DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Krankenhausfinanzierung KURZBERICHT
zielte Förderung der Kranken- häuser allein dem jeweiligen Willen und den finanziellen Möglichkeiten eines jeden Bun- deslandes.
Mit Recht verweist die KBV dar- auf hin, daß angesichts der un- terschiedlichen Finanzkraft der Länder und der erheblich diffe- rierenden Versorgungsdichte mit Krankenhausbetten nicht ausgeschlossen werden könne, daß die notwendigen Investitio- nen über die Pflegesätze aufge- bracht werden müßten. Damit würden aber die gesetzlichen Krankenkassen mit weiteren Ausgaben belastet; die Beitrags- stabilität sei erneut gefährdet.
Daß der Letztentscheid bei der Pflegesatzfestsetzung staat- lichen Behörden übertragen werden solle, sei ebenfalls nicht
„systemgerecht".
Entscheidungs-Matrix
Die Prognose über das politi- sche Vabanque-Spiel zum Auf- takt der ersten Lesung im Bun- destag (18. Oktober) sind denn auch düster-pessimistisch. Ein politischer Kompromiß und eine Minimalreform des noch vor 12 Jahren von seiten der Politiker noch als ein „Jahrhundertge- setz" hochgelobten Kranken- hausfinanzierungsgesetzes sind solange nicht „drin", bis der Entwurf der Bundesregierung und der Länderentwurf in den neuralgischen Grundsatzfragen nicht deckungsgleich werden.
Die hier zitierte „Entschei- dungs-Matrix" läßt erkennen, worum es geht. Auch offene
„Koalitionen" werden überaus deutlich: Krankenkassen und Bundesregierung auf der einen, CDU/CSU-Länder und Kranken- hausträger auf der anderen Seite...
Wer wagt es, den Gordischen Knoten durchzuhauen? Wer hat den längeren Atem zum Kom- promiß? Dr. Harald Clade
Patientengeheimnis gilt auch gegenüber der Krankenkasse
Das Ausfüllen von Bescheinigun- gen und das Erstatten von Berich- ten gehören zur kassenärztlichen Versorgung. Der hier einschlägige
§ 368 Absatz 2, Satz 2 der Reichs- versicherungsordnung stellt frei- lich nur auf die „Erforderlichkeit zur Durchführung der gesetzli- chen Aufgaben der Krankenkas- sen und des vertrauensärztlichen Dienstes" ab. Der Kassenarzt hat demnach zwar die Pflicht, in die- sem Rahmen zusätzliche Tätig- keiten über die eigentliche ärzt- liche Verordnung hinaus zu lei- sten; ihm kommt aber kein Recht zu, Angaben über den Patienten ohne dessen Einwilligung der Krankenkasse zu offenbaren.
Zu diesem Schluß kam der ehe- malige Bundesdatenschutzbeauf- tragte, der Jurist Prof. Dr. Hans Peter Bull, auf einem Pressesemi- nar der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung in Berlin. Bull erläu- terte vor den Anwesenden ein Gutachten, das der für das Zen- tralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung erstellt hat. Thema:
Rechtliche Grundlagen der Offen- barung von Patientendaten durch Kassenärzte.
„Der Arzt muß also die lästige Auf- gabe auf sich nehmen, Formulare auszufüllen und zu versenden oder auch medizinische Beurtei- lungen zu formulieren", erklärte Bull, „aber soweit die ärztliche Schweigepflicht reicht, darf er da- bei nur solche Angaben machen, zu denen er nach den Regeln über die zulässigen Durchbre- chungen der Schweigepflicht be- fähigt ist." Bull lehnte auch die Auffassung ab, der Patient willige stillschweigend (durch „schlüssi- ges Handeln") in die Offenbarung von Gesundheitsangaben ein, so- bald er Leistungen der sozialen Krankenversicherung in Anspruch nehme. Laut Bull weiß der Patient
Ehemali- ger Bun- desbe- auftrag- ter für den Da- ten- schutz, Prof. Dr.
Hans Pe- ter Bull Foto:
Sven Simon
nämlich in aller Regel gar nicht, was mit seinen Daten im Verlauf der Verarbeitung durch die Ver- waltungen geschieht. Eine aus- drückliche oder stillschweigende Einwilligung will Bull allenfalls für die wenigen Angaben gelten las- sen, „die notwendig sind, damit die Leistungen des Arztes abge- rechnet werden können". Er stellt dann aber fest: „Dazu gehört aber nicht dasjenige Datum, das be- sonders sensibel ist und besonde- ren Schutzes bedarf, nämlich die Diagnose."
Damit nahm Bull auch zu einer auf Kassenseite erhobenen Forde- rung Stellung, die da lautet, zur Erhöhung der Transparenz und aus Gründen der Kostendämp- fung müsse den Krankenkassen auch die Diagnose übermittelt werden. Es sei, so Bull, zwar legi- tim, wenn die Kassen Schwach- stellen der kassenärztlichen Ver- sorgung aufdecken und sich vor zu hohen Kosten sowie vor Be- trugsversuchen schützen wollten;
es sei aber allein Sache des Ge- setzgebers, „die dafür erforder- lichen Durchbrechungen der ärzt- lichen Schweigepflicht zuzulas- sen". Bull hält nicht nur eine Übermittlung von Diagnosen an die Kassen für unzulässig. Er stellt vielmehr auch die praktizierten In- formationsflüsse zwischen Kas- senärzten, Kassenärztlichen Ver- einigungen und Krankenkassen grundsätzlich in Frage: die Rechtsbasis reiche nicht aus. NJ Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 43 vom 24. Oktober 1984 (21) 3143