• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Freie Berufe - Gemeinsamkeit im Selbstverständnis" (09.06.1977)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Freie Berufe - Gemeinsamkeit im Selbstverständnis" (09.06.1977)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Freie Berufe - Gemeinsamkeit

im Selbstverständnis

Dr. med. Rolf Schlögell

zum Präsidenten des Bundesverbandes der Freien Berufe gewählt

Bei der Ordentlichen Mitgliederver- sammlung des Bundesverbandes der Freien Berufe am 23. Mai 1977 in Bonn wurde von den Delegierten der 46 Mitgliedsverbände der Kölner Arzt Dr. Rolf Schlögell mit 101 von 166 abgegebenen Stimmen zum neuen Präsidenten des Bundesver- bandes der Freien Berufe gewählt.

Dr. med. Rolf Schlögell ist Nachfol- ger des am 16. Oktober 1976 verstor- benen Dr. med. Friedrich Voges, Hamburg-Wilhelmsburg. In der Zwi- schenzeit war der Bundesverband der Freien Berufe durch den Vize- präsidenten, Steuerberater Hubert Möckershoff, geleitet worden, der seinerseits auf eine Kandidatur für das Präsidentenamt verzichtet hatte.

Dr. Schlögell wurde 1921 in Bremen geboren. Nach dem Studium der Medizin in Marburg, Heidelberg und Straßburg war er diensttuender Oberarzt am Pathologischen Institut der Universität Marburg. Am 1. Au- gust 1947 trat er auf Wunsch des Beratungsausschusses der Arbeits- gemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern als deren Geschäfts- führender Arzt in die Dienste der ärztlichen Organisation und ist seit 1951 Hauptgeschäftsführer der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung;

aus dieser Tätigkeit zieht er sich auf eigenen Wunsch am 31. Juli 1977 zu rück.

Dr. med. Rolf Schlögell ist über die Ärzteschaft hinaus weiten Kreisen der Sozialpolitik und der Sozialver- sicherung als hervorragender Sach- kenner bekannt, nicht nur im Rah- men der Krankenversicherung, son- dern auch der Renten- und der Un- fallversicherung. Als 25 Jahre lang führender Mitarbeiter im Weltärzte- bund hat er sich als Sekretär und

später als Vorsitzender dessen So- ziomedizinischen Ausschusses bei allen ärztlichen Organisationen der freien Welt einen Namen gemacht, ebenso als Inspirator und Organisa- tor weltweit beschickter Tagungen über sozialmedizinische Fragen.

Seine Kennerschaft in der nationa- len und internationalen Sozial- und Gesundheitspolitik machte ihn auch zu einem hochgeschätzten Mitarbei- ter der Weltgesundheitsorganisa- tion. Anerkennung erfuhr er längst über den engeren ärztlichen Berufs- kreis hinaus: er ist Träger des Gro- ßen Bundesverdienstkreuzes und des Goldenen Ehrenzeichens der deutschen Zahnärzteschaft.

Der Abgeordnete — ein freier Beruf?

Die Ordentliche Mitgliederversamm- lung des Bundesverbandes der Freien Berufe war mit einer Vor- tragsveranstaltung verbunden, über die im nachstehenden berichtet wird und bei der Dr. Schlögell einige per- sönliche und programmatische Aus- führungen machte.

Über das Thema „Der Abgeordnete

— ein freier Beruf?" sprach der be- kannte Publizist Dr. Friedrich Karl Fromme (Frankfurter Allgemeine Zeitung). Sein Referat behandelte die nachstehend wiedergegebenen Thesen:

„1. Angehörige freier Berufe sind in den Parlamenten, auch im derzeiti- gen 8. Bundestag, relativ zahlreich vertreten. Aber es gibt Zweifel daran, ob dies auf eine wirksame oder auch nur wünschenswerte ,Interessenver- tretung' der freien Berufe im Parla- ment hinausläuft und ob eine quan-

titativ beachtliche ‚Repräsentation' der freien Berufe im Parlament für deren Selbstbehauptung tatsächlich Wesentliches aussagt.

2. Parlamentariern und Angehöri- gen freier Berufe gemeinsam ist das Element der Freiheit. Bei den freien Berufen kommt es schon in der Be- zeichnung der — schwer exakt defi- nierbaren — Berufsgruppe zum Aus- druck. Den Parlamentariern ist durch Artikel 38 des Grundgesetzes das ,freie Mandat' in Gewissensbin- dung als Privileg und Auftrag aufge- geben.

