A 302 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 7|
19. Februar 2010 Assistenzärzte und medizinischesPflegepersonal oder Verwaltungs- mitarbeiter unterstellt, rechtfertigt dies noch keine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III des TV-Ärzte.
Schließlich – und das ist eine ganz entscheidende Aussage – ist für die Oberarzt-Eingruppierung erforder- lich, dass der Oberarzt für den be- treffenden Teilbereich alleinverant- wortlich ist. Die ohnehin bestehende Letztverantwortung des Chefarztes schließt die Alleinverantwortung
nicht aus. Andernfalls liefe die Ent- geltgruppe III in vielen Fällen leer.
Ist dem Oberarzt die medizinische Verantwortung allerdings mit einem weiteren Oberarzt übertragen, liegen nach Ansicht des Vierten Senats die tariflichen Voraussetzungen für die Entgeltgruppe III TV-Ärzte nicht vor. Denn eine gemeinschaftliche Verantwortung sei stets eine geteilte Verantwortung. In einem der Fälle scheiterte die Eingruppierung eines Herzchirurgen als Oberarzt daher daran, dass er auf seinen wechseln- den Stationen nach den Organisati- onsplänen die Verantwortung immer
mit mindestens einem weiteren Oberarzt geteilt hatte.
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Aufgabenübertragung. Um- stritten war bisher, welche Anforde- rungen an die Übertragung der medi- zinischen Verantwortung für den Teil- bereich zu stellen sind. Nach einer Ansicht sind eingruppierungsrelevan- te Entscheidungen dem Arbeitgeber vorbehalten. Nach anderer Auffas- sung genügt bereits die Zuweisung von Aufgaben durch den Klinikdirek- tor beziehungsweise Chefarzt imRahmen des Weisungsrechts, jeden- falls dann, wenn der Klinikträger hiervon positive Kenntnis hat und nicht widerspricht. Der Vierte Senat hat sich der strengeren Auffassung angeschlossen. Die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich muss in einer dem Arbeitgeber zure- chenbaren Weise übertragen worden sein. Die „Ernennung“ zum „Ober- arzt“ durch den Chefarzt kann also nur dann Bedeutung für die tarifge- rechte Eingruppierung haben, wenn der Chefarzt vom Krankenhausträger bevollmächtigt ist, Oberärzte arbeit- geberseitig zu ernennen. Dies wird
regelmäßig nicht der Fall sein. Die früher durchaus übliche Titelverlei- hung durch den Chefarzt ist für die tarifliche Eingruppierung irrelevant.
Das Bundesarbeitsgericht hat ers- te richtungsweisende Hinweise für die Auslegung der streitigen Ein- gruppierungsmerkmale gegeben, wei- tere werden folgen. Es bleibt abzu- warten, wie die Tarifvertragspartei- en auf eine ihnen nicht genehme Auslegung – etwa zum Thema der geteilten oberärztlichen Verantwort- lichkeit – reagieren. Es bleibt ihnen unbenommen, die Tarifnormen be- ziehungsweise die Protokollerklä- rung weiter zu präzisieren. Für die betroffenen Ärzte bauen die Richter hohe Hürden auf, die auf dem Weg zum „Tarifoberarzt“ genom- men werden müssen. Darlegungs- und beweisbelastet im Prozess für das Vorliegen der tariflichen Tätig- keitsmerkmale der Entgeltgruppe III TV-Ärzte ist der klagende Oberarzt.
Wem noch zu BAT-Zeiten vom Chefarzt nur der Titel verliehen wur- de, wird „Titularoberarzt“ bleiben.
Er hat zwar Bestandsschutz hin- sichtlich der Höhe des Gehalts, wird aber lediglich als Facharzt nach Ent- geltgruppe II eingruppiert. ■ RAin Astrid Wellhöner, LL.M. Eur.
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Die von einem Arzt im Rahmen belegärztlicher Behandlungen erbrachten Laborleistungen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) dürfen bei der Verteilung der Gesamtvergütun- gen nicht ausgeschlossen werden. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.
Nach der Neugestaltung der Bundespflege- satzverordnung zum 1. Januar 1995 und den damit von 1996 an verbundenen Änderungen der Pflegesatzermittlung bestehen Gestal- tungsmöglichkeiten, belegärztliche Leistungen entweder dem krankenhausrechtlichen oder dem vertragsärztlichen Vergütungsregime zu unterstellen. Dies gilt insbesondere für Labor- leistungen. Sie können dem Belegarzt vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden, und zwar entweder über ein krankenhauseige- nes Labor oder über externe, vom Kranken-
haus beauftragte Laborarztpraxen. Die erfor- derlichen Laborleistungen können aber auch vom Belegarzt selbst erbracht werden, soweit er über die entsprechende Qualifikation und die erforderlichen Apparate in seiner Praxis verfügt. Zulässig ist ebenso, dass sie auf Über- weisung von ihm bei einer vertragsärztlichen Laborarztpraxis außerhalb des Krankenhauses erbracht werden. In den letzten beiden Fällen sind sie aber nicht in den Belegpflegesatz ein- zustellen, sondern aus dem vertragsärztlichen Gesamthonorar abzurechnen.
Im entschiedenen Fall gab der Verwaltungs- leiter des Krankenhauses an, es sei gängige Praxis gewesen, dass Honorare für die von den Belegabteilungen benötigten Laborleistungen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ver- gütet worden seien, hingegen die für die
Hauptabteilung erbrachten Laborleistungen von den Krankenkassen über die Pflegesätze.
Die KV hatte allerdings den Widerspruch des Arztes gegen die Nichtvergütung der Laborleis- tungen unter Berufung auf ihren Honorarver- teilungsmaßstab (HVM) zurückgewiesen. Da- nach wären die Leistungen der Anhänge zu Abschnitt OI/II und OIII EBM/Ä nicht als beleg- ärztliche Leistungen berechnungsfähig.
Dieser grundsätzliche Ausschluss der La- borleistungen von der vertragsärztlichen Ho- norierung kann allerdings nach Auffassung des BSG nicht auf Bestimmungen des HVM gestützt werden. Die dort enthaltene Aus- schlussregelung ist mit höherrangigem Recht nicht vereinbar und somit nichtig. Die KV ist verpflichtet, den Ärzten die von ihnen im Rahmen belegärztlicher Behandlungen erbrachten Laborleistungen zu vergüten.
(Bundes sozialgericht Urteil vom 28. 1. 2009, Az.: B 6 KA 30/07 R) RAin Barbara Berner
RECHTSREPORT
KVen müssen Laborleistungen von Belegärzten vergüten