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Umsetzungsstand: Kooperationen in

3.2 Empirische Befunde zum Bereich von Sicherheit und

3.2.2 Umsetzungsstand: Kooperationen in

Insgesamt betrachtet sind repräsentative Erhebungen über interorganisationale Ko-operationsnetzwerke im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit aufgrund der Dynamik und der Heterogenität in diesem Feld so gut wie unmöglich. So existie-ren hauptsächlich Studien, die sich an einer Auswahl bekannter Netzwerke orientie-ren (z. B. Job, Kuhn & Schütz, 1999; IPAG, 2000, Studie 1 in dieser Arbeit). In eige-nen Untersuchungen (Studie 2, s. Kapitel 2.2.2.2) zur Bestandsaufnahme von Ko-operationsverbünden mit staatlicher Beteiligung konnte eine Repräsentativität auf-grund von z. T. unvollständiger Angaben nur annähernd erreicht werden.

3.2.2.1 Verbreitungsgrad von Kooperationsnetzwerken

Von den 80 befragten staatlichen Ämtern für Arbeitsschutz bzw. Gewerbeaufsichts-ämtern der Studie 2 gaben 32 an, an Kooperationsnetzwerken im Bereich von Si-cherheit und Gesundheit bei der Arbeit beteiligt zu sein; 48 Ämter verneinten eine Existenz von Netzwerken bzw. eine Beteiligung an diesen. Hinsichtlich der Forcie-rung solcher Netzwerke wurde häufig geäußert, dass die Ministerien für solche

Pla-nungen zuständig sind. Bei 6 Ämtern - überwiegend in Ostdeutschland - gab es schon Gespräche bezüglich der Einführung eines Netzwerkes, aber eine direkte Pla-nung lag hier zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht vor. Bei den Ämtern, die nicht an Kooperationsnetzwerke beteiligt sind, war es den meisten Gesprächspartnern wichtig anzumerken, dass die Kommunikation und der Austausch zwischen den rele-vanten Institutionen trotzdem gut sei - auch ohne das direkte Vorhandensein von derartigen Netzwerkstrukturen. Von den 10 befragten Ministerien machten 8 die An-gabe, in Kooperationsnetzwerken eingebunden zu sein bzw. sogar eine Initiatorfunk-tion gehabt zu haben - wenngleich die Bezeichnungen der Netzwerkstrukturen stark variierten. Darüber hinaus wurden von allen Ministerien institutionalisierte Koopera-tionen nach aktueller Gesetzgebung berichtet (vgl. weiter oben).

Schaut man sich die bundesweite Verteilung der hier angesprochenen Kooperati-onsnetzwerke genauer an, dann fällt auf, dass sich die meisten in NRW (28 %) und Niedersachsen (25 %) befinden - in Süddeutschland und in Teilen Ostdeutschlands ist der Verbreitungsgrad dagegen eher geringer ausgeprägt.

Jedoch zieht Sochert (2002, S. 79) das Fazit, dass es zum Zeitpunkt seiner Analyse lediglich eine Minimalkooperation aller Beteiligten im Arbeitsschutz gäbe. Ressour-cen würden selten gebündelt, um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit effektiv zu machen, Überschneidungen zu vermeiden und Fehler und Mängel schneller zu entdecken. Auch eine Bestandsaufnahme der Spitzenverbände der gesetzlichen Unfallversicherung und der Krankenkassen zur Zusammenarbeit zwischen den Trä-gern der gesetzlichen Unfallversicherung und der Krankenkassen kommt zu dem Ergebnis, dass "die Möglichkeiten der Zusammenarbeit aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind" (IPAG, 2000). So wurde dort bemängelt, dass oftmals die perso-nellen Ressourcen zur Kooperation nicht gegeben seien, wenig Aufgeschlossenheit gegenüber jeweils anderen Konzepten bestünde, von einigen Kooperationspartnern keine finanzielle Beteiligung erbracht werde sowie dass bestehende Konkurrenzver-hältnisse untereinander die Kooperation erschwerten (vgl. weiter unten).

