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Archiv "Blumen für die Freien Berufe: Die CDU/CSU lud zu einem Kongreß für Freie Berufe, die Selbständigen in der SPD veranstalteten eine Bundeskonferenz" (30.11.1978)

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Blumen für die

Freien Berufe

„Die in den Medien geführ- te Diskussion um einen möglichen Vertrauens- schwund gegenüber be- stimmten Freien Berufen und um vermeintliche oder tatsächliche materielle Vorteile von Freiberuflern tendiert teilweise in eine Richtung, wo es den Pa- tienten und Klienten nicht gerade leicht gemacht wird, das unabdingbare Vertrauen zu jenen Perso- nen zu entwickeln und zu erhalten, deren Leistungen für sie notwendig oder gar lebensnotwendig sind."

Prof. Dr. Karl Gustav Specht bei dem CDU/CSU-Kongreß für Freie Berufe

Die CDU/CSU lud zu einem

Kongreß für Freie Berufe, die Selbständigen in der SPD veranstalteten eine Bundeskonferenz

Das Selbständigsein sei wieder im Kommen, erklärte Dr. Rolf Böhme, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, vor der „Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD" (AGS) am 10. November in Gelsenkirchen. Und die Selbständi- gen erfüllen wichtige gesellschaftliche Aufgaben, erkannte er an.

Darin war sich Böhme mit allen Rednern auf der Bundestagung der AGS, allen voran der Stellvertretende Parteivorsitzende Hans Koschnik (Bremen), einig.

Solch freundliche Töne waren einen Tag zuvor in Bonn auch bei der Konkurrenz zu hören. Die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU veranstaltete dort unter Beteiligung des CDU-Vorsitzenden Dr. Hel- mut Kohl einen Fachkongreß für Freie Berufe. Der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung, der Bundestagsabgeordnete und Universi- tätsprofessor Dr. Gerhard Zeitel, sprach gleichfalls von der zuneh- mend bedeutsamen Gruppe der Freien Berufe, von der wirtschaftli- chen und gesellschaftlichen Entwicklung, die für die Freien Berufe eine immer größere Bedeutung erwarten lasse.

Was bleibt von freundlichen Bekundungen dieser Art in der politi- schen Realität übrig? Zunächst also zwei einschlägige Kongresse, auf denen in großen Mengen Papier und in nennenswerten Mengen Allgemeinplätze produziert wurden. Bei der Union wie der SPD offenbarten sich zudem typische Schwächen, mit denen Freiberufler im politischen Leben zu kämpfen haben: in der SPD treten dazu ideologische Schwierigkeiten, die den Selbständigen dort die Selbstbehauptung schwermachen. In beiden Parteien machen Selb- ständige und Freie Berufe freilich auch einen neuen Anlauf, um besser zum Zuge zu kommen.

Die „Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD", die unter dem eigentlich selbstverständlichen Motto „Selbständige tragen Verant-

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Die Information:

Bericht und Meinung

Freie Berufe in CDU/CSU und SPD

wortung" tagte, kam turnusgemäß zu ihrer alle zwei Jahre stattfin- denden Bundeskonferenz zusam- men. Neuwahlen standen an, denn der bisherige Vorsitzende, Horst Auschill, will sich in den neuge- schaffenen Areopag für altgedien- te Parteipolitiker zurückziehen, das neuzuwählende Europäische Parlament. Die Resignation des Alt-Vorsitzenden war auch Anlaß für eine überfällige Positionsbe- stimmung.

