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Zusammenfassung und Beantwortung der

Auf der Grundlage der dargestellten empirischen Befunde in Kapitel 3 konnten in Ka-pitel 4 unter Heranziehung weiterer Literatur theoretische Konzeptionen hinsichtlich der relevanten Einflussgrößen und des Prozessgeschehens vorgenommen werden.

Darauf aufbauend muss bei der Beantwortung der Fragestellung 1 „Welche Faktoren beeinflussen die Kooperation in Netzwerkstrukturen des Anwendungsfeldes?“ von einem komplexen, multideterminierten Prozessgeschehen der Netzwerkkooperation ausgegangen werden. Hierbei greifen akteursbezogene Faktoren (z. B. Erwartungen, Handlungsschemata, Kooperationsorientierung, Vertrauen) sowie situationale und umweltbezogene Faktoren (z. B. Macht, Kommunikation, Aufgaben/Kooperations-inhalte, politische Einflussnahmen, finanzielle Rahmenbedingungen) prozessual in-einander und lassen Effekte entstehen, die ihrerseits wiederum Rückwirkungen auf die Einflussgrößen ausüben können. Mit Abbildung 4.1 und Abbildung 4.2 sind so-wohl die relevanten Einflussgrößen für Kooperationsnetzwerke im Anwendungsfeld als auch typische netzwerkbezogene Prozesse dargestellt worden. Durch die aufein-ander bezogenen Prozesse der Konstitution interorganisationaler Kooperationsnetz-werke wird die Dynamik, aber auch die Verfestigung bestimmter Strukturen be-schreibbar.

Insbesondere die akteursbezogenen Evaluationsprozesse sowie die Beziehungsent-wicklungsprozesse verdeutlichen die Wichtigkeit von Beziehungsarbeit zwischen den Akteuren z. B. unter den Rahmenbedingungen unterschiedlicher Arbeits- und Orga-nisationskulturen sowie konfligierender Ziele. Dabei muss auch der doppelt-institutionelle Rahmen im Handeln der Akteure berücksichtigt werden – insbesondere wenn es darum geht, eigene Erwartungen und Ziele mit den Erwartungen und Zielen anderer Akteure sowie jenen der eigenen Institution in Einklang zu bringen.

Durch das von den aufgezeigten Faktoren beeinflusste Handeln der Netzwerkakteure konstituieren sich interorganisationale Kooperationsnetzwerke; gleichzeitig beeinflus-sen die somit entstehenden Strukturen wiederum das Handeln der Akteure, indem sie explizit oder implizit im Wissen der Akteure konstruiert bzw. repräsentiert werden.

Aus diesen konzeptionellen Überlegungen und Erörterungen können Ableitungen für die Evaluation und die Gestaltung von Kooperationsnetzwerken vorgenommen wer-den. Somit stellen diese Konzeptionen die Basis für die folgenden Ausführungen der Kapitel 5 und 6 dar.

5 Evaluation

In den folgenden Ausführungen wird – ausgehend von den vorherigen Erörterungen – vorangig Bezug auf die Evaluation von Kooperationsnetzwerken im Anwendungs-feld genommen. Dies erfolgt, wie weiter oben aufgezeigt, zur Beantwortung der Fra-gestellung c): „Unter welchen Bedingungen sind interorganisationale Kooperations-netzwerke im Bereich von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sinnvoll?“. Auf den subjektiven Evaluations- bzw. Bewertungsprozess (im Sinne einer permanenten mehr oder minder bewussten Reflexion des Handelns der Akteure im Kooperations-netzwerk) ist bereits in Kapitel 4 eingegangen worden, dieser liegt hier jedoch nicht im Fokus der Betrachtung. Vielmehr geht es im Weiteren auch um die Ableitung ei-ner systematischen Evaluation im Hinblick auf die in den Syei-nergieerwartungen der Netzwerkkooperation zugrunde gelegten Nutzenaspekten.

5.1 Evaluation von Effektivität und Effizienz

In diesem Abschnitt geht es zum einen um die Begriffsbestimmung der Evaluation, wie sie zur Beantwortung der Fragestellung 2 verwendet wird und zum anderen um die Systematisierung von Evaluationszielen zur Einschätzung von interorganisatio-nalen Kooperationsnetzwerken im Bereich von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.

