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Archiv "EKG-Repetitorium: XXIII. Erregungsrückbildungsstörungen" (25.12.1975)

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ÜBERSICHTSAUFSÄTZE:

EKG-Repetitorium Erregungsrückbildungs- störungen

Blutzucker- und Seruminsulinverlauf beim oralen

Glukosetoleranztest Die Behandlung des Perimenopause- Syndroms

mit milden Östrogenen

NOTIZEN:

Zum Stand der MVA-Stufenimpfung gegen Pocken

KONGRESS- NACHRICHTEN

FÜR SIE GELESEN:

Wiederholte

Lymphographie bei nicht Hodgkin-bedingten Lymphomen

Die Interpretation von Erregungs- rückbildungsstörungen stellt den Auswerter, auch bei guter Kenntnis der Klinik, oft vor schwierige Auf- gaben. Die vielfach geübte Praxis, alle Abweichungen des sogenann- ten Kammerendteils von der Norm als Ausdruck einer koronaren Man- geldurchblutung oder einer Myo- karditis aufzufassen, hat nicht nur in der Versicherungsmedizin gro- ßes Unheil angerichtet. Obwohl die Spielarten der Erregungsrückbil- dungsstörungen sehr groß und die Ursachen sehr vielfältig sind, läßt sich doch eine gewisse Klassifizie- rung vornehmen, die dem Anfänger als Leitfaden dienen kann.

Zunächst soll aber auf die Nomen- klatur der verschiedenen Verän- derungen der ST-Strecke und der T-Welle eingegangen werden. Sie ist nicht ganz einheitlich, jedoch sind die Unterschiede nicht sehr gravierend. Aus Darstellung 73 las- sen sich die Beziehungen der häu- figsten ST-T-Veränderungen entneh- men. Auf die in dieser Abbildung eingetragene Klassifizierung wird später noch eingegangen. Die Be-

zeichnungen der Änderungen der T-Wellen sind aus Darstellung 74 zu ersehen.

Abgesehen von der Einteilung der Erregungsrückbildungsstörungen in primäre und sekundäre, wobei unter letzteren die Änderungen des Kammerendteils bei abnormer Er- regungsausbreitung (zum Beispiel bei Rechts- oder Linksschenkel- block beziehungsweise WPW-Syn- drom) verstanden werden, hat sich insbesondere für den Anfänger fol- gende Klassifizierung bewährt:

O uncharakteristische Störung des Erregungsrückgangs

• funktionelle Störung des Erre- gungsrückgangs

O organische Störung des Erre- gungsrückgangs

O durch Medikamente (insbeson- dere durch Digitalis) bedingte Stö- rung des Erregungsrückgangs >

1) Artikel aus der Serie „EKG-Repetito- rium" sind bisher erschienen in den Heften 1, 16, 18, 20, 22, 24, 27, 29, 30, 31, 34, 39, 46, 51 und 52/1974 und weiter in den Heften 1, 3, 6, 30, 31 und 37/1975

EKG-Repetitorium

XXIII. Erregungsrückbildungsstörungen')

Hans-Jürgen Becker und Gisbert Kober

Aus dem Zentrum der Inneren Medizin, Abteilung für Kardiologie (Leiter: Professor Dr. med. Martin Kaltenbach),

Klinikum der Universität Frankfurt am Main

(2)

3 Digitalis

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EKG-Repetitorium

0 durch Elektrolytverschiebung bedingte Störung des Erregungs- rückgangs.

Diese Einteilung richtet sich zu- nächst nur nach formalen Kriterien, das heißt nach den formalen Ver- änderungen der EKG-Kurve. Hier- durch wird die Wertung der Verän- derung am Kammerendteil erleich- tert. In zweiter Linie muß man ver- suchen durch Anamnese und klini- schen Befund die Ursache der Stö- rung aufzudecken. So kann es zum Beispiel vorkommen, daß eine for- mal noch uncharakteristische Stö- rung des Erregungsrückgangs eine organische Ursache hat und umge- kehrt.

Als Beispiel sei das EKG im frühen Infarktstadium genannt, das ohne Kenntnis der Anamnese als Vagotonie-EKG fehlinterpretiert werden kann, da in der Frühphase wie bei der Vagotonie eine ST-An- hebung mit Übergang in ein hohes T beobachtet wird. Umgekehrt kann sich eine formal organische Störung des Erregungsrückgangs als funktionell erweisen, das heißt, sie ändert sich während der ver- schiedenen Tageszeiten oder ver-

stärkt sich beim Stehen. Eine Myo- karditis kann, muß aber nicht im- mer das EKG verändern, so daß flach negative T-Wellen nicht auto- matisch die Diagnose Myokarditis zur Folge haben dürfen.

