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Archiv "Lexikon: Sterbehilfe" (04.02.2005)

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ine immer größer werden- de Gruppe in Deutsch- land niedergelassener All- gemeinmediziner und prak- tischer Ärzte zieht es am Wo- chenende nach England, um dort bis zu 35 Stunden zu ar- beiten. Die Motivation? Ja richtig: das Geld. In den Kel- ler rauschende Punktwerte, nicht mehr bezahlte Zusatz- leistungen und wegen der Praxisgebühr zurückgehende Patientenzahlen haben bei nicht wenigen Ärzten zu schmerzlichen Einkommens- einbußen geführt.

Dr. W. aus Münster (56) beispielsweise konnte bisher von seiner 1000-Scheine-Land- arztpraxis ganz gut leben, ist sich allerdings inzwischen nicht mehr sicher, ob die Pra- xis in zwei Jahren noch einen akzeptablen Verkaufswert hat.

Nach einigen Monaten Insel- hopping hat er seine Praxis lieber jetzt schon zum Verkauf angeboten. Dr. S. aus Kiel (37) hatte eigentlich fest vor, sich nach sechs Monaten England in der Nähe von Kiel nieder- zulassen. Nach eingehender Betrachtung des deutschen Praxismarktes und der sich seiner Meinung nach weiter verschlechternden Situation für Allgemeinärzte hat er sich dazu entschlossen, erst einmal

abzuwarten und am Wochen- ende zusätzliches Geld in Newcastle zu verdienen. Dies gibt ihm auch die Möglichkeit, seinen Sohn unter der Woche öfter zu sehen. Dass er nicht in Deutschland Wochenend- dienste absolviert, erklärt er mit dem schlechteren Ver- dienst infolge rückläufiger Pa- tientenzahlen im Notdienst (dieses Problem tritt in Eng- land nicht auf, weil hier Stun- denlohn bezahlt wird). Dr. H.

aus Schleswig Holstein hatte

ähnliche Pläne, nämlich eine Landarztpraxis in der Nähe von Lübeck zu kaufen. Inzwi- schen arbeitet er ausschließ- lich drei Tage die Woche fest in einer Praxis in der Nähe von Stansted und hat seine Praxis in Oldenburg (die nach der Streichung der Homöopa- thie- und Naturheilkunde- Leistungen in der Gesetzli- chen Krankenversicherung einen 40-prozentigen Rück- gang der Patientenzahlen zu verzeichnen hatte) wieder ab- gegeben.

Neben der neuen berufli- chen Herausforderung ist für die meisten Ärzte vor allem die finanzielle Situation in Deutschland ausschlaggebend dafür, in England Wochen- enddienste zu leisten. Ärzte in England werden einfach besser bezahlt. Dies ist unter anderem darauf zurückzu- führen, dass der Zusammen- halt innerhalb der Ärzte- schaft traditionell besser ist.

Beispielsweise wiesen die eng- lischen Fachärzte den vom Gesundheitsministerium aus- gearbeiteten „Contract“ mit Mehrheit zurück und erreich- ten so eine saftige Nachbesse- rung. Hausärzte bekamen ei- ne 20-prozentige Gehaltser- höhung (Durchschnittsver- dienst etwa 100 000 Pfund im Jahr) und sind nicht mehr für die 24-Stunden-Versorgung ih- rer Patienten verantwortlich.

Attraktiv ist für die Deut- schen das Inselhopping auch wegen der guten und preis- werten Flugverbindungen, garantierter Stundenbezah- lung (wobei nicht nach der Zahl der Patienten abgerech- net wird) und der gut struk- turierten Organisation der meisten Notdienste. Agentu- ren sorgen für Unterkunft und Transport vor Ort. Eini- ge Organisationen wie Medi- cal Transfer Services oder die Anglo German Medical So- ciety bieten Weiterbildungen und Einführungskurse an.

Die Hemmschwelle, sich in einem völlig unterschiedli- chen System bewähren zu müssen, scheint für die mei- sten Ärzte nicht sonderlich hoch zu sein. Zu beachten sind allerdings die doch er- heblichen Systemunterschie- de, sodass eine gute Ein- führung unerlässlich ist. Der National Health Service bie- tet neben einer guten Bezah- lung eine feste Anstellung ohne Risiko oder Eigenin- vestment, flexible Arbeits- zeiten und geringere Arbeits- belastung als hierzulande.

Als weitere Pluspunkte einer regelmäßigen Vertretertätig- keit in England nennen die pendelnden Kollegen „Ab- wechslung vom Praxisall- tag“, „Tapetenwechsel“ und

„dankbarere Patienten“.

Dr. med. Winfried Brenneis S T A T U S

A

A312 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 5⏐⏐4. Februar 2005

Wochenenddienste in England

Money talks – gut

bezahltes Inselhopping

Mit Sterbehilfe kann zum einen Sterbebegleitung gemeint sein. Sterbehilfe in diesem Sinne besteht in der Unterstüt- zung Sterbender durch Pflege, schmerzlindernde Behand- lung sowie menschliche Zuwendung und ist als dringendes Erfordernis im Umgang mit Sterbenden unumstritten. Zum anderen kann mit Sterbehilfe aber auch „Hilfe zum Ster- ben“ gemeint sein. Sterbehilfe meint dann

das Töten oder Sterbenlassen eines schwer Kranken oder sterbenden Menschen auf-

grund seines eigenen ausdrücklichen oder mutmaßlichen Verlangens. In der Diskussion werden häufig vier Formen von Sterbehilfe im Sinne einer „Hilfe zum Sterben“ unter- schieden: 1. Passive Sterbehilfe: Verzicht auf lebensverlän- gernde Maßnahmen (unter Beibehaltung von Grundpflege und schmerzlindernder Behandlung), 2. indirekte Sterbe- hilfe: schmerzlindernde Behandlung unter Inkaufnahme eines (nicht intendierten) Lebensverkürzungsrisikos, 3. Bei- hilfe zum Suizid: Hilfeleistung zur Selbsttötung, zum Bei- spiel durch Beschaffung und Bereitstellung des tödlichen Medikaments, 4. aktive Sterbehilfe: absichtliche und aktive Beschleunigung oder Herbeiführung des Todeseintritts. In

Deutschland ist die Sterbehilfe nicht Gegenstand expliziter gesetzlicher Regelungen. Im konkreten Fall wird geprüft, ob die den Fremdtötungsparagraphen 211 (Mord), 212 und 213 (Totschlag) und 216 (Tötung auf Verlangen) des Strafgesetzbuches zugrunde liegenden Tatbestände erfüllt sind. In den „Grundsätzen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung“ von 2004 wird die „gezielte Lebensverkürzung durch Maßnahmen, die den Tod her- beiführen oder das Sterben beschleunigen“ als aktive Sterbehilfe und somit als „unzulässig und mit Strafe be- droht“ abgelehnt. Lebensverlängernde Maßnahmen kön- nen jedoch nach den Grundsätzen der Bundesärztekam- mer entsprechend dem erklärten oder mutmaßlichen Wil- len des Patienten abgebrochen oder ihre Anwendung un- terlassen werden, wenn sie „nur den Todeseintritt verzö- gern und die Krankheit in ihrem Verlauf nicht mehr aufge- halten werden kann“. In Belgien und den Niederlanden gelten Tötung auf Verlangen und ärztliche Beihilfe zum Suizid nicht als strafbar, wenn der Arzt bestimmte Voraus-

setzungen erfüllt hat. Kli

Sterbehilfe

L E X I K O N

Foto:BilderBox [m]

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