Die außerhalb der SPD kaum be- kannte AGS reklamiert für sich die Vertretung nicht nur der „Selb- ständigen", sondern auch der Freien Berufe in der SPD. So wa- ren denn auch die meisten Organi- sationen der Freien Berufe mit Be- obachtern in Gelsenkirchen ver- treten. Doch die „Offiziellen" in der SPD hatten weitgehend noch nicht gemerkt, daß sie auch die Freiberufler vertraten. Die sind, so scheint es, innerhalb der AGS noch nicht so richtig integriert, wie es so schön heißt. Offensicht- lich handelt es sich bei der Ar- beitsgemeinschaft immer noch um jene Vereinigung „kleiner Hand- werksmeister, Kioskbesitzer und Taxiunternehmer" (Selbstein- schätzung der von der AGS geför- derten Zeitschrift „Bilanz"). Im- merhin, Rolf Böhme, der — wer hätte das gewußt — auch Vorsit- zender eines Arbeitskreises für Selbständige beim. Parteivorstand ist, vergaß in seinem Referat selten das Stichwort „Freie Berufe". Was er allerdings inhaltlich zu sagen hatte, bezog sich dann aber doch fast ausschließlich auf die (klei- nen) Gewerbetreibenden.

SPD: Platz auch für Freie Berufe

Aber halten wir fest, die SPD hat in ihrer AGS auch Platz für Freie Be- rufe. Fragen wir also, wieweit sich die Selbständigen (inklusive Freier Berufe) in der Partei artikulieren können. Die Antwort könnte eine Abwandlung des Mottos der Ta- gung sein: „Selbständige tragen schwer an ihrer Partei". Denn die

SPD-Selbständigen haben offen- sichtlich Schwierigkeiten, mit ih- rer großen Mutter klarzukommen.

Zunächst schon rein organisato- risch: Etwa zehn Prozent der Par- teimitglieder sollen zwar zu den Selbständigen zählen, doch in der Parteispitze sind kaum offizielle Vertreter dieser Gruppe zu finden.

Ein gut Teil der Diskussion in Gel- senkirchen drehte sich daher um die Frage, ob nicht die Arbeitsge- meinschaft institutionell im Partei- vorstand und Parteirat und in den entsprechenden Gremien auf Lan- des- und Bezirksebene vertreten sein könnte. Hans Koschnik mach- te freilich sehr schnell klar, daß das nicht ginge. Er forderte die Arbeitsgemeinschaft auf, aktiver ihren Standpunkt in der Partei zu vertreten und sich auch an der Ba- sis stärker zu rühren. Damit sprach Koschnik ein Problem an, das al- len Organisationen, die Selbstän- dige oder Freie Berufe organisie- ren, gemeinsam ist: die Mitglieder sind beruflich so überlastet, daß sie für ehrenamtliche Tätigkeiten oft gar keine Zeit haben. Aber oh- ne das geht es nun einmal in ,cle- mokratisch organisierten Vereini- gungen nicht, Freiberufler werden sich, wenn sie besser gehört wer- den wollen, in ihrem eigenen Inter- esse politisch aktiver, betätigen müssen. Hans Koschnik ist also in- soweit zuzustimmen.

Neben diesen Problemen mit der Repräsentation bewegt die Selb- ständigen in der SPD freilich auch ein ganz großer ideologischer Kummer: Was haben eigentlich Selbständige in einer Partei zu su- chen, die sich als eine Arbeiter- (modern: Arbeitnehmer-)Partei versteht? In Gelsenkirchen ver- suchten viele, sich selbst und der Partei Brücken über den ideologi- schen Graben zu bauen. Die Argu- mentation lautete in etwa: Die SPD sei seit Godesberg eine Volkspar- tei und demnach auch eine Partei der Selbständigen; die kleinen Handwerker hätten (wie das Bei- spiel Bebel zeige) auch in der Par- teigeschichte eine Rolle gespielt;

und außerdem seien die Selbstän-

digen von heute nicht jene Kapita- listen von gestern, sondern wirt- schaftlich eigentlich genauso ab- hängig wie Arbeitnehmer. Solche Begründungen zeigen, daß die AGS in Sachen Theorie noch ei- niges zu tun hat, soll es nicht bei derartigen Rationalisierungen bleiben — gesucht, um in der Par- tei, der man sich von Herkommen und Gefühl verbunden fühlt, wei- ter bestehen zu können. Denn in der AGS sind bisher offenbar kei- ne originär Selbständigen organi- siert, sondern frühere Arbeitneh- mer, die sich selbständig gemacht haben und „ihrer Partei die Treue halten wollen" (Koschnik).

