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Mit toleranter und geduldiger Arbeit ordnete Gojmir Krek dreizehn Jahrgänge (75 Hefte) von Novi akordi und bereitete für die erste Ausgabe ganze 432 Stücke vor. Die meisten davon waren Kunstlieder, Chor und Klavierminiaturen. Sein starker Glaube an die slowenische Musik zog alle, die was zu sagen hatten, an. Sie griffen nach der modernen Anschauung, wie sie Krek verstand, und dem Motto „Vorwärts!“283, das symbolisch die Wendung der slowenischen Musik in eine neue Zeit kennzeichnete.

Die genaue Überprüfung des Archivs der Redaktion, bringt uns zu dem Beschluss, dass die Periode von Novi akordi ein eigenständiger Teil der slowenischen Musikgeschichte ist, in der sich neben Kreks Ideenkonzept noch der Kompositionssatz und die kritische Meinung der Mehrheit der Teilnehmer bereinigten. Der hochgebildete Musiker und Jurist erkannte an der Bruchstelle zum 20. Jahrhundert als erster, dass in der slowenischen Musik schädliche Umstände vorherrschten, wie starke parteiische Gegensätze, Intrigen, Anfälligkeit zum Utilitarismus, fachgemässe Kritik, Ungebildetheit und Dilettantismus. Er durchschaute, dass die Mehrheit der musikalischen Arbeit noch immer im Schatten der Kunstvereine war, obwohl ihr Sinn und Zweck durch die Zeit versank. Seltene, einzelne Personen, die sich um die Qualität der Musikkunst bemühten, waren wie „Tropfen im Meer“284 schlechter Umstände, deshalb entschloss sich Krek, auf die Stirn der Musikzeitschrift zu treten, die einen anderen Weg einschlagen würde. Er nahm sich andere Kunstarten und Musikereignisse in der Welt als Vorbild, wo in fachlichen Zeitschriften Meinungen, Ansichtspunkte und moderne Ideen aneinander schlugen.

Das Verwirklichen seiner Ideen sah er in einer periodischen Publikation. Er konzipierte eine Zeitschrift, die triftige Kompositionen verschiedener Arten veröffentlichte und an einer Stelle Künstler aus dem ganzen ethnischen Gebiet sammeln würde.

Seine Grundidee war der Aufbau der Kulturüberlieferung, mit qualitativ hochwertigerem Schaffen und beruflich ausgebildeten Künstlern. Er strebte stark nach Aufbesserung modernerer Sichtweisen und einer Wandlung des allgemeinen Denkens

283 Novi Akordi I/1901, Heft 1, S. 2

284 Novi Akordi I/1901, Heft 1, S. 2

91 über Musik. Intrigen und ein falsches Verhältnis zur Kunst interessierten ihn nicht. Er trat für Unparteilichkeit und freies Denken ein, was seine Redaktionsarbeit motivierte.

Krek machte sich dafür mit einem ausgearbeiteten Konzept, dass eine schrittweise und standhafte Verwirklichung seiner Ideen ermöglichte, gestärkt von starken nationalen Stolz, an die Arbeit. Auf die slowenischen Minderheitsgefühle nahm er keine Rücksicht, sondern lehnte sie vernünftig ab und war sich der Fehler und Vorteile des eigenständigen Musikbestrebens bewusst. Als Verleger gewann er Lavoslav Schwentner, den ersten unter den slowenischen Verlegern, der noch zwei wichtige Vorteile hatte: empfindliches Gehör für die slowenische Kunst und herausragende Ambition für die heimische „Sache“ zu arbeiten. So wurde Novi akordi, ein Sammelwerk für vokale und instrumentelle Musik, das die Überlieferung ausbaute und einige Kompositionsarten begründete, und in der musikalischen Publizistik und Kritik unauslöschliche Fundamente aufstellte.

Schrittweiser Fortschritt war die Bedingung für die finanzielle Stabilität der periodischen Zeitschrift, ohne welche sie nicht bestehen bleiben konnte. Krek schaute erst auf die Verwendbarkeit der Zeitschrift und den Kreis ihres Publikums. Er konzipierte eine Zeitschrift, die den Bedürfnissen der Musikinstitutionen, Vereinen, Schulen und auch dem häuslichen Musizieren dienen würde. Erstrangig widmete er sie allen slowenischen Musikern und Musikliebhabern, deshalb brachten die Hefte für jeden etwas. Er wählte Stücke verschiedener Arten aus, wie Kunstlieder, Duette, Viergesänge, Lieder für Männer-, gemischte und Frauenchor, Kompositionen für Klavier, die Orgel, die Violine, und Musik für Kinder und Jugendliche. Auch Stücke leichteren Genres, die der Öffentlichkeit am nahsten waren (zum Beispiel Marschmusik von Viktor Parma) verzichtete er nicht. Wenn er qualitative Marschmusik, Walzer oder Polkas bekam, veröffentliche er sie ohne falschen Zweifel und verwendete sie als Werbung.