Die in der Literatur enthaltenen Konzeptionen zur Evaluation sind vielfältig und z. T.

sehr heterogen (Wottawa & Thierau, 1998). So sind auch viele Definitionsversuche zur Evaluation existent. Für den Zweck dieser Arbeit im Hinblick auf die Beantwor-tung der Fragestellung 3 wird auf eine vergleichsweise weite Definition von Suchman (1967) zurückgegriffen, der Evaluation (oder Bewertung) als Prozess der Beurteilung des Wertes eines Produktes, Prozesses oder eines Programmes versteht, in dem nicht notwendigerweise systematische Verfahren oder datengestützte Beweise zur Untermauerung einer Beurteilung erforderlich sind. Wottawa & Thierau (1998, S. 13) merken darüber hinaus an: „Zum Wortfeld Evaluation gehört auch eine Reihe ver-wandter Begriffe, die in verschiedenen sozialen Kontexten teilweise synonym, teil-weise im Sinne einer spezialisierten Form von Evaluation verwendet werden. So spricht man etwa von Erfolgskontrolle, Effizienzforschung, Begleitforschung, Bewer-tungsforschung, Wirkungskontrolle, Qualitätskontrolle usw.“.

Wie bereits in den Kapiteln 1 und 3 deutlich wurde, stellt der Aspekt der Effizienz ge-rade für interorganisationale Kooperationsnetzwerke der gewerblichen Wirtschaft eine wichtige Betrachtungsgröße dar. Für Kooperationsnetzwerke des Anwen-dungsfeldes wird sie z. T. von politischen Entscheidungsträgern in die Diskussion gebracht, etwa im Zusammenhang der Erreichung effizienterer Strukturen im Ar-beitsschutz oder im Rahmen von monetär geförderten Kooperationsprojekten. Eben-so ist die Auseinandersetzung mit der Effektivität von beEben-sonderer Bedeutung für die Institutionen bzw. die Akteure, die sich in einem interorganisationalen Kooperations-netzwerk engagieren. Effektivität und Effizienz als Zielgrößen der Evaluation sollen

nun noch genauer definiert werden.

Effektivität kann als Grad der Zielerreichung definiert werden und ist dementspre-chend eine Messgröße für den Output („Die richtigen Dinge tun“, z. B. ein zielgrup-penorientiertes Informationsangebot im Internet realisieren). Die Effizienz als mögli-ches Unterziel der Effektivität stellt eine Relation von Input und Output dar und kann als Maßstab für die Ressourcenwirtschaftlichkeit dienen („Die Dinge, die getan wer-den, wirtschaftlich tun.“). Effizienz ist demnach weder hinreichende noch notwendige Bedingung für Effektivität und muss auch nicht zwangsläufig in die Evaluation mitein-bezogen werden.

Eine Evaluation - und damit auch die Ergebniskommunikation der Evaluation – kann nicht losgelöst vom Evaluationsziel vorgenommen werden. Das bedeutet, wenn z. B.

bei Initiatoren von Kooperationsnetzwerken im Anwendungsfeld von Sicherheit und Gesundheit neben der Effizienzerwartung noch weitere Ziele verfolgt werden, etwa Ziele der organisationalen Veränderung (im Sinne des Überkommens "verkrusteter Strukturen"), des Abbaus von (institutionell bedingten) Vorurteilen etc. muss dies in die Gesamtbewertung der Netzwerkkooperation einbezogen werden. Dabei kann auch deutlich werden, dass einzelne Zielsetzungen miteinander in Konflikt treten.

Allgemein merken Wottawa & Thierau (1998, S. 21) ferner an: „Die Evaluation kann dazu dienen, innerhalb eines wissenschaftsexternen, vorläufigen und in gewissen Grenzen willkürlichen Rahmens die Wahrscheinlichkeit für die Auswahl einer ders guten Verhaltensalternative zu erhöhen und analog dazu die Wahl einer beson-ders schlechten Alternative zu verringern. Eine letztlich absolut sichere Aussage, wie sie eigentlich nur in den Formalwissenschaften und manchen anderen Geisteswis-senschaften möglich ist, ist bei Evaluationsprojekten keine sinnvolle Zielsetzung“.

Dies ist auch mit Blick auf die folgenden Ausführungen von Bedeutung.