Neues Selbstbewußtsein Selbstbewußte Töne in der Selb- ständigen-Politik kündigten sich in Gelsenkirchen freilich auch an.

Sie kamen aus Hessen-Süd, gelten somit als links — ob zu Recht muß sich erst erweisen — und wurden von einem Rechtsanwalt vertreten, der nach oben strebt: Dr. Herbert Hardinghaus (40), scharfer Kritiker des (seiner Meinung nach untäti- gen) bisherigen Vorstandes, wur- de zum Vize gewählt. Neuer Vor- sitzender der Arbeitsgemeinschaft wurde ein gestandener Landtags- politiker, Hilmar Seile (44), Versi- cherungskaufmann aus Nord- rhein-Westfalen, mit 82 von 147 Stimmen.

Die Schwierigkeiten, die die AGS innerparteilich hat, zeigten sich an dem Schicksal des Antragspake- tes: Vieles, was Selbständige be- drückt und in Anträgen formuliert wurde (etwa Mutterschutzgesetz- gebung, Jugendarbeitsschutz, steuerliche Nachteile), ging schließlich in sehr allgemein ge- haltene „Leitanträge" ein oder wurde durch Überweisung still- schweigend beerdigt. Dennoch vermochte der SPD-nahe Presse- dienst PPP nach der Tagung zu vermelden: „Selbstbewußt hat die AGS begonnen, den Christpartei- en den Monopolanspruch auf In- teressenvertretung der Selbstän-

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digen streitig zu machen." Dersel- be PPP machte allerdings der AGS erneut ihre Grenzen deutlich, die schon im November 1977 der Par- teitag in Harnburg verdeutlichte, als AGS-Vorsitzender Auschili mit seinen Klagen runtergebügelt wurde. Die Selbständigen in der SPD müßten, so stand jetzt wieder im PPP, "den engen Horizont des Eigeninteresses überschreiten", sie dürften "das Eigeninteresse nicht mit dem Gemeinwohl ver- wechseln." Bis dahin, mahnte der Kommentator, habe, wie zahlrei- che Anträge zum Kongreß bewie- sen hätten, die Arbeitsgemein- schaft "noch einen langen Weg vor sich".

CDU/CSU:

Ärgernis "Steuerpolitik"

Der Fachkongreß "Freie Berufefür freie Bürger", den die Mittal- standsvereinigung der CDU/CSU am 9. November 1978 in Bonn aus- richtete, müßte also, wenn PPP recht hat, eine erneute Reklama- tion des "Monopolanspruchs der Christparteien" gewesen sein. Doch eine solche Wertung wäre zu kämpferisch. Tatsächlich haben die in Gelsenkirchen nur noch ein- mal formulierten Schwierigkeiten innerhalb der SPD und ein unver- ständliches Desinteresse in der FDP (Frau Funcke, oder wer im- mer will, mag sich ausnehmen) es der Union leichtgemacht, um Frei- berufler zu werben. Dennoch, die Freien Berufe haben es auch in- nerhalb der CDU und CSU nicht einfach. Sie können eben nicht mit großen Zahlen auftrumpfen, sie haben viel zu wenig Zeit, um sich um das Klein-Klein der Tagespoli- tik an der Basis zu kümmern, und vor allem - die Freien Berufe sind keineswegs ein geschlossener Stand: Die Interessen von Ärzten, Architekten, Rechtsanwälten und Steuerberatern, von Wirtschafts- prüfern, Bildhauern und Dichtern, sind nun einmal sehr schwer auf einen Nenner zu bringen. Davon weiß auch der Bundesverband der Freien Berufe ein Lied zu singen.