3. Parlamentarier wie freie Berufe erbringen eine geistige Leistung.

4. Die berufliche Selbständigkeit ist für die freien Berufe ein überwie- gend anerkanntes und gefordertes, aber nicht ein absolut geltendes Merkmal. Der Parlamentarier ist nur im Ausnahmefall ,selbständig'. Er unterliegt neuerdings verstärkt einer Tendenz zur Figur des Berufspoliti- kers, der sich dem Gehaltsempfän- ger annähert, wie es in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975 und in dem am 1. April 1977 in Kraft getretenen Gesetz über die Rechtsstellung der Abgeordneten zum Ausdruck kommt. Gerade als Nicht-Berufspo- litiker ist der Abgeordnete qualifi- ziert ,frei'.

5. Parlamentarier und Angehörige freier Berufe erbringen ,höchstper- sönliche' Leistungen, die nur in en- gen Grenzen durch Hilfstätigkeit an- derer ersetzbar sind. Das enge Ver- trauensverhältnis zum ‚Auftragge- ber' ist idealiter ein beiden gemein- sames Merkmal. Bei beiden ist das ,höchstpersönliche' Element der Be- rufsausübung unter den Zwängen zur Arbeitsteilung in aktueller Gefahr.

6. Die Freiheit, über den Inhalt der Berufsausübung selbst und nach ei- genen Wertmaßstäben zu entschei- den, ist idealiter den Parlamentari- ern wie den freien Berufen eigen.

Neuere Entwicklungen auf beiden Berufsfeldern drängen dieses Merk- mal deutlich zurück. In Verbindung

1516 Heft 23 vom 9. Juni 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Zum Präsidenten des Bundesverbandes der Freien Berufe gewählt: Dr. med. Rolf Schlögell (Mitte). Links: der Vizepräsident des Verbandes, Steuerberater Mök- kershoff; rechts: der Schatzmeister, Architekt Rosiny Foto: Günter Klein

Die Information:

Bericht und Meinung

damit ist auch das Vertrauensver- hältnis zum ‚Auftraggeber' sowohl bei den freien Berufen wie bei den Parlamentariern von Störungen nicht frei.

7. Der Ausschluß materiellen Ge- winnstrebens unterliegt bei den Par- lamentariern wie bei den freien Be- rufen bestimmten Einschränkungen, die aus ökonomischen Zwängen fol- gen (Verlust der materiellen Fundie- rung der Quasi-Ehrenamtlichkeit).

Hinzu kommen verbreitete und von bestimmter Seite genährte Zweifel an vorgegebenen Ordnungen und eine Vulgär-Philosophie von der ma- teriellen Wurzel allen menschlichen Handelns.

8. Parlamentarier wie freie Berufe unterliegen in der jeweiligen Berufs- ausübung ethischen Pflichten, die neuerdings auch bei den Parlamen- tariern das Feld normativer Rege- lungen erreichen. Beide Berufs- gruppen rechtfertigen ihren Sonder- status an der Orientierung am Ge- meinwohl. Beiden Berufsgruppen wesentlich ist das Merkmal, daß ihre Tätigkeit auf die Gestaltung sozialer Verhältnisse zielt: bei den freien Be- rufen über das Individuelle ins Allge- meine vorstoßend, bei den Parla- mentariern über das Allgemeine das Individuelle erfassend.

9. Was die Freiheit des Zugangs zum Beruf angeht, sind die Parla- mentarier ‚freier' als die freien Beru- fe, aber die tatsächlichen Möglich- keiten sind enger begrenzt.

10. Parlamentarier wie freie Berufe üben ein ,Sozialamt', einen ,sozial gebundenen Beruf' aus. Sie müssen sich beide von der Vergewerbli- chung auf der einen, der Verstaatli- chung auf der anderen Seite fernzu- halten suchen.

