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Archiv "Tarifliche Entgeltgruppen: Wenn ein Oberarzt kein Oberarzt ist" (19.02.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 7

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19. Februar 2010 A 301 reich“ angesehen werden kann.

Es muss vielmehr eine verselbst- ständigte, abgegrenzte Organisa- tionseinheit mit eigenem Personal und eigener Aufgabenstellung vorliegen. So wurde das in einem Organigramm als eigener Aufga- benbereich mit Personal ausge- stattete und der Werkleitung direkt unterstellte Patientenmanagement als Teilbereich im Sinne der tarif- lichen Bestimmungen anerkannt.

Medizinische Verantwor- tung. Der Arzt muss die medizini- sche Verantwortung für diesen Teil- oder Funktionsbereich haben.

Diesem besonders umstrittenen Tätigkeitsmerkmal hat der Vierte Senat viel Aufmerksamkeit ge- schenkt. Zunächst hat er festge- stellt, dass derjenige die medizini- sche Verantwortung trägt, dem ein Aufsichts- und eingeschränktes Weisungsrecht für das unterstellte medizinische Personal in dem zuge- wiesenen Teilbereich zusteht. Im Hinblick auf die allgemeine ärzt- liche Verantwortungsstruktur und die unterschiedlichen hierarchischen Ebenen sei dabei für eine entspre- chende Eingruppierung erforderlich, dass dem Oberarzt nicht nur Assis- tenzärzte nachgeordnet sind, son- dern in aller Regel auch mindestens ein Facharzt unterstellt ist. Nach An- sicht des BAG ist die nicht unbe- trächtliche höhere Vergütung eines Oberarztes nur gerechtfertigt, wenn seine „medizinische Verantwor- tung“ entsprechend herausgehoben und gewichtig ist. Das ist demnach erst dann der Fall, wenn der Ober- arzt auch die medizinische Verant- wortung für fremdes fachärztliches Tun trägt. Sind dem Oberarzt nur

D

ie korrekte Eingruppierung von Oberärzten ist seit In- krafttreten der Tarifverträge zwi- schen dem Marburger Bund einer- seits und der Vereinigung der kom- munalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie der Tarifgemeinschaft deut- scher Länder (TdL) andererseits im Jahr 2006 umstritten. Die Tarifver- träge sehen erstmals eine eigenstän- dige Entgeltgruppe III für Oberärz- te vor, deren Vergütung um bis zu 1 200 Euro und damit deutlich über derjenigen für Fachärzte liegt. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsge- richts (BAG) hat am 9. Dezember 2009 (unter anderem Az.: 4 AZR 841/08) über sieben Eingruppie- rungsklagen entschieden, in denen es um die Eingruppierung als Ober- arzt/Oberärztin ging. Die Klagen waren zum Teil erfolgreich, wurden aber überwiegend abgewiesen.

Die vier Entgeltgruppen im TV-Ärzte

Ärzte erhalten ihr Entgelt nach der tariflichen Entgeltgruppe, in der sie eingruppiert sind. Die vom Marbur- ger Bund abgeschlossenen Tarifver- träge sehen für Ärzte vier verschie- dene Entgeltgruppen vor. Unter- schieden wird zwischen dem „Arzt mit entsprechender Tätigkeit“ (Ent- geltgruppe I), dem „Facharzt mit entsprechender Tätigkeit“ (Entgelt- gruppe II), dem „Oberarzt“ (Entgelt- gruppe III) und dem „Leitenden Oberarzt“ (Entgeltgruppe IV). Chef- ärzte sind vom Anwendungsbereich der TV-Ärzte ausgenommen. Nach der seit dem 1. Januar 2009 gelten- den Entgelttabelle des TV-Ärzte/

VKA beträgt das Grundentgelt eines Facharztes in Stufe I 4 834,11 Euro TARIFLICHE ENTGELTGRUPPEN

Wenn ein Oberarzt kein Oberarzt ist

Das Bundesarbeitsgericht gibt erste richtungsweisende Hinweise, wann ein Oberarzt

als solcher eingruppiert werden muss.

brutto, das eines Oberarztes 6 055 Euro brutto pro Monat. Bei dieser beträchtlichen monatlichen Gehalts- differenz ist es verständlich, dass viele Oberärzte um ihre Eingruppie- rung in Entgeltgruppe III der TV- Ärzte kämpfen. Zahlreiche instanz- gerichtliche Entscheidungen aus der jüngsten Vergangenheit befassen sich mit dieser Thematik. Beim BAG sind mehrere diesbezügliche Verfahren noch anhängig.