3.2.2.2 Häufigkeit der Zusammenkünfte, durchschnittliche Größe und Rechtsform Informationen zu diesen Aspekten können aus der Studie 2 sowie anderen empiri-schen Studien (Job, Kuhn & Schütz, 1999) gewonnen werden. In der Studie 2 konn-ten die in Abbildung 3.3 dargestellkonn-ten Ergebnisse über die Häufigkeit der Zusam-menkünfte ermittelt werden. Die häufigste Angabe (6 Nennungen) war, dass die Treffen ca. alle 6 Monate stattfänden. Der Median für die Zeitdauer zwischen den Zusammenkünften liegt bei 4, was im Mittel 3 Treffen im Jahr bedeutet. Zählt man die Angaben des Intervalls zwischen 2,5 und 3,5 Monaten zusammen, so ist in die-sem Zeitraum auch eine Häufung zu verzeichnen36. Ferner wurde von einigen Be-fragten berichtet, dass die Treffen insgesamt zu unregelmäßig seien, um sich fest-zulegen.

36 Nicht erfasst bzw. konfundiert mit den hier aufgeführten Daten sind Angaben zu Treffen etwaiger Arbeitskreise der Kooperationsnetzwerke - diese tagen i. d. R. häufiger, dieser Sachverhalt war z. B. in der Studie 3 zu beobachten.

Bei genauerer Analyse der Umfragedaten wird ersichtlich, dass jene Kooperations-netzwerke, die aufgrund ihres Kooperationsinhaltes starken Abstimmungsbedarf aufweisen, kürzere Intervalle zwischen ihren Zusammenkünften haben, als etwa Ko-operationsnetzwerke, die vordergründig dem Informationsaustausch und Abstim-mungen dienen. Auch Job, Kuhn & Schütz (1999) berichten in ihrer Analyse von ver-gleichbaren Durchschnittswerten.

Zeitdauer zwischen den Treffen in Monaten 0

1 2 3 4 5 6

0,5 1 2 2,5 3 3,5 4 5 6 9 12

Anzahl der Netzwerke

Abb. 3.3 Zeitdauer zwischen den Zusammenkünften der Kooperationsnetzwerke aus Studie 2 (N = 25)

Hinsichtlich der durchschnittlichen Größe der Kooperationsnetzwerke im Anwen-dungsfeld können auch Anhaltspunkte aus der Studie 2 dieser Arbeit gewonnen wer-den. Zunächst zu den häufigsten Nennungen: In 4 Netzwerken mit staatlicher Beteili-gung sind ca. 30 Institutionen vertreten, bei 3 Kooperationsnetzwerken wirken ca. 10 Institutionen mit. Der Median liegt bei 21,5 - d. h., dass in 10 Netzwerken we-niger als 21,5 Institutionen beteiligt sind und in 10 mehr als 21,5 Institutionen. Jedoch wurde hierzu von den meisten Befragten betont, dass die Anzahl der aktiven Mitglie-der geringer ausfällt (vgl. dazu weiter unten).

In der Rechtsform eines eingetragenen Vereines sind nur wenige Kooperationsnetz-werke im Anwendungsfeld institutionalisiert (Hinweise gibt es dazu aus den Studien 1 und 2 sowie bei Job, Kuhn & Schütz, 1999). Viele Kooperationsnetzwerke sind durch einen eher lockeren Zusammenschluss gekennzeichnet, der in einigen Fällen über verschriftliche „Regeln über die Zusammenarbeit“ bzw. „Grundsätze der Kooperation“

verfestigt wird. Bei Projektnetzwerken liegen in aller Regel konkrete Vertragsbezie-hungen zwischen den Projektpartnern und den Projektförderern vor. Ist die Projekt-laufzeit beendet und soll die Kooperation trotz auslaufender Förderung fortgesetzt werden, gelten diese Verträge zwar nicht mehr, haben aber in der Konstitution des Netzwerkgeschehens Spuren hinterlassen.

