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5. Diskussion

5.2 Expressionsmuster spezifischer Gentranskripte nach In-vitro-Maturation

Um die Expression spezifischer Gentranskripte in bovinen Embryonen zu untersuchen, wurde die Methode der RT-qPCR gewählt. Diese Methode eignet sich besonders, um den Einfluss externer Faktoren auf spezifische Vorgänge während der Embryonalentwicklung zu detektieren. Allerdings muss bei der Interpretation der Daten darauf geachtet werden, dass eine Relevanz für die Proteinebene nur angenommen und nicht nachgewiesen werden kann (WRENZYCKI et al. 2007).

Weiterhin können mittels dieser Methode keine Aussagen über eine Beeinflussung der RNA-Stabilität oder beispielsweise Veränderungen der Poly(A)-Schwanzlänge getroffen werden (WRENZYCKI et al. 1999). In der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt sieben spezifische Transkripte in expandierten Blastozysten untersucht, die aus einer Eizellreifung mit IGF1 und weiteren Zusätzen resultierten. Davon zeigte das Transkript BCL2L1 signifikante Unterschiede zwischen Embryonen der einzelnen Supplementationsgruppen. Es konnte beobachtet werden, dass in Blastozysten aus

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einer Eizellreifung mit IGF1 (1000 ng/ml) und Apoptoseinduzierern die Expression des anti-apoptotischen Transkripts im Vergleich zu allen anderen Embryonen der verschiedenen Versuchsgruppen signifikant gesteigert wurde. Dieses Ergebnis geht einher mit einer signifikant reduzierten Gesamtzellzahl, was darauf hindeutet, dass IGF1 zusammen mit Apoptoseinduzierern die Entwicklung des Embryos beeinflusst, während der Embryo versucht, dies mit einer veränderten Expression des anti-apoptotischen Gens BCL2L1 zu regulieren. Gleichzeitig konnte jedoch kein Einfluss auf die mRNA-Expression des pro-apoptotischen Gens BAX oder des Vorkommens von Apoptose in den resultierenden Embryonen gefunden werden. Daher könnte davon ausgegangen werden, dass die Reduzierung der Gesamtzellzahl nicht durch ein gesteigertes Vorkommen von Apoptose ausgelöst wird. Im Vergleich zu den TUNEL-Ergebnissen kann durch den Nachweis der apoptosespezifischen Gentranskripte keine genaue Aussage über das Auftreten von Apoptose getroffen werden. Auch bisherige Studien zeigten, dass sich die Expression dieser Gene nicht zur Analyse von Apoptose in bovinen Embryonen eignete (YANG u.

RAJAMAHENDRAN 2002, VANDAELE et al. 2008). Dies wurde in der vorliegenden Studie bestätigt. Nach Zusatz von Apoptoseinduzierern kam es nicht zu einer spezifischen Veränderung der Transkripte von BAX und BCL2L1.

Der Insulin-like growth factor 1 – Rezeptor, der als Hauptaufgabe die spezifische Signalweiterleitung von IGF1 hat, zeigte keine veränderte mRNA-Expression durch die IGF1-Supplementation während der In-vitro-Maturation. Anders als zuvor in einer Studie, in der eine physiologische Konzentration von IGF1 (100 ng/ml) zum Kultivierungsmedium hinzugegeben wurde, kam es nicht zu einer Herunterregulation des Rezeptors im Vergleich zu Embryonen der Kontrollgruppe (BLOCK et al. 2008).

Des Weiteren wurde nach Supplementation von IGF1 keine veränderte Expression des IGFBP3 gefunden, dessen Hauptfunktion die Bindung von IGF1 darstellt, um es in extrazellulären Flüssigkeiten zu transportieren und es für Gewebe verfügbar zu machen. Dagegen zeigten andere Studien mit IGF1-Zusatz im Kultivierungsmedium, dass die relative IGFBP3-Transkriptmenge signifikant gesteigert wurde (BLOCK et al.

2008, VELAZQUEZ et al. 2011). Die Autoren erklären dieses Vorkommen damit, dass die Bioverfügbarkeit der größeren zur Verfügung stehenden Menge IGF1

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dadurch verlängert wird. Allerdings könnte dieses Ergebnis in der vorliegenden Arbeit über die Zeit in der Kultivierung abgeklungen sein. Denn sowohl nach der Maturation, als auch nach der Fertilisierung kam es zu einem Medienwechsel ohne erneute IGF1-Supplementation. In einer weiterführenden Studie könnte durch einen kontinuierlichen Zusatz von IGF1 während der gesamten Kultivierung in vitro dieses Phänomen weiter untersucht werden.

Die relativen mRNA-Gehalte für die Transkripte SLC2A1 und SLC2A3, deren Aufgabe der Glukosetransport ist, zeigten keine Unterschiede im Vergleich von Embryonen der einzelnen Versuchsgruppen. Demnach wurde der Glukosemetabolismus durch die Zugabe von IGF1 und/oder Apoptoseinduzierern nicht beeinflusst. Wie bereits vorherige Studien zeigten, wird die Expression der Glukosetransporter nicht durch ein vermehrtes Vorkommen von IGF1 in der IVP verändert (BLOCK et al. 2008, VELAZQUEZ et al. 2011). Ein Grund dafür könnte sein, dass auch andere Transporter und damit andere Signalwege zur Regulierung des Glukosestoffwechsels genutzt werden (AUGUSTIN et al. 2001).

Da bei mehreren untersuchten Transkripten keine signifikanten Unterschiede zwischen Embryonen der unterschiedlichen Versuchsgruppen nachgewiesen wurde, kann schlussfolgernd zusammengefasst werden, dass die Zugabe von IGF1 in einer physiologischen oder supraphysiologischen Konzentration und/oder Apoptoseinduzierern nicht zur Veränderung der Genexpression spezifischer Transkripte in bovinen Embryonen führt. Dies könnte vor allem an der großen interembryonalen Variabilität liegen. Allerdings könnten sich die Unterschiede, die direkt nach der Eizellreifung aufgetreten sind, auch durch die In-vitro-Kultivierung unter gleichen Bedingungen wieder aufgelöst haben, da keine Unterschiede in den nachfolgenden Teilungs- und Entwicklungsraten auftraten. Neben der Entwicklungskompetenz der Eizelle haben die Kultivierungsbedingungen einen großen Einfluss auf die Qualität der resultierenden Embryonen (RIZOS et al. 2002).

Interessant wäre es daher an dieser Stelle, die Beurteilung der Qualität der Eizelle nach Supplementation mit IGF1 und Apoptoseinduzierern auf molekularer Ebene zu untersuchen und mit In-vivo-Oozyten zu vergleichen.

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5.3 Untersuchung der IGF1-Konzentration im Maturationsmedium

In dieser Arbeit wurde zum ersten Mal untersucht, ob die hinzugegebene Menge IGF1 im Maturationsmedium nachweisbar ist und wie sie sich nach 24-stündiger Inkubation verhält. Zunächst kam es daher zu einer Austestung unterschiedlicher Nachweismethoden von IGF1 im Medium. Insgesamt vier verschiedene kommerzielle Kits wurden in zwei unterschiedlichen endokrinologischen Laboren getestet. Bis auf einen Test führten alle Methoden zu einem Nachweis von IGF1 im Medium. Allerdings wurden mit den Tests sehr unterschiedliche Werte gemessen, die nicht mit den hinzugegebenen Konzentrationen von 100 ng/ml bzw. 1000 ng/ml IGF1 in den Supplementationsgruppen übereinstimmten. So wurde mit dem ELISA der Firma DRG Instruments GmbH IGF1-Konzentrationen zwischen 0,7 und 25,0 ng/ml vor der Maturation erzielt und ein Anstieg in allen Gruppen auf 54,8 bis 367,4 ng/ml IGF1 nach der Maturation verzeichnet. Die hinzugegebene Konzentration von 100 ng/ml bzw. 1000 ng/ml IGF1 konnte in den jeweiligen Gruppen nicht gemessen werden. Dafür konnte in den Gruppen, denen kein IGF1 hinzugefügt wurde, eine geringe Menge detektiert werden. Dies könnte ein Nachweis des bovinen IGF1 sein, das aufgrund seiner 98-prozentigen Homologie zum human IGF1 ebenfalls vom Test erfasst wurde und durch den Zusatz von BSA ins Maturationsmedium gelangt ist.

Mit Hilfe des IRMA (Beckman Coulter) konnte dagegen in den Mediumproben der Kontroll-, DMSO- und Apoptoseinduzierer-Gruppe kein IGF1 nachgewiesen werden.

Allerdings zeigten die Medien der IGF1-supplementierten Gruppen ähnlich niedrige Werte. In einer der Supplementationsgruppen konnte ein Anstieg der IGF1-Konzentration nach der Maturation verzeichnet werden (IGF1000 + Apoptoseind.), wohingegen die anderen Gruppen einen Abfall aufwiesen.

Durch den zweiten ELISA (IBL International) konnte ebenso in den Proben der Kontroll-, der DMSO- und der Apoptoseinduzierer-Gruppe kein IGF1 nachgewiesen werden. In allen anderen Gruppen wurden dafür deutlich erhöhte Werte gemessen, die im Bereich von 837,8 und 1295,2 ng/ml vor Maturationsbeginn lagen und 761,2 bis 1416,0 ng/ml IGF1 nach 24-stündiger Maturation erreichten.