5.1.1 Evaluation im Hinblick auf die Effektivität interorganisationaler Kooperationsnetzwerke

Im Zuge der Erörterungen dieser Arbeit muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Form und die Methodik der Evaluation in starkem Maße von den sich ent-wickelnden Normen und expliziten Regeln im jeweiligen Kooperationsnetzwerk ab-hängig ist. Das bedeutet, dass eine systematische Evaluation zum einen gewollt werden muss und zum anderen ein entsprechendes Klima existieren sollte, um nicht letztlich nur politische Legitimationsarbeit zu leisten und wenig hilfreiche Unterstüt-zung im Sinne einer Zielerreichungskontrolle zu geben.

So betrachtet stellt die systematische Evaluation einen eigenen Kooperationsinhalt in einem interorganisationalen Kooperationsnetzwerk dar, welcher sich im Sinne der oben aufgezeigten Einflussgrößen und Prozesse konstituiert.

5.1.1.1 Prospektive Evaluation

Unter prospektiver Evaluation wird in dieser Arbeit die systematische Abschätzung beabsichtigter Koordinationsformen im Hinblick auf die zu erwartenden Effekte ver-standen. Sie bezieht sich somit auf die Zukunft und orientiert sich dabei an systema-tisch ermittelten Erfahrungswerten. Im Kontext dieser Arbeit sind dies z. B. die

theo-retischen Konzeptionen des Kapitels 4.

Anhand der relevanten Einflussgrößen und der aufeinander bezogenen typischen Prozesse kann im Vorfeld eines Kooperationsvorhabens zum einen eingeschätzt werden, was unter den gegebenen Umständen die maximalen bzw. minimalen Ef-fekte der Kooperation sein können sowie zum anderen, wo die hauptsächlichen Schwierigkeiten liegen werden, welche Maßnahmen ggf. zur Vorbereitung idealer-weise getroffen werden sollten und ob es ggf. andere Alternativen gibt.

Bei der dargestellten Komplexität des Konstitutionsprozesses interorganisationaler Kooperationsnetzwerke liegt es in der Natur der Sache, dass dabei keine eindeutig deterministischen Ursache-Wirkungs-Beziehungen zugrunde gelegt werden können, sondern eine heuristische Herangehensweise angezeigt ist. Allerdings können die Ausprägung der relevanten Einflussgrößen des Ordnungsschemas aus Kapitel 4 im Vorfeld anhand subjektiver Einschätzungen vorgenommen werden. Sind zu einigen Bereichen keine Einschätzungen möglich oder liegen nicht genügend Informationen vor, empfielt es sich, eher mittlere bis negative Ausprägungen anzunehmen, um eine konservative Vorausbewertung zu erhalten. Es sollte dabei berücksichtigt werden, dass insbesondere relevante Einflussgrößen aus der Umwelt (z. B. Interessenkon-flikte zwischen den Institutionen, Konkurrenz, politische Einflussnahmen) sowie ak-teursbezogene (z. B. Kooperationsorientierung, Arbeitskultur, Motivation) und situati-onsbezogene (z. B. anzustrebende Kommunikationsmodi, technisch-räumliche Be-dingungen, Machtaspekte in Abhängigkeit der angedachten Selektion) miteinander in Beziehung gesetzt werden.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass der genaue Konstitutionsprozess bzw. die zu erwartenden Effekte des angestrebten interorganisationalen Kooperationsnetzwerkes exakt vorausgesagt werden können, da die Interaktionsdynamik mannigfaltig ist. Je-doch kann z. B. eingeschätzt werden, dass potentielle negative äußere Einflussfakto-ren in einem günstigeEinflussfakto-ren Kooperationsumfeld moderater aufgefangen werden kön-nen, als bei hauptsächlich negativen Vorzeichen relevanter Einflussgrößen.

Eine Orientierungshilfe zur prospektiven Evaluation auf der Grundlage der Konzep-tionen dieser Arbeit wird mit der im Kapitel 6.3 vorgestellten Checkliste zur Vorbe-reitung von Kooperationsnetzwerken gegeben.

5.1.1.2 Formative und summative Evaluation

Soll der Kooperationsprozess in einem (bestehenden) interorganisationalen Netz-werk zum Arbeitsschutz und insbesondere dessen Effektivität evaluiert werden, sind zunächst zwei Evaluationsformen zu unterscheiden. Die formative Evaluation hat zum Ziel, Prozesse und Strukturen begleitend zu untersuchen und zu bewerten, um frühzeitig nützliche Informationen über Probleme und mögliche Lösungen anzubieten (vgl. Wottawa & Thierau, 1998; Bewyl, 1999).

