Masse abheben? Kappel skizziert eine Unternehmenskultur, die nicht nur nur Krankenhäuser anstreben sollten: Führungskräfte müssten glaubwürdig sein und den Mitarbei- tern Wertschätzung zeigen. Für wichtig hält sie Transparenz durch gute Informationen. So gebe es in den Häusern des Katholischen Hos- pitalverbunds Hellweg regelmäßig die Möglichkeit, Projekte mit der Geschäftsleitung zu diskutieren.
Ameos-Chef Paeger ist über- zeugt davon, dass Chefärzte und Oberärzte über die Patientenbe- handlung hinausgehen möchten.
„Für sie ist es wichtig, dass sie mit ihren Vorstellungen zur Weiterent- wicklung der medizinischen Ver- sorgung Gehör finden.“ Bei Ameos sei das der Fall. Medizinische Kon- zepte, die wirtschaftlich tragfähig seien, würden realisiert. Immer werde schnell entschieden.
Die Klage vieler Ärzte, ihnen ge- he durch Bürokratie und andere me- dizinfremde Arbeiten Zeit für die Patienten verloren, kennen selbst- verständlich auch die Personalver- anwortlichen in den Krankenhäu- sern. In Zukunft wird es ihrer An-
sicht nach verstärkt darum gehen, Ärzte, aber auch Pflegekräfte von Aufgaben zu entlasten, die nicht zu ihren Kernaufgaben gehörten. Das zielt auf Dokumentationsarbeiten, aber auch beispielsweise auf die Blutabnahme bei Patienten, die statt von Assistenzärzten gut von Pflege- kräften vorgenommen werden kön- ne. Essen verteilen könnten ande- rerseits auch Servicekräfte, dafür seien keine voll ausgebildeten Pfle- ger nötig.
Nichtärztliche Tätigkeiten delegieren
Tätigkeiten müssten den Berufs- gruppen zugeordnet werden, die da- für richtig qualifiziert seien, forder- te Paeger. Er sieht die Leistungsde- legation von Ärzten an die Pflege durch die Haltung von Bundesärz- tekammer und ärztlichen Berufs- verbänden erschwert, ohne dies zu erläutern. Keinen Zweifel ließ er daran, dass es bei der Verbesserung der Organisationsabläufe im Kran- kenhaus nicht nur um Zufriedenheit im Beruf, sondern auch um Ökono- mie geht. „Wenn ein Arzt eine Pa- tientenakte suchen muss, erbringt er
keine Wertschöpfung.“ Ameos hat, wie Paeger berichtete, mit der Im- plementation klinischer Pfade gute Erfahrungen gemacht. Wenn für ei- nen Patienten mit Herzinsuffizienz Diagnostik und Behandlung in den ersten drei Tagen niedergelegt sei, könne zum Beispiel die Pflege an- geordnete Röntgenuntersuchungen eigenständig organisieren. Insge- samt sei es gelungen, die Anzahl medizinfremder Tätigkeiten für Ärzte um zehn bis 15 Prozent zu verringern.
Für die Ausbildung künftiger Ärzte und das Berufsbild insgesamt sagt Personalberater von Mylius einen Wandel voraus. Die Vielzahl von Studiengängen, die Ärzten Ma- nagementkenntnisse und -fähigkei- ten vermitteln sollen, deutet seiner Ansicht nach auf ein Defizit in Me- dizinstudium und ärztlicher Weiter- bildung hin. Krankenhäuser müss- ten Ärzten in Zukunft differenzierte Ausbildungs- und Karrierewege er- öffnen – und zwar für medizinische Spezialisten, fachlich breit aufge- stellte Ärzte sowie für Ärzte, die ins Medizinmanagement strebten.
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Heinz Stüwe
Der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) vertritt die beruflichen und gesell- schaftspolitischen Interessen von Ärztinnen in Öffentlichkeit und Politik.
Er wurde vor 90 Jahren in Berlin unter dem Namen Bund Deutscher Ärztinnen gegründet. 280 Ärztinnen schlossen sich dem Verband bei der Gründung an – etwa zwölf Prozent der insgesamt 2 500 deutschen Ärz- tinnen. Es waren damals keine berufs politischen Absichten, die zur Gründung führten. Die Ärztinnen beschäftigten sich zum Beispiel mit der Bearbeitung sozial-hygienischer Aufgaben vom Standpunkt der Ärztin als Frau und der Ausarbeitung von Vorschlägen für die sozial-hygieni- sche Gesetzgebung.
Mittlerweile sind die Frauen bei den Medizinstudierenden in der Überzahl, und bald wird es auch mehr Ärztinnen als Ärzte geben.
Ketzerisch gefragt: Braucht es da überhaupt noch einen DÄB, und wenn ja – warum?
Rapp-Engels: Das ist provokant gefragt, trifft aber durchaus aktuelle Diskussionen und Reflexionen im DÄB. Wir bestehen seit 90 Jahren und stellen immer wieder fest, dass unsere Ziele und Hoffnungen bis heute noch nicht umgesetzt wurden. Gleiche Karrierechancen für Ärztinnen und Arbeitsbedingungen, die für Männer und Frauen eine ausgewogene
Balance zwischen Beruf, Privatleben und vielleicht sogar ehrenamtlichem Engage- ment ermöglichen, sind längst noch nicht erreicht. Und auch die dringend
notwendige nach Geschlecht differenzierende Gesundheitsforschung und -versorgung ist noch nicht umgesetzt.
Dass Frauen zunehmend den größeren Anteil bei den Medizinstudieren- den stellen, sagt überhaupt nichts über gleiche Chancen nach dem Stu- dium aus. Gerade jüngere Ärztinnen treten in den DÄB ein, weil sie sich von diesem Verband erhoffen, dass er sie für Beruf und Karriere fit macht und sie in der Weiterbildung unterstützt – auch weil wir uns für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben einsetzen. Es gibt zwar im- mer mehr familienfreundliche Ansätze und vor allem reichlich verbale Bekundungen, dies reicht aber noch lange nicht aus. Nicht zuletzt wird die Forderung nach mehr Ärztinnen in Führungspositionen sowohl in der medizinischen Versorgung als auch in den Gremien der Universitäten und der ärztlichen Selbstverwaltung noch viele Jahre unsere Aktivitäten bestimmen. Nachdem nicht nur wir uns diesbezüglich über Jahrzehnte mit leider nur mäßigem Erfolg engagiert haben, fordern wir inzwischen
eine gesetzliche Quote. TG
FRAGE DER WOCHE AN . . .
Dr. med. Regine Rapp-Engels, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes