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Archiv "Eine „aktive Subsidiarität“ – nach Art der CDU" (01.10.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KURZBERICHT

Eine "aktive Subsidiarität"

nach Art der CDU

Mehr Eigenverantwortung und Ei- geninitiative bei der Bewältigung der Zukunftsausgaben — lautet die Devise der Gesundheitspolitik der CDU für die zweite Hälfte der acht- ziger Jahre. Beim Gesundheitspo- litischen Kongreß '86 der Union am 10. September in Bonn, Motto:

„Gesund leben — Gesundheitspoli- tik in einer freien Gesellschaft", waren solche deklamatorischen Formeln eher gefragt, als härtere Themen wie etwa die Kosten- dämpfung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder die für die kommende Legislaturperiode von der Regierung avisierte Struk- turreform. Solche Fragen wurden in den Referaten, wohl strate- gisch-taktisch und ressortpoli- tisch bedingt, fast vollends ausge- klammert, zumal die Sopos der Union, allen voran Bundesarbeits- minister Dr. Norbert Blüm und die Länderressortchefs, bei dieser Ta- gung zumeist weder gefragt noch gesehen wurden.

Der Generalsekretär der Union, Dr.

Heinrich Geißler, führte in seinem Auftaktreferat den Kongreß, der eher einem Verbändehearing denn einer Vorstellung der CDU- Gesundheitspolitik entsprach, auch auf eine allgemeine, kon- sensfähige Basis zurück, nämlich auf die Allgemeinthemen „Ge- sundheitsziele, Prävention, Ge- sundheitserziehung und Gesund- heitsbildung". Geißler, der Berli- ner Gesundheitssenator Ulf Fink und sein Senatsdirektor Albrecht Hasinger, zugleich Vorsitzender des Bundesfachausschusses Ge- sundheitspolitik der CDU, ließen aber keinen Zweifel daran, daß auch künftig seitens der Regie- rung Kostendämpfungspolitik be- trieben werden müsse. Ringen will man aber gleichzeitig um eine bessere, konzeptionell konsisten- te Ausrichtung der Gesundheitssi- cherung. Nicht immer dürfe ein

staatlicher Handlungsbedarf be- schworen werden. Überzogene staatliche Wohlfahrts- und Da- seinsvorsorge und -fürsorge wür- den in Zukunft auch infolge der höheren Abgabenbelastung und der expandierenden Kosten immer mehr als Plage denn als Wohltat empfunden, sagte Geißler. Folgen- de Problemkomplexe, bei denen sowohl staatliche Initiativen als auch der Sachverstand und die In- novationskraft der Selbstverwal- tungen gefordert seien, müßten vordringlich angepackt werden:

„Ärzteschwemme", Verbesserung der Medizinerausbildung, Lösung der Strukturfragen in der gesetzli- chen Krankenversicherung, dau- erhafte und finanzierbare Absiche- rung des Pflegerisikos (Bundesge-

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Vielfach ist es wirklich überflüssig, Ta- bletten und Pillen zu schlucken; die Ge- fahr, davon abhängig zu werden und auf diese Weise seinen Körper nach und nach zu verseuchen, ist groß. Fra- gen Sie Ihren Arzt oder einen guten Heilpraktiker!

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Aus: „Mit uns für ein gesundes Leben"; Herausgeber: CDU-Bun- desgeschäftsstelle

sundheitsministerin Rita Süss- muth lehnte eine versicherungs- technische Lösung in der GKV ab), Sicherung des Freiraums der Arz- neimittelforschung sowie Fragen im Zusammenhang mit der extra- korporalen Befruchtung und der Gentechnologie.

Geißler räumte ein, daß es gesell- schafts- und umweltbedingte Krankheitsursachen gebe, warnte aber davor, diese zu ideologisie- ren. Wer die Krankheit des einzel- nen zur Krankheit der Gesellschaft hochstilisiere, mache viele in un- verantwortlicher Weise physisch und psychisch krank, weil er wider besseres Wissen an die Urängste der Menschen appelliere. Allein durch ernährungsbedingte Krank- heiten entstünden Jahr für Jahr 41,9 Milliarden DM Kosten, so der

Heidelberger Sozialmediziner Pro- fessor Dr. Hans Schaefer. Hinzu- kommen die direkten Kosten für Vorbeugung, Behandlung, Reha- bilitation und Pflege in Höhe von 29,3 Milliarden DM und weitere 12,6 Milliarden DM Krankheitsfol- gekosten. Würden sämtliche er- nährungsbedingten Krankheiten durch Eigeninitiativen ausge- schaltet werden, so stiege die Le- benserwartung um rund vier Jah- re. Und eine weitere Zahl, die in Bonn bemüht wurde: Den Gesamt- ausgaben der gesetzlichen Kran- kenversicherung in Höhe von 110 Milliarden DM in 1985 standen rund 60 Milliarden DM Privataus- gaben für Alkohol und Tabak ge- genüber (darin eingeschlossen al- lein 20 Milliarden DM zusätzlich gezahlter Steuern).

Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Dr. Karsten Vilmar, Bre- men, gab zu bedenken, daß der einzelne im Durchschnitt mehr für Alkohol und Nikotin ausgebe als für Arbeitslosenversorgung aufge- wandt werde. Und wenn schon die

Prävention, die Gesundheitsauf- klärung und -erziehung so groß geschrieben werde, so müsse sich die Politik sagen lassen: „Zur Ge- sundheit gehört auch Zufrieden- heit; sie ist jedenfalls besser als je- der Dirigismus. Die Politik muß wieder mehr für die Zufriedenheit der Bürger tun. Dies wäre ein er- ster Schritt zu mehr Prävention."

Der gesundheitspolitische Experte der CDU-Fraktion, der Frankfurter Internist Dr. Karl Becker, kritisierte die permanente Leistungsauswei- tung in der gesetzlichen Kranken- versicherung durch den Gesetzge- ber, aber auch durch die Recht- sprechung, infolge des medizini- schen und technischen Fort- schritts, durch den Therapiefort- schritt bei der Medikation und ge- stiegenen Ansprüche der Versi- cherten (insbesondere der Älte- ren). Es könne nicht angehen, daß der Arzt weiter zum Sparkommis- sar für Dritte degradiert werde. Die Gesundheitspolitik dürfe nicht weiter im Schatten der einseitig fiskalisch orientierten Sozial- und Finanzpolitik stehen. HC 2672 (24) Heft 40 vom 1. Oktober 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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