Mit Blick auf die eingangs getroffenen Feststellungen zur Evaluation aus der Theo-rieentwicklung dieser Arbeit können im Weiteren lediglich Vorschläge zur formativen und summativen Evaluation entwickelt werden, die im Hinblick auf die strukturellen Besonderheiten von interorganisationalen Kooperationsnetzwerken im Anwendungs-feld sich als sinnvoll im jeweiligen Kontext erweisen könnten. Ihre Anwendung und Umsetzung ist u. a. abhängig von den entsprechenden Rahmenbedingungen des

Netzwerkes, der Zusammensetzung der Akteure sowie der verfolgten Ziele und Machtverhältnisse. So können sich durchaus Zielkonflikte bei der Evaluation ergeben (z. B. zwischen einer Förderinstitution und mehreren Kooperationspartnern).

In den folgenden Ausführungen werden Indikatoren für die formative Evaluation der erwünschten Effekte und zum Monitoring von Nebeneffekten auf der Grundlage der theoretischen Erörterungen dieser Arbeit vorgeschlagen. Je nach Rahmenbedingung eines interorganisationalen Kooperationsnetzwerkes im Anwendungsfeld sollten weitere Indikatoren spezifiziert werden. Stellt sich bei einer Überprüfung dieser Indi-katoren z. B. heraus, dass bestimmte Bereiche defizitär sind, können angemessene Gegenmaßnahmen eingeleitet werden (vgl. hierzu Kapitel 6). Im Sinne des integrati-ven Prozessmodells muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass auch das Ermitteln und Kommunizieren von Indikatoren wiederum eine Intervention in das Netzwerkgeschehen darstellt, welche Einfluss auf die weiteren Prozesse nimmt. In Tabelle 5.1 sind nun Indikatoren zu den relevanten Effekten des Kooperationsge-schehens an Beispielen aufgeführt.

Tab. 5.1 Indikatoren zur formativen Evaluation interorganisationaler Koopera-tionsnetzwerke

(Förderliche) Effekte Indikatoren (Beispiele) netzwerkbezogen

Strukturen - Der Informations- und Kommunikationsfluss ist reibungs-los;

- Zeitpläne können eingehalten werden;

- die vereinbarten Regelungen werden beachtet und nicht unterlaufen.

Organisationskultur - Es gibt wenig Missverständnisse hinsichtlich der Vorge-hensweisen;

- die Interaktionsprozesse weisen geringe Werte- bzw. per-sönliche Konflikte auf.

Output (in Abhängigkeit der beabsichtigten Ziele/

Synergieerwartungen)

- Es konnten bereits viele Unternehmen erreicht werden;

- es gibt einen hohen Mehrwert zu bereits vorhandenen Konzepten;

- das Netzwerk ist vielen Institutionen, Unternehmen bzw.

politischen Entscheidungsträgern bekannt;

- Ergebnisse des Netzwerkes werden nachgefragt;

- Zeitgewinne durch den Informationsaustausch sind einge-treten.

Tab. 5.1 Indikatoren zur formativen Evaluation interorganisationaler Koopera-tionsnetzwerke (Fortsetzung)

(Förderliche) Effekte Indikatoren (Beispiele) akteursbezogen

Engagement - Arbeitspakete werden zuverlässig erledigt

- Anzahl konstruktiver Wortbeiträge in den Sitzungen - Akteure übernehmen Aufgaben freiwillig

Commitment - Akteure sind stolz auf das Netzwerk - Identifikation mit bisher Erreichtem - geringe Fluktuation im Netzwerk

- konkurrierende Termine werden verschoben

Vertrauen - Es werden nur wenig schriftlich fixierte Vereinbarungen angestrebt;

- eine geringe gegenseitige Kontrolle ist nötig (z. B. "Hinterher-Telefonieren");

- es werden freizügig Informationen weitergegeben.

Netzwerkkompetenz - Die Kooperationsorientierung ist hoch ausgeprägt;

- sachbezogene Konflikte werden konstruktiv gelöst;

- realistische Erwartungen bei den Akteuren hinsichtlich des Machbaren.

umweltbezogen Veränderung der Institutionen

- Beschlüsse des Netzwerkes werden akzeptiert und in die Geschäftsprozesse der jeweiligen Institution umgesetzt;

- es findet darüber hinaus zusätzlicher, nicht netzwerkbezo-gener Austausch zwischen den Institutionen statt;

- neue Zusammenarbeit in anderen Kontexten wird ange-strebt.