3.2.2.3 Hauptsächlich beteiligte Institutionen

Zu den hauptsächlichen Kooperationspartnern von Netzwerken mit staatlicher Betei-ligung, die in den Studien 1 und 2 ermittelt werden konnten, gehören Kammern (In-dustrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern), gefolgt von Gewerk-schaften und BerufsgenossenGewerk-schaften. Differenziert man hierbei nach regionaler und überregionaler Ebene, so sind in ersterer vorwiegend staatliche Ämter für Arbeits-schutz bzw. Gewerbeaufsichtsämter, Innungen und Kammern, Berufsgenossen-schaften und gewerkschaftliche Einrichtungen zu finden; auf überregionaler Ebene hingegen vorwiegend Universitäten und Forschungsinstitute, Berufsgenossenschaf-ten, Unternehmensberatungen, gewerkschaftliche Einrichtungen und Unternehmer-verbände. Jedoch fällt bei allen Kooperationsnetzwerken auf, dass die Beteiligung von Unternehmen sehr gering ausfällt – insbesondere von KMU37 (Studie 1 und 2;

ferner geht dies auch aus den Befunden von Job, Kuhn & Schütz hervor).

0 1 2 3 4

3 5 7 10 15 20 23 25 30 33 40 45

Anzahl der beteiligten Institutionen

Anzahl der Netzwerke

Abb. 3.4 Größe der Kooperationsnetzwerke in Studie 2 in Bezug auf die Anzahl der beteiligten Institutionen (N = 20)

Job, Kuhn & Schütz (1999) konnten in ihrer Studie ausmachen, dass in den von ih-nen untersuchten Netzwerken am häufigsten staatliche Stellen und Krankenkassen vertreten sind, gefolgt von Berufsgenossenschaften und Gewerkschaften38. Die Auto-ren dieser Studie bemerken allerdings, dass das Engagement der Berufsgenossen-schaften weit unter ihrer Erwartung lag.

37 Dies ist bemerkenswert – insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich viele Kooperationsnetz-werke die Optimierung von Sicherheit und Gesundheit in KMU auf die Fahnen geschrieben haben.

38 Die ermittelte häufige Beteiligung von Krankenkassen ist sicherlich auf den Umstand zurückzufüh-ren, dass in dieser Studie Präventions- und Gesundheitsförderungsnetzwerke im Fokus der Analy-se standen.

3.2.2.4 Gründungsanlässe und Synergieerwartungen

Auch bei der Initiierung der Kooperation über Netzwerkstrukturen im Bereich Sicher-heit und GesundSicher-heit bei der Arbeit sind implizite und explizite Synergieerwartungen existent. Nachfolgend wird aus empirischen Studien, Strategiepapieren und Pro-grammen von Institutionen aus diesem Bereich verdeutlicht, auf welche Felder sich die hauptsächlichen Synergieerwartungen beziehen. Zudem werden Gründe aufge-zeigt, weswegen die Orientierung auf Netzwerkarbeit einen Mehrwert zu bisherigen Strukturen darstellen kann. Diese Synergieerwartungen sind jedoch nicht unabhän-gig von den in des folgenden Kapiteln angerissenen Problemen der Netzwerksteue-rung und potenziellen Interessenkonflikten.

Job, Kuhn & Schütz (1999, S. 11 f.) analysierten in ihrer Studie, dass die meisten Netzwerke im hier interessierenden Bereich Anfang und Mitte der 90er Jahre ge-gründet wurden: „Zu diesem Zeitpunkt war das Spektrum der Akteure im Bereich ‚Ar-beit und Gesundheit‘ auch jenseits des klassischen Ar‚Ar-beitsschutzes schon recht bunt (und damit auch unübersichtlich) geworden. Das Thema ‚Arbeit und Gesundheit‘ war kein gesellschaftliches Randthema mehr, mit dem sich institutionell nur Arbeits-schutzbehörden und Unfallversicherungsträger beschäftigten, sondern es war Ge-genstand der Aufmerksamkeit von Forschung, Gewerkschaften und Politik gewor-den.“ Durch die bereits erwähnte Einführung der Gesundheitsförderung ins Leis-tungsspektrum der Krankenkassen ist zudem Bewegung in das System der Akteure rund um den Bereich von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gekommen. Zu den Arbeitsschutzbehörden und Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung traten nun auch Krankenkassen – und in deren Zuge auch private Dienstleister, Unterneh-mensberater und Sporteinrichtungen etc. „Die Idee zur Bildung von ‚Runden Tischen‘