11. Der Parlamentarier hat, gegen starke Tendenzen, ihn zu einem mehr traditionell geprägten (und sich darin erschöpfenden) Funk- tionsträger in einem von den großen Interessengruppen tatsächlich be- stimmten Ablauf staatlicher Ent- scheidungen zu machen, die Aufga- be des Mittlers zwischen Individuum

und Gemeinwesen. Die freien Berufe bieten dem Individuum gerade in Angelegenheiten von öffentlichem Bezug die Chance, sich sozial ge- bundener, aber staatsfreier Helfer zu bedienen. Insoweit ähneln sich die Aufgaben der Parlamentarier wie der freien Berufe.

12. Die Bewahrung des Bewußt- seins, daß auch der Parlamentarier ein Beruf mit freiheitlichen Merkma- len ist, ist wichtiger als eine auf Ma- terielles gerichtete, sich damit in den Interessentenkampf einglie- dernde quantitative Repräsentation der Interessen der freien Berufe über das Parlament. Solche Interes- senvertretung kann gleichwohl un- ter den heutigen Machtverhältnissen nicht als belanglos oder unwürdig abgetan werden. Freie Berufe und Freiheit des Parlamentariers bedin- gen und stützen einander gegen die allgemeine Tendenz zur ,Verstaatli- chung' in einem die Administration begünstigenden Sinne. Beide, Par- lamentarier und freie Berufe, kön- nen sich nur im Zusammenwirken, das aus der Gemeinsamkeit der In- teressen folgt, behaupten. Auf das Erkennen und Praktizieren dieser In- teressen-Identität kommt es an,

nicht so sehr auf das Erhöhen der Zahl der Vertreter freier Berufe im Parlament."

Vielschichtiger Dialog zwischen Politik und Freien Berufen

Die kurze Diskussion beschloß der neugewählte Präsident Dr. Schlögell mit der folgenden Ansprache:

„Die Ausführungen der Frau Vize- präsidentin des Deutschen Bundes- tages, Dr. Liselotte Funcke, als Spre- cherin der FDP-Fraktion, und der Herren Abgeordneten Prof. Dr. Zei- tei, Vorsitzender der Mittelstands- vereinigung der CDU, als Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, und Prof.

Dr. Schachtschabel, Obmann der Arbeitsgruppe Selbständige der SPD-Bundestagsfraktion, haben für uns alle deutlich werden lassen, daß der Dialog zwischen Politik und Bundesverband über das Selbstver- ständnis der freien Berufe heute er- öffnet wurde. Dafür sind wir sehr dankbar. Die Ausführungen von Dr.

Fromme und die Darlegungen der Damen und Herren Abgeordneten haben aber auch durch ihre Töne

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 23 vom 9.

Juni 1977 1517

(3)

Die Information:

Bericht und Meinung Freie Berufe

und Zwischentöne evident gemacht, daß ein solcher Dialog sehr viel- schichtig sein wird, ja sein muß.

Die Gemeinsamkeit im Selbstver- ständnis ist es, die zur Gründung des Bundesverbandes der Freien Berufe führte und ihn seit 1949 über Schwierigkeiten und unter Überwin- dung manchmal gewiß nicht unbe- deutender Unterschiede in der Inter- essenlage zusammengehalten hat.

Herr Dr. Fromme hat in dankenswer- ter Weise vor aller Öffentlichkeit deutlich gemacht, daß freiberufliche Tätigkeit keineswegs etwa nur ein steuerrechtlicher Begriff ist, son- dern im Gegenteil ein klares, ein- deutiges Bekenntnis zum menschli- chen Individuum, zur menschlichen Schaffenskraft, zu Selbstvertrauen in das eigene Können und Wollen und zur Risikobereitschaft. Wir sind davon überzeugt, daß unser Land und die Menschen, mit denen wir leben, vielleicht stärker als in man- chen anderen Geschichtsperioden Menschen bedürfen, die dieses frei- berufliche Selbstverständnis in den verschiedenen Berufssparten ver- körpern und die bereit sind, auch der neu heranwachsenden Genera- tion den Weg in diese Richtung zu weisen. Der Vortrag Dr. Frommes hat aufgezeigt, daß wir dabei mit Weggenossen rechnen können; daß wir [an die Parlamentarier gewandt:]

Sie als unsere Weggenossen be- trachten dürfen, ist für uns nicht nur von großer Bedeutung, sondern auch eine besondere Freude. Für Ihre Worte deshalb nochmals unse- ren herzlichen Dank zugleich mit der Hoffnung auf eine weitere gedeih- liche Zusammenarbeit im Interesse einer gemeinsamen Sache.

