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Archiv "Apels vorläufige Entscheidung zum „Sanitätsmodell“: Silberstreifen am Horizont: Gefährliches Nebeneinander" (14.12.1978)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FORUM

Gefährliches Nebeneinander

Was sich als „fortschrittliches Sani- tätsmodell" präsentiert, muß dem Leser als perfektionistische Lösung erscheinen, die die emotionalen Faktoren, die in der Gemeinschaft der Truppe schon im Frieden und erst recht im Ernstfall eine nicht un- wesentliche Rolle spielen, weitge- hend unberücksichtigt läßt. Mir er- scheint es fraglich, ob dieses Modell insbesondere der Wirklichkeit des Ernstfalles mit seinen vielfältigen psychischen Belastungen gerecht wird und ob nicht mit dem Neben- einander von Truppe und Sanitäts- dienst für beide Teile, gerade in rasch wechselnden, unüberschau- baren Situationen, Gefahren herauf- beschworen werden, die durch ein Miteinander, durch die feste Bin- dung von kämpfender Truppe und Sanitätsdienst in einer (!) Einheit weitgehend ausgeschaltet wären. — Bei einer selbständigen Sanitätsein- heit müßte eine eigene taktische Führung bestehen, auch eigene Feindaufklärung betrieben werden, um sich lagegerecht verhalten zu können, während die in der Brigade oder der Division eingebettete Sani- tätseinheit von dieser mit geführt würde. Mit zeitweiligen, also auch wechselnden Unterstellungen ist es nicht getan. Diese können weder das für kritische Lagen nötige Ver- trauensverhältnis mit sich bringen

noch die Einsatzfreudigkeit des ei- nen für den anderen, die sich auch nicht befehlen läßt.

„Die geplanten Sanitätszentren wer- den den Truppenarzt aus seiner fachlichen Isolierung herausfüh- ren", so liest man. Ohne Zweifel werden sie aber den Truppenarzt von der Truppe isolieren, sowohl was die emotional-geistige Verbin-

dung betrifft als auch die ärztliche Versorgung der Truppe, die unper- sönlicher und anonymer sein wird.

Der Truppenarzt gehört nicht in die fachliche Isolierung (hier läge sie nämlich!) des Elfenbeinturmes eines Sanitätszentrums, sondern er gehört zur Truppe, deren Bedürfnisse und Belastungen er kennen soll, in der er arbeiten und Verantwortung tragen soll, dies um so mehr, als die mit dem Abschluß der Medizinalassi- stentenzeit einberufenen Ärzte den Dienst der Truppe noch nie aus ei- gener Anschauung kennengelernt haben.

Der junge Arzt in der Truppe ist nicht isoliert. Seine Ausbildung, sein Kön- nen, sein Wissen, die Tatsache, daß er gebraucht wird, die Bereitschaft des Sanitätspersonals, mit „seinem"

Doktor zu arbeiten, und nicht zuletzt sein militärischer Dienstgrad ver- schaffen ihm eine Stellung, die er mit Geschick und dem überall im Leben nötigen Verständnis für ande- re und deren Situation nach allen Seiten hin zu einer Vertrauensstel- lung ausbauen kann.

Sicherlich werden sich dem jungen, zunächst noch wenig erfahrenen Truppenarzt eine Fülle von Proble- men aufdrängen, bei deren Lösung er die Hilfe des in ärztlicher und mili- tärischer Hinsicht erfahreneren Kol- legen benötigt. Diese kann er aber weniger von einer Institution wie ei- nem Sanitätszentrum erhoffen. Viel- mehr liegt hier eine originäre Füh- rungsaufgabe (!) des leitenden Sani- tätsoffiziers, die dieser als Vorbild mit Verantwortungsbewußtsein, Entschlußfreude und Durchset- zungswillen wahrnehmen sollte.

Es muß bezweifelt werden, ob mit einem aufwendigen bundeswehrge-

meinsamen Sanitätsdienst viel ge- wonnen wird; stellt doch das Heer ohnehin die große Masse der Solda- ten und hat auch die ärztliche Ver- sorgung von Angehörigen anderer Teilstreitkräfte bzw. Wehrmachtstei- le selbst unter ungünstigsten Bedin- gungen keinerlei Schwierigkeiten gemacht. Andererseits erfordert die ordnungsgemäße Betreuung der Truppe vielfach Spezialkenntnisse des Arbeitsplatzes des Soldaten an Bord, in Flugzeugen, im Panzer, am schweren Gerät der Pioniere, an elektronischen Geräten, detaillierte Kenntnisse der Einsatzbedingungen des Soldaten, die sich der Arzt bei seiner täglichen Arbeit im teilstreit- kraftgebundenen Sanitätsdienst am ehesten erwerben und zum Nutzen der Truppe einsetzen kann.