und Netzwerken zur Sondierung der Kooperationsmöglichkeiten und der Konkurren-zen bzw. Abgrenzungen im neuen Feld der betrieblichen Gesundheitsförderung lag zu dieser Zeit nahe. Im Gegensatz zur Vernetzung ‚von unten‘ hat man es hier je-doch eher mit einer Vernetzung ‚von oben‘ zu tun, d. h. einer auf Institutionen ge-richteten, teilweise sogar staatlich initiierten Vernetzung“ (Job, Kuhn & Schütz, 1999, S. 12).

Bereits Kiesau (1993, 1995) sowie Volkholz (1993) wiesen im Hinblick auf die wis-senschaftliche Begleitung und Projektsteuerung des Bereiches von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit auf die Bildung von Netzwerken als neues Strukturmodell hin. Die Annahmen gingen hierbei davon aus, dass man komplexen Problemen in Zukunft nur gerecht werde, wenn die Verflechtung eines Problems mit seinem Um-feld akzeptiert werde, vernetzt gedacht werde und neue Formen der Teamarbeit möglich werden, wobei die Gesamtlösung nicht durch eine Summierung, sondern durch eine Vernetzung von Einzellösungen angestrebt wird39.

39 Auch auf übergeordneter internationaler sowie hoheitlich nationaler Ebene sind derartige Überle-gungen in Positionspapieren sowie fachpolitischen Konzepten aufgegriffen worden. In der so ge-nannten Ottawa-Charta – die oftmals für ein erweitertes Verständnis von Arbeit und Gesundheit herangezogen wird - ist z. B. festgeschrieben: „(...) Gesundheitsförderung verlangt vielmehr ein koordiniertes Zusammenwirken unter Beteiligung der Verantwortlichen in Regierungen, im Ge-sundheits-, Sozial- und Wirtschaftssektor, in nichtstaatlichen und selbstorganisierten Verbänden und Initiativen sowie in lokalen Institutionen, in der Industrie und den Medien. Menschen in allen

Das Land NRW z. B. greift den Methodenvorschlag zur Vernetzung und Kooperation relevanter Akteure und Institutionen u. a. mit dem neuen fachpolitischen Konzept zum Bereich der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit auf. So heißt es in einer Informationsschrift des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen: "Kooperation ist (...) ein wesentliches strategisches Element nordrhein-westfälischer Arbeitsschutzpolitik. Die Arbeitsschutzverwaltung NRW wirkt durch lan-desweit und regional koordinierte Strategien aktiv daran mit, Kräfte im Arbeitsschutz zu vernetzen und zu bündeln. So kommen spezifische Fähigkeiten effizient und wir-kungsvoll zum Einsatz. Die Zusammenarbeit umfasst:

!!!! !!!!

den Austausch von Informationen über die Koordinierung und Abstimmung

kon-kreter Maßnahmen,

!!!! !!!!

die Mitwirkung in fachpolitisch wichtigen Gremien, Ausschüssen und regionalen

Gesprächskreisen sowie

!!!! !!!!

die gemeinsame Durchführung von Projekten und Programmen" (MASQT, 2001,

S. 45).

Ebenfalls in diese Richtung denkend, hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) für die institutionenübergreifende Bearbeitung des The-mengebietes der psychischen Belastungen eine Matrix erarbeitet, in welcher mögli-che, synergiebringende Netzwerk-Beiträge aufgeführt sind (LASI, 2002).

