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Archiv "Rentner-Krankenversicherung: Modell für Einkommens-Umverteilung" (26.02.1981)

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Von 1983 an sollen die Sozialren- ten und alle vergleichbaren Alters- bezüge der Beitragspflicht zur Rentner-Krankenversicherung un- terworfen werden. Dieser Grund- satz ist zwar schon vor mehr als drei Jahren im 21. Rentenanpas- sungsgesetz verankert worden.

Aber erst jetzt hat Bundesarbeits- minister Ehrenberg in der Form eines Referentenentwurfs die not- wendigen gesetzlichen Ergän- zungsvorschläge vorgelegt. Ob- wohl die Neuregelung ursprüng- lich schon 1982 wirksam werden sollte, hat sich das Haus Ehren- berg mit den fälligen Gesetz- und Verordnungsentwürfen Zeit ge- lassen.

Jetzt erst, nach der Bundestags- wahl, hat es der Minister plötzlich eilig damit. Bis Ende März soll die Regierung eine Entscheidung tref- fen; der Gesetzgeber müßte seine Beratungen bis zum Herbst ab- schließen, da mit dem Entwurf für die Neuordnung der Krankenversi- cherung der Rentner die Be- schlüsse über die nächste Renten- anpassung verbunden werden sol- len. Ehrenberg möchte also den Rentnern ihre wachsende Bei- tragsbelastung mit der bruttolohn- bezogenen Rentenerhöhung von 5,8 Prozent zum 1. Januar 1982 schmackhaft machen. Das schafft Zeitdruck, der erfahrungsgemäß dazu führt, daß nur noch wenig geändert werden kann. Allerdings hat die FDP, mit der Ehrenberg seinen Entwurf offenbar nicht ab- gestimmt hat, schon vernehmlich Vorbehalte angemeldet.

Mit der „kostenlosen" Kranken- versicherung der Rentner wird es 1983 vorbei sein. Die Rentner ha- ben Beiträge zu entrichten. Dabei wird zwischen der Sozialrente und den vergleichbaren Alterseinkom- men unterschieden. Renten sollen

mit einem Beitragssatz von 11,8 Prozent belastet werden. Von die- ser Belastung werden die Rentner freilich nichts merken, da sie ei- nen Zuschuß zur Rente in gleicher Höhe erhalten sollen. Bislang hat- te die Rentenversicherung diesen Zuschuß pauschal überwiesen, künftig wird er — dem Gesetzent- wurf zufolge — dem einzelnen Rentner zugerechnet. Auf seinem Rentenbescheid wird der Rentner die entsprechenden Hinweise fin- den. Aber damit verändert sich für ihn noch nichts, denn seinen Bei- trag hat der Rentner nicht direkt an seine Krankenkasse abzufüh- ren. Das wird auch in Zukunft die Rentenversicherung übernehmen.

Der Beitrag wird an der Quelle er- hoben; Quellenabzugsverfahren nennt man das daher. Der büro- kratische Aufwand wird dadurch zwar verringert, eine engere Be- ziehung zwischen Rentner und Kasse entsteht dadurch jedenfalls nicht. Es bleibt also eine Fiktion, daß der pauschale Beitrag der Rentenversicherung durch einen Individualbeitrag des Rentners ab- gelöst wird.

Ursprünglich hatte die Regierung vorgesehen, die Renten in Höhe der Beitragsbelastung aufzustok- ken. Davon hat man nun abgese- hen; es wird ein Zuschuß gezahlt.

Dafür sind zwei Gründe zu sehen.

Zuschüsse sind nicht Bestandteil der Rente, sie sind Sonderleistun- gen. Solche Sonderleistungen las- sen sich leichter kürzen als Ren- ten, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stärker geschützt sind. Wenn die Koalition sich heute für die Auf- stockung der Renten in der Form des Zuschusses entscheidet, so bedeutet dies, daß dieser Zuschuß nach 1984 schrittweise wieder ab- gebaut werden soll, und zwar bis zur Hälfte des Beitragssatzes. Hin-

zu kommt, daß eine Rentenerhö- hung auf die Gesamtversorgung im öffentlichen Dienst hätte ange- rechnet werden müssen; die Zu- satzversorgung hätte sich dann entsprechend verringert. Die un- veränderte Gesamtversorgung wä- re der Beitragspflicht unterworfen worden. Im Ergebnis hätte sich das Nettoeinkommen der Rentner aus dem öffentlichen Dienst um annähernd 10 Prozent verringert.

Das Problem der Überversorgung im öffentlichen Dienst wäre mit ei- nem Schlag gelöst gewesen. Doch keiner riskiert die Auseinanderset- zung darüber mit Kluncker.

Auch berufsständische Versorgungswerke betroffen?

Die entscheidende Frage ist nun, welches Alterseinkommen neben Sozialrenten zusätzlich in die Bei- tragspflicht einbezogen werden soll. Ehrenbergs Entwurf erfaßt Leistungen der Beamten-, Richter- und Soldatenversorgung, Leistun- gen der Zusatzversorgung im öf- fentlichen Dienst, Leistungen be- rufsständischer Versorgungswer- ke wie die der Ärzte, Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte, Jour- nalisten und Schornsteinfeger, Leistungen der betrieblichen Al- tersversorgung, Leistungen bei Betriebsübertragungen (z. B.