Arbeitsschutzqualität - Unternehmen erhalten schneller Informationen und Hilfe;

- es wird bei anderen Problemstellungen stärker zwischen den Institutionen kooperiert;

- neue Konzepte werden in klassische Ansätze integriert.

Politik - geringe steuernde Einflussnahmen

- weitere Förderung des interorganisationalen Netzwerkes - Umsetzung bzw. Einbeziehung des im

Kooperationsnetz-werk Erarbeiteten in politische Entscheidungsprozesse

Mit der nachfolgenden Abbildung 5.1 wird der Bezug der hier skizzierten systemati-schen Evaluationsformen auf das Ordnungsschema relevanter Einflussgrößen und Effekte hinsichtlich interorganisationaler Kooperationsnetzwerke nochmals verdeut-licht. Demnach befasst sich die prospektive Evaluation vornehmlich mit den umwelt-, akteurs- und situationsbezogenen Einflussgrößen; die formative und summative Evaluation hingegen zielt auf die Effekte des Netzwerkgeschehens und gibt ggf.

Empfehlungen zur Modifikation von Einflussgrößen.

Einflussgrößen der Umwelt

Abschätzung potenzieller Effekte im Vorfeld

Formative (begleitend)u.

summative(abschließend)Evaluation:

Abb. 5.1 Evaluation in Bezug auf die Einflussgrößen des Ordnungsschemas Die summative Evaluation interorganisationaler Kooperationsnetzwerke bezieht sich auf die abschließende Einschätzung der Erreichung anfänglicher Synergieerwartun-gen bzw. beabsichtigter Effekte.

Zur systematischen summativen Evaluation kann z. B. ein Vergleich mit anderen Ko-operationsnetzwerken vorgenommen werden oder mit der bisherigen Art und Weise, den im Kooperationsnetzwerk verwirklichten Kooperationsinhalt anzugehen. Als weitere Methoden der Informationsgewinnung zur summativen und formativen Eva-luation bieten sich - je nach Rahmenbedingung - z. B. schriftliche Befragungen (z. B.

das in Kapitel 6 vorgestellte Screening-Instrument), ein moderierter Erfahrungsaus-tausch oder die Sammlung von Dokumenten an (vgl. zu einem Überblick Wottawa &

Thierau, 1998).

5.1.2 Evaluation im Hinblick auf die Effizienz von interorganisationalen Kooperationsnetzwerken

Die Effizienzperspektive betrachtet das Input/Output-Verhältnis aus ökonomischer Perspektive. Dabei werden idealerweise Vergleiche konkurrierender Koordinations-formen von vorher festzulegenden Kenngrößen hinsichtlich der Gesamtheit des Auf-wandes sowie des erreichten Outputs vorgenommen. Mit Blick auf die knapper wer-denden Kassen der Institutionen im Anwendungsfeld bzw. die defizitäre öffentliche Haushaltslage gewinnt diese Bewertungsdimension explizit wie implizit bei vielen Akteuren in diesem Bereich an Bedeutung. Die Schwierigkeit liegt hierbei jedoch ein-deutig in der Festlegung bzw. Bestimmung relevanter Kenngrößen – gerade im hier interessierenden Anwendungsfeld (vgl. dazu weiter unten). Um Orientierungen hin-sichtlich einer effizienzbasierten Betrachtung und Bewertung von interorganisationa-len Kooperationsnetzwerken zu geben, werden zunächst die für diese Zwecke pro-minenten Ansätze aus der neuen Institutenökonomie beschrieben und im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit und sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen diskutiert.

Der wirtschaftswissenschaftliche Diskurs über interorganisationale Kooperations-netzwerke wird hauptsächlich von zwei Orientierungsrahmen beeinflusst: einerseits wird über spieltheoretische Ansätze versucht, Kooperationsprobleme zu beschreiben und vorherzusagen (anspruchsvolle Auseinandersetzungen dazu finden sich bei Axelrod, 1984 und Lohmann, 2000), andererseits erfolgt mit der so genannten neuen Institutenökonomie die Analyse von Institutionen (z. B. Verfügungsrechte, Verträge, Hierarchien, Märkte), in deren Zusammenhang der ökonomische Austausch vollzo-gen wird. Für die Zwecke dieser Arbeit wurde auf eine Darstellung der spieltheoreti-schen Ansätze verzichtet, da die zum Teil enge und mechanistische Auffassung in diesen Ansätzen eine spätere Integration in das Rahmenwerk der Modellentwicklung schwierig erscheinen lässt.