Aus dem vorher Beschriebenen sowie aus verschiedenen Studien (Job, Kuhn &

Schütz, 1999; IPAG, 2000; Studien 1 bis 4 in dieser Arbeit) kann zusammengefasst werden, dass folgende Synergieerwartungen und z. T. explizit formulierte Ziele im Vordergrund von interorganisationalen Kooperationsnetzwerken stehen:

!!!! !!!!

Verbesserung der jeweiligen Informationsbasis durch Informations- und

Erfah-rungsaustausch (u. a. zur besseren Ausführung originärer Aufgaben)

!!!! !!!!

Erreichung von Innovationen (z. B. hinsichtlich der Schaffung neuer Methoden

und Strategien im Arbeitsschutz)

!!!! !!!!

Verbesserung der Qualität von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in

Un-ternehmen

!!!! !!!!

gemeinsame Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und Motivierung von

Ver-antwortlichen in Betrieben

!!!! !!!!

konzertierte Lobbyarbeit in institutionalisierten Entscheidungsprozessen

!!!! !!!!

Verbesserung der Steuerung, Wirtschaftlichkeit (z. B. weniger Ausgaben für

Ver-sicherungsleistungen, Effizienzsteigerung der Verwaltung, geringere Transakti-onskosten, etc.)

Zu den bereits in Kapitel 1.2.2.1 aufgezeigten allgemeinen Synergieerwartungen hin-sichtlich Akzeleration, Innovation und Information reihen sich also im Anwendungs-feld Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit noch Erwartungen (i. d. R. von staatli-chen Initiatoren), die auf einen strukturellen Veränderungsprozess in diesem Bereich abzielen - welcher nur durch ein kooperatives Zusammenwirken der Beteiligten

Lebensbereichen sind daran zu beteiligen als einzelne, als Familien und Gemeinschaften. (...) Die Programme und Strategien zur Gesundheitsförderung sollten den örtlichen Bedürfnissen und Möglichkeiten der Länder und Regionen angepasst sein und die unterschiedlichen Gesellschafts-und Wirtschaftssysteme sowie die kulturellen Gegebenheiten berücksichtigen“ (WHO, 1986).

reicht werden kann.

Zusätzlich wird mit der folgenden Tabelle ein Ordnungsschema von Gründungsan-lässen bzw. Beteiligungsmotiven und damit verbundenen Merkmalen vorgeschlagen - als Verdichtung der empirischen Daten. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass bei dieser Darstellung keine orthogonale Dimensionalität beabsichtigt ist, denn es ist durchaus denkbar (und aus den empirischen Studien feststellbar), dass z. B. ein Ar-beitsschutz-Netzwerk, welches durch die Projektförderung eines Ministeriums ent-standen ist, aus Institutionen zusammensetzen kann, deren relevante Akteure freundschaftlich miteinander verbunden sind.

Tab. 3.3 Typisierung nach Gründungsanlass / Beteiligungsgrund Gründungsanlass / Beteiligungsgrund

- Extrinsische Motiva-tion und raMotiva-tionale Handlungsziele der Akteure stehen im Vordergrund.

- Strategische Führung wird i. d. R. von einer

- vertraglich fixierte Beziehung

- eher extrinsisch motivierte Kooperation

- Selektion der Partner kann politisch - Selektion der Partner

ist durch Sympathie beeinflusst

- existente

Vertrauensbasis

3.2.2.5 Wesentliche Themen und Kooperationsinhalte

Den o. g. Synergieerwartungen und Zielen entsprechend gestalten sich die haupt-sächlichen Aktivitäten in Kooperationsnetzwerken im Bereich von Sicherheit und Ge-sundheit bei der Arbeit.