Trotz dieser Vorbehalte hat sich die Klassifizierung in der Praxis bewährt, da uncharakteristische Endteilveränderungen in der Regel als harmlos, organische aber im- mer als abklärungsbedürftig anzu- sehen sind. Man muß bei einer or- ganisch erscheinenden Störung des Erregungsrückgangs immer nach einer Ursache forschen, wäh- rend man sich bei uncharakteristi- schen Veränderungen auf gele- gentliche Kontrollen des EKG be- schränken kann, wenn nicht kli- nisch ein Verdacht auf das Vorlie- gen einer Herzerkrankung besteht.

Bislang ist dem EKG, was die Stö- rung des Erregungsrückgangs an- langt, viel zuviel anatomische Aus- sagekraft unterlegt worden. Es er- scheint daher wichtig, zwischen for- malen Veränderungen einerseits und deren Ursache andererseits eine strikte Trennungslinie zu zie- hen.

Zu 0: Uncharakteristische Störung des Erregungsrückgangs

Geringe ST-Senkungen, die mit dem Auge gerade erkennbar sind, oft etwas durchhängend erschei- nen, sowie reine T-Abflachungen können im allgemeinen als uncha- rakteristische Störungen des Erre- gungsrückgangs aufgefaßt werden.

Normalerweise sollte die Höhe der T-Welle ein Achtel bis ein Drittel der Höhe der zugehörigen R-Zacke betragen. Wird dieser Wert unter- schritten, so ist diesem Befund so- lange kein Krankheitswert beizu- messen, solange Anamnese und Klinik unauffällig sind. Man kann sich auf Kontrollen beschränken, die die Labilität der Endteilverän- derungen beweisen. T-Wellen-Ver- änderungen in nur einer Ableitung, insbesondere in III, besitzen in der Regel keine Aussagekraft.

Zu 0: Funktionelle Störungen des Erregungsrückgangs

Durch Einflüsse des vegetativen Nervensystems kann es zu EKG- Veränderungen kommen, die

Darstellung 73: ST-Veränderungen (ohne Elektrolythaushaltsstörungen)

3508 Heft 52 vom 25. Dezember 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(3)

8

6 7

1

Normale

"reelle schmalbetsig breitbas

überhöhte T-Weil T-Abflechung cloppe tpflige

-;-

leicht stark preeterminal negative

TAfelle

leicht

terminal ne T-Weile

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Darstellung 74: T-Wellen-Veränderungen

meist, aber nicht immer, mit einer entsprechenden Herzfrequenzän- derung einhergehen.

Die funktionellen beziehungsweise neurovegetativen Endteilverände- rungen sind gekennzeichnet durch ihre Abhängigkeit von Tageszeiten und Veränderungen von der Kör- perlage.

Bei der Sympathikotonie zeigt ST einen gesenkten Abgang, jedoch mit ansteigendem Verlauf. Die T- Wellen sind in der Regel abge- flacht, nur in Ausnahmefällen über- höht. Man hat deshalb auch eine Er- regungs- und Ermüdungsform der sympathikotonen Erregungsrück- bildungsstörungen unterschieden, wobei die Ermüdungsform durch die T-Abflachung, die Erregungs- form durch die T-Überhöhung ge- kennzeichnet ist. Eine Herzfre- quenz von über 90/min ist die Re- gel. Die P-Welle ist spitz positiv, was man oft bei Gesunden unter

Belastung beobachten kann.

positive, breitbasige T-Welle vor- wiegend in V3 bis V5, aber auch in den Extremitätenableitungen. Die atrioventrikuläre Überleitungszeit kann verlängert sein, sie normali- siert sich jedoch hierbei unter Be- lastung.

Isolierte T-Negativitäten in ein oder zwei Brustwandableiturigen sind meist verdächtig auf sogenannte orthostatische Endteilveränderun- gen, sie verstärken sich in der Re- gel im Stehen. Sie haben aber, wie bereits betont (vergleiche Folge XX2 ) und XXII 3 ), mit einer orthostati- schen Fehlregulation nichts zu tun.

Im Anschluß an eine paroxysmale Tachykardie können vorüberge- hend negative T-Wellen in mehre- ren Brustwandableitungen beob- achtet werden, die sich innerhalb von Minuten, Stunden oder Tagen vollständig zurückbilden. Sie sind wahrscheinlich Folge einer tachy- kardiebedingten Myokardstoff- wechselstörung.