Die institutenökonomischen Ansätze - insbesondere die Transaktionskostentheorie (Williamson, 1985) - erlauben hingegen eine breitere Integration sozial- und verhal-tenswissenschaftlicher Theorien. Die neue Institutenökonomie wird von drei ver-schiedenen (z. T. sich ergänzenden) Ansätzen repräsentiert: die Theorie der Verfü-gungsrechte (property rights theory), die Prinzipal-Agenten-Theorie (agency-theory) und die Transaktionskostentheorie (transaction cost theory). Das gemeinsame Er-kenntnisinteresse wird durch folgende Grundfragestellungen deutlich: "(a) Welche (alternativen) Institutionen haben bei welchen Arten von Koordinationsproblemen des ökonomischen Austausches die relativ geringsten Kosten und die größte Effizienz zur Folge? (b) Wie wirken sich die Koordinationsprobleme, die Kosten und die Effizi-enz von Austauschbeziehungen auf die Gestaltung und den Wandel von Institutionen aus?" (Ebers & Gotsch, 2001, S. 199).

5.1.2.1 Bewertungsgrundlagen der Transaktionskostentheorie

Die Transaktionskostentheorie ist eine vergleichsweise junge Theorie, die mitunter einen gewichtigen Beitrag zur so genannten Neuen Institutionellen Ökonomie in den Wirtschaftswissenschaften geleistet hat. Ihr bisheriger Anwendungsbereich ist breit gefächert: er reicht von der Analyse von Make-or-Buy-Entscheidungen über

Aufga-benverteilungen im Forschung- und Entwicklungsbereich bis hin zur Betrachtung po-litischer Institutionen (vgl. zum Überblick Ebers & Gotsch, 2001). Auch im Rahmen der Netzwerkforschung ist dieser Theorieansatz bereits mehrfach aufgegriffen wor-den.

Ausgehend von der von Coase (1937) gestellten Frage, warum es überhaupt Unter-nehmungen gebe, wenn doch der Markt nach zu diesem Zeitpunkt geltender neo-klassischer Lehre der effizienteste Allokationsmechanismus sei, fand die Beschäfti-gung mit den so genannten Transaktionskosten ihren Ursprung. Coase (ibid.) führte die Existenz von Unternehmen darauf zurück, dass sie durch das Einbinden von Transaktionen in ein Unternehmen im Vergleich zum marktlichen Austausch gewisse Kosten einsparen lassen (z. B. Vertragskosten, Kosten für Such- und Informations-aufwand, Kontrollkosten etc.). Oliver E. Williamson (1985) führte die Überlegungen in der Entwicklung der Transaktionskostentheorie fort. Dort bildet der möglichst spar-same Einsatz knapper Ressourcen das Effizienzkriterium: Dabei werden zum einen der Ressourcenverzehr für die Erstellung des auszutauschenden Gutes oder der Leistung berücksichtigt (Produktionskosten) und zum anderen der Ressourcenver-zehr, der für die Abwicklung und Organisation des Austausches selbst entsteht (Transaktionskosten). So legt die Transaktionskostentheorie beim Vergleich alterna-tiver institutioneller Formen der Abwicklung und Organisation einer Transaktion als Effizienzkriterium die Summe der jeweils anfallenden Produktions- und Transaktions-kosten zugrunde (Williamson, 1985). Dabei wird eine Unterscheidung nach Ex-ante-und Ex-post-Transaktionskosten vorgenommen:

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Ex-ante-Transaktionskosten umfassen die Kosten der Leistungen, die zum

Ab-schluss einer vertraglichen Vereinbarung führen (z. B. Informations-, Verhand-lungs-, Und Vertragskosten);

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Ex-post-Transaktionskosten beinhalten jene Kosten, die für die Absicherung,

Durchsetzung und eventuelle Anpassung der vertraglichen Vereinbarungen ent-stehen (in erster Linie sind dies Kosten der Überwachung und Absicherung von Vereinbarungen, Kosten der Lösung von Konflikten über die Interpretation und Erfüllung der Vereinbarungen und Kosten von Nachverhandlungen bei Anpas-sungsbedarf durch z. B. Nichterfüllung oder unvorhergesehene Umstände).

