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Archiv "Drogenabhängigkeit: Die Kirche im Dorf lassen" (19.01.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 3⏐⏐19. Januar 2007 A109

B R I E F E

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns zudem Kürzungen vorbehalten. Die Chance zur Veröffentlichung ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

Das Leser-Forum

DROGENABHÄNGIGKEIT

Die COBRA-Studie deckt gravierende Mängel bei der Be- treuung substituier- ter Drogenabhängi- ger auf (DÄ 44/2006:

„Unterversorgung und Fehlallokation“ von Dr. med. Jörg Gölz et al.)

Problematisch

Die Indikation zur antiviralen Thera- pie bei drogenabhängigen HCV-Infi- zierten sollte gut geprüft werden, da die psychische Belastung durch die Nebenwirkungen der antiviralen The- rapie beträchtlich sind und eine psy- chische Destabilisierung der Patien- ten eine erhebliche Gefahr für einen Rückfall in den Drogenabusus dar- stellt. Durch die HCV-Infektion be- steht meist keine akute Gefahr für das Leben der Patienten, sodass in Ab- hängigkeit von der Aggressivität der Hepatitis häufig ein Aufschub der Therapie erwogen werden kann. Eine Erhöhung der Krankheitseinsicht beim Patienten durch Einsatz der an- tiretroviralen HIV-Therapie, wie von den Autoren dargestellt, halte ich für problematisch, da die antiretrovirale HIV-Therapie nur bei guter Compli- ance zum Erfolg führt. Bei schlechter Krankheitseinsicht mit lückenhafter Einnahme bleibt der Erfolg aus, und die Patienten werden lediglich durch die Nebenwirkungen belastet . . .

Dr. Rainer Wawarta,Neuhäuserstraße 27, 86154 Augsburg

Die Kirche im Dorf lassen

. . . Da ich seit 17 Jahren als Allge- meinarzt drogenabhängige Patienten substituiere, bezweifle ich nicht, was

in Ballungsgebieten (Berlin, Ruhrge- biet, Dresden, München, den Schaf- fensorten der Autoren) gilt und was die Studie trefflich herausstellt (Un- terversorgung und Fehlallokation).

Nur die Substitutionswirklichkeit im

„Rest der BRD-Welt“ oder in der so- genannten Fläche stellt sich mir an- ders dar. Zentrenbildung – der Tenor des Artikels – ist – nicht zuletzt aus Patientensicht – nahezu obsolet. Sie ist (kostspieliger) Ausdruck der zu- nehmenden kassenärztlichen Ohn- macht im Bereich der Suchtmedizin.

„Die Kirche im Dorf zu lassen“, scheint mir angezeigt. Suchtmedizi- nische Fortbildung als Behandlungs- induktion lege artis und flächen- deckend scheint mir mittlerweile Aufgabe der Selbstverwaltungskör- perschaften (KVen und Kammern) zu sein. Stattdessen begegne ich (und viele Kollegen erleben Ähnliches) einer formal-rechtlichen Behinde- rung der Sicherstellung . . . Der Rück- zug der substitutionswilligen Kollegen hat zumindest in der Fläche längst begonnen und ich (63) gehöre dazu . . .

Jürgen Schlee,Bahnhofstraße 9, 31675 Bückeburg

Kooperation fördern

Warum soll die medizinische Versor- gung Drogenabhängiger schon wie- der reorganisiert werden? Wenn 75 Prozent in der Substitution gehalten werden können, dann ist das doch grandios: Die meisten Kollegen ge- hen ja immer noch davon aus, solche Patienten könne man nicht auf Dauer behandeln. Zu bedenken ist auch, dass die extrem umfangreichen büro- kratischen (und nur begrenzt effekti- ven) Kontrollen (zwei Prozent der Fälle pro Quartal) dazu führen, dass die Aufmerksamkeit der Behandler dorthin gerichtet wird – anstatt sich

um weiterführende, über die Substi- tution hinausgehende Behandlung der Hepatitis C und HIV zu küm- mern . . . Da die Behandlung der Opiatabhängigkeit einerseits und der Hepatitis C bzw. HIV andererseits so unterschiedliche Behandlungsvor- gänge darstellen, sollte man diese meines Erachtens getrennt lassen.

Aber die Kooperation fördern – was der EBM nicht begünstigt.

Dr. med. Rolf Uebe,Schloßstraße 2, 76646 Bruchsal

BÜROKRATIE

Bei allem verständli- chen Ärger wird der

„Schreibkram“ mit den Behörden auch in Zukunft den ärztli- chen Alltag mitbe- stimmen (DÄ 45/

2006: „Präzise berichten – im Interesse der Patienten“ von Dr. med. Helmut Pie- chowiak).

In der Ethikfalle

In der Diskussion um die faktisch unentgeltliche Erstellung von Be- richten durch Kassenärzte teilte mir die Leitung des MDK Baden-Würt- temberg kürzlich mit, man habe

„nicht die Mittel“, um die Berichte angemessen zu vergüten. Ich frage mich, ob man dort auch vom Elektri- ker erwartet, dass er unentgeltlich kommt, natürlich nur im Interesse des Patienten. Herr Kollege Piecho- wiak spricht von „Missachtung der Institutionen“ durch die behandeln- den Ärzte. Das ist ein starkes Stück.

Wieder und wieder werden die Ver- tragsärzte missachtet, indem man die Ethikfalle bemüht und verlangt, um- sonst zu berichten. Natürlich blitz- schnell und nur im Interesse des Pati-

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A110 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 3⏐⏐19. Januar 2007

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enten. Der MDK habe angeblich zu wenig Personal, um die Versicherten selbst zu untersuchen. Meine Erfah- rung ist, dass präzise Berichte nicht zu weniger Rückfragen, sondern zu weiteren Nachfragen führen.

Dr. med. Stefan Diez,Eduard-Conz-Straße 11, 75365 Calw

Zwei Lösungsvorschläge

Der Wunsch des Kollegen Piecho- wiak nach vernünftiger Information durch niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser ist legitim und nach- vollziehbar. Schließlich sollen er und seine Kollegen beim MDK und in den Verwaltungen Entscheidungen fällen, die für die Betroffenen sehr wichtig sein können. Ich schlage zwei Lösungen vor, das Bürokratie- Problem zu lösen:

– Berichte werden besser vergütet.

Dies hätte zwei positive Effekte.

Zum einen könnten die Bericht er- stattenden Ärzte mehr Zeit investie- ren und so die Qualität erhöhen. Zum anderen würde es sich manche Be- hörde, Kasse oder MDK noch einmal genauer überlegen, ob die eine oder andere Anfrage wirklich nötig ist.

– Kollege Piechowiak äußert einen Wunsch: „Jedem Arzt sollte für eini- ge Wochen in seiner Ausbildung die Erfahrung vermittelt werden, medi- zinische Beratung auf Basis kollegial erstellter ‚Aktenlagen‘ vornehmen zu müssen . . .“ – Dem setze ich mei- nen Wunsch entgegen: Ich wünsche mir, dass jedem Arzt und jeder Ärz- tin in der Verwaltung nach einigen Jahren der Tätigkeit die Möglichkeit gegeben werden sollte, für einige Wochen erneut Erfahrungen in Pra- xis und Krankenhaus zu sammeln.

Dabei sollte auch das Erlebnis eines Zwölfstundentages oder eines Nacht- dienstes nicht fehlen. Vielleicht freut er oder sie sich dann über jede Anfra- ge, die überhaupt beantwortet wird.

Dr. Michael Dapprich,Burghof 13, 53501 Grafschaft

Von einem anderen Stern

Der Verfasser regt an, in Kranken- häusern solle man besonders ge- schulte und erfahrene Ärzte profes- sionalisieren, um die MDK-Anfra- gen qualifizierter beantworten zu

können. Das würde schließlich die

„therapeutisch“ tätigen Ärzte ent- lasten . . . Offensichtlich spürt ein

„Schreibtischarzt“ mit geregelter Fünftagewoche nicht, dass sein Kon- troll-, Befundübermittlungs- und Krankenunterlagenüberlassungsver- langen niemals auf „Gegenliebe“ bei Krankenhausärzten führen wird. Er begehrt sogar noch, eine besondere Arztstelle im Krankenhaus zu schaf- fen, um dadurch MDK-Anfragen qualifiziert beantwortet zu bekom- men. Solch ein Verlangen kann ei- gentlich heute nur noch von einem

„anderen Stern“ kommen. Der Ver- fasser hakt das heutige MDK-Prü- fungs(un)wesen als unabänderlich ab. Er zeigt nicht den geringsten An- satz einer Überlegung, ob nicht auf ganz einfache Weise der „irrsinnige Bürokratismus“ des „Miteinanderbe- schäftigen“ eingedämmt werden kann.

Peter Tischmann,Geschäftsführer der St. Clemens- Hospitale Sterkrade gGmbH, Wilhelmstraße 34, 46145 Oberhausen

Unsinnig und unnötig

. . . Ich erlebe in meinem Praxisalltag – und ich überblicke 35 Jahre nieder- gelassener vertragsärztlicher Tätig- keit – über die Hälfte aller Anfragen als sinnlos bis hirnlos, nicht rational nachvollziehbar und ausschließlich bürokratisch, einschließlich soge- nannter „Aufträge an den MDK“. In diesem Bereich könnten Millionen eingespart werden. Was vor allen Dingen nervt, ist die Insensibilität der Schriftstücke-Verfasser, die uns Niedergelassene als – erlebt – bring- schuldpflichthafte Dienstleister zu gnädigen Händen der MDK-Büro- kratie degradiert mit allerlei Paragra- fengefasel unter jedweder Außer- achtlassung von kollegialen Um- gangsgepflogenheiten, womöglich noch mit „i.-A.-Bürogehilfin“ . . . Und im Übrigen sieht die Berufsord- nung der Ärzte aller deutschen Bun- desländer vor, dass eine Meinung – oft beim MDK dann ein Urteil – über einen Patienten nur im persönlichen Kontakt mit diesem gefällt werden darf. Und wenn wir nun davon aus- gehen, dass mehr als die Hälfte aller MDK-Gutachten(-Anforderungen) unsinnig und unnötig sind und die

dann wenigen Verbleibenden ernst- haft und seriös mit ärztlicher Fra- gestellung zur Beantwortung gelan- gen sollen, dann könnten diese in der gebotenen Verantwortung und Ver- antwortlichkeit Auge um Auge mit dem zu Begutachtenden bundesweit von den MDK-Dienststellen auch als originäre ärztliche Arbeit erbracht werden und nicht im Bürokratiestil in Form von Schreibtischtäter- schaft . . .

Dr. med. Richard Barabasch,Friedenstraße 26, 76461 Muggensturm

Qualitätssicherung tut not

. . . Dass den Entscheidungen der verschiedenen Stellen der Sozialver- waltung massive Mängel anhaften, kann nur bestätigt werden. Bei falschen Entscheidungen im Schwer- behinderten- oder Rentenrecht bei noch Berufstätigen geht es meist um sechsstellige Eurobeträge. In den vergangenen Jahrzehnten sind weit mehr als 10 000 Akten über meinen Schreibtisch gegangen – ich schätze daraus, dass ungefähr die Hälfte aller Schwerbehindertenausweise rechts- widrig ausgestellt ist. Nicht akzep- tabel ist, dass die Verantwortung für diese Qualitätsdefizite wie ein Schwarzer Peter weitergegeben wird.

Bei Entscheidungen der genannten Tragweite ist eine unabhängige neu- trale Begutachtung durch entspre- chend qualifizierte Ärzte eine unab- dingbare Forderung. Selbstverständ- lich gehören dazu eine persönliche Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung. Dies ist Aufgabe des MDK, der ärztlichen Stellen der Ver- sorgungsämter und ihrer Nachfolge- organisationen usw. Wenn diese Strukturen ihre Aufgaben, aus wel- chen Gründen auch immer, nicht korrekt erfüllen können, muss auch dort für Abhilfe gesorgt werden. Die Weitergabe der Verantwortung „par ordre du Mufti“ an andere Einrich- tungen, denen dafür jegliche struktu- relle Voraussetzung fehlt, ist inak- zeptabel. Abgesehen von seltenen Fällen eindeutiger Befundlage (z. B.

Histologiebefund bei Tumorerkran- kungen) werden von mir als behan- delndem Arzt Anfragen mit dem Hinweis auf fehlende Befunde und mögliche Befangenheit zurückge-

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