Bei der qualitativen Analyse in Studie 1 und der Bestandsaufnahme in Studie 2 (Ka-pitel 2.2.2.2) wurde deutlich, dass allgemeine Themen zum Arbeitsschutz sowie ak-tuelle Themen (z. B. Mobbing, Auswirkungen psychischer Belastungen) am häufig-sten genannt wurden. Von großer Bedeutung ist auch die Auseinandersetzung mit und Auslegung von neuen Regelungen und Gesetzen im Anwendungsfeld. Tabelle 3.4 stellt die aus Studie 2 ermittelten hauptsächlichen Themen von Kooperations-netzwerken mit staatlicher Beteiligung, geordnet nach Bundesländern, zusammen.

Als Trend kann ausgemacht werden, dass die südlichen Bundesländer eher auf eine projektbezogene und auf konkrete Aufsichtskoordination bezogene Kooperationen eingehen, hingegen die nördlichen Bundesländer - mit einer Ausnahme - eine breite-re Themenvielfalt und verschiedene Kooperationsinhalte in Netzwerkstruktubreite-ren ein-binden. Ebenso findet bei letzteren vermehrt der Versuch der Integration des

klassi-schen Arbeitsschutzes (im Sinne der techniklassi-schen Aufsicht) und präventiver Ansätze statt.

Tab. 3.4 Übersicht zu Kooperationsthemen von Netzwerken mit staatlicher Beteiligung

- aktuelle Arbeitsschutzthemen - sozialer Arbeitsschutz

- europäische Marktüberwachung techn. Produkte Bayern

2

- aktuelle Arbeitsschutzthemen - Arbeitsschutzmanagement - Gefährdungsbeurteilungen - Baustellensicherheit Berlin

2 - Prävention und Gesundheitsförderung - Rechtsstandards bei der EU-Erweiterung Brandenburg

1 - ganzheitlicher Arbeitsschutz / Prävention - branchenspezifische Arbeitsschutzthemen Bremen

2 - Mobbing

- branchenspezifische Arbeitsschutzthemen Hamburg

1

- allgemeine Arbeitsschutzthemen - psychische Belastungen

- Gesundheitsschutz und -förderung Hessen

5

- Systemkontrolle / Arbeitsschutzmanagement - Systemkontrolle im Handwerk /

Arbeitsschutzmanagement - allgemeine Arbeitsschutzthemen - Jugendarbeitsschutz

- Gesundheit

- psychosoziale Belastungen / Stress / Mobbing - Verbraucherschutz

Aus den Befragungsergebnissen von Studie 1 und Studie 2 dieser Arbeit können hinsichtlich der Kooperationsinhalte40 Unterscheidungen zu regionalen und überre-gionalen Kooperationsnetzwerken gemacht werden. So steht in reüberre-gionalen Netzwer-ken vorwiegend die Erarbeitung und Erprobung anwendungsbezogener betrieblicher Arbeitsschutz- bzw. Gesundheitsschutzkonzepte im Vordergrund, wohingegen in überregionalen Netzwerken Abstimmungsprozesse über eine Arbeitsteilung zwi-schen den Institutionen sowie über die Ressourcenbündelung bei Aufsichts- und Be-ratungstätigkeiten eher stattfinden. Ersteres ist i. d. R. durch konkrete Projektarbeit gekennzeichnet. Gemeinsam ist sowohl in regionalen als auch in überregionalen

40 Unter Kooperationsinhalt wird hier und im Folgenden die themenbezogene Form der Zusammen-arbeit hinsichtlich ihrer tätigkeitsspezifischen Merkmale verstanden. So weisen z. B. Konsensver-handlungen als Kooperationsinhalt andere qualitative Merkmale auf als ein themenbezogenes Projekt, welches über Netzwerkstrukturen abgewickelt werden soll.

