Bedeutung sind – ein Resü- mee, das gar nicht genug be- tont werden kann – auch als Rechtfertigung, dass medizini- sche Grundlagen- wie ange- wandte Forschung auch in Zu- kunft auf Tierversuche ange- wiesen sein wird.
Prof. Dr. A. Baethmann, Klinikum der Universität München, Institut für Chirurgische Forschung, Großhadern,Marchioninistraße 15, 81377 München
Weiter so!
Die Tiere bedanken sich für den kritischen Artikel, der schon lange fällig war. Die Au- torin hat das schwierige The- ma in ausgezeichneter Weise dargestellt – schade, zu kurz – vieles konnte nicht ausgespro- chen werden.
Dr. med. Sigrid Eisenmeier, Zeppelinstraße 15, 27568 Bremerhaven
Aids-Politik in den USA
Zu dem Beitrag „Der Zorn Gottes“
von Harald Neuber in Heft 38/2004:
Historische Fehlsicht
In dem Beitrag wird der Ein- druck vermittelt, die Reagan- Administration habe aus poli- tischem Kalkül und absichts- voller, religiös motivierter Zielsetzung Ausgrenzung be- trieben und damit gegen die eigene Verfassung verstoßen.
Unkritisch wird dabei auf ste- reotype Meinungsäußerungen hinlänglich bekannter Selbst- hilfe-Aktivisten zurückgegrif- fen, für die es offenbar nur ei- ne einzige Krankheitsbedro- hung zu geben scheint, der sich die Politik gefälligst aus- schließlich zu widmen habe.
Dass nun mit Bill Clinton aus-
gerechnet derjenige Präsident, der durch ungeschützten Ge- schlechtsverkehr der verblüff- ten Weltöffentlichkeit demon- striert hat, wie Infektions- prävention praktisch zu hand- haben ist, dafür verantwortlich sein soll, dass die Sterberate rückläufig wurde, ist mehr als eine historische Fehlsicht. Tat- sache ist, dass die wissen- schaftliche Erforschung des HI-Virus eben bereits unter Reagan begann und die Mor- talitätswende letztlich erst er- möglicht hat. Leider kann sich Ronald Reagan heute dazu nicht mehr äußern. Hören wir also, was er seinerzeit selbst sagte: „ . . . We are moving in every way we can and as fast as we can to find answers to the terrible scourge that brought such sorrow to you and so many others . . .“ (aus einem Brief an eine HIV-/
Aids-Patientin, nachdem
Reagan tagelang vergeblich versucht hatte, sie telefonisch zu erreichen, um mit ihr per- sönlich zu sprechen).
Dr. Holger Voigt,
Flughafenstraße 52 A, 22335 Hamburg
Verständliche Politik
Der Autor vertritt mit seiner Abhandlung über die Immun- schwächekrankheit Aids nicht nur linkes Gedankengut, sondern auch eine dem Zeit- geist angemessene US-regie- rungskritische, vorwurfsvolle Haltung. So geht der trotz sei- ner angeblich mit Negativre- korden bei der Aids-Politik belastete „ehemalige Schau- spieler“ Ronald Reagan be- reits heute als herausragender US-Präsident in die Geschich- te ein. Aids ist im Gegensatz zu anderen Infektionen eine Ansteckung, die sich durch B R I E F E
verantwortungsbewusstes Ver- halten vermeiden lässt. Des- halb sollte der Solidargemein- schaft für die in diesem Zusam- menhang erbrachten finanziel- len Leistungen Respekt und Dank gezollt und sie nicht mit noch weitergehenden Forde- rungen konfrontiert werden.
Wären seuchenhygienische Maßnahmen ergriffen worden, wäre die Epidemie einge- dämmt und die Zahl der To- desfälle reduziert worden.
Wenn die USA heute HIV- positiv getesteten Ausländern keine Aufenthaltsgenehmi- gung erteilen, dann ist dies im Hinblick auf die entstehenden Belastungen verständlich.
Helmut Tritsch,
Hochstraße 33, 53474 Bad Neuenahr
Anlass zur Freude
Die von Harald Neuber in sei- nem Bericht über die Aids- Politik in den USA hergestell- ten Zusammenhänge setzen in Erstaunen. Wenn George W.
Busch 100 Millionen Dollar ausgegeben hat, um Program- me zur sexuellen Abstinenz von Jugendlichen zu erstellen, so kann das doch wohl kaum zu einer der Ursachen beim Versagen im Kampf gegen die Aids-Epidemie umgemünzt werden. Und auch dem toten Ronald Reagan glaubt der Au- tor einen absurden Schwarzen Peter dieser Art zuschieben zu können: angeblich sei er bei seinem Amtsantritt 1981, die mit dem Aufflammen der töd- lichen Krankheit bei jungen homosexuell lebenden Män- ner zusammengefallen sei, so zurückhaltend gewesen, weil ihn die Furcht beherrscht ha- be, durch diese Nachricht könnte ein Anreiz zur Aus- breitung der Homosexualität in den USA entstehen. Das ist gewiss absurd! Schon damals argumentierte der Spiegel lo- gischer, indem er das weltwei- te Herunterspielen der Epide- mie als Furcht deutete, dass Homosexualität dadurch in Misskredit geraten könnte.
Aber wie dem auch sei. Selbst im Deutschen Ärzteblatt müss- te es doch Freude über Akti- vitäten geben, die daran mit-
wirken, dass sich wieder mehr junge Mädchen durch Abkehr vom Jugendsex in hinreichen- der Zahl gebärfähig erhalten – oder?