Wenn man von der Gliederung der Sanitätszentren in einen ortsfesten Anteil und eine sogenannte (mobile) Sanitätsbereitschaft liest, kommt man um die Frage nicht herum, von welchem Kriegsbild ausgegangen wird. — Mir erscheint die Bindung des Sanitätsdienstes an die Truppe wichtig, gleichgültig, ob die Truppe den geschlagenen Feind in den Wei- ten der norddeutschen Tiefebene verfolgt oder ob sie sich mehr oder minder zügig von der Elbe hinter den Rhein absetzt, oder ob sie zwi- schen Elbe und Rhein in einzelnen Kesseln oder um diese herum kämpft. Oder soll sich der „ortsfeste Anteil" vom Feind überrollen lassen und hoffen, danach noch die ärztli- che Versorgung von Gefangenen eigner Truppe, Soldaten des Fein- des und der Zivilbevölkerung sicher- stellen zu können?

Letztere Möglichkeit ist offenbar ins Auge gefaßt, wenn es heißt, daß das Merkmal der neuen Überlegungen das Bestreben sei, die ärztlichen Dienste in Friedens- und Kriegszei- ten an einem Ort zu belassen, wobei es naiv sein dürfte zu glauben, bei einer Wende des Kriegsglückes wür- de der zurückgehende Gegner die- ser Konzeption folgen und den

„ortsfesten Anteil" ortsfest lassen und ihn nicht mit sich nehmen, wenn er nicht lieber seinen Gefan- genen den Garaus machte.

Apels vorläufige Entscheidung zum „Sanitätsmodell":

Silberstreifen am Horizont

Zu dem Kommentar in Heft 27/1978, Seite 1585 ff.

3062 Heft 50 vom 14. Dezember 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Das „Sanitätsmodell"

Leider hält eine defätistische Politik und der systematische Abbau des Ansehens unseres Staates die Ver- teidigungsbereitschaft nahe dem Nullpunkt. Leider sind deshalb auch viele junge Ärzte gar nicht willens, ein positives Verhältnis zur Bundes- wehr und zur truppenärztlichen Tä- tigkeit als spezieller ärztlicher Auf- gabe zu finden.

Leider tut die Bundeswehr nichts, um diesem abzuhelfen. Im Gegen- teil: Für einen jungen Truppenarzt, der bereits in der Durchgangsarzt- ambulanz über die Arbeitsunfähig- keit oder als Betriebsarzt über inner- betriebliche Umsetzungen, über Eignung und Nichteignung für be- stimmte Tätigkeiten mehr oder min- der souverän zu entscheiden hatte, ist es unverständlich und verbit- ternd, wenn seine ärztliche Ent- scheidung erst vom Truppenführer (oder dessen Beauftragten) abge- segnet werden muß, einem Mann, der — bei allem Respekt — gewiß nicht über die medizinische Kompe- tenz verfügt, um die Verantwortung für den Einsatz eines in seiner Ge- sundheit geschädigten Soldaten zu tragen.

Auch mit der „unteilbaren Verant- wortung des Truppenführers" läßt sich diese Regelung nicht begrün- den, da sich Verantwortung nur auf Kenntnis, nicht auf Autorität stützen kann, auch nicht mit den Grundsät- zen moderner Menschenführung, auf die sich die Bundeswehr so viel zugute hält.

Einsatzbereitschaft gibt es nur dort, wo sich der Mensch in seinen Fähig- keiten gefordert fühlt, wo er nicht nur distanziert beraten, sondern in eigener Verantwortung Entschei- dungen treffen und durchsetzen kann. Daß es dazu im Bereich der Streitkräfte auch der Kenntnis der militärischen Zusammenhänge und Notwendigkeiten und einer positi- ven Einstellung zum Verteidigungs- auftrag bedarf, sollte beiden Seiten bewußt und für die Bundeswehr Auf- gabe ihrer Inneren Führung sein.

