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Archiv "Sterbehilfe: Der Tod gehört zum Leben" (03.10.2014)

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STERBEHILFE

Äußerungen des EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider haben die Debatte über organisierte Sterbehilfe neu entfacht (DÄ 35–36/ 2014:

„Schmerzfreiheit ist immer möglich“ von Gisela Klinkhammer).

Immer zuerst an den Hausarzt wenden

. . . Was sollen denn die Schwerstkranken tun, denen die beste palliative Therapie nicht mehr nützt und die nur noch den einen Wunsch haben zu sterben. Sollen sie die er- hoffte ärztliche Hilfe im Ausland suchen?

Sollen sie sich an anonyme Sterbehilfe-Or- ganisationen wenden? Sollen sie sich auf oft brutale Art selbst umbringen? Diese sind keine akzeptablen Alternativen. Der richtige Ansprechpartner für den Patienten ist der Hausarzt, den er vielleicht schon viele Jahre kennt. Dieser kann Bedenkzeit erbitten, de- pressive Phasen ausschließen, vor allem die Schmerztherapie verbessern und nur als Ulti- ma Ratio die Sterbehilfe anbieten. Aller-

dings darf der Arzt keine juristischen Konse- quenzen befürchten müssen. Dazu ist es not- wendig, dass berufsrechtlich der assistierte Suizid gestattet wird und dass strafrechtlich auch die aktive Sterbehilfe legalisiert wird, zumal diese von der passiven Sterbehilfe oft schwer zu differenzieren ist und häufig unter dem Deckmantel der indirekten Sterbehilfe vorgenommen wird.

Wenn der verzweifelte Patient weiß, dass er sich vertrauensvoll an seinen Hausarzt wenden kann und dieser im schlimmsten Fall Sterbehilfe leisten darf, kann und wird, dann wird er beruhigt sein, und nicht selten nimmt er diese Hilfe gar nicht in Anspruch . . .

Prof. Dr. med. Claus Werning, 50226 Frechen

Der Tod gehört zum Leben

Der Präsident der Bundesärztekammer spricht von vielen Möglichkeiten, die die Medizin zur Begleitung Sterbender hat und stellt fest, „da müssen wir ansetzen und Hilfe

zum Leben, nicht zum Sterben geben.“ Ei- nem Sterbewilligen und Sterbenden Hilfe zum Leben anzubieten, ist ein seltsamer Vor- schlag. Der Tod gehört zum Leben. Damit haben sich viele Menschen beschäftigt und in ihren Patientenverfügungen extensive in- tensivmedizinische Maßnahmen abgelehnt.

Kollege Montgomery klammert den Tod ein- fach aus: „Wir möchten nicht die Profis für den Tod sein. Wir sind die Profis für das Le-

Leserbriefe können per E-Mail an die Adresse leserbriefe@aerzteblatt.de gerich- tet werden. Sie können nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leser- brief“ bezeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse).

Die Redaktion behält sich ohne weitere Mit teilung vor, Leserbriefe zu kürzen.

E-MAIL

B R I E F E

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A 1704 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 40

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3. Oktober 2014 ben.“ Wenn wir uns als Ärzte dieser Vorgabe

anschließen und uns bis auf eine nicht von allen Patienten gewünschte Palliativmedizin verweigern, werden wir auch in Zukunft „ei- ne Abstimmung mit den Füßen“ in andere Länder erleben. Die in diesem Zusammen- hang benutzte Bezeichnung als „Selbstmord- touristen“ diskreditiert wegen der Missach- tung verzweifelter Menschen das Anliegen der erwähnten Züricher Studie . . .

Den seriösen Argumenten der Politikerin Reimann und des Bundestagsvizepräsi- denten Hintze sollte man mehr Aufmerk- samkeit schenken. Der Stellungnahme der christlichen Kirchen, nach der „eine vor- zeitige, direkte und gewollte Beendigung des Lebens bedeutet, das unantastbare Recht des Menschen auf sein Dasein zu verletzen und damit einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellt“, kann ich nicht folgen. Es verstößt im Gegenteil ge- gen die Menschlichkeit und die Würde des Sterbenden, ihn gegen seinen Willen am Leben zu erhalten. Dem Wunsch der Ehe- frau nach Sterbehilfe würden sich nicht einmal der Ratsvorsitzende der Evangeli- schen Kirche und der Vorsitzende der Deutschen Palliativstiftung verschließen!

Dr. med. Stefan Günther, 20148 Hamburg

Schmerzfreiheit ist nicht immer möglich

Nicht nur die Äußerungen des EKD-Rats- vorsitzenden Nikolaus Schneider haben die Debatte über organisierte Sterbehilfe neu entfacht, vielmehr auch die Entwicklungen der Intensivmedizin, welche in manchen Fällen bei mangelnder ärztlicher Reflexion in eine unmenschliche Maschinerie überge- hen kann. Die Fortschritte der Schmerzme- dizin und der Palliativbehandlung sind ganz

erheblich, doch mangelt es noch vielerorts an der Umsetzung erworbenen Wissens.

