• Keine Ergebnisse gefunden

Friederike Poppicht

Bedeutung des Insulin-like growth factor - Systems während der Oozytenreifung und präimplantorischen Embryonalentwicklung des Rindes

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mehr über die Funktion des Insulin-like growth factor 1 und im Speziellen bei der Verhinderung von Apoptose während der frühen Embryonalentwicklung des Rindes zu erfahren. Dies wurde zum einen durch die Analyse der Expression des Insulin-like growth factor 1 – Rezeptors auf mRNA- und Proteinebene in bovinen Embryonen ermittelt. Zum anderen wurde der Einfluss einer IGF1 - Supplementation des Mediums während der In-vitro-Reifung boviner Eizellen auf die morphologische und molekulare Qualität der resultierenden Embryonen untersucht. Dazu konnten in 121 IVP-Durchgängen insgesamt 12.872 Kumulus-Oozyten-Komplexe gewonnen, befruchtet und kultiviert werden. Zur Untersuchung der Expression des IGF1R wurde eine RT-qPCR mit frühen Embryonalstadien vom 2-Zeller bis zur expandierten Blastozyste durchgeführt.

Weiterhin fanden ein Western blot und eine Immunfluoreszenzfärbung Anwendung, um das IGF1R-Protein in diesen Stadien zu analysieren. Für die Supplementationsversuche kam eine physiologische (100 ng/ml) oder eine supraphysiologische Konzentration (1000 ng/ml) IGF1 zum Einsatz, die entweder allein oder gemeinsam mit den Apoptoseinduzierern Actinomycin D und S-(+)-Camptothecin dem Maturationsmedium supplementiert wurde. Die Inkubation einer weiteren Gruppe KOK erfolgte in Medium mit Apoptoseinduzierern allein. Als Kontrollgruppe diente sowohl eine Gruppe, dessen Medium den Lösungsvermittler DMSO enthielt, als auch eine Gruppe, die ohne jeglichen Zusatz inkubiert wurde. Auf morphologischer Ebene fand eine Untersuchung der Maturationsrate, der Teilungs- und Entwicklungsrate, der Gesamtzellzahl, der Anzahl toter Zellen, der Lebend-Tot-Zellratio und der Anzahl apoptotischer Zellen statt. Des Weiteren wurde auf molekularer Ebene die Expression von sieben ausgewählten Genen in expandierten Blastozysten analysiert (IGF1R, IGFBP2, IGFBP3, BAX, BCL2L1, SLC2A1,

106

SLC2A3). Als Ergebnisse aus den Untersuchungen lassen sich folgende Erkenntnisse festhalten:

1. Die durchschnittliche Kernreifungsrate von Eizellen der Kontrollgruppe (83,5 ± 6,9 %) war signifikant höher als in Eizellen, denen IGF1 (1000 ng/ml) zugesetzt wurde (70,2 ± 6,0 %). Außerdem war in Eizellen, die mit Apoptoseinduzierern allein oder zusammen mit IGF1 kultiviert wurden, die Maturationsrate signifikant reduziert (P ≤ 0,05).

2. Es konnte eine durchschnittliche Teilungsrate von 60,6 ± 8,1 % in Embryonen der Kontrollgruppe und 62,2 ± 8,4 % in denen der DMSO-Gruppe erzielt werden, die signifikant höher lagen als in der Gruppe IGF 1000 mit Apoptoseinduzierern (52,7 ± 6,9 %; P ≤ 0,05).

3. Die Entwicklungsraten an Tag sieben und acht der Kultivierung wiesen ebenfalls statistisch signifikante Unterschiede auf (P ≤ 0,05). So zeigte sich an Tag sieben eine signifikant höhere Entwicklungsrate in Embryonen der Kontrollgruppe (22,1 ± 6,4 %) im Vergleich zu Embryonen der Gruppen IGF 100 mit Apoptoseinduzierern (13,5 ± 7,4 %), IGF 1000 (13,6 ± 6,2 %) und IGF 1000 mit Apoptoseinduzierern (7,9 ± 4,7 %). An Tag acht der Kultivierung konnten bei Embryonen der Kontrollgruppe (24,1 ± 8,5 %) erneut signifikant höhere Entwicklungsraten erzielt werden als bei denen der IGF1-supplementierten Gruppen mit Apoptoseinduzierern (15,4 ± 8,2 % bzw. 10,0 ± 4,8 %).

4. Die Untersuchung der Gesamtzellzahl ergab einen Durchschnitt von 134,9 ± 18,6 Zellen pro Blastozyste in der Kontrollgruppe, die im Vergleich zu Blastozysten der Gruppe IGF 1000 mit Apoptoseinduzierern (110,7 ± 20,3) signifikant höher ausfiel (P ≤ 0,05). Allerdings konnten keine Unterschiede in der Anzahl toter Zellen zwischen Blastozysten der Versuchsgruppen beobachtet werden. Bei der Gegenüberstellung der Lebend-Tot-Zellratio konnte jedoch eine signifikant größere Ratio in Blastozysten der Kontrollgruppe (19,1 ± 6,8) gegenüber denen der Gruppen DMSO (11,2 ± 4,7), Apoptoseinduzierer (11,4 ± 5,6), IGF 100 (10,2 ± 5,1) und IGF 1000 mit Apoptoseinduzierern (8,8 ± 3,1) erkannt werden.

107

5. Bei der Untersuchung von Apoptose in Embryonen wurden in der Kontrollgruppe durchschnittlich 2,1 ± 1,1 % TUNEL-positive Zellen pro Blastozyste detektiert. Die Embryonen, die aus einer Maturation mit Apoptoseinduzierern stammten, wiesen im Vergleich dazu eine signifikant höhere prozentuale Anzahl apoptotischer Zellen auf (3,6 ± 1,9 %; P ≤ 0,05).

6. Die Analyse der relativen Transkriptmenge ergab keine statistisch signifikanten Unterschiede für die Gene IGF1R, IGFBP2, IGFBP3, BAX, SLC2A1 und SLC2A3. Die Expression von BCL2L1 war in Embryonen der Gruppe IGF 1000 mit Apoptoseinduzierern im Vergleich zu Embryonen der anderen Gruppen signifikant erhöht (P ≤ 0,05).

7. Die Messung der IGF1-Konzentration im Medium mit Hilfe verschiedener kommerzieller Kits führte nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. In allen Supplementationsgruppen wurden ähnliche Werte gemessen, die nicht der hinzugegebenen Konzentration IGF1 entsprachen.

8. Die Untersuchung der mRNA-Expression des IGF1R in frühen Embryonalstadien zeigte ein stadienspezifisches Muster, welches die Vorgänge der maternal-embryonic transition widerspiegelt. Zu Beginn der ersten Furchungsteilungen konnte die größte, relative Transkriptmenge aufgezeigt werden, woraufhin ein Abfall bis zum 8-Zellstadium verzeichnet wurde. Vom 16-Zeller bis zur expandierten Blastozyste konnte ein kontinuierlicher Anstieg der Expression registriert werden.

9. Ein qualitativer Nachweis des IGF1-Rezeptorproteins war mit der Western blot - Methode in expandierten Blastozysten möglich. Allerdings wurde aufgrund der geringen Signalstärke keine Quantifizierung des Proteingehaltes durchgeführt.

10. Bei der Analyse des IGF1R mit einer Immunfluoreszenzfärbung in frühen Stadien der Embryonalentwicklung konnte eine stadienspezifische Expression detektiert werden. Dies zeichnete sich durch ein Maximum während des 2- und 4-Zellstadiums aus, woraufhin eine signifikante Abnahme bis zum 16-Zeller folgte. Vom Stadium der Morula bis hin zur expandierten Blastozyste wurde ein erneuter Anstieg der Proteinexpression des IGF1R gezeigt.

108

11. Der Vergleich der spezifischen Expression des IGF1R auf mRNA- und Proteinlevel zeigte ein ähnliches Muster, welches mit Vorgängen der maternal-embryonic transition einhergeht und die Bedeutung des IGF-Systems während der frühen Embryonalentwicklung des Rindes hervorhebt.

Schlussfolgernd kann daher zusammengefasst werden, dass IGF1 während der präimplantatorischen Embryonalentwicklung eine entscheidende Rolle spielt, was durch die stadienspezifische Expression sowohl auf mRNA- als auch auf Proteinebene bestätigt wurde. Jedoch konnte eine Verhinderung von Apoptose durch IGF1 im bovinen Embryo nicht beobachtet werden. Weiterhin kam es nicht zu einer Verbesserung der Embryonenqualität durch den Zusatz einer physiologischen Konzentration IGF1 während der Eizellreifung. Abschließend führte eine erhöhte Konzentration IGF1, wie sie während der negativen Energiebilanz bei Milchrindern während der Transitionsphase auftritt, zu einer negativen Beeinflussung der Qualität boviner Embryonen.

109