Funktionelle Störungen des Erre- gungsrückgangs finden sich bei vegetativ labilen Personen, so bei Jugendlichen, vor allem aber auch bei Frauen im Klimakterium.

Zu 0 Organische Störungen des Erregungsrückgangs

ST-Senkungen von mehr als 0,5 mm unter die lsoelektrische mit waage- rechtem oder abwärts gerichtetem Verlauf und Übergang in eine prä- terminal oder terminal negative T- Welle beziehungsweise isolierte tiefe, terminal negative T-Wellen werden als Ausdruck einer organi- schen Störung des Erregungsrück- gangs aufgefaßt. Sie kommen zum Beispiel bei einer Linkshypertro- phie in Ableitung aVL, I sowie V4 bis V6 vor. Bei der Rechtshypertro- phie werden sie in den Ableitungen V, bis V3 beobachtet.

Die Interpretation wird dann schwierig, wenn zum Beispiel durch eine Herzinsuffizienz oder ein Emphysem die üblicherweise zur Hypertrophie dazugehörenden überhöhten R-Amplituden fehlen. >

Bei der Vagotonie findet sich das

Umgekehrte, nämlich eine ST-An- 2) Dt. Ärztebl. 72 (1975) 2205

hebung mit Übergang in eine hoch 3) Dt. Ärztebl. 72 (1975) 2523

(4)

EKG-Repetitorium

Ähnliche ST-Senkungen können auch bei einer Spontanischämie durch eine kritische Stenose im Koronargefäßsystem bedingt sein.

Diese Patienten geben dann aber regelmäßig Ruheschmerzen im Brustkorb an.

Schwere Endteilveränderungen wie bei der Linkshypertrophie kommen gelegentlich bei klinisch völlig un- auffälligen Patienten vor. Läßt sich hierfür keine Erklärung (zum Bei- spiel eine arterielle Hypertonie) fin- den, sollte man an eine idiopathi- sche muskuläre Subaortenstenose denken, die nicht immer mit einem Geräusch einhergehen muß. Hier hilft dann die Karotispulskurve wei- ter, die bei dieser Erkrankung meist charakteristisch verändert ist. Auch bei der nicht obstruktiven Kardiomyopathie und der Myokar- ditis können die gleichen schweren EKG-Veränderungen beobachtet werden. Hier ist die Karotispulskur- ve allerdings unauffällig.

Organische Endteilveränderungen zwingen in jedem Fall zur Ursa- chenforschung, wobei Anamnese, klinischer Befund, Röntgenuntersu- chung mit Herzvolumen, Karotis- pulskurve und eventuell Herzka- theteruntersuchung mit Koronaran- giographie und Ventrikulographie veranlaßt werden müssen.

Organische Störungen des Erre- gungsrückgangs sind bei gleichzei- tiger Angina pectoris verdächtig auf eine Spontanischämie. Bei län- ger zurückliegenden präkordialen Schmerzen sprechen sie für eine abgelaufene Infarzierung, wobei die Endteilveränderungen die Ver- narbung der Innenschichten anzei- gen (nicht transmuraler Infarkt), wenn Veränderungen am QRS- Komplex fehlen. Über die ischämi- sche ST-Anhebung in Ruhe (Prinz- metal-Angina) wurde in der Folge XX4) bereits gesprochen.

Neben den bei Schenkelblöcken regelmäßig zu beobachtenden se- kundären — durch die abnorme

4) Dt. Ärztebi, 72 (1975) 2205

Erregungsausbreitung bedingten — Erregungsrübkbildungsstörungen (beim Rechtsschenkelblock in V, und V2, beim Linksschenkelblock in V4 bis V6) müssen zusätzlich so- genannte primäre Endteilverände- rungen abgegrenzt werden. Wer- den zum Beispiel bei einem Rechtsschenkelblock in den links- präkordialen Brustwandableitun- gen Endteilveränderungen beob- achtet, so sind diese nicht mit der Blockierung zu erklären. Ihre mög- liche Ursache muß im Einzelfall ab- geklärt werden.

Zu 0: Durch Medikamente bedingte Störung

des Erregungsrückgangs

Zu den wichtigsten zählen hier die durch Digitalis bedingten Endteil- veränderungen. Es muß betont werden, daß bei normaler Dosie- rung regelmäßig Veränderungen von ST und T in Form von mulden- förmigen ST-Senkungen und T-Ab- flachungen auftreten. Sie sind strikt zu trennen von der Überdigi- talisierung, die folgende EKG- Symptome bewirken kann:

0 Schwere Endteilveränderun- gen (exzessive muldenförmige ST- Senkungen von über 0,5 mm)

CD

Bradykardie von 50/min und weniger

0 verlängerte AV-Überleitungszeit Extrasystolie, meist Bigeminie.