Einigend wirkt allenfalls die Steu- erpolitik. Kein Wunder, wenn bei dem Freiberuflerkongreß Steuer- fragen einen großen Raum ein- nahmen. ln einem Thesenpapier wurden die Beanstandungen, die man vorzubringen hat, zusam- mengefaßt. Es sind:

~ der spürbar erhöhte Zugriff der Einkommenssteuerprogression während einer relativ kurzen Le- bensarbeitszeit,

~ der zusätzlich tarifimmanente Zugriff, bedingt durch die Ab- schnittsbesteuerung, hervorgeru- fen durch die einkommensschwa- che, oft längerfristige Gründungs- phase,

~ die Nichtberücksichtigung er- höhter Ausbildungslasten,

~ die Negierung des Risikos durch drohenden zeitweisen Aus- fall der höchstpersönlichen Ar- beitskraft, obwohl die Arbeits- platzkasten bestehen,

~ die volle Eigenfinanzierung der Kranken-, Erwerbsunfähigkeits- und Altersvorsorge, die das dispo- nible Einkommen kürzt, ohne je- doch voll von der einkommens- steuerlichen Bemessungsgrundla- ge abzugsfähig zu sein,

~ die vermögenssteuerliche Un- gleichbehandlung gegenüber den Nichtselbständigen.

Die Mittelstandsvereinigung und ihr Beirat für Freie Berufe (Vorsitz:

der Architekt Jürgen Doss) wollen sich dafür einsetzen, daß in der Einkommensteuer "Maßnahmen zum Abbau verdeckter Progres- sionslasten sowie zur vollen Be- rücksichtigung des Vorsorgeauf- wandes" eingebaut werden. Auch will man sich für die steuerliche Berücksichtigung von Risikorück- lagen einsetzen.

Befragt, ob sich die steuerpoliti- schen Vorstellungen der Mitlei- standsvereinigung eigentlich merklich von denen der Koali- tionsparteien unterscheiden,

Die Information:

Bericht und Meinung

meinte Zeitel, in der SPD werde man für Forderungen wie Erhö- hung des Freibetrages für Freie Berufe und des Vorwegabzuges für Vorsorgeaufwendungen keine Freunde finden, eher bei der FDP.

Auf der Gelsenkirchener Tagung der SPD freilich wurde deutlich, daß die Vorstellungen der Selb- ständigen in der SPD so weit gar nicht von denen der Union ent- fernt sind, wie Zeitel meint. Eine andere Frage ist es freilich, ob die SPD-Selbständigen ihre steuerpo- litischen Auffassungen bis zur Partei- und Fraktionsspitze durch- setzen können. Hier sind die Chancen bei der CDU/CSU wahr- scheinlich größer; schon allein, weil sie in der Opposition ist ...

Jetzt auch die FDP

Auch die Freien Demokraten be- sinnen sich: Kurz nach den Treffs von CDUICSU und SPD ließ der frischgebackene Generalsekretär, Günter Verheugen, verlauten, er wolle sich um die .,sträflich ver- nachlässigten mittelständischen Berufsverbände" kümmern. Er hat allen Grund dazu, denn bei knap- pen Wahlergebnissen zählen auch wenige Stimmen, und der Einfluß von Freiberuflern ist in der Öffent- lichkeit weitaus größer, als ihrem numerisch kleinen Stimmenpoten- tial entspricht.

Fazit: Die Parteien werben um Freiberufler. Vielleicht macht sich darin auch der Umstand bemerk- bar, daß der Bundesverband der Freien Berufe jetzt in Bonn vertre-

ten ist. Prof. Zeitel jedenfalls

scheint erst seit dem Umzug auf- gefallen zu sein, daß es einen sol- chen immerhin schon fast 30 Jah- re bestehenden Dachverband gibt.

Die beiden Kongresse haben im übrigen gezeigt, daß die Parteien, wenn's konkret werden soll, be- redt ins Allgemeine ausweichen.

Eine reaktivierte AGS und eine eif- rige Mittelstandsvereinigung soll- ten es sich nicht nehmen lassen, ihre Parteien immer wieder aufs Konkrete zu lenken. NJ

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 48 vom 30. November 1978 2875

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