• Keine Ergebnisse gefunden

1. Einleitung

Beim Rind ist die Analyse der frühen embryonalen Entwicklung durch den Einsatz biotechnologische Methoden zu einem bedeutenden Bereich in der Reproduktionsmedizin geworden. Die In-vitro-Produktion (IVP) von Embryonen wird heute routinemäßig zur Gewinnung einer großen Anzahl Nachkommen bestimmter Zuchttiere genutzt und findet daher auch in der Forschung häufig Anwendung, um die daraus resultierenden Probleme und Fragestellung zu untersuchen. So können Einflüsse äußerer Einwirkungen, wie die Gaskonzentration oder die Zusammensetzung des Kultivierungsmediums, auf den Embryo und dessen Genexpression analysiert werden. Diese Studien dienen dem besseren Verständnis entwicklungsrelevanter Prozesse und gestatten es, Aussagen über die Qualität der Embryonen zu treffen, da deren Entwicklung von der korrekten Ausführung des genetischen Programms abhängig ist (WRENZYCKI et al. 1998). Die meisten Untersuchungen auf molekularer Ebene fanden im bovinen Embryo bisher durch Betrachtung der relativen Menge spezifischer Gentranskripte statt. Eine Reihe von Vorgängen konnte bereits analysiert und in den Entwicklungskontext gebracht werden, da diese Methode mit einer geringen Probenmenge und einem großen Durchsatz durchführbar ist. Zur vollständigen Analyse der Qualität und Entwicklung von Embryonen sind jedoch weitere Studien notwendig, die auf die Endprodukte der Gensynthese, also die Proteine und deren Funktionalität, eingehen. Dabei kann die Lokalisation eines Proteins zur Aufklärung von dessen Funktion beitragen. Erstere wird durch die Methode der Immunhistochemie oder Immunfluoreszenzfärbung bestimmt. Die Quantität eines Proteins kann wiederum anhand der Messung der Signalintensität definiert werden. Die Methode des Western blots eignet sich ebenfalls zum Nachweis und zur Quantifizierung eines Proteins, benötigt jedoch ein großes Probenvolumen. Bisher fanden nur wenige Untersuchungen auf Proteinebene am präimplantorischen Embryo des Rindes statt. Aus diesem Grund ist das Interesse groß, das Protein genauer zu untersuchen und zu ermitteln, inwieweit sich dieses von bisherigen Studien der mRNA (messenger ribonucleic acid) unterscheidet. Gerade die Genexpression des Embryos ist im Vergleich zu somatischen Zellen in ihrer Art außergewöhnlich. Das frühe Entwicklungsprogramm

2

des Embryos wird zunächst von maternalen Transkripten und Proteinen kontrolliert und widerfährt im Rind erst im 8- bis 16-Zellstadium eine Umstellung, auf die Transkription embryo-spezifischer Gene, die sogenannte maternal-embryonic transition (MET).

Das Insulin-like growth factor (IGF) - System ist eine wichtige Familie von Faktoren, die an der Regulation physiologischer Prozesse beteiligt sind. Sie spielen eine wesentliche Rolle beim Wachstum und der Entwicklung embryonaler, fetaler und plazentarer Gewebe (BAUER et al. 1998, FOWDEN 2003). Zusätzlich konnte bei dem Insulin-like growth factor 1 (IGF1) eine antiapoptotische Wirkung nachgewiesen werden. So führte die Zugabe von IGF1 zum Maturations- oder Kultivierungsmedium boviner Embryonen zu einer Abnahme apoptotischer Zellen (BYRNE et al. 2002, WASIELAK u. BOGACKI 2007). Die IGF1-Signalübertragung erfolgt über die spezifische Bindung an den membranständigen Insulin-like growth factor 1-Rezeptor (IGF1R). Dieser Rezeptor spielt nachweislich eine entscheidende Rolle bei der Embryonalentwicklung und ist in seiner Funktionalität entwicklungsrelevant. Die Expression des IGF1-Rezeptors gilt zudem als ein potentieller Marker für die Qualität in vitro produzierter Embryonen (LIU et al. 1997).

Ein Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von IGF1 wurde unter anderem auch bei dem PCO-Syndrom (Polyzystisches Ovarsyndrom) der Frau durch Untersuchungen bei der Maus gefunden (CHI et al. 2000). So konnte nach Zugabe einer supraphysiologischen Konzentration an IGF1 zum Kultivierungsmedium während der IVP muriner Embryonen eine Herunterregulation des IGF1R-Proteins gemessen werden, was zu einer gesteigerten Apoptose führte und der Grund für erhöhte embryonale Mortalität sein könnte. Weiterhin reduzieren die Veränderungen, die während der Phase der negativen Energiebilanz bei Hochleistungsrindern kurz vor und nach der Abkalbung auftreten, die Bioverfügbarkeit von zirkulierendem IGF1, was zu einer Verlangsamung des follikulären Wachstums und einer verspäteten Ovulation führt (WATHES et al. 2007). Ferner führen die metabolischen Veränderungen direkt oder indirekt durch Schädigung der follikulären Umgebung zu einer Verschlechterung der Oozytenqualität und der Embryonalentwicklung (WATHES et al. 2007). Für eine Optimierung der Therapien von

3

Fruchtbarkeitsstörungen und assistierten Reproduktionstechniken ist ein besseres Verständnis von Schlüsselprozessen der frühen Embryonalentwicklung von großer Bedeutung. Das Rind als Modellorganismus eignet sich besonders gut zur Untersuchung dieser Prozesse, da gerade die bovine Embryonalentwicklung der humanen in vielerlei Hinsicht ähnlich ist (WRENZYCKI et al. 2005).

Ziel dieses Projektes ist es, die Proteinexpression des Insulin-like growth factor 1 – Rezeptors während der Maturation und der frühen embryonalen Entwicklung zu untersuchen. Dafür erfolgt eine Austestung unterschiedlicher Antikörper, die einen sensitiven Nachweis des IGF1R in bovinen Embryonen ermöglichen. Es soll ein Western Blot durchgeführt werden, um spezifische Unterschiede in der Expression des IGF1R zu untersuchen. Des Weiteren wird der Effekt der Supplementation einer physiologischen oder supraphysiologischen Konzentration an IGF1 zum Reifungsmedium bei Ab- bzw. Anwesenheit von Apoptoseinduzierern auf die Anzahl apoptotischer Zellen und die Expression des IGF-Systems untersucht. Dabei soll gezeigt werden, ob die hinzugefügte Konzentration an IGF1 während der Eizellreifung im Medium reduziert oder gesteigert wird. Außerdem soll anhand einer Immunfluoreszenzfärbung die Lokalisation des Rezeptors in allen Stadien der embryonalen Entwicklung bestimmt werden. Die Ergebnisse werden mittels Untersuchungen des mRNA-Expressionsmusters von Genen des IGF-Systems, apoptoserelevanten Transkripten und Transkripten des Glukosestoffwechsels verglichen und könnten zur Aufklärung des Einflusses von IGF1 auf die Eizellreifung und präimplantorische Entwicklung boviner Embryonen beitragen. Es könnten überdies neue Erkenntnisse über mögliche Ursachen der frühen embryonalen Mortalität bei Hochleistungsrindern nach der Abkalbung aufgedeckt werden. Letztlich sollen die Ergebnisse dabei helfen, die Kultivierungssysteme für die IVP zu verbessern und daraus resultierend zu einer Qualitätsverbesserung der Embryonen führen.

4