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Wirtschaft aktuell 02/2005

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Wirtschaft aktuell 02/2005

Stabilitäts- und Wachstumspakt

Der „heilige Pakt“ muss reformiert werden!

Der Bundeskanzler ist vom Lager der Beschützer des Stabilitäts- und Wachs- tumspaktes in das der Reformer gewechselt! Auch viele andere europäische Politiker haben die bittere Wahrheit erkannt. Der Stabilitäts- und Wachstums- pakt in seiner heutigen Form ist ein Hemmnis für Wachstum und Arbeitsplätze.

Die willkürliche Begrenzung der staatlichen Neuverschuldung auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verhindert, dass der Konjunktur in Krisen und Stagnationszeiten Luft zum At-men bleibt. An einer Reform des Pakts führt kein Weg vorbei!

Endlich ist die Mehrzahl der EU-Länder in der Realität angekommen! Der vom Bun- desbank Vize Jürgen Stark und anderen verteidigte Stabilitäts- und Wachstumspakt ist alles andere als ein Segen für die Wirtschaft der EU. Statt - was eigentlich die Aufgabe der Fiskalpolitik ist, konjunkturelle Schwächephasen zu entschärfen und die öffentliche Infrastruktur in Schuss zu halten, verschärft der Pakt Rezessionen und Stagnationen und trägt damit zu neuer Arbeitslosigkeit bei.

Keine Schulden zu machen entspricht vielleicht der deutschen Vorsichtsmentalität.

Und daher kommt der Pakt bei vielen gut an. Das ist dann aber auch sein einziger Vorteil! Denn die Neuverschuldungsregel ist, so unflexibel wie sie konstruiert ist - wie der italienische Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi sagte - dumm.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt verhindert in seiner jetzigen Form Wachs- tum und Beschäftigung. Die Ursache liegt in ökonomischen Konstruktionsfehlern.

Die mechanische Drei-Prozent-Defizitquote (Anteil des staatlichen Haushaltsdefizits am Bruttoinlandsprodukt) ist politisch gewollt, aber keineswegs ökonomisch fundiert.

4,9 30,7

44,8 48,2

55,7 60,8 64 64,9 65,9 71,7

95,8

106,0 112,2

65,0 169,4

Quelle: EU -Kom m is s ion

Öffentlicher Schuldenstand in der Euroz one 2004

A nteil der B ruttosc hulden in P rozent des Bruttoinlandsprodukts

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IG Metall Vorstand - Wirtschaft-Technologie-Umwelt - 60519 Frankfurt am Main 31. Januar 2005 Kontakt: Tel. 069-6693-2641 Fax: 2512 mail: WI@igmetall.de www.igmetall.de/download Die meisten Mitgliedsländer der Europäischen

Währungsunion (EWU) leiden zur Zeit an Defiziten.

Einige - darunter die großen Industrieländer Deutschland, Frankreich und Italien überschreiten die Defizit-Grenze von drei Prozent. Das ist nicht die Folge staatlicher Schlamperei. In erster Linie ist dies auf die schwache Konjunkturentwicklung der Länder zurückzuführen.

Die Drei-Prozent-Defizitregel des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist unflexibel gestaltet.

Sie berücksichtigt nicht, dass die Höhe des Defizits in vielen Fällen konjunkturbedingt ist. Der Finanz- minister kann machen was er will: in der Rezession versiegen die Steuereinnahmen und die Sozial- ausgaben steigen an. Mit einer Begrenzung der Neuverschuldung wird ihm die Möglichkeit ge- nommen, mit Staatsausgaben antizyklisch und wir- kungsvoll die Konjunktur zu stabilisieren. Und noch schlimmer: Um die Defizit-Regel einzuhalten, spart er bei den öffentlichen Zukunftsinvestitionen. Das geht dann erst Recht zu Lasten von Wachstum und Arbeitsplätzen!