Zur Eingruppierung von Oberärzten

Zur neu eingefügten Entgeltgruppe III für Oberärzte haben die Tarifver- tragsparteien eine Protokollerklä- rung abgegeben. Danach setzt die Eingruppierung als Oberarzt vor - aus, dass einem Arzt die medizini- sche Verantwortung für einen (VKA: selbstständigen) Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik be- ziehungsweise Abteilung (VKA:

ausdrücklich) vom Arbeitgeber über- tragen worden ist (vgl. § 12 TV- Ärzte, § 16 TV-Ärzte/VKA). Der Vierte Senat hat nun erstmals diese Tätigkeitsmerkmale der neuen Ta- rifbestimmungen ausgelegt:

(Selbstständiger) Teil- oder Funktionsbereich. Die Tarifverträ- ge enthalten keine eigenständige Definition des Teil- oder Funktions- bereichs. Nach Ansicht des BAG meint „Teilbereich“ eine organisa- torisch abgrenzbare Untergliede- rung, die zur Erfüllung eines medi- zinischen Zwecks auf Dauer mit Personen und Sachmitteln ausge- stattet ist. Damit ist klargestellt, dass die nur von einem Arzt als Spezialisten vertretene Aufgaben- wahrnehmung nicht als „Teilbe-

Zu früh gefreut?

„Oberärzte“, die keine Alleinverant- wortung für einen Teilbereich tragen, seien eigentlich Fachärzte, meinen die Arbeitsrichter.

Foto: iStockphoto

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A 302 Deutsches Ärzteblatt

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19. Februar 2010 Assistenzärzte und medizinisches

Pflegepersonal oder Verwaltungs- mitarbeiter unterstellt, rechtfertigt dies noch keine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III des TV-Ärzte.

Schließlich – und das ist eine ganz entscheidende Aussage – ist für die Oberarzt-Eingruppierung erforder- lich, dass der Oberarzt für den be- treffenden Teilbereich alleinverant- wortlich ist. Die ohnehin bestehende Letztverantwortung des Chefarztes schließt die Alleinverantwortung

nicht aus. Andernfalls liefe die Ent- geltgruppe III in vielen Fällen leer.

Ist dem Oberarzt die medizinische Verantwortung allerdings mit einem weiteren Oberarzt übertragen, liegen nach Ansicht des Vierten Senats die tariflichen Voraussetzungen für die Entgeltgruppe III TV-Ärzte nicht vor. Denn eine gemeinschaftliche Verantwortung sei stets eine geteilte Verantwortung. In einem der Fälle scheiterte die Eingruppierung eines Herzchirurgen als Oberarzt daher daran, dass er auf seinen wechseln- den Stationen nach den Organisati- onsplänen die Verantwortung immer

mit mindestens einem weiteren Oberarzt geteilt hatte.

Aufgabenübertragung. Um- stritten war bisher, welche Anforde- rungen an die Übertragung der medi- zinischen Verantwortung für den Teil- bereich zu stellen sind. Nach einer Ansicht sind eingruppierungsrelevan- te Entscheidungen dem Arbeitgeber vorbehalten. Nach anderer Auffas- sung genügt bereits die Zuweisung von Aufgaben durch den Klinikdirek- tor beziehungsweise Chefarzt im

Rahmen des Weisungsrechts, jeden- falls dann, wenn der Klinikträger hiervon positive Kenntnis hat und nicht widerspricht. Der Vierte Senat hat sich der strengeren Auffassung angeschlossen. Die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich muss in einer dem Arbeitgeber zure- chenbaren Weise übertragen worden sein. Die „Ernennung“ zum „Ober- arzt“ durch den Chefarzt kann also nur dann Bedeutung für die tarifge- rechte Eingruppierung haben, wenn der Chefarzt vom Krankenhausträger bevollmächtigt ist, Oberärzte arbeit- geberseitig zu ernennen. Dies wird

regelmäßig nicht der Fall sein. Die früher durchaus übliche Titelverlei- hung durch den Chefarzt ist für die tarifliche Eingruppierung irrelevant.