Lassen Sie mich die Gelegenheit be- nutzen, noch einige Ausführungen in der Eigenschaft zu machen, zu der mich die Jahreshauptversamm- lung vor wenigen Stunden gewählt hat, nämlich als neuer Präsident die- ses Verbandes und damit als Nach- folger meines allzu früh verstorbe- nen Freundes und Kollegen Fried- rich Voges, mit dem ich seit 1952 ganz besonders eng verbunden war.

Seien Sie versichert, daß ich das mir durch die Wahl zugefallene Amt

nach bestem Wissen und Gewissen und nach besten Kräften auszufüllen trachten und versuchen werde, den Vorgängern nachzueifern, die die- sen Bundesverband lange in so her- vorragender Weise vertreten haben., wie z. B. dem langjährigen Präsiden- ten und späteren Ehrenpräsidenten Dr. Max Horn.

Der großen Verantwortung, die mit der Übernahme des Amtes eines Präsidenten des Bundesverbandes verknüpft ist, bin ich mir voll be- wußt; Sie können fest damit rech- nen, daß ich alles in meinen Kräften Stehende tun werde, um dafür Sorge zu tragen, daß die besonde- ren legitimen Belange und die be- sondere gesellschaftspolitische Stellung und Bedeutung der Mitglie- der des Bundesverbandes jederzeit mit voller Energie und unter Einsatz aller legalen demokratischen Mittel vertreten werden. Dabei hoffe ich zuversichtlich auf die Unterstützung durch das Präsidium mit seinen in standespolitischen Fragen und in der standespolitischen Vertretung der in unserem Bundesverband zu- sammengeschlossenen Gruppen er- fahrenen Repräsentanten. Nur im gemeinsamen Ringen und durch ge- meinsame Anstrengungen werden wir Erfolg bei unseren Bemühungen haben, dem freiberuflich Tätigen auch in der Zukunft den Platz in der Gesellschaft zu sichern, der ihm gebührt.

Die freiberufliche Leistung in Ver- gangenheit und Gegenwart sowie ihre Auswirkungen auf die kulturelle und die zivilisatorische Entwicklung sind von ausschlaggebender Bedeu- tung für die Erhaltung notwendiger Freiheitsgestaltungsräume des ein- zelnen Menschen und für die Erhal- tung seiner Individualität, seiner In- timsphäre. Alles das droht aber in der publizistischen und politischen Auseinandersetzung des Alltags häufig unterzugehen. Diese Leistun- gen des Architekten, des Ingenieurs, des Wirtschaftsprüfers, des Steuer- beraters, des Apothekers, des Zahn- arztes und des Arztes, um nur einige Gruppen zu nennen, drohen, so will es scheinen, manchmal fast aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit ver-

drängt zu werden durch die ständi- gen Positionskämpfe zwischen Ar- beitgebern und Arbeitnehmern.

Uns ist bewußt, daß es keineswegs einflußlose Kreise in unserem Lande gibt, die es nicht ungern sehen und nicht bedauern würden, wenn die gesellschaftspolitische Entwicklung der Zukunft auf dem Wege zu einer reinen Arbeitgeber-Arbeitnehmer- Struktur fortschreiten würde. Wenn man manche Äußerungen liest und manche Ansprüche auf Macht oder Teilhabe an ihr zu werten unter- nimmt, dann muß man sich leider immer häufiger fragen, ob in diesen Kreisen die gesellschaftspolitisch entscheidende Bedeutung der freien Berufe und mit ihnen auch die der selbständigen Gruppen des Mittel- standes völlig verkannt wird oder ob der Versuch evident ist, diese Grup- pen unserer Bevölkerung als angeb- lich nicht mehr zur modernen Ge- sellschaftsstruktur passend Schritt für Schritt aus der Freiberuflichkeit zu verdrängen.