Dr. med. Wolfdietrich Krueger Finkenweg 23

6551 Hackenheim

Stellungnahme des Autors

Dr. Krueger muß einer Reihe von Fehlinformationen aufgesessen sein. Niemals hat es Vorstellungen gegeben, denen zufolge selbständig operierende Sanitätseinheiten vor- gesehen waren; ganz im Gegenteil.

Für den Verteidigungsfall ist keine grundsätzliche Änderung gegen- über dem Friedensmodell in Aus- sicht genommen gewesen. Durch das neue Modell wäre vielmehr eine wesentlich verbesserte Ausgangs- position mit erheblich erweiterten Sanitätsleistungen im Frieden mög- lich gewesen.

Bei dem geplanten „neuen Sanitäts- modell" hätte es nämlich gerade kein Nebeneinander von Truppe und Sanitätsdienst gegeben, vielmehr hätten beide Bereiche wie eine Ein- heit zusammengearbeitet. Der Trup- penarzt würde auch nicht etwa von der Truppe isoliert werden, sondern stände fortlaufend mit ihr in enger Verbindung. Dies wäre dadurch si- chergestellt worden, daß der in ei- nem Verteidigungsfall zuständige Truppenarzt auch im Frieden die er- ste ärztliche Versorgung bei der Truppe täglich selbst durchführt und die erkrankten Angehörigen der von ihm betreuten Einheit, die er in den Sanitätseinrichtungen der Trup- pe nicht versorgen kann, in das Sa- nitätszentrum mitnimmt, um dort die weitere insbesondere fachärztliche Behandlung und gegebenenfalls Überweisung sicherzustellen. Er nimmt an jeder Übung der Truppe teil und hat dadurch Gelegenheit, die Bedürfnisse und Belastungen der ihm anvertrauten Soldaten am eigenen Leibe selbst kennenzu- lernen.

Es ist bisher leider in der Mehrzahl der Fälle nicht so gewesen, daß der grundwehrdienstleistende Stabsarzt mangels entsprechender Erfahrung die erforderliche Vertrauensstellung innerhalb der Truppe bekleiden konnte, vielmehr wurde ihm das Le- ben durch zahlreiche langgediente Truppenoffiziere häufig schwerge- macht. Gerade im Zusammenwirken mit den in dem Sanitätszentrum täti- gen erfahrenen Sanitätsoffizieren

wird es ihm aber in Zukunft möglich sein, die ihm übertragenen Aufga- ben besser als bisher zu lösen. Wie schon ausgeführt, wird gerade die tägliche Arbeit in der Truppe den jungen Arzt in die Lage versetzen, die Einsatzbedingungen der Solda- ten kennenzulernen.

Der Kollege irrt ganz besonders bei seinen Überlegungen hinsichtlich des Kriegsbildes. Die Bundesrepu- blik Deutschland ist seit ihrer Grün- dung stets von einem Verteidi- gungs- und nicht von einem An- griffskonzept ausgegangen.

Es ist daher in der Tat geplant, daß der ortsfeste Anteil der künftigen Sanitätszentren auch bei einem schnellen Bewegungskrieg am Ort seiner bisherigen Tätigkeit verbleibt und zumindest versucht, die medizi- nische Versorgung des ihm unter- stellten Bereiches sicherzustellen.

Erst durch die in Aussicht genom- mene enge Verflechtung des zivilen und militärischen Sanitätsdienstes wäre im Verteidigungsfall eine in et- wa ausreichende Versorgung der Bundesrepublik Deutschland mög- lich. Bisher gibt es praktisch kein Konzept für die Zusammenarbeit der beiden Bereiche.

Uns sind bisher nur einige wenige Fälle bekanntgeworden, in denen ärztliche Entscheidungen junger Truppenärzte durch die militäri- schen Einheitsführer nicht befolgt worden sind oder versucht wurde, sie wieder rückgängig zu machen. In Zukunft werden derartige Versuche mit Sicherheit zum Scheitern verur- teilt sein, da der Truppenarzt stets der Unterstützung des Leiters des Sanitätszentrums sicher sein kann.

Wir stimmen völlig mit der Auffas- sung von Dr. Krueger überein, daß eine optimale sanitätsdienstliche Versorgung der Truppe nur dann möglich ist, wenn der betreffende Sanitätsoffizier selbst über die mili- tärischen Zusammenhänge und Not- wendigkeiten informiert ist und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Truppenführer und Arzt besteht.

Dr. med. Heinz-Peter Brauer/BÄK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 14. Dezember 1978 3063

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