Netzwerken der interorganisationale Informationsaustausch und die Erörterung aktu-eller Sachverhalte (z. B. rechtliche Änderungen, neue Gefährdungsfaktoren) ein wichtiger Kooperationsinhalt. Darüber hinaus sind die Planung und Durchführung von Öffentlichkeitsarbeit sowie die Erstellung von Broschüren, Leitfäden und Internet-portalen wichtige Kooperationsinhalte sowohl regionaler als auch überregionaler Tab. 3.4 Übersicht zu Kooperationsthemen von Netzwerken mit staatlicher

Beteiligung (Fortsetzung) - neue Rechtsvorschriften - Betriebssicherheitsverordnung - Arbeitsschutzmanagement

- Sicherheitseinrichtungen von Maschinen - Arbeitszeit von Fernfahrern

- Prävention, Gesundheitsförderung - psychische Belastungen

- Einbindung betrieblicher Beschäftigtenvertreter - Verbesserung des Informationsmanagements für

KMU Niedersachsen

8

- aktuelle Arbeitsschutzthemen

- neue Arbeitsschutzvorschriften und technische Regeln

- Sick-Building-Syndrom - Prävention in Berufsschulen - psychische Belastungen / Stress

- Einbindung betrieblicher Beschäftigtenvertreter - Fortbildungsveranstaltungen

Rheinland-Pfalz

2

- aktuelle Arbeitsschutzthemen - Gefährdungsbeurteilungen

- Arbeitsschutzmaßnahmen bei BSE-Risiken - Emmissionsschutz

Saarland

1 - allgemeine Arbeitsschutzthemen - Mobbing

Sachsen

1 - gemeinsame Beratung und Überwachung von Betrieben

Sachsen-Anhalt

2

- allgemeine Arbeitsschutzthemen - Arbeitsschutzmanagement - Weiterbildungsveranstaltungen Schleswig-Holstein 1 - Gesundheitsförderung

Thüringen

2 - allgemeine Arbeitsschutzthemen - Gefahrgut

Netzwerke. Lobbyarbeit für Belange der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit bei politischen Entscheidungsträgern und gegenüber Verbandsfunktionären ist wiederum eher charakterisierend für überregionale Kooperationsnetzwerke.

Zusammenfassend können aus den Studien 1 und 2 sowie aus den Befunden von Job, Kuhn & Schütz (1999) und IPAG (2000) folgende Metakategorien von Koopera-tionsinhalten - im Hinblick auf die Häufigkeit der Nennungen – ausgemacht werden (Tab. 3.5):

Tab. 3.5 Metakategorien von Kooperationsinhalten

Kooperationsinhalt Charakteristika

Interorganisationaler Informationsaustausch

Charakteristisch hierbei ist die jeweilige Weitergabe – oder die Zurückhaltung – von Informationen über unter-schiedliche Kommunikationsmodi.

Innovationen schaffen Charakteristisch hierbei ist das Erreichen eines Fort-schritts z. B. hinsichtlich von Verfahren, Methoden und Umsetzungsstrategien im Arbeitsschutz.

Projektarbeit Charakteristisch hierbei ist der logistische und inhaltliche Planungs- und Durchführungsprozess zeitlich begrenz-ter, eher komplexer Aufgabenstellungen wie z. B. Ent-wicklung von Handlungshilfen, gemeinsame Betreuung von Großbaustellenprojekten, Forschungsprojekte etc.

Konsensverhandlungen, Abstimmungsgespräche

Charakteristisch hierbei ist der politische Verhandlungs-prozess, der auf eine tragfähige Einigung abzielt.

Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit Die gemeinsame charakteristische Basis hierbei ist die Erarbeitung gezielter Beeinflussungsstrategien für unter-schiedliche Adressatenkreise.

3.2.2.6 Typische Prozesse in Kooperationsnetzwerken

Aus den vorangegangenen Ausführungen und anhand der Auswertung des qualitati-ven Datenmaterials (Studie 3 und Studie 5) wird an dieser Stelle eine Systematisie-rung aufeinander bezogener Prozesse41 der Netzwerkkonstitution vorgenommen.

Dabei lassen sich folgende typische Prozesse im Zusammenhang von Kooperati-onsnetzwerken des Anwendungsfeldes darstellen (Tab. 3.6):

41 Gewiss können die dargestellten Prozesse auch im Sinne von netzwerkbezogenen Phasen zu verstehen sein. Jedoch würde die Festlegung auf Phasen zu verkürzt sein, da ein prozesshaftes Ineinandergreifen sowie wechselnde Parallelitäten verschiedener Phasen nicht hinreichend abbildbar wären.

