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5. Diskussion

5.1 Einfluss einer IGF1-Supplementation auf die morphologische Qualität

Die in dieser Arbeit erzielten Maturationsraten in Oozyten der Kontrollgruppe von 83,5 ± 2,3 % lagen im Durchschnitt der für die In-vitro-Maturation zu erwarteten Werte von 80 bis 90 % (GALLI et al. 2003). Der Zusatz von IGF1 in einer Konzentration von 100 ng/ml führte nicht zu einer Beeinflussung der Maturationsrate und entspricht bisherigen Untersuchungen, die zu dem gleichen Ergebnis führten (RIEGER et al. 1998, MEIYU et al. 2014). Da reduzierte IGF1-Werte im Blut allerdings nachweislich zu einer Verzögerung der Ovulation in vivo führen (WATHES et al. 2007), wäre es interessant zu untersuchen, inwiefern in vitro der Zeitpunkt der zweiten Reifeteilung durch die Supplementation des Maturationsmediums mit IGF1 beeinflusst wird. Dies könnte in einer nachfolgenden Arbeit durch Untersuchungen der Maturationsstadien zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen. Außerdem stehen die Vorgänge während der negativen Energiebilanz in direkter Verbindung zur Fruchtbarkeit. So konnte gezeigt werden, dass eine geringere IGF1-Produktion in der Leber zu einer reduzierten Verfügbarkeit von IGF1 im Blut führt, was wiederum einen Einfluss auf die GnRH-FSH/LH-Achse ausübt. Damit kommt es direkt zu einer Verschlechterung der Eizellqualität durch Beeinflussung der follikulären Umgebung, was indirekt zu einer Verringerung der Fruchtbarkeit des Rindes führt (ZULU et al.

2002, WATHES et al. 2007). Letztlich beeinflusst die follikuläre Umgebung der Eizelle auch nach einer erfolgreichen Befruchtung die Viabilität des resultierenden Embryos und fördert damit die frühe embryonale Mortalität (BROWN et al. 2009).

Ferner kam es in der Gruppe von Eizellen, die 1000 ng/ml IGF1 ausgesetzt waren, zu einer signifikanten Reduzierung der Reifungsrate. Zudem bewirkte die Zugabe

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von Apoptoseinduzierern allein, ebenso wie zusammen mit IGF1, eine signifikant geringere Maturationsrate. Diese Ergebnisse in bovinen Oozyten sind bisher die ersten ihrer Art und weisen auf einen negativen Einfluss der Apoptoseinduzierer Actinomycin D und S-(+)-Camptothecin, sowie der supraphysiologischen IGF1-Konzentration auf die nukleäre Maturation boviner Eizellen hin. Weiterhin konnten in Embryonen der Kontrollgruppe durchschnittliche Teilungsraten von 60,6 ± 8,1 % und Entwicklungsraten von 22,1 ± 6,4 % an Tag sieben und 24,1 ± 8,5 % an Tag acht der Kultivierung erzielt werden. Diese Werte liegen im Durchschnitt der zu erwartenden Werte von 20 bis 40 %, die mit dem angewendeten Kultursystem erzielt werden können (RIZOS et al. 2002). Die Supplementation von 100 ng/ml IGF1 führte nicht zu einer Veränderung der Teilungs- und Entwicklungsraten boviner Embryonen und stimmt mit Ergebnissen aus vorherigen Studien überein (RIEGER et al. 1998, MAKAREVICH u. MARKKULA 2002, MEIYU et al. 2014). Jedoch konnte ein negativer Einfluss des IGF1-Zusatzes (1000 ng/ml) zusammen mit Apoptoseinduzierern auf die Teilungs- und Entwicklungsrate beobachtet werden.

Dieses Ergebnis wurde für das Rind erstmals in der vorliegenden Arbeit gezeigt und bestätigt, dass eine Veränderung der Maturationsbedingungen, die Entwicklungskompetenz der Eizelle negativ beeinflussen kann (LONERGAN et al.

2003). Bisherige Untersuchungen dieser Art beim Rind, aber auch bei der Maus, behandelten vorwiegend den Einfluss einer IGF1- und/oder Apoptoseinduzierer-Supplementation während der In-vitro-Kultivierung von Embryonen, wo ebenfalls eine negative Beeinflussung der Teilungs- und Entwicklungsraten nachgewiesen werden konnte (FABIAN et al. 2004, BLOCK et al. 2007).

