Be- handlung und nicht zuletzt mit ihrer wirtschaftlichen Un- wirksamkeit müssen uns war- nen."

Dr. Gerhard Stoltenberg, schleswig-holsteinischer Mi- nisterpräsident, anläßlich des 50jährigen Bestehens der

„Landeskrankenhilfe" in Lü- neburg am 24. August 1976

die präovulatorische Schleimbe- schau, die Temperaturmethode oder die Amalgamierung beider Metho- den gelten können, ist noch nicht erwiesen.

Nach ärztlicher Meinung sollte man der Methode den Vorzug geben, die neben Verläßlichkeit und Un- schädlichkeit sich dadurch aus-

zeichnet, daß sie der menschlichen Würde gerecht wird. Weder juri- stisch noch moraltheologisch gibt es ernstliche Einwände gegen die therapeutische oder indirekte Ste- rilisierung als Nebenwirkung von operativen Eingriffen zur Verhü- tung oder Heilung von Krankhei- ten. Die prophylaktische Sterili- sierung mit strenger medizinischer Indikation ist theologisch und juri- stisch problemlos. Auch die soziale Indikation ist nach strengsten Kri- terien vertretbar, während die so- genannte Gefälligkeitssterilisation grundsätzlich abgelehnt werden muß. Die Problematik der eugeni- schen Indikation, die eine makabre Hypothek aus jüngster Vergangen- heit belastet, ist in allen Kulturstaa- ten erkannt und Gegenstand inter- disziplinärer Erwägungen, die in ei- nigen Sterilisationsgesetzen eine sinnvolle Lösung gefunden haben.

Euthanasie

Daß die Legalisierung des Schwan- gerschaftsabbruchs aus anderen als medizinischen Gründen in fast allen Ländern gegen das Votum der Ärzte erfolgte, .gab diesem Kon- greßbeitrag und dessen Diskussion offensichtlich den Charakter eines Epilogs. Um so wichtiger scheint die weltweite Aufnahme der ärzt- lichen Diskussion über den Ver- such einer Legalisierung der Eu- thanasie, wie sie sich schon in manchen Ländern deutlich ab- zeichnet. In keinem Land ist Eutha- nasie gestattet. In manchen Län- dern hat sie jedoch einen eigenar- tigen pseudohumanitären Erlaub- nisstatus. Wehret den Anfängen!

Seit Jahrzehnten schon bemüht sich das englische Oberhaus in wie- derholten Gesetzesvorschlägen um eine Legalisierung der Euthanasie.

In der Motivation zu diesen Geset- zesvorlagen wird sogar Sir Thomas Morus bemüht, der im zweiten Buch seiner „Utopia" das Euthana- sieproblem kurz, aber mißver- ständlich erwähnt hat. Gegen alle Versuche einer Legalisierung der Euthanasie muß die christliche Ärzteschaft in ihrer Einstellung un-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 41 vom 7. Oktober 1976 2597

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