Christa Meves,
Albertstraße 14, 29525 Uelzen
Sexuelle Abstinenz schadet niemandem
. . . Die Informationskampa- gnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und anderer Institutionen sind mit Recht darauf ausgerichtet, sexuell aktive Menschen vor der Aids-Gefahr zu warnen und ihnen Schutzstrategien nahe zu legen. Bei all dem schwingt aber unterschwellig die Botschaft mit, dass freie Liebe, Sex unter Jugendlichen ohne feste Bindung, Ehebruch und Homosexualität selbstver- ständliche und normale Ver- haltensweisen sind. Sie sind aber nicht so selbstverständ- lich. Diese sexuelle Freiheit ist in Deutschland eine Errungen- schaft der letzten Jahrzehnte.
Für dieses Vergnügen bezah- len wir einen hohen Preis:
massenhaft zerbrochene Be- ziehungen mit entsprechenden seelischen Verletzungen und nachfolgenden Beziehungs- schwierigkeiten; Schwanger- schaften von Jugendlichen;
Abtreibungen; 1-Eltern-Fami- lien mit den entsprechenden negativen Folgen für die Kin- der; Vormarsch der Pornogra- phie und damit auch der Kin- derpornographie und eben die Ausbreitung von Aids. (Wäre es nicht Aufgabe von uns Ärzten, Jugendliche auf diese Zusammenhänge hin- zuweisen?)
Man kann bei vernünftiger Betrachtung nicht daran zwei- feln, dass die Beschränkung der Sexualität auf die Ehe der sicherste Schutz gegen Aids wäre und die oben genannten negativen Erscheinungen ein- dämmen helfen würde. Eben- so sicher ist, dass sexuelle Ab- stinenz noch niemandem ge- schadet hat. Ich habe früher geglaubt, es müsse alles er- laubt sein, was gefällt, und auch so gelebt. Aber im Lauf meines Lebens bin ich zu der A
A2808 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4215. Oktober 2004 B R I E F E
Überzeugung gekommen, dass die Zehn Gebote Gottes keine dumme Einrichtung sind, son- dern dass ihre Beachtung viel Leid vermeiden hilft; ich wünschte, sie und ihr Verfasser hätten in Deutschland in der öffentlichen Meinung mehr Gewicht.
Dr. med. Winfried Gieselmann, Finkenwiesenstraße 1, 75417 Mühlacker
DRG-Daten
Zu dem Beitrag „,Wasserdichte‘ Ak- ten“ von Jens Flintrop in Heft 38/2004:
Auswirkungen
Ich bin als Assistenzarzt in ei- ner deutschen Universitätskli- nik beschäftigt. Zu Ihrem Beitrag möchte ich Ihnen fol- gende Meinung mitteilen:
Abends nach einem langen
Stationsarbeitstag (Überstun- den werden nicht angeordnet, die Patienten wollen aber ver- sorgt sein), kurz bevor ich nach Hause gehe, setze ich mich immer noch schnell an die 20 bis 25 Akten meiner Patienten und mache die täg- lichen Eintragungen. Schnell in jede eine Notiz. Nehme ich mir für jede Akte drei Minu- ten Zeit, dann komme ich deswegen rund eine Stunde später hier heraus. Den Ärz- ten der anderen Stationen geht es nicht anders. In Zu- kunft werden wir uns dafür wohl mehr Zeit nehmen müs- sen: Denn zum einen wird ei- ne Krankenschwester meine Einträge redigieren: Sie soll für die selben 20 bis 30 Akten einen ganzen Tag Zeit haben.
Sie wird Dinge finden, die sie mich fragen will. Sie wird sogar Fehler finden, und wenn man in meiner Klinik
eine weniger glückliche Hand haben sollte als in der be- schriebenen Klinik, dann wird sie mir diese Fehler genüss- lich und vorwurfsvoll unter die Nase reiben. Vieles wird sie einfach nicht verstehen.
Sie hat das Stellen von Diagnosen nie gelernt und jenseits des eigenen Fachbe- reichs kaum medizinische Kenntnisse.
Wenn sie will, kommt sie mit jedem fachfremden Konsilbe- fund an und fragt, ob da nicht irgendeine Diagnose drin ver- steckt steht.
Wie schrieb schon Scott Adams in „Das Dilbert-Prin- zip“? „Wenn Sie schon nicht Chef sein können, dann ist die nächstbeste Möglichkeit, sich vor wirklicher Arbeit zu drücken, als ,Berater‘ für Leute tätig zu sein, die wirkli- che Arbeit leisten. Sie müssen sich vielleicht ein gewisses
Fachwissen aneignen, um Be- rater zu werden, aber übertrei- ben Sie es nicht. Sie brauchen nur ein Prozent mehr zu wissen als die Leute, die sie beraten.“
Zum anderen wird der Klinik eine der ohnehin raren Arzt- stellen fehlen. Das darf ich dann mit kompensieren. Fazit:
In Kliniken, in denen Arztstel- len nicht besetzt werden kön- nen, kann es sinnvoll sein, Tei- le der ärztlichen Tätigkeit auf andere Mitarbeiter zu übertra- gen. Aber wer, statt einem Arzt die zeitlichen Freiräume einzurichten, die er braucht, um gut zu dokumentieren, lie- ber einen Arzt entlässt, um dafür eine Krankenschwester fachfremd einzustellen, der wird Unzufriedenheit in der eigenen Mitarbeiterschaft ernten.
Dr. med. Bernhard Lehnert, Universitätsklinik, 66421 Homburg (Saar) B R I E F E