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Die sehr breit gestreuten Ergebnisse der einzelnen Kits stellen deren Funktionalität in Frage. Durch den Nachweis der vom jeweiligen Hersteller mitgelieferten Kontrollproben konnte ein Fehler in der Funktionalität jedoch ausgeschlossen werden, da alle Kontrollproben bei der Messung im Rahmen der Nachweisgrenze lagen. Dennoch könnten die Kits nicht spezifisch funktional zum Nachweis des verwendeten human recombinant IGF1 (Sigma Aldrich, Steinheim, Deutschland) sein. Selbst vor der 24-stündigen Maturation konnte das hinzugegebene IGF1 in einer Konzentration von 100 ng/ml oder 1000 ng/ml nicht mit diesen Tests nachgewiesen werden. Weiterhin könnte die Vorbereitung der IGF1-Lösung und das Ansetzen der unterschiedlichen Konzentrationen in Maturationsmedium einen Einfluss auf die Aktivität des IGF1 ausgeübt haben. Allerdings wurde das verwendete IGF1 nach Herstellerangaben in destilliertem Wasser gelöst, aliquotiert und direkt bei -20°C in sterilen 1,5 ml Eppendorfgefäßen gelagert. Da der Hersteller garantiert, dass durch diese Vorbereitung kein Verlust der Aktivität von IGF1 auftritt, kann ausgeschlossen werden, dass fehlerhaftes Handling zu den Ergebnissen geführt hat.

Dennoch bleibt unklar, ob sich die Bearbeitungsschritte negativ auf die Halbwertszeit des IGF1 ausgewirkt haben. Diese beträgt im bovinen Serum nur etwa 2-10 min und verlängert sich nur durch die Bindung an ein IGFBP (ARMSTRONG et al. 2002).

Über die Halbwertszeit des rekombinanten IGF1 wurden keine Angaben des Herstellers gemacht und Untersuchungen dazu fanden bisher nicht statt.

Andere Arbeitsgruppen, die rekombinantes IGF1 (100 ng/ml) routinemäßig zum Maturationsmedium boviner Oozyten hinzugeben, verwenden ein anderes Produkt (LONG® R3 IGF-I human, I1271, Sigma Aldrich). Dieses führt jedoch hinsichtlich der Maturations-, Teilungs- und Entwicklungsraten zu vergleichbaren Ergebnissen wie in der vorliegenden Arbeit (LAZZARI et al. 2002). Gleichwohl fehlen zu diesem rekombinanten IGF1 Untersuchungen zum Nachweis der tatsächlichen Menge im Medium.

Die Problematik im Nachweis von IGF1 im Maturationsmedium könnte daher die kontroversen Ergebnisse bereits veröffentlichter Arbeiten zur Supplementation von IGF1 während der In-vitro-Maturation boviner Oozyten erklären. So zeigte eine Arbeit eine deutliche Verringerung der Anzahl apoptotischer Zellen in Blastozysten nach der

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Hinzugabe von IGF1 zum Maturationsmedium (Wasielak und Bogacki 2007), während in anderen Studien keine signifikanten Unterschiede erzielt wurden (Makarevich und Markkula 2002, Meiyu et al. 2014).

Weiterhin lassen sich die homogenen Ergebnisse der einzelnen Untersuchungsparameter im Vergleich der unterschiedlichen Supplementationsgruppen in der vorliegenden Arbeit mit den gemessenen Hormonwerten erklären, denn in den meisten Fällen wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen Embryonen der Gruppen gefunden, was einhergehen würde mit den ähnlichen Werten der IGF1-Konzentration. Allerdings hebt sich eine Gruppe bei fast allen Untersuchungen hervor. Bei Eizellen, die mit Apoptoseinduzierern und einer supraphysiologischen IGF1-Konzentration von 1000 ng/ml maturiert wurden, konnte sowohl bei der Teilungs- und Entwicklungsrate, als auch bei der Maturationsrate, der Gesamtzellzahl, der Lebend-Tot-Zellratio und der Expression des Gens BCL2L1 ein negativer Einfluss der Supplementation gezeigt werden. Dies könnte auf der einen Seite ein Resultat der Apoptoseinduzierer allein sein. Auf der anderen Seite könnte die Kombination von IGF1 mit den Apoptoseinduzierern das Maturationsmedium so verändert haben, dass es einen negativen Einfluss auf die Eizellen ausübt. Damit bleibt unklar, ob die hier erzielten Ergebnisse auf der Wirkung von IGF1 beruhen oder andere Faktoren eine Rolle spielten.

Daher sollte in nachfolgenden Studien versucht werden, einen geeigneteren Test zum Nachweis von IGF1 im Maturationsmedium zu finden, um die hinzugegebene Menge IGF1 nachzuweisen und diese im Verlauf der Zeit zu untersuchen.

5.4 Vergleichende Expression des IGF1R in Stadien der frühen