Das Bundesarbeitsgericht hat ers- te richtungsweisende Hinweise für die Auslegung der streitigen Ein- gruppierungsmerkmale gegeben, wei- tere werden folgen. Es bleibt abzu- warten, wie die Tarifvertragspartei- en auf eine ihnen nicht genehme Auslegung – etwa zum Thema der geteilten oberärztlichen Verantwort- lichkeit – reagieren. Es bleibt ihnen unbenommen, die Tarifnormen be- ziehungsweise die Protokollerklä- rung weiter zu präzisieren. Für die betroffenen Ärzte bauen die Richter hohe Hürden auf, die auf dem Weg zum „Tarifoberarzt“ genom- men werden müssen. Darlegungs- und beweisbelastet im Prozess für das Vorliegen der tariflichen Tätig- keitsmerkmale der Entgeltgruppe III TV-Ärzte ist der klagende Oberarzt.

Wem noch zu BAT-Zeiten vom Chefarzt nur der Titel verliehen wur- de, wird „Titularoberarzt“ bleiben.

Er hat zwar Bestandsschutz hin- sichtlich der Höhe des Gehalts, wird aber lediglich als Facharzt nach Ent- geltgruppe II eingruppiert. ■ RAin Astrid Wellhöner, LL.M. Eur.

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Die von einem Arzt im Rahmen belegärztlicher Behandlungen erbrachten Laborleistungen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) dürfen bei der Verteilung der Gesamtvergütun- gen nicht ausgeschlossen werden. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Nach der Neugestaltung der Bundespflege- satzverordnung zum 1. Januar 1995 und den damit von 1996 an verbundenen Änderungen der Pflegesatzermittlung bestehen Gestal- tungsmöglichkeiten, belegärztliche Leistungen entweder dem krankenhausrechtlichen oder dem vertragsärztlichen Vergütungsregime zu unterstellen. Dies gilt insbesondere für Labor- leistungen. Sie können dem Belegarzt vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden, und zwar entweder über ein krankenhauseige- nes Labor oder über externe, vom Kranken-

haus beauftragte Laborarztpraxen. Die erfor- derlichen Laborleistungen können aber auch vom Belegarzt selbst erbracht werden, soweit er über die entsprechende Qualifikation und die erforderlichen Apparate in seiner Praxis verfügt. Zulässig ist ebenso, dass sie auf Über- weisung von ihm bei einer vertragsärztlichen Laborarztpraxis außerhalb des Krankenhauses erbracht werden. In den letzten beiden Fällen sind sie aber nicht in den Belegpflegesatz ein- zustellen, sondern aus dem vertragsärztlichen Gesamthonorar abzurechnen.

Im entschiedenen Fall gab der Verwaltungs- leiter des Krankenhauses an, es sei gängige Praxis gewesen, dass Honorare für die von den Belegabteilungen benötigten Laborleistungen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ver- gütet worden seien, hingegen die für die

Hauptabteilung erbrachten Laborleistungen von den Krankenkassen über die Pflegesätze.

Die KV hatte allerdings den Widerspruch des Arztes gegen die Nichtvergütung der Laborleis- tungen unter Berufung auf ihren Honorarver- teilungsmaßstab (HVM) zurückgewiesen. Da- nach wären die Leistungen der Anhänge zu Abschnitt OI/II und OIII EBM/Ä nicht als beleg- ärztliche Leistungen berechnungsfähig.

Dieser grundsätzliche Ausschluss der La- borleistungen von der vertragsärztlichen Ho- norierung kann allerdings nach Auffassung des BSG nicht auf Bestimmungen des HVM gestützt werden. Die dort enthaltene Aus- schlussregelung ist mit höherrangigem Recht nicht vereinbar und somit nichtig. Die KV ist verpflichtet, den Ärzten die von ihnen im Rahmen belegärztlicher Behandlungen erbrachten Laborleistungen zu vergüten.

(Bundes sozialgericht Urteil vom 28. 1. 2009, Az.: B 6 KA 30/07 R) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

KVen müssen Laborleistungen von Belegärzten vergüten

Die Richter bauen hohe Hürden auf, die auf dem Weg zum „Tarifoberarzt“ genommen werden müssen.

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