Vor wenigen Wochen wurde durch Veröffentlichungen das Ergebnis ei- ner Befragungsaktion bekannt, die den Wunsch nach beruflicher Selb- ständigkeit betraf. Bei aller sachli- chen Zurückhaltung gegenüber Er- gebnissen der Demoskopie sollte uns das Fazit aber doch sehr zu den- ken geben. Wenn im Laufe von 15 Jahren der Prozentsatz derjenigen Arbeitnehmer, die an einer selbstän- digen Berufstätigkeit unbedingt in- teressiert sind, von 17 auf 7 Prozent, also auf weniger als die Hälfte, zu- rückgeht während der Prozentsatz derer, die möglicherweise daran denken sich selbständig zu ma- chen. nahezu unverändert blieb, so sollten Mr nach meiner Überzeu- gung daraus den Schluß ziehen, daß wir uns um ein besseres Verständnis für die Wichtigkeit der freiberufli- chen Tätigkeit nicht nur für unser kulturelles Leben, für unsere Zivili- sation ; für das Recht des einzelnen Menschen auf Erhaltung seiner Indi- jdualität. bemühen sollten, sondern auch um das Verständnis für die Wichtigkeit dieser Art der berufli- chen Tätigkeit für unsere Volkswirt- schaft. I>

1518 Heft 23 vom 9. Juni 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(4)

Die Information:

Bericht und Meinung

PRESSESTIMMEN

Es wird heutzutage viel von Konzen- trationsbemühungen gesprochen und geschrieben; man bezeichnet damit Zusammenschlüsse in der Wirtschaft zu immer größeren Ein- heiten auf Kosten von kleinen und mittleren Betrieben.

Wenn ich heute die freien Berufe, alle freiberuflich Tätigen und die ih- nen befreundeten, benachbarten Berufsgruppen zu einer Konzentra- tionsbewegung aufrufe, so ge- schieht dies mit dem entgegenge- setzten Ziel, nämlich dem der Erhal- tung dieser im Vergleich zu den Zig- millionen von Arbeitern und Ange- stellten zahlenmäßig zwar nicht be- sonders gewichtigen, dafür aber für eine gesellschaftspolitische Ent- wicklung in Freiheit und Selbstver- antwortung entscheidend wichtigen Gruppe."

Dr. Jürgen W. Bösche

einstimmig zum Ehrenmitglied gewählt

Zu der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Freien Berufe am 23. Mai hatte das langjährige Vorstandsmitglied des Bundesver- bandes der Freien Berufe Dr. jur.

Jürgen W. Bösche, Köln, wegen be- ruflicher Überlastung seinen Austritt erklärt.

Nachfolger in seinem Präsidiums- amt wurde Dr. med. dent. Winter, München, Vizepräsident der Bayeri- schen Zahnärztekammer. In Aner- kenntnis seiner Verdienste wurde Dr. Bösche von der Mitgliederver- sammlung einstimmig zum Ehren- mitglied des Bundesverbandes gewählt.

Der bisherige Geschäftsführer des Bundesverbandes, Rechtsanwalt Herbert Wolfering, Düsseldorf, wird Geschäftsführer der Rechtsanwalts- kammer Düsseldorf und scheidet zum 1. August aus dem Bundesver- band der Freien Berufe aus. Neuer Geschäftsführer wird Dietrich W.

Rollmann, Hamburg, der bis 1976 fünfzehn Jahre lang Bundestagsab geordneter (CDU) war. WZ

Vorwurf gegen Sitzmann:

Versuchter Prozeßbetrug

„Strafanzeige wegen des Verdach- tes der Abgabe falscher eidesstattli- cher Versicherungen und versuch- ten Prozeßbetruges hat der Münche- ner Rechtsanwalt Dr. Gilbert Wolf gegen den Geschäftsführer des Lan- desverbandes der Ortskrankenkas- sen in Bayern, Hans Sitzmann, er- stattet.

Wolf begründete seine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft des Landgerichts München I mit der Be-

PassauerNeue Presse

hauptung, daß Sitzmann im vergan- genen März in einer eidesstattlichen Versicherung zur Vorlage bei Ge- richt festgestellt hatte, daß er nicht Informant für einen gegen den Ärz- tepräsidenten Professor Sewering gerichteten Artikel der Illustrierten ,Stern' war. Dem entgegen habe ei- ner der Mitverfasser des ,Stern'-Arti- kels vor dem Landgericht München I ausgesagt, daß er zusammen mit ei-

nem weiteren Kollegen vor der Ver- öffentlichung zweimal bei Sitzmann gewesen sei und von diesem Aus- künfte erhalten habe.