Leibrenten), Pachtzins bei Ver- pachtung des Betriebes eines bis- her selbständig Tätigen und Ver- sorgungsleistungen von Ministern und Abgeordneten. Diese Einkom- men werden auch dann beitrags- pflichtig, wenn sie an Hinterblie- bene gezahlt oder aus dem Aus- land bezogen werden. Nicht erfaßt werden alle Alterseinkünfte, die ausschließlich auf privater Vorsor- ge beruhen, also zum Beispiel pri- vate Lebensversicherungsverträ- ge. Auch Schadensersatzleistun- gen bleiben ausgenommen. Frei- willig versicherte Rentner werden wie die pflichtversicherten Rent- ner behandelt.

Die zusätzlichen Alterseinkommen sollen mit dem halben Beitrags- satz belegt werden; das wären zu- Rentner-Krankenversicherung

Modell für Einkommens-Umverteilung

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 9 vom 26. Februar 1981 385

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Die Information:

Bericht und Meinung

Rentner-Krankenversicherung

nächst 5,9 Prozent. Die Bundesre- gierung hat alle drei Jahre die Hö- he des Beitragssatzes zu überprü- fen. Die Rentner haben auch diese Beiträge nicht direkt an ihre ge- setzliche Krankenkasse abzufüh- ren; auch hier gilt das Quellenab- zugsverfahren. Die Versorgungs- werke und die Betriebe werden mit dem Beitragseinzug belastet.

Das alles läuft dann über die Bun- desversicherungsanstalt für Ange- stellte, weil alle Einnahmen in den Belastungsausgleich der Rentner- Krankenversicherung einbezogen werden sollen. Bei dieser Gele- genheit will Ehrenberg den Fi- nanzausgleich innerhalb der Kran- kenversicherung komplettieren, wenn die Aufwendungen für das Sterbegeld und die Verwaltungs- kosten sollen in den Finanzaus- gleich einbezogen werden.

Noch problematischer ist die Aus- gestaltung der Beitragsbemes- sungsgrenze. Für die zusätzlichen Alterseinkommen soll die allge- mein übliche Beitragsgrenze gel- ten, die 1981 monatlich 3300 Mark beträgt und die der allgemeinen Einkommensentwicklung folgt.

Die Sozialrenten sollen dagegen nicht auf die Beitragsbemes- sungsgrenze angerechnet wer- den. Dies führt im Ergebnis dazu, daß für die Alterseinkommen eine höhere Grenze gilt als für die Arbeitnehmer-Einkommen. Auch können gleich hohe Altersbezüge

je nach der Art ihrer Zusammen- setzung unterschiedlich belastet werden — ein kaum vertretbares Ergebnis. Hier wird offensichtlich der Versuch unternommen, die Beitragsbemessungsgrenze zu umgehen, um möglichst alle zu- sätzlichen Einkommen der Bei- tragspflicht unterwerfen zu kön- nen. Diese Regelung wird vor al- lem dann problematisch, wenn die Koalition nach 1984 damit begin- nen sollte, den Zuschuß der Ren- tenversicherung zur Krankenversi- cherung der Rentner schrittweise abzubauen. Hier könnte ein An- satz für die Forderung nach Erhö- hung der allgemeinen Beitragsbe- messungsgrenze geschaffen wer- den, was zu einer weiteren Umver- teilung führen müßte.

Der Beitragszahlung sollen näm- lich nicht nur regelmäßige Renten- leistungen unterworfen werden, sondern auch Versorgungslei- stungen in der Form von Kapital- beträgen. Dies wird damit begrün- det, daß sonst viele Versicherte dazu übergingen, sich die Leistun- gen der betrieblichen Altersver- sorgung und der berufständi- schen Versorgungswerke kapitali- sieren zu lassen, um der Beitrags- belastung zu entgehen. Diese Er- wartung ist wohl richtig. Nur wür- de die Einbeziehung von Kapital- beträgen in die Beitragspflicht da- zu führen, daß eben auch den Renten nicht vergleichbare Alters-

einkommen belastet würden, was der Konzeption des 21. Rentenan- passungsgesetzes widerspräche.

Wer solche Kapitalbeträge bei- tragspflichtig macht, wird auf län- gere Sicht nicht zögern, auch Le- bensversicherungen zu erfassen;

die Grenzen werden fließend.

Folgendes „originelle" Verfahren hat sich das Arbeitsministerium für die Beitragsbelastung der kapi- talisierten Versorgungsleistungen ausgedacht: Bei der Auszahlung des Kapitalbetrages wird ein Ab- schlag in Höhe des halben Bei- tragssatzes vorgenommen, zu- nächst also von 5,9 Prozent. Von 100 000 Mark würden damit nur 94 100 Mark ausgezahlt; 5900 Mark gingen an die Bundesversi- cherungsanstalt zugunsten der Krankenversicherung. Mit diesem Einmalbeitrag würde die Beitrags- pflicht auf Dauer abgelöst. Der Entwurf enthält auch eine Ober- grenze für den zu belastenden Ka- pitalbetrag. Diese soll das Zehnfa- che der auf das Jahr bezogenen Beitragsbemessungsgrenze betra- gen; 1981 wären das 396 000 Mark. Dieser Kapitalbetrag würde bei der Auszahlung also um 23 364 Mark gekürzt. Der Gesetzgeber dürfte Mühe haben, eine solche Kürzung, die einem enteignungs- gleichen Eingriff zumindest sehr nahe käme, so plausibel zu be- gründen, daß sie vor dem Verfas- sungsgericht Bestand hätte. wst

386 Heft 9 vom 26. Februar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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