Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen
FORUM
Keine Gleichberechtigung
.In jedem Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer kann man fast wörtlich den gleichen unzutreffen- den Passus mit den „gleichberech- tigten Inspektionen" im Bundesver- teidigungsministerium lesen. Zutref- fend ist vielmehr, daß es diese für Heer, Luftwaffe und Marine — aus guten Gründen — niemals im Mini- sterium gegeben hat und gibt .. .
. Bemerkenswert ist, daß die Bun- desärztekammer den grundsätzli- chen Unterschied zwischen einem
„Führungsstab", über den die In- spekteure der Teilstreitkräfte verfü- gen, und einer „Inspektion" (In San) des Sanitäts-Inspekteurs offensicht- lich übersieht.
Es gibt bestimmt zwingende politi- sche und bundeswehrinterne Grün- de für die Entscheidung des Mini- sters zum „Sanitätsmodell", die als Grundlage des Kommentars der Bundesärztekammer zu recherchie- ren zweckmäßig gewesen wäre! Oh- ne einen Führungsstab Sanitätswe- sen Bundeswehr (Fü San Bw) mit einer Stabsgliederung, die eine mili- tärische und zivile Komponente be- sitzt und „raumdeckende", d. h. ter- ritorial gegliederte, dem Ministerium nachgeordnete Kommandobehör- den (San), halte ich das „raumdek- kende Sanitätsmodell" für nicht rea- lisierbar. Das Sanitätsamt der Bun- deswehr, das nach Meinung der Bundesärztekammer „nur zu erwei- tern wäre", ist als einzige Komman- dobehörde (San) strukturell und personell mit der zugedachten Füh- rungsverantwortung weit überfor-
dert ... Was den offensichtlich miß- verstandenen Begriff der „Präsenz"
der Streitkräfte nach NATO-Kriterien im Bündnis betrifft, so leistet der Sa- nitätsdienst hierzu im täglichen Dienst seinen beachtlichen Beitrag.
Die optimale Koordination des werksärztlichen, truppenärztlichen und standortärztlichen Dienstes wä- re zweifellos in den geplanten „Sa- nitätszentren" des Sanitätsmodells gegeben. Täusche ich mich, daß die Bundesärztekammer aus standes- politischen Rücksichten auf den zi- vilen ärztlichen Bereich das konse- quent durchgeführte „Sanitätsmo- dell" einschließlich integrierter zivi- ler Komponenten in die Kommando- struktur als Voraussetzung einer koordinierten zivil-militärischen Führungsverantwortung nur sehr zurückhaltend unterstützen wür- de? . . .
Dr. med. Arnulf Kriebel Oberstarzt a. D.
Pestalozzistraße 61 2252 St.-Peter-Ording
Schlußwort
Die Bundesärztekammer hat in der Zwischenzeit auch erkannt, daß eine Gleichberechtigung zwischen den verschiedenen Teilstreitkräften und der Inspektion des Sanitäts- und Ge- sundheitswesens der Bundeswehr nicht besteht. Aufgrund der jüng- sten Entscheidungen des neuen Verteidigungsministers gibt es aber zumindest eine gewisse Hoffnung, daß die Kompetenzen des Inspek- teurs des Sanitäts- und Gesund-
heitswesens vergrößert werden und damit der gesamte Sanitätsdienst gestärkt wird. Diese Entwicklung verfolgt die Bundesärztekammer aufmerksam.
Wir haben auch Verständnis für poli- tisch-finanzielle Entscheidungen, sofern sie Sparmaßnahmen betref- fen. Das Vorbringen von bundes- wehrinternen möglicherweise mili- tärischen Gründen für die Ableh- nung des konzipierten neuen Sani- tätsmodells können wir jedoch we- der verstehen noch akzeptieren, da der Sanitätsdienst allein dem einzel- nen Soldaten dient und aufgrund der vorläufigen Ministeranordnun- gen zur Sanitätsorganisation der Sa- nitätsdienst von den politisch Ver- antwortlichen gehindert wird, eben für die Bundeswehrangehörigen op- timal tätig zu werden.
Der Begriff „Präsenz" wird vielfach verkannt, denn wäre die Leitung des Verteidigungsministeriums der For- derung des Heeres gefolgt, so hätte ein doppelter Sanitätsdienst einge- richtet werden müssen.
Die Bundesärztekammer hat sich in der Vergangenheit stets für die Ein- führung des sogenannten „Sanitäts- modells" eingesetzt und die Bestre- bungen keineswegs — wie Dr. Kriebel meint — „aus standespolitischen Rücksichten" nur „sehr zurückhal- tend" unterstützt. Vielmehr sind sämtliche den Sanitätsdienst der Bundeswehr angehenden Fragen ebenso wie die, welche den Zivil- schutz betreffen, seit Jahren konti- nuierlich im Ausschuß und in der Ständigen Konferenz „Sanitätswe- sen in der Bundeswehr und Zivil- schutz" diskutiert worden. Die in Aussicht genommene Fortentwick- lung stand stets im Mittelpunkt der Beratungen. Die Studienreise der
„Hans-Neuffer-Stiftung" 1978 nach Schweden und Norwegen diente al- lein diesem Zweck. Der Bericht wird Anregungen für das in Aussicht ge- nommene „Gesundheitssicherstel- lungsgesetz" geben.
Dr. med. Heinz-Peter Brauer Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41 (Lindenthal)
Apels vorläufige Entscheidung zum „Sanitätsmodell":
Silberstreifen am Horizont?
Zu dem Artikel von Dr. med. Heinz Peter Brauer in Heft 27/1978
2144 Heft 38 vom 21. September 1978