Beta-Sympatholytika wie auch Ni- troglyzerin oder Nitrokörper und Kalziumantagonisten können ischämische ST- und T-Verände- rungen zum Verschwinden bringen.

Mit diesen Substanzen eine Diffe- rentialdiagnose der Endteilverän- derungen zu betreiben ist aller- dings nicht möglich, da zum Bei- spiel durch Beta-Sympatholytika sowohl organisch bedingte als auch funktionelle Endteilverände- rungen beseitigt werden können.

Orciprenalin (Alupent®) kann um- gekehrt bei einer stenosierenden

Koronarsklerose ischämische End- teilveränderungen produzieren.

Viele Antiarrhythmika können Kam- merendteile verändern, ohne daß aus der Art der Störung auf das Medikament zu schließen wäre.

Laxantien führen über eine Hypo- kaliämie zu entsprechenden Ver- änderungen wie auch Antihyper- tensiva, worüber im nächsten Ab- satz noch gesprochen wird.

Bei der Differentialdiagnose von Endteilveränderungen hilft auch das Kalium-EKG. Dabei wird vor und 90 Minuten nach oraler Appli- kation von 6 bis 8 g Kaliumchlorid, zum Beispiel in Form von 4 bis 5 Brausetabletten Kalinor ® ein EKG registriert. Sind die Endteilverän- derungen beim zweiten EKG besei- tigt, kann man davon ausgehen, daß es sich um eine harmlose Stö- rung des Erregungsrückgangs han- delt; andererseits ist eine organi- sche Ursache anzunehmen.

Zu 0: Durch Veränderungen des Elektrolythaushaltes bedingte Störungen des Erregungsrückgangs

Für die Praxis wichtig sind vor al- lem die Hypo- und Hyperkaliämien sowie die Kalziumveränderungen.

Alle anderen Elektrolythaushalts- störungen sind eine extreme Rari- tät.

Die Hypokaliämie ist durch den weitverbreiteten Laxantienabusus sowie durch die bei vielen Patien- ten erforderliche antihypertensive Therapie am häufigsten zu beob- achten. Man muß sich allerdings im klaren sein, daß das EKG in der Anzeige der Elektrolytstörungen nicht sehr empfindlich ist. Entwik- keln sich Hypokaliämien sehr lang- sam, kann auch bei stark erniedrig- tem Serumkalium das EKG normal sein.

Dennoch bekommt man vom EKG häufig die ersten Hinweise auf eine Hypokaliämie. Die Hypokali- ämie äußert sich in einer je nach Ausmaß der Kaliumerniedrigung

3510 Heft 52 vom 25. Dezember 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(5)

mehr oder weniger ausgeprägten muldenförmigen ST-Senkung mit präterminal negativer T-Welle.

Bei exzessiver Hypokaliämie kommt es zu einer scheinbaren QT-Verlängerung, die aber durch eine TU-Verschmelzungswelle vor- getäuscht wird.

Bei der seltener vorkommenden Hyperkaliämie, die zum Beispiel bei schwerer Niereninsuffizienz be- obachtet wird, tritt eine zunehmen- de T-Wellen-Überhöhung ein, wo- bei die T-Welle schmalbasig ist.

Hinzu können bei starker Kaliumer- höhung QRS-Verbreiterungen, ein Sinusstillstand und Extrasystolien kommen. Hier ist schnelles Han- deln geboten, um den sonst unver- meidlichen Herztod zu verhindern (Dialyse oder lonenaustausch).

Bei der Hypokalzämie ist als cha- rakteristisches Symptom die QT- Verlängerung im EKG zu nennen, die die frequenzbezogene QT-Dau- er um mehr als 20 Prozent über- schreitet. Die T-Welle ist meist nor- mal. Eine Hypokalzämie kommt vor bei der Urämie und bei dem Hypoparathyreoidismus sowie ins- besondere bei der Pankreatitis.

Die Hyperkalzämie ist charakteri- siert durch eine QT-Verkürzung, die aber sehr oft schwer von der normalen Schwankungsbreite der QT-Dauer zu trennen ist. Sie kommt insbesondere beim Hyper- parathyreoidismus, Knochentumo- ren und ins Knochensystem meta- stasierendem Bronchialkarzinom oder Mammakarzinom vor.

