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Archiv "Sorgen um das Belegarztsystem" (24.10.1974)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

FORUM:

Sorgen um das Belegarztsystem Drogensüchtige:

Selbsthilfe-Einrichtungen bedürfen der Aufsicht

THEMEN DER ZEIT:

Die Bedeutung des Sehvermögens am Arbeitsplatz Mehr Teilze·itstellen für Ärztinnen erforderlich Die jüdische Einstellung zum therapeutischen Abort

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Analyse und Prognose der Bevölkerungsentwicklung

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BLICK ÜBER DIE GRENZEN:

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Gesundheitsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung

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FEUILLETON:

Der Verlust des Menschenbildes

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Sorgen

um das Belegarztsystem

Hans-Joachim Spittler

ln letzter Zeit ist von verschiedenen Stellen das Thema Belegarzt- system wieder aufgegriffen worden und ins Gespräch gekommen. Schon seit einigen Jahren setzt sich eine Reihe der großen Ver- bände und Organisationen der Arzteschaft für den weiteren Ausbau der Belegkrankenhäuser ein. Und in der Tat kommt dieses System in vielen Dingen manchen "progressiven" gesundheitspolitischen Vorstellungen entgegen, obwohl es auf eine lange Tradition zurück- blicken kann. Der Verfasser des folgenden Beitrages ist selbst Belegarzt an einem hessischen Krankenhaus.

Da in Deutschland die Belegkran- kenhäuser schon immer im Schat- ten der großen Kliniken standen, sollen hier kurz die Vorzüge dieses Systems vorgestellt werden. Auch die jüngeren Kollegen sollen dar- auf hingewiesen werden, daß ihnen hiermit eine Chance geboten wird, ihre klinischen Fähigkeiten und Er- fahrungen in selbständiger, eigen- verantwortlicher Stellung weiter anwenden zu können. Das gilt auch für den Arzt für Allgemeinme- dizin.

~ Für den Patienten, dessen Wohl bei allen unseren Überlegungen im Mittelpunkt steht, bietet sich eine freie Arztwahl bei ambulanter und stationärer Behandlung an. Er hat im Arzt seiner Wahl eine vertrau- ensvolle Bezugsperson, die ihm den Schritt in das Ungewisse des Krankenhausmilieus ganz wesent- lich erleichtert.

~ Für die Kostenträger - ob Kas- sen oder Steuerzahler - ist das Belegarztsystem mit der durch- schnittlich kürzeren Belegungsdau- er, dem Wegfall unnötiger, doppel- ter Diagnostik, mit kleinerem Ver- waltungsapparat viel weniger ko- stenintensiv als große Klinikein- heiten. Besonders kostensparend ist die Tatsache, daß der Belegarzt die ständig steigenden Kosten für den nachgeordneten ärztlichen Dienst aufbringen muß.

~ Für die Kassenärztlichen Verei- nigungen ergeben sich die Mög- lichkeiten und zwar ohne Einsatz irgendwelcher Zwangsmaß·

nahmen! -, durch Errichtung von neuen Belegkrankenhäusern auf dem Land, auch für den Arzt für Allgemeinmedizin, jüngere Kollegen in Landpraxen zu bringen, die bis- her nur wenig attraktiv erschie-

nen. [>

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 43 vom 24. Oktober 1974 3095

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Belegärzte

Diese hier kurz skizzierten Eigen- schaften lassen das Belegarztwe- sen als eine echte Alternative ge- gen den immer von bestimmter Seite geforderten staatlichen Ge- sundheitsdienst erscheinen. Leider hat sich aber in letzter Zeit die Lage des Belegarztes ständig ver- schlechtert. Er hat die Lasten eines kleinen „Unternehmers" zu tragen, ohne aber die Chancen oder Vor- aussetzungen eines „Geschäfts- mannes" zu haben!

Diese Gedanken sind auch in den Gesundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzte- schaft zu finden. In dem sogenann- ten „Blauen Papier", das der 77.

Deutsche Ärztetag 1974 in Berlin verabschiedete, wird sehr eindring- lich auf die Notwendigkeit der Er- haltung und des Ausbaues der Be- legkrankenhäuser hingewiesen.

An dem Satz aber „in Belegkranken- häusern muß die Präsenz rund um die Uhr sichergestellt sein", wird deutlich, wie wenig man vom grü- nen Tisch aus übersehen kann, wo in der Praxis die Schwierigkeiten liegen. Auch mit dem Nachsatz

„Dies läßt sich bei einer als Fach- gruppenpraxis strukturierten Be- legabteilung durch gegenseitige Vertretung erreichen", kann man nicht die Probleme um den nach- geordneten ärztlichen Dienst vom Tisch wischen!