Als weiterer Parameter zur Untersuchung der Embryonenqualität wurden die Gesamtzellzahl und das Verhältnis von lebenden zu toten Zellen in expandierten Blastozysten bestimmt. In Embryonen der Kontrollgruppe konnte eine durchschnittliche Gesamtzellzahl von 134,9 ± 4,7 Zellen pro Blastozyste erreicht werden. Auch hier lagen die Werte im Bereich derer, die bereits in anderen Arbeiten veröffentlicht wurden (NEDAMBALE et al. 2004). Erneut zeigte sich allein ein Einfluss der Zugabe von 1000 ng/ml IGF1 mit Apoptoseinduzierern. Dieser Zusatz führte zu einer signifikanten Verringerung der Gesamtzellzahl und zu einer

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gesteigerten Anzahl toter Zellen pro Blastozyste, was erneut auf die negative Beeinflussung der Entwicklungskompetenz der Eizelle während der Maturation hindeutet und erstmals auf diese Art untersucht wurde.

Die Untersuchung des Auftretens von Apoptose während der frühen Embryonalentwicklung stellt einen weiteren Parameter dar, anhand dessen externe Einflüsse auf in vitro produzierte Embryonen geprüft werden können. Zu diesem Zweck fand die Methode der TUNEL-Analyse Anwendung, die mit Hilfe eines Fluoreszenzfarbstoffes apoptose-spezifische DNA-Brüche in Zellkernen sichtbar macht. Allerdings ist diese Untersuchung nur bedingt spezifisch für Apoptose, da es auch während des Vorgangs der Nekrose zum Zerfall von DNA kommt. Aus diesem Grund wurde darauf geachtet, dass nur solche Zellen als TUNEL-positiv bezeichnet wurden, die eine apoptotische Morphologie aufwiesen. Eine Supplementation des IVM-Mediums mit 100 ng/ml IGF1 führte nicht zu einer Veränderung des Auftretens von Apoptose in Blastozysten. Dieses Ergebnis bestätigt vorherige Arbeiten mit einem vergleichbaren Versuchsaufbau (MAKAREVICH u. MARKKULA 2002).

Allerdings konnten andere Studien zeigen, dass die Anzahl TUNEL-positiver Eizellen und der sie umgebenden Kumuluszellen durch die Hinzugabe von IGF1 deutlich gesenkt wird (KÖLLE et al. 2003, WASIELAK u. BOGACKI 2007). Diese anti-apoptotische Wirkung von IGF1 konnte in der vorliegenden Arbeit nicht bestätigt werden. Ein Grund dafür könnte sein, dass in diesem Versuchsaufbau ein anderes Kultivierungsmedium verwendet wurde. Nachweislich haben die Medien, in denen die Einzelschritte der IVP stattfinden, einen großen Einfluss auf die Entwicklung und auch das Auftreten von Apoptose (LONERGAN et al. 2003). Die Anzahl TUNEL-positiver Nuclei war dagegen in Blastozysten, resultierend aus Oozyten der IVM-Gruppe mit Apoptoseinduzierern, signifikant erhöht. Dies bestätigt die erwartete Wirkung der Apoptoseinduzierer Actinomycin D und S-(+)-Camptothecin und ist mit Resultaten bisheriger Studien bei der Maus, beim Hamster und beim Rind zu vergleichen (ALEXANDRE et al. 2000, MATWEE et al. 2000, FABIAN et al. 2004).

Gleichzeitig zeigte sich aber kein Einfluss der Apoptoseinduzierer auf die Gesamtzellzahl in Blastozysten, was darauf hindeutet, dass Apoptose in Blastozysten zur natürlichen Regulierung der Zellzahl auftritt (BYRNE et al. 1999,

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MATWEE et al. 2000, GJORRET et al. 2003). Beim Vergleich der Embryonen aus den Eizellen der IGF1-Supplementationsgruppen, die mit IGF1 allein oder zusammen mit Apoptoseinduzierern inkubiert wurden, zeigten sich keine Unterschiede in der Anzahl TUNEL-positiver Zellen in expandierten Blastozysten. Damit kann die anti-apoptotische Wirkung von IGF1, die in vorherigen Arbeiten definiert wurde, nicht bestätigt werden (BYRNE et al. 1999, MAKAREVICH u. MARKKULA 2002). Hinzu kommt, dass die Entwicklungszeit der Embryonen in diesem Versuch nicht berücksichtigt wurde. Nachweislich beschleunigt IGF1 die Eizellreifung und die sich schneller teilenden Embryonen weisen eine geringere Anzahl TUNEL-positiver Zellen auf (GUTIERREZ-ADAN et al. 2004, WATHES et al. 2007). Diese Art der Untersuchung könnte in einer nachfolgenden Arbeit durchgeführt werden, um zu klären, ob IGF1 auch in vitro eine Beschleunigung der Maturation hervorruft und damit eine Reduzierung der Anzahl apoptotischer Zellen bewirkt.

5.2 Expressionsmuster spezifischer Gentranskripte nach In-vitro-Maturation