Tab. 3.6 Typische Prozesse in Kooperationsnetzwerken

Prozess Charakteristika

Zieldefinitionsprozess In diesem Prozess werden die impliziten bzw. expliziten Sy-nergieerwartungen der Netzwerkakteure wirksam und werden kommuniziert. Im Verlauf des Netzwerkgeschehens können diese Zieldefinitionen jedoch modifiziert werden - sei es z. B., da sie aufgrund nicht verfolgter Zielerreichungsindikatoren aus dem Auge verloren werden, oder, da sich die Ressourcen des Netzwerkes verändert haben.

Selektionsprozess In diesem Prozess geht es um die Auswahl der Netzwerkpart-ner. Dabei ist im Sinne einer Negativauswahl ebenfalls der Verzicht auf einen bestimmten Partner bzw. die Aufforderung zum Verlassen des Netzwerkes gemeint. Dies kann z. B. als Folge eines negativ bewerteten Arbeitsprozesses geschehen.

Beziehungs-entwicklungsprozess

Im Beziehungsentwicklungsprozess steht das gegenseitige Kennenlernen sowie die Entwicklung der zwischenmenschli-chen Beziehungen bei den Akteuren im Vordergrund. Wesent-liche Ergebnisse aus diesem Prozess sind der Aufbau von Vertrauen sowie die Entwicklung von Sympathie bzw. Antipa-thie der Akteure zuneinander.

Strukturierungsprozess Der Strukturierungsprozess beinhaltet einerseits die Bestim-mung und Verteilung der von den Netzwerkakteuren wahrzu-nehmenden Aufgaben mit der entsprechenden Ressourcenklä-rung sowie andererseits die Entwicklung von Regeln (Normen) der Netzwerkkooperation. Diese Regelentwicklung kann dabei in Abhängigkeit der Akteure und der Rahmenbedingungen so-wohl informell und subtil geschehen aber auch zu einem for-malen bzw. vertraglich fixierten Ergebnis kommen.

Arbeitsprozess In diesem Prozess geht es um die konkrete Zusammenarbeit im Sinne der Erfüllung des jeweiligen Kooperationsinhaltes (vgl. weiter unten). Das beinhaltet sowohl die Abstimmung über zu verwendende Methoden und Vorgehensweisen als auch die konkrete kooperative Durchführung der beabsichtigten Koope-rationsinhalte. Der Strukturierungs- und der Arbeitsprozess greifen typischerweise ineinander und beeinflussen sich ge-genseitig.

Evaluationsprozess In diesem Prozess fallen sowohl die systematischen als auch die impliziten (kognitiv und emotional vermittelten) Bewertun-gen der Akteure zusammen. Diese werden - zumindest im im-pliziten Fall - kontinuierlich vorgenommen und nehmen Einfluss auf das jeweilige Engagement, auf die Qualität der Interakti-onsbeziehungen. Werden konkrete (systematisierte) Evaluati-onsroutinen zwischen den Netzwerkpartnern vereinbart, neh-men diese unter anderem Einfluss auf die Bewertung des Gra-des der Zielerreichung sowie Gra-des FortbestanGra-des Gra-des

Evaluationsprozess In diesem Prozess fallen sowohl die systematischen als auch die impliziten (kognitiv und emotional vermittelten) Bewertun-gen der Akteure zusammen. Diese werden - zumindest im im-pliziten Fall - kontinuierlich vorgenommen und nehmen Einfluss auf das jeweilige Engagement, auf die Qualität der Interakti-onsbeziehungen. Werden konkrete (systematisierte) Evaluati-onsroutinen zwischen den Netzwerkpartnern vereinbart, neh-men diese unter anderem Einfluss auf die Bewertung des Gra-des der Zielerreichung sowie Gra-des FortbestanGra-des Gra-des