Insbesondere die Ex-post-Transaktionskosten werden von den in der Transaktions-kostentheorie zugrunde gelegten drei Verhaltensannahmen beeinflusst:

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Die erste Verhaltensannahme bezieht sich auf verhaltenswissenschaftliche

Er-kenntnisse: Es wird beim Handeln der Akteure begrenzte Rationalität unterstellt.

Das bedeutet, dass die Transaktionspartner zwar intendieren, rational zu han-deln, jedoch gelingt ihnen dies nur unvollständig, da sie nur über begrenzte In-formationen verfügen, ihre Informationsverarbeitungskapazität beschränkt ist und Alltagsheurismen zur Komplexitätsreduktion angewendet werden.

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Die zweite Verhaltensannahme unterstellt Opportunismus. Dabei wird

ange-nommen, dass Transaktionspartner ihr Eigeninteresse verfolgen und dass auch bei der Gestaltung der Austauschbeziehung mit List, Täuschung, Zurückhaltung von Informationen u.Ä. gerechnet werden muss.

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Die dritte Verhaltensannahme nimmt Bezug auf die Risikoneigung der Transakti-onspartner. Es wird ihnen Risikoneutralität unterstellt. Diese Annahme führte Wil-liamson ein, um die Kernthesen der Transaktionskostentheorie präziser heraus-arbeiten zu können.

Diese Verhaltensannahmen stellen eine notwendige Voraussetzung für die Existenz des institutionellen Gestaltungsproblems dar: „Besondere institutionelle Regelungen wären nicht notwendig, wenn Transaktionspartner über vollkommene Information verfügten. Denn dann könnten sie die ihnen aus einer Austauschbeziehung erwach-senden Kosten und Nutzen ex ante ebenso exakt planen wie die Konditionen des zugrunde liegenden Vertrags. Auch wenn Transaktionspartner ihre Versprechen hielten, d. h. nicht opportunistisch handeln würden, wären besondere Regelungen nicht erforderlich. Denn dann könnten die Transaktionspartner ex ante vereinbaren, die aus den unvollständigen Verträgen möglicherweise erwachsenden Transaktions-probleme kooperativ und fair zu lösen“ (Ebers & Gotsch, 2001, S. 226).

Williamson (1985) zufolge wird die Höhe der Kosten, die für die Abwicklung und Or-ganisation einer Transaktion entstehen, durch drei Transaktionscharakteristika be-einflusst: (1) durch das Ausmaß, in welchem Transaktionspartner transaktionsspezi-fische Investitionen tätigen (asset specifity), (2) durch die mit einer Transaktion ver-bundene Unsicherheit (uncertainty) sowie durch die Häufigkeit der Transaktion (fre-quency). Williamson (1996) stellt in einer Funktion zunächst in vereinfachter Form die Kostenwirkungen, die von den Steuerungsstrukturen Markt oder Hierarchie ausge-hen, in Abhängigkeit von Ressourcenspezialisierung64 (k) und einem Vektor von Ver-änderungsparametern (θ) als M = M(k; θ) bzw. H = H(k, θ) dar. Dabei sind folglich die Bürokratiekosten einer Organisation unter identischem Ressourcenspezialisierungs-niveau höher als bei Marktverhältnissen (Kostenrelation: M(0) < H(0)). Wächst die

Williamson (1985) zufolge wird die Höhe der Kosten, die für die Abwicklung und Or-ganisation einer Transaktion entstehen, durch drei Transaktionscharakteristika be-einflusst: (1) durch das Ausmaß, in welchem Transaktionspartner transaktionsspezi-fische Investitionen tätigen (asset specifity), (2) durch die mit einer Transaktion ver-bundene Unsicherheit (uncertainty) sowie durch die Häufigkeit der Transaktion (fre-quency). Williamson (1996) stellt in einer Funktion zunächst in vereinfachter Form die Kostenwirkungen, die von den Steuerungsstrukturen Markt oder Hierarchie ausge-hen, in Abhängigkeit von Ressourcenspezialisierung64 (k) und einem Vektor von Ver-änderungsparametern (θ) als M = M(k; θ) bzw. H = H(k, θ) dar. Dabei sind folglich die Bürokratiekosten einer Organisation unter identischem Ressourcenspezialisierungs-niveau höher als bei Marktverhältnissen (Kostenrelation: M(0) < H(0)). Wächst die