Mängel

des Krankenhaus- finanzierungsgesetzes

Das neue Krankenhausfinanzie- rungsgesetz nimmt keine Rück- sicht auf das Belegkrankenhaus, zumal in •den verschieden regierten Ländern auch sehr unterschiedli- che Ausführungsbestimmungen oder sogenannte Empfehlungen bestehen. Bei dem starken Rück- gang der Privatklientel wird die Fi- nanzierung des gesamten nachge- ordneten ärztlichen Dienstes aus den Einkünften des Belegarztes bei den ständig steigenden Gehältern und sozialen Leistungen immer schwieriger und zum Teil heute schon unmöglich. Die Forderungen

des Idealzustandes von einem As- sistenten je Belegarzt ist — bei ei- ner Belastung von rund 50 000 DM jährlich — illusorisch, unrentabel und nicht zu realisieren. Allein an diesem Beispiel wird deutlich, wie weit sich zuweilen theoretische Idealvorstellungen von den prakti- schen Verhältnissen entfernen.

Risikobereitschaft der Belegärzte — wenig honoriert

Welchen jungen Kollegen aus ei- nem Fünf-Tage-Wochen-Klinikbe- trieb mit Nacht- und Bereitschafts- dienst-Zulagen, bezahltem Urlaub, sozialer Absicherung für Familie, Krankheit und Alter kann eine freie Praxis mit diesen zunehmen- den Schwierigkeiten denn noch lok- ken?

• Als Belegarzt erwartet ihn die Belastung einer 55- bis 60-Stun- den-Woche mit aller Verantwortung eines leitenden Arztes, die ständi- ge Bereitschaft auch bei kollegia- ler Zusammenarbeit; Tag und Nacht, an Sonn- und Feiertagen!

Und in elf Monaten, wenn er sich selbst vier Wochen Urlaub — un- bezahlt — leisten kann, muß er 13 Monatsgehälter für seine Ange- stellten herauswirtschaften mit dem kaufmännischen Risiko der Rentabilität und der persönlichen Arbeitsfähigkeit, ehe er an die ei- genen laufenden Kosten, Versiche- rungen, Praxismiete, Alters- und Familienversorgung, geschweige denn an seine „Lebensqualität"

denken kann!

Dazu kommt auch noch, daß der Belegarzt bereits manchem soziali- stischen Systemveränderer als

„Großverdiener" suspekt wird, wo- bei in bestimmten Veröffentlichun- gen und Statistiken grundsätzlich und bewußt zwischen „Umsatz"

und „Realeinkommen" nicht diffe- renziert wird.

Risiko und persönlicher Einsatz werden auch hier von diesem Staat ebensowenig honoriert wie bei an- deren freien Berufen.

Den Belegärzten selbst — und nur sie selbst können ihre besten Sachwalter sein — stellt sich die Aufgabe, alle für die Gesundheits- politik Verantwortlichen nicht nur auf die Vorzüge des Belegarztsy- stems hinzuweisen, sondern auch auf die Sorgen und auf die zuneh- menden Schwierigkeiten aufmerk- sam zu machen und konstruktive Vorschläge zu entwickeln. Das Problem des Belegarztwesens steht nioht isoliert im Raum.

• Wenn es so weit kommen sollte.

daß die belegärztliche Tätigkeit durch die immer ungünstiger wer- denden Verhältnisse eingestellt werden muß, würde nicht nur der Sicherstellungsauftrag der Kassen- ärztlichen Vereinigungen berührt, sondern die ganze „freie Ärzte- schaft" und ihre Organisationen und Verbände hätten eine ent- scheidende Schlacht im Kampf ge- gen den staatlichen Gesundheits- dienst verloren.

Durch die Initiative einiger, enga- gierter Belegärzte wurde vor über 20 Jahren schon in Hessen der Landesverband hessischer Beleg- ärzte gegründet, der seit dieser Zeit die Interessen und Belange seiner Mitglieder bisher erfolgreich vertreten hat.

Er hat stets Verständnis und offene Ohren bei der Kassenärztlichen Vereinigung und bei der Landes- ärztekammer Hessen gefunden.

Wir glauben, daß es jetzt an der Zeit ist, daß sich die Belegärzte auch in den anderen Bundeslän- dern zusammenfinden, um dann mit den großen Standesorganisatio- nen der freien Ärzteschaft Deutsch- lands die Existenz der über 6000 Belegärzte verteidigen und für die Zukunft sichern zu können.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans-Joachim Spittler Facharzt für Chirurgie

6 Frankfurt am Main Schwindstraße 8 3096 Heft 43 vom 24. Oktober 1974 DEUTSCHES ÄRZTE BLATT

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