Beispiele zum Thema Erregungs- rückbildungsstörungen werden in der nächsten Folge erscheinen.

Darstellung 73: Gesenkter ST-Ab- gang mit ansteigendem Verlauf (1) und geringfügige, etwas durchhän- gende ST-Senkung mit T-Abfla- chung (2) sind als uncharakteristi- sche Störung des Erregungsrück- gangs aufzufassen. Der muldenför- mige ST-Verlauf (3) wird am häu-

figsten bei der Digitalismedikation beobachtet. Eine ST-Strecken-Sen- kung von mehr als 0,5 mm mit waa- gerechtem Verlauf (4), eine ab- wärts gerichtete ST-Strecke mit Übergang in eine präterminal ne- gative T-Welle (5), ein abwärts ge- richteter ST-Verlauf mit Übergang in eine präterminal negative T-Wel- le (6) sowie eine gleichschenklige tiefe negative T-Welle (7) sind in der Regel organischen Ursprungs.

Die unter 4 dargestellte Form wird am häufigsten bei der Spontan- ischämie im Angina-pectoris-Anfall beobachtet. Die in 5 und 6 darge- stellte Form kommt am häufigsten bei der hypertrophiebedingten Stö- rung des Erregungsrückgangs oder bei Innenschichtnarben vor. Die unter 7 dargestellte Form wird häu- fig bei einer Myokarditis oder bei einem nichttransmuralen Infarkt beobachtet

Darstellung 74: Die schmalbasig überhöhte T-Welle wird am häufig- sten bei der Hyperkaliämie, aber auch bei der Sympathikotonie (Er- regungsform) beobachtet (2). Die breitbasig überhöhte T-Welle kommt dagegen bei der Vagotonie und beim Erstickungs-T des Infark- tes vor (3). Die reine T-Abflachung (4) wird am häufigsten bei labilen, von Tageszeiten abhängigen EKG- Schwankungen beobachtet. Sie kommt aber auch bei der Sympa- thikotonie (Ermüdungsform) vor.

Das gleiche gilt auch für die Dop- pelgipfligkeit (5). Präterminal nega- tive T-Wellen sind in der leichten Form oft Ausdruck der Digitalisme- dikation, in der ausgeprägten Form Folge einer Linkshypertrophie (6 und 7). Die terminal negativen

T-

Wellen (8 und 9) werden am häufig- sten bei Myokarditiden und Infark- ten beobachtet.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. G. Kober Dr. med. H.-J. Becker 6 Frankfurt am Main Theodor-Stern-Kai 7

Zum Stand der

MVA-Stufenimpfung gegen Pocken

Mitteilung

des Wissenschaftlichen Beirats des Paul-Ehrlich-Instituts

Der Wissenschaftliche Beirat des Paul-Ehrlich-Instituts (Bundesamt für Sera und Impfstoffe) hat zur Klarstellung, wie im Bundesge- sundheitsblatt 18 (1975) 392 mitge- teilt, darauf hingewiesen, daß der MVA-Impfstoff ärztlich erprobt wird, seine Zulassung beantragt ist, er aber noch nicht zum Verkauf zuge- lassen ist.

Der MVA-Impfstoff soll als Vorimp- fung vor der konventionellen Pok- kenimpfung angewandt werden.

Die Antragsteller behaupten, durch den MVA-Impfstoff könne die Häu- figkeit der mit der konventionellen Pockenerstimpfung gelegentlich verbundenen Komplikationen, spe- ziell der postvakzinalen Enzephali- tis (pvE), entscheidend gesenkt wer- den, ohne die Wirksamkeit des Impfverfahrens zu beeinträchtigen.

Die Behauptung, daß die Vorimp- fung mit MVA-Impfstoff die Häufig- keit der mit der konventionellen Pockenimpfung gelegentlich ver- bundenen Komplikationen beson- ders der pvE entscheidend zu sen- ken vermag, ist weder aus dem Schrifttum noch aus den für die Zulassung eingereichten Unterla- gen zu belegen. Bisher sind knapp 10 000 Impflinge in kontrollierten Studien geimpft worden. Bei die- sen verlief die nachfolgende kon- ventionelle Pockenimpfung in 70 Prozent der Fälle wie eine Wieder- impfung.

Weiterhin sind etwa 25 000 Perso- nen ohne genaue Überwachung der Impffolgen mit MVA-Impfstoff vorgeimpft worden. Diese Zahlen liegen weit unter dem Erwartungs- wert der pvE nach Erstimpfung mit dem Stamm Elstree, deren Häufig-

Referenzen

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