Weiter wurde Sitzmann des versuch- ten Prozeßbetruges angezeigt,. weil er im Dezember 1975 im Zusammen- hang mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns ebenfalls eine falsche eidesstattliche Erklärung zur Erreichung einer einstweiligen Ver- fügung abgegeben habe. Die einst- weilige Verfügung wurde damals ohne mündliche Verhandlung erlas- sen, nach eingelegtem Widerspruch jedoch aufgehoben und der Verfü- gungsantrag zurückgewiesen. In der Strafanzeige wird dem LdO-Ge- schäftsführer vorgeworfen, vorsätz- lich gehandelt' zu haben. Die eides- stattliche Versicherung sei für Sitz- mann lediglich ein ,Mittel zum Zweck' gewesen, von dem er sich, nach Aufdeckung der Wirklichkeit, einfach distanzieren könne in der Erwartung, daß man ihn wegen sei- nes hohen Amtes und weil Kassen-

ärzte und Kassenzahnärzte auf eine Zusammenarbeit mit ihm angewie- sen seien, unbehelligt läßt', heißt es in der Strafanzeige." hz

Verdächtiges Lob der Selbstmedikation

„Kranke, die bei geringen Be- schwerden wie Kopfschmerzen, Gliederreißen, Erkältungen, Verdau- ungsstörungen oder Verstauchun- gen statt gleich zum Arzt zu laufen die seit Jahrtausenden bewährten Hausmittel der Volksmedizin anwen- den oder sich in der nächsten Apo- theke ein rezeptfreies Medikament, ein sogenanntes Heilmittel, besor- gen, erweisen damit der Allgemein- heit einen großen Dienst: ihr als Selbstmedikation bezeichnetes Do- it-yourself-Verfahren wirkt der Ko- stenexplosion im Gesundheitswe- sen entgegen. Aus berufenem

Frankfurternundschau

Munde unabhängiger Wissenschaft- ler hörten dies nicht ohne Genugtu- ung die rund 500 im Weltverband der Heilmittelhersteller zusammenge- schlossenen Industrierepräsentan- ten aus mehr als 20 Ländern, die dieser Tage in Genf ihre 4. Hauptver- sammlung abhielten." Dieter Dietrich

ZITAT

Profit-Vampire

„Ärzte haben jedes Maß von Solidarität überschritten und damit eine recht bedenkliche und verabscheuungswürdige Gesinnung offenbart. Nicht die Gesundung ihrer Mitmen- schen liegt ihnen am Herzen, sondern der Profit am langen Krankbleiben, was natürlich nicht eingestanden werden kann. Jetzt gebärden sie sich wie Vampire."

Karl-Heinz von Mellenthin, Med. wiss. Dokumentar, Han- nover, in „Der Spiegel", Nr. 9

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 23 vom 9. Juni 1977 1519

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

• gen zur Einbeziehung der Freien Berufe in die geplante Dienstleistungshaftungsrichtlinie der Europäischen Gemeinschaften" so- wie alle "Bemühungen zur

Schröder wies auf die Bedeutung der Freien Berufe für den Arbeitsmarkt hin und plädierte für die Beteiligung des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB) am „Bündnis

Oesingmann: Die Politik lässt die materiellen Aspekte un- serer Arbeit deshalb so lange un- berücksichtigt, weil sie die gesell- schaftliche Bedeutung der Freien Berufe und

Gießen und Göttingen) or- dentliche Lehrstühle für Allgemeinmedizin, an de- nen wissenschaftliche Pro- jekte und Dissertationen bearbeitet werden, die gleichfalls aus Etatmitteln

Alle drei Bundestagsfraktionen haben anläßlich der Beratungen des Berichts der Bundesregierung über die Lage der freien Berufe (am 19. Oktober) die große gesell-

Frage: Könnte angesichts dieser Beurteilung nicht die Einführung eines Vorwegabzugbetrages für Selbständige eine Problemlösung darstellen.. Gaddum: Mit der Einführung ei-

Diese Diskrepanz wurde früh- zeitig vom Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) er- kannt : Mit Unterstützung des Deutschen Instituts für rationale Medizin in

kommensteuer saldiert) den öf- fentlichen Händen Mehreinnah- men bereits im ersten Jahr der In- kraftsetzung in Höhe von 2,43 Mil- liarden DM verschaffen würden. Der