Alle Stücke, ungeachtet der Art, wählte er nach zwei Grundprinzipien aus. Das erste Prinzip war Kreativität und Qualität der Komposition, das zweite die Gleichzeitigkeit des Entstehens. Primitive bzw. dilettantische Kompositionsgriffe lehnte er konsequent mit achtungsvollen Begleitschreiben, in denen er die Autoren auf ihre Mängel hinwies und jedem die angemessenste Studienliteratur riet, ab. Als Korrespondent erledigte er seine Arbeit als Mentor, vor allem zu den talentierten Mitarbeitern, die keine

92 Möglichkeit einer Ausbildung hatten. So schärfte er zum Beispiel durch seine Anregungen die Musiksprache von Emil Adamič: von den ersten Veröffentlichungen bis zu denen aus dem Jahr 1909 durchging er einen langen Entwicklungsweg, auf den sogar Krek stolz war. Öffentlich sagte er, es sei „eine Freude für unser Blatt und seinen Redakteur, der sofort in den bescheidenen, natürlich noch etwas plumpen Anfangsversuchen große Entwicklungsmöglichkeiten und die Kraft dieses Talents erkannte, und ihn angemessen zum Weitermachen und Vertiefen der angefangenen Studien ermutigte. [...] Wer könnte sich eine verdienstvollere Arbeit vorstellen, als das Vorbereiten und Glätten der Wege eines Talents, dessen Reichweite wir noch heute nicht schätzen können. Und so ein Talent - darüber zweifelt nun keiner mehr - ist Amadič ohne Übertreibung.“285 Auch Lajovic gab bei Gelegenheit zu, was für große Bedeutung Kreks Arbeit hatte und nannte ihn Adamičs Ziehvater.

Krek ermutigte stets das instrumentale Schaffen, da noch immer die vokale Musik vorherrschte. Kunstlieder und Chor hatten ein Kunsterbe, deshalb hatte auch der Redakteur genügend davon, doch die triftigen Klavier-, Orgel- und Kammerstücke waren sehr selten, teilweise auch weil es an Betreibern mangelte. Krek ermutigte natürlich die wenigen Mitarbeiter, die beruflich ausgebildet waren. Am Anfang half er sich, indem er Instrumentalminiaturen anderer slawischer Autoren veröffentlichte, vor allem von Tschechen und Kroaten. Er dachte sich sogar ein Preisausschreiben aus, einiges steuerte er auch aus eigenem Regal bei, bis die heimische Produktion anfing sich qualitativ und quantitativ weiterzuentwickeln. In der ersten Periode überwiegen deshalb Klaviermarschlieder, Walzer, Polkas, Mazurkas, Scherzos, Paraphrasen und andere Miniaturen ohne Worteformen, die über ein mindestens halbes Jahrhundert Verspätung des slowenischen häuslichen Musizierens sprachen. So forderte er eine logische Entwicklung, die Krek vorhersah und berücksichtigte. Erst in der zweiten Periode der Zeitschrift konnte er Werke veröffentlichen, die auch heute zu den Konzert Repertoire heimischer Pianisten zählen, zum Beispiel Klavierstücke von Janko Ravnik.

Kreks Beurteilung fing schnell an unter den Musikern als streng zu gelten und Novi akordi als der Maßstab der Qualität. Sein Konzept der Redaktion zog Krek weder zurück noch veränderte es, lediglich die Maßstäbe waren in jedem Jahrgang höher, auch

285 Novi Akordi XII/1913, Glasbeno-Književna priloga/Musik-literarische Beilage, Heft 1.-2., S. 9.

93 die künstlerische Spannkraft stieg. In der ersten Periode von Novi akordi erschienen meist Stücke, bei denen sich die Autoren noch mit Viertaktdenken befassten und auf einfache Akkordverbindungen beharrten. In der zweiten Periode erschienen dann immer öfter Werke mit kunstvolleren Kompositionsansätzen (reiche chromatische Ansätze, verzweigte Harmonien, reiche Ausdruckskraft, in schwerer und leichter kontrollierbaren Formen). In der slowenischen Musik erklangen tatsächlich neue Akkorde, die einige schon am Anfang von Kreks Herausgeben der Zeitschrift schrieben.

Dies waren die ersten Mitwirkenden; sie hatten einen breiten Horizont, beherrschten die Tugenden der Kompositionstechnik und schufen vokale und instrumentale Musik im Geiste der modernen ästhetischen Maßstäbe. Neben den Tschechen Josip Prochazka (Nocturno für die Violine und für Klavier, Klaviersuiten Karneval und Silhuete) wurden Novi akordi bis zu dem Zeitpunkt noch von Risto Savin (Klavierminiaturen, Sarabanda und Romanca, Klavierparaphrasen Narodna und Večerna, Zyklus an Männerchor Tri nove pesmi, Kunstlied Skala v Savinji) und Anton Lajovic (Sanjarija fürs Klavier, Bearbeitung des symphonischen Adagion fürs Klavierduett, Kunstlieder Veter veje, Mati in dete, Serenada, Iskal sem svojih mladih dni, Frauenchor Pesem primorke und Pesem mlade čarovnice) gefördert. Ihre Veröffentlichungen trugen wesentlich zur Verwirklichung von Kreks Vision über die Tonkunst, die von nichts außenstehendem beeinträchtigt würde, bei. Savins und Lajovics Vokalwerke hingegen zählen heute zu den ausdrucksstarken Werken in der slowenischen Literatur.

Über dem Qualitätsdurchschnitt der ersten Periode von Novi akordi sind auch die Kunstlieder von Benjamin Ipavec und Oskar Deva, die Chor von Emil Adamič und das Orgelstück von Stanko Premrl. Aufmerksamkeitswert haben auch die Chor und Bearbeitungen von Volksliedern von Anton Schwaba und die Heimatlieben Lieder für Männerchor von Fran Fernačič und Anton Foerster. Das Beherrschen der Kompositionstugenden belegen zahlreiche Beiträge von Gojmir Krek.

Seine Planmäßigkeit, Erziehung, Unnachgiebigkeit und Ausdauer waren die Eigenschaften, die der slowenischen Musik in vielen Hinsichten nützten. Auf der einen Seite führte sie zum Sammeln und Veröffentlichen der zu der Zeit (meist) besten slowenischen Kompositionen, auf der anderen Seite spornten sie die Künstler an und halfen nicht gerade selten, dass sich schnell nach einer Veröffentlichung eine nötige Dreierbeziehung zwischen dem Komponisten, dem Vortragenden und dem Publikum

94 bildete. Dies verwirklichte den Erziehungszweck vom Redakteur, da er die Qualität des Repertoires beeinflusste und gleichzeitig (mit großer Schwierigkeit) den verspäteten, in dem Kunstvereinserben getränktem Geschmack der Mehrheit des slowenischen Publikums schärfte. Die Künstler, die den positiven Zweck in der Strenge des Redakteurs bemerkten, schickten regelmäßig Korrekturen, berücksichtigen seine Anweisungen und hoben sich somit in den Kreis der Gleichdenkenden, der in der ersten Periode Emil Adamič, Benjamin Ipavec, Viktor Parma, Oskar Deva, Risto Savin, Josip Prochazka und Anton Lajovic verband.

Der unendliche Abstand zwischen der slowenischen Arbeit um die Jahrhundertwende und ausländischen Leistungen, war relativ verbunden mit soziologischen Problemen.

Novi akordi entfachte bei Slowenien auf jeden Fall den Willen, erfolgreich das Verpasste zu erreichen. Um das Jahr 1910 herum entstand eine wesentliche Verschiebung im Kompositionsdenken bei der Mehrheit der slowenischen Künstler. Es erweckte sich das Bedürfnis nach beruflicher Musikausbildung und breiterer Belesenheit. Einen abzeichnenden Platz bekam neben den erfahrenen Älteren auch die junge Generation im Ausland ausgebildeter Komponisten, unter den ersten ist Fran Gerbič zu erwähnen, der Novi akordi gegenüber von Anfang an treu war, wobei seine qualitativ hochwertigsten Arbeiten im Jahr 1910, zum siebzigjährigen Jubiläum, veröffentlicht wurden. Im Jahr 1911 bekam Krek zur Veröffentlichung den ersten vorbildlichen Sonatensatz, Sonatine fürs Klavier von Stanko Premrl. Aus dem Zeitraum stechen auch die Vokalwerke von Josip Pavčič heraus, besonders das Werk für gemischte Chor Če rdeče rože zapade sneg und Klavierminiaturen von Vasili Mirko.

Alle werden jedoch von den Werken für Stimme und Klavier von Janko Ravnik übertroffen (zbori Poljska pesem, Zenjica, V mraku, Kunstlieder Vasovalec, Pozdrav iz daljave, Klavierstücke Dolcissimo, Moment, Večerna pesem, Čuteči duši). Ein Zeichen dieser Wendung ist der Chor von Marij Kogoj. Obwohl Krek bei seinen Stücken bedenken hatte, nahm er ihn als vernünftiger, liberaler Redakteur auf und beharrte auf der Perfektion des Sonatensatzes. In der zweiten Periode von Novi akordi müssen wir deshalb zu dem Führungskreis noch folgende hinzuzählen: Josip Pavčič, Vasilij Mirko, Janko Ravnik und Fran Gerbič.

Kogojs Trenotek aus der vorletzten Ausgabe der Zeitschrift zählt zu den Ausnahmeleistungen des Komponisten. Mit Kreks Anregungen und Ruf nach dem

95 Fortschritt und der Modernisierung gelang ihm mit ihnen der Höhepunkt. Der zu der Zeit zweiundzwanzigjährige Autor schickte ihm Schriftstücke, die wahrscheinlich die sprichwörtliche Breite von Kreks Musikverständnis übertrafen. Heute sehen wir an diesem Entwicklungspunkt, kurz vor dem Ende von Novi akordi, eine logische Verbindung, nicht nur in der Zeitschrift, sondern im Zeitraum, die Krek als modern bezeichnete.

Beim Ausbruch des Weltkrieges hörte das Veröffentlichen von Novi akordi auf. Aus der erhaltenen Korrespondenz zwischen Krek und Schwentner ist es möglich herauszulesen, dass weder der Redakteur, noch der Verleger einen triftigen Grund hatten aufzuhören, für die Zeitschrift zu sorgen, wobei sie mehrmals Meinungen bezüglich der Fortführung ihrer Zusammenarbeit austauschten. Sie wollten diese stoppen und nach dem Krieg fortfahren. Doch die Ereignisse wurden jeden Tag schlimmer und Novi akordi mussten verstummen. Am Kriegsende entstanden für die künstlerische Tätigkeit vollkommen andere Verhältnisse, die für Novi akordi nicht von Vorteil waren. Diese Tatsache kann auch das erhaltene Archiv der Zeitschrift nicht verändern, das aussagt, dass Krek bis zum Jahr 1919 Stücke zum veröffentlichen zugeschickt bekam.286 Doch als ob er das kommende Ende spürte, schrieb er schon zu Kogojs Trenotek: „Wenn der Komponistennachwuchs mit solchen Werken beginnt, können wir in eine Zukunft voller schöner Hoffnungen schauen. Ist es nicht außerordentlich erfreulich zu beobachten, wie ernst unseren Jüngsten die Kunst auffassen? Vergleiche mit dieser Musik die Stücke des vorakkordischen Zeitraums!

Doch wir können nur staunen, wie ist in einer so kurzen Zeit ein solcher Fortschritt möglich?“287 In der Rubrik Unsere Stücke entschloss er sich für das Aufzählen des Erreichten: „Mehr als 400 Stücke veröffentlichten N A., seit dem sie erscheinen. Der Geschmack unseres Publikums hat sich, wenn es sich für ernste Musik überhaupt interessiert, zusätzlich verbessert, was aus dem Behandeln der modernen Werke, die vorher von den Zuhörern einfach abgelehnt wurden oder zumindest kalt und lauwarm angenommen wurden, ausgeht.“288

286 Notenarchiv Novi akordi, NUK, M.

287 Novi Akordi XIII/1914, Glasbeno-Književna priloga/Musik-literarische Beilage, Heft 1.-4., S. 17.

288 Novi Akordi XIII/1914, Glasbeno-Književna priloga/Musik-literarische Beilage, Heft 1.-4., S. 17.

96 Deshalb entschied sich Krek für die literarische Beilage. Darin war genug Platz für die Gegenüberstellung von Meinungen. Die Hauptrolle hatte natürlich der Redakteur selbst, zum Glück unterstützten ihn hervorragend die Kritiker Emil Adamič und Anton Lajovic. Strenge Bewertungen und spitzige Beurteilungen erschüttern mehrmals der Grundfeste der Großen aus Ljubljana bzw. Slowenien. Doch es widersprachen wenige.

Krek ließ sich das nicht nahe gehen, was ihm auf der einen Seite die Distanz zwischen Wien und dem slowenischen Musikmittelpunkt ermöglichte, auf der anderen Seite die große Rechtserfahrung. Er hatte gute rhetorische Fähigkeiten, seine Aussagen verstärkte er immer mit zahlreichen Begründungen und es war schwer ihm zu widersprechen. Nur Lajovic verstummte wegen Sattners Einspruch, seine Ansichten und die des Redakteurs seien „ultra modern“289. Gojmir Krek hielt bis zum Schluss durch.

289 Novi Akordi XIII/1914, Glasbeno-Književna priloga/Musik-literarische Beilage, Heft 4., S. 19.

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