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Akteursbezogene Einflussgrößen

4.1 Einflussgrößen interorganisationaler

4.1.2 Akteursbezogene Einflussgrößen

Als generelle Feststellung der Konstitution von Kooperationsnetzwerken muss nochmals wiederholt werden: Nicht Organisationen, sondern Akteure der Organisa-tionen handeln – obschon organisationsbezogene (wie auch situations- und umwelt-bezogene) Faktoren das Handeln der Akteure beeinflussen. Wie in der obigen Abbil-dung angedeutet, tragen die subjektiven Erwartungen, die Motivation, Handlungs-schemata sowie Persönlichkeitsvariablen zur Kooperationsorientierung eines jewei-ligen Netzwerkakteurs bei. Diese ist wiederum – neben anderen Faktoren - maßgeb-lich für das konkrete Verhalten im Kontext des Kooperationsnetzwerkes.

4.1.2.1 Erwartungen / Motivation

Bereits weiter oben ist deutlich geworden, dass u. a. aus der Analyse der empiri-schen Daten eine rein anreiztheoretisch erklärte Motivation der Akteure im interorga-nisationalen Kooperationsnetzwerk zu kurz greift. Folgt man daher den bereits weiter oben eingeführten Konstrukten zur extrinsischen und intrinsischen Motivation in der Konzeption von Deci & Ryan (1985, 1993), so gehen die netzwerkbezogenen Syner-gieerwartungen der Akteure eher dem extrinsisch motivierten Verhalten voraus.

Weiterhin ist von extrinsischer Motivation der Akteure auszugehen, wenn sie von ei-ner vorgesetzten Stelle zur Mitarbeit in einem Kooperationsnetzwerk verpflichtet worden sind, oder wenn sie dadurch berufliche Vorteile erlangen können. Dabei ist zu bedenken, dass auch extrinsisch motivierte Verhaltensweisen von

Netzwerkmit-gliedern gezeigt werden können, die sich nicht auf konkrete Kooperationszwecke beziehen, sondern rein persönliche Interessen verfolgen, z. B. mehr Macht bzw. Ein-fluss zu erlangen.

Ein guter Indikator für intrinsisch motiviertes Verhalten in einem Kooperationsnetz-werk sind Akteure mit außerordentlichem Engagement. Hier kann davon ausgegan-gen werden, dass zwar auch extrinsische Ziele verfolgt werden, aber vordergründig ein in der Interaktion bzw. der Netzwerkarbeit innewohnendes Interesse bei den Handelnden vorliegt. Zur Frage, ob intrinsische und extrinsische Motivation Gegen-sätze seien, führen Deci & Ryan an, dass extrinsisch motivierte Verhaltensweisen durch die Prozesse der Internalisation und Integration in selbstbestimmte Handlun-gen überführt werden können. Internalisation kennzeichnet den Prozess, durch den externale Werte in die internalen Regulationsprozesse einer Person übernommen werden. Integration ist der weiter gehende Prozess, der die internalisierten Werte und Regulationsprinzipien dem individuellen Selbst eingliedert (Deci & Ryan,1991).

Wesentlichste Grundlage der theoretischen Konzeptionen von Deci & Ryan ist die Annahme der (angeborenen) Grundbedürfnisse nach Selbstbestimmung und Kom-petenz. Diese beiden Grundbedürfnisse hängen eng zusammen und stellen vereint die Grundlage für das Auftreten intrinsisch motivierten Verhaltens dar. Den Autoren zufolge ist intrinsisch motiviertes Verhalten nur dann möglich, wenn die handelnde Person sich als kompetent und selbstbestimmt erlebt. Zusätzlich wird als drittes Be-dürfnis, welches relevant für motivationales Erleben ist, die soziale Eingebundenheit in die Selbstbestimmungstheorie eingeführt. Demnach fördert die soziale Umgebung das Auftreten intrinsischer Motivation insoweit, als sie die Bedürfnisse nach Kompe-tenz und Autonomie unterstützt. Zahlreiche Untersuchungen belegen allerdings, dass intrinsisch motiviertes Verhalten eingeschränkt wird, wenn die Selbstbestimmung durch zu starke externe Kontrolle oder das Kompetenzgefühl durch häufige negative Rückmeldungen untergraben wird (Deci & Ryan, 1993). Wie die Autoren herausstel-len, sind die Bedürfnisse nach Selbstbestimmung und Kompetenz nur als notwendi-ge, aber nicht hinreichende Bedingungen intrinsischer Motivation anzusehen. Sie können auch extrinsisch motiviertem Verhalten zugrunde liegen.

Darüber hinaus sind weitere motivationspsychologische Aspekte bei der interorgani-sationalen Kooperation von Bedeutung. So weist z. B. Wegge (2001) darauf hin, dass Gruppen mit hoch anschluss- und gleichzeitig hoch leistungsmotivierten Mit-gliedern bei den meisten Aufgaben die besten Leistungsresultate erzielen. Da auch bei der Kooperation in interorganisationalen Netzwerken häufig individuelles Lei-stungshandeln auftritt und möglicherweise Maßstäbe für die Beurteilung des Outputs vorliegen, spricht einiges dafür, dass das Leistungsmotiv der Akteure bei der Zu-sammenarbeit im Kooperationsnetzwerk ebenfalls wirksam ist. Die dabei vorliegen-den Anforderungen zur Kooperation und Kommunikation bieten ferner reichlich Mög-lichkeiten, auch das Anschlussmotiv der Person zu befriedigen (Wegge, 2001). Das Motivziel anschlussthematischen Handelns ist die Herstellung und Bewahrung so-zialen Anschlusses und das Erleben von Vertrauen und Sympathie – außerdem Vermeidung sozialer Zurückweisung. Wegge (ibid.) bemerkt allerdings, dass zu an-deren Motiven, etwa dem Neugiermotiv oder dem Machtmotiv nur sehr wenige Er-gebnisse vorliegen (zu einem vertiefenden Überblick über die hier angesprochenen Motive vgl. Schneider & Schmalt, 1994).

4.1.2.2 Emotion

Unter der Emotion als prozessuale akteursbezogene Einflussgröße im Konstitutions-prozess von Kooperationsnetzwerken werden sowohl die die Stimmung betreffenden psychischen Prozesse der Akteure verstanden als auch kurzfristigere emotionale Bewertungsprozesse, die sich z. B. aus der Interaktion mit anderen Netzwerkakteu-ren ergeben.

Stimmungen sind Ewert (1983) zufolge diffuse Gefühlserlebnisse, in denen sich die Gesamtbefindlichkeit ausdrückt. Sie erstrecken sich im Gegensatz zu Gefühlen über eine längere Zeit und „färben“ das Erlebnisfeld, so dass Denk- und Wahrnehmungs-prozesse dadurch beeinflusst werden. Die anwendungsorientierte Forschung geht davon aus, dass Stimmungen auch kollektiv determiniert werden können – etwa bei moderierten Zusammenkünften von interorganisationalen Kooperationsnetzwerken.

Hertel, Neuhof, Theuer & Kerr (2000) konnten z. B. im Gegensatz zu der weitver-breiteten Überzeugung, dass positive Stimmung direkt mit hoher Kooperativität kor-reliert, zeigen, dass es keine einfache lineare Beziehung zwischen Stimmungen und kooperativem Verhalten gibt. Den Autoren zufolge beeinflussen Stimmungen viel-mehr die Art und Weise, wie Akteure sich für oder gegen Kooperativität in Gruppen entscheiden. Ihren Untersuchungen zufolge führt positive Stimmung stärker zu einfa-chen Entscheidungsverhalten (z. B. orientiert an allgemeinen Normen), während ne-gative Stimmung eher ein systematisches Abwägen der Vor- und Nachteile des je-weiligen Verhaltens zur Folge hat.

In Regulationsmodellen spielt die Bewertung des wahrgenommenen Verhaltens an-derer z. B. hinsichtlich seiner Funktion eine entscheidende Rolle für die Art der sich anschließenden Verhaltenssteuerung. Der Emotionsforscher Scherer betont in die-sem Zusammenhang, dass „Emotionen Prozesse darstellen, an denen jeweils ver-schiedene Reaktionskomponenten oder -modalitäten beteiligt sind