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Archiv "Aktive Sterbehilfe im Fernsehen: Tod zur besten Sendezeit" (22.12.2008)

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ehr als 230 000 Menschen verfolgen am 11. Dezember den Selbstmord von Professor Craig Ewert im britischen Pay-TV-Sender

„Sky Real Lives“. Der 59-Jährige lei- det an amyotropher Lateralsklerose (ALS), kann weder gehen noch sei- ne Arme bewegen und muss künst- lich beatmet werden. Mithilfe der Organisation Dignitas beendet er im September 2006 sein Leben in einer Schweizer Klinik. Ewerts letzte Stunden bis zu seinem Tod hält der Regisseur John Zaritsky mit der Ka- mera fest.

Sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland gibt es nach der Ausstrahlung von „Right to die?“

(Originaltitel: „The Suicide Tour- ist“) heftige Kritik an dem Doku- mentarfilm. „Wenn das Sterben öf- fentlich inszeniert wird, verliert der Sterbende seine Würde“, sagt Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer.

„Auch eine TV-Dokumentation muss da ihre Grenzen finden, wo die Indi- vidualität des Sterbens beginnt.“

Eugen Brysch, Vorstand der Deut- schen Hospizstiftung, spricht von einer verwerflichen und voyeuristi- schen Inszenierung. „Es handelt sich um eine brandgefährliche Werbung für einen Verein, der mit stümper- haften Mitteln seine zynischen Ziele verfolgt“, erklärt Brysch.

Der Sender verteidigt hingegen den Film: „Das Thema betrifft im- mer mehr Menschen, und die Doku- mentation gibt einen informativen, gut verständlichen und lehrreichen Einblick in die Entscheidungen, die manche Menschen treffen müssen“, argumentiert Barbara Gibbon, Che- AKTIVE STERBEHILFE IM FERNSEHEN

Tod zur besten Sendezeit

A2742 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 51–52⏐⏐22. Dezember 2008

sterben, als so zu leben, und seine ge- sunde Frau ebenfalls. Sie kann sich ein Leben ohne ihren Mann nicht vorstellen. Doch die Sterbehilfeorga- nisation lehnt es ab, dem Ehepaar den Giftcocktail zu verabreichen.

Zaritskys Dokumentation gilt als klare und nüchterne Auseinanderset- zung mit dem Thema, aber sie ist, so wie Ewert es wollte, ein Plädoyer für den assistierten Suizid. „Craig war Lehrer“, sagt seine Frau Mary Ewert. „Und man kann sagen, er hat diesen Film als Lehrer gemacht.“

Ein Suizid wäre in Ewerts Fall gar nicht notwendig gewesen. Denn nie- mand, der bei klarem Bewusstsein ist, darf gegen seinen Willen beatmet werden. „Begleitet von Ärzten und mit entsprechenden Medikamenten versorgt, wäre ein sanfterer Tod möglich gewesen, wenn einfach die Beatmung eingestellt worden wäre.

Diese Möglichkeit hätte auch in Großbritannien oder in Deutschland bestanden“, stellt Brysch klar.

Alternativen zu Ewerts Entschei- dung werden im Film nicht aufge- zeigt. Dass ihm das Ehepaar Coum- bias gegenübergestellt wird, schafft nur auf den ersten Blick einen Gegen- pol. Auch wenn sie, verglichen mit dem ALS-Patienten, wie „Selbst- mordtouristen“ aussehen, haben sie sich doch genauso für den Suizid ent- schieden. Eine ausgewogene Darstel- lung hätte jemanden gebraucht, der trotz einer terminalen Erkrankung weiterleben will und nicht einen be- quemen Tod wählt. Beispielsweise leidet der Physiker Stephen Hawking seit Jahrzehnten an einer degenerati- ven Muskelerkrankung und kann sich nur über einen Sprachcomputer ver- ständigen. Trotzdem führt er ein er- folgreiches Leben. Gerade ALS-Pati- enten empfinden auch im Endstadi- um ihre Lebensqualität als gut, auch wenn sich das ein Außenstehender kaum vorstellen kann (DÄ, Heft 23/2008).

Die Debatte um den assistierten Suizid und die Organisation Digni- tas ist durch den Film neu entfacht worden. Seine Ausstrahlung wirft aber vor allem die Frage auf, in- wieweit der Tod eines Menschen von den Medien verwertet werden

darf. n

Dr. rer. nat. Marc Meißner

Das britische Fernsehen zeigt eine umstrittene Dokumentation zur aktiven Sterbehilfe und löst damit eine Kontroverse über moralische Grenzen der Medien aus.

Szenen aus „The Suicide Tourist“:

Die Ehepaare Ewert und Coumbias wenden sich an die Sterbehilfeorganisa- tion Dignitas und lassen sich dabei von einem Kamerateam begleiten.

Fotos:Point Grey Pictures

fin von „Sky Real Lives“. Auch Uwe Kammann, Direktor des Adolf- Grimme-Instituts, unterstützt die mediale Darstellung von Sterben und Tod, denn das Fernsehen müsse

„auch existenzielle Fragen des menschlichen Lebens zeigen kön- nen, wenn es mit Würde geschieht und wenn die Hintergründe be- leuchtet werden“.

Der Film begleitet zwei Paare, die sich an Dignitas wenden. Neben Craig und Mary Ewert werden auch George und Betty Coumbias, beide über siebzig und zweifache Eltern, gezeigt: George kann nach mehreren Herzinfarkten weder Tennis spielen noch sexuell aktiv sein. Er will lieber

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