Als in den 1980er Jahren im Zusammen- hang mit den Sterbehilfe- beziehungsweise Tötungsaktionen von Prof. Dr. Julius Hacke- thal ähnliche Diskussionen entbrannten, nahm ich dagegen eindeutig öffentlich Stel- lung und war der Auffassung, man könnte in allen Fällen unerträglichen Schmerz lindern.

Die durchgehende Erfahrung mit chroni- schen Schmerzpatienten und Sterbenden seither haben jedoch gezeigt, dass es in Ex- tremfällen leider nicht gelingt, unerträgli- ches Leiden hinreichend zu mildern, so etwa bei (den seltenen) Locked-in-Syndromen, bei denen nur über die Augenbewegung eine Kommunikation möglich ist oder bei schmerzhaften hohen Querschnittsyndro- men. Während dabei vor Jahrzehnten über 90 Prozent der Betroffenen nach kurzer Zeit verstarben, überleben heute über 90 Prozent schwere HWS-Schädigungen.

Der Präsident der Bundesärztekammer Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery hat si- cher recht, dass wir Ärzte „Hilfe zum Le- ben geben, nicht Hilfe zum Sterben“, doch ist Schmerzfreiheit bei erhaltenem Be- wusstsein eben nicht immer möglich: Bei der zunehmenden Allergisierung gibt es auch Menschen, welche praktisch kein Analgetikum hinreichend gut vertragen, was die Problematik verschärft. Schmerz- freiheit ist also nicht immer möglich!

Ein Teil der Betroffenen zieht den Tod ihrem anhaltenden Leiden vor. Wiederum ist dem Ärztepräsidenten zuzustimmen, wenn er ausführt, „wir möchten nicht die Profis für den Tod sein!“. Doch ist die Hilfe zum Tod nach dem Schweizer Modell für eine Mino- rität der Betroffenen ein Ausweg in mensch- licher Würde und Autonomie. Dabei müssen nicht Ärzte die Tatherrschaft übernehmen.

Priv.-Doz. Dr. med. Roland Wörz, 76669 Bad Schönborn

Wer kann helfen?

Im Rahmen einer Literaturrecherche zu mechanischen Hilfsmitteln der Herz- druckmassage sind wir auf Hinweise ge- stoßen, dass Anfang der 1960er Jahre die in Palo Alto/California, USA, ansässige Firma Corbin-Farnsworth ein in Deutsch- land unter dem Namen „Wiederbele- bungswagen MAX“ vertriebenes Gerät vermarktet hat. Das Gerät soll unter ande- rem im Universitätskrankenhaus Ham- burg-Eppendorf und am Krankenhaus St. Georg Hamburg im Einsatz gewesen

sein. Sicherlich wurde es noch an andere große Krankenhäuser in Deutschland, der Schweiz oder Österreich ausgeliefert. Die Autoren würden gerne weitergehende In- formationen über die Anwendungspraxis mit diesem Gerät in Erfahrung bringen.

Auch wäre es interessant zu wissen, ob ein solches Gerät noch existiert. Wir wä- ren sehr dankbar über eine Kontaktauf- nahme über s.gassner@uke.de

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Goerig, Dr. med. Sebastian Gassner,

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poli- klinik für Anästhesiologie, 20246 Hamburg

In straffer Form, angereichert durch relevante Zitate, werden die (unter) gesetzlichen Normen dargelegt, die unter den Gesichtspunkten von Ökonomie und Fortschritten der Medizin die gesundheitliche Ver- sorgung in Deutschland regeln. Da- bei werden die nach dem Grundge- setz vorgegebenen Zuständigkeiten erläutert, die Akteure und ihr Zu- sammenwirken unter genauer An- gabe ihrer Verantwortlichkeiten – vom Erlass bindender Richtlinien

bis hin zur bloßen Mitberatung – vorgestellt und schließlich die un- terschiedlichen Auswirkungen des Regelwerkes auf die Krankenversi- cherung abgeleitet.

So kompetent in das komplizier- te System der Regulierungen ein - geführt, findet der Leser in einem eigenen Kapitel „Diskussion“ eine größere Zahl von Entscheidungen zuständiger Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Diese Entscheidungen dienen einerseits der klarstellenden Interpretation der Gesetzestexte, dienen andererseits der Konkretisierung der oft schmale Linie zwischen „Ökonomie“ und

„medizinischer Notwendigkeit“.

Der Autor, Anatom und langjähri- ger Rektor der Bonner Universität, lässt an zahlreichen Stellen die ethi- sche Relevanz der dargestellten Normen anklingen, ohne im Rah- men des Themas darauf näher ein- gehen zu können. Der Rezensent hofft, dass die Leser der gelungenen Darstellung zum Nachdenken auch über diese ethischen Gesichtspunk- te und den Wandel der medizini- schen Versorgung vor dem Hinter- grund ökonomischer Vorgaben an- geregt werden. Elmar Doppelfeld MEDIZINISCHE VERSORGUNG

Gelungene Darstellung

bl ß Mi b bl ß Mi b Kurt Fleischhauer:

Die Regulierung der medizinischen Versorgung in Deutschland.

LIT, Berlin 2014, 235 Seiten, kartoniert, 34,90 Euro

B R I E F E / M E D I E N

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