Die IG Metall schlägt vor:

Neue Ausgestaltungsregeln des Paktes

Die IG Metall steht zu den Grundsätzen einer sta- bilitätsorientierten Führung der öffentlichen Haus- halte. Das bedeutet aber nicht, dass der Stabili- täts- und Wachstumspakt von 1997 nicht angerührt werden darf. Im Gegenteil: Reformen sind nötig, damit er funktioniert und vor allem: damit er Wachstum nicht verhindert!

1. Am Besten wäre es, die Drei-Prozent- Defizitregel ersatzlos zu streichen. Diesen Vor- schlag hat bereits das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Düsseldorf (IMK) gemacht. Statt dessen sollte der Schuldenstand eines Landes der zentrale Bewer- tungsmaßstab für Stabilität werden. Dabei geht es besonders um die Entwicklung der Schul- denstandsquote - das ist der Anteil der Staats- schulden am Bruttoinlandsprodukt. Die Zielmarke des Schuldenstandes sollte länderspezifisch fest- gelegt werden. Es geht nicht darum, dass ein Staat diese Zielmarke sofort erreicht haben muss. Es muss vielmehr in einer Konsolidierungsstrategie erkennbar sein, dass sich ein Land in diese Rich- tung bewegt. Das lässt sich mit einem definierten

„Ausgabenpfad“ erreichen. Die Begrenzung der Schuldenlast soll verhindern, dass die staatlichen Zinslasten zu hoch werden. Zu hohe Schulden füh-

ren zu hohen Zinsen. Darunter leiden Investitionen und Konsum.

Der im Stabilitäts- und Wachstumspakt unterstellte Zusammenhang zwischen Budgetdefizit und Inflati- onsraten gilt nur sehr eingeschränkt. Nur dann, wenn eine Regierung sich bei der Notenbank verschulden kann, können staatliche Defizite unmittelbar zur Infla- tion führen. Mit der Einrichtung der Europäischen Zentralbank ist eine Verschuldung einzelner Staaten bei der Notenbank nicht mehr möglich.

2. Ausgabebeschränkungen sollten nur für Staatsausgaben gelten, die nicht konjunkturell be- dingt sind. Solche Staatsausgaben sollten etwas langsamer wachsen als das Bruttoinlandsprodukt im langfristigen Durchschnitt.

3. Von Ausgabebeschränkungen ausgenommen werden sollten konjunkturabhängige Staatsausga- ben wie Arbeitslosengeld und andere Sozialtrans- fers. Diese Ausgaben wirken in Krisenzeiten stabi- lisierend.

4. Das Gleiche gilt für Zukunftsinvestitionen - das sind öffentliche Infrastrukturinvestitionen, Aus- gaben für Bildung, Forschung und Entwicklung.

Zukunftsinvestitionen stärken das zukünftige Wachstum und sind Voraussetzung für neue Ar- beitsplätze.

5. Ein Konsolidierungsprozess der staatlichen Fi- nanzen darf keinesfalls durch Steuersenkungen konterkariert werden. Damit entzieht der Staat sei- ne eigene Finanzierungsbasis. Genau dies ist in der Bundesrepublik geschehen.

Ein Pakt, der auf diesen fünf Punkten aufbaut, stärkt das Wachstum, ohne die Haushaltsdisziplin und Geldwertstabilität zu gefährden. Die Regeln sind praktikabel. Panikmache der Reformgegner ist fehl am Platz.

Aller Voraussicht nach wird eine Reform des Stabi- litäts- und Wachstumspaktes nur dann politisch durchsetzbar sein, wenn der Wortlaut des Paktes nicht verändert wird.

Für diesen Fall schlägt die IG Metall vor, auf jeden Fall sowohl kreditfinanzierte Zukunftsinvestitionen als auch konjunkturbedingte Mehrausgaben wie Sozialtransfers bei der Berechnung des Defizits auszuklammern. Auch Steuersenkungen im Kon- solidierungsprozess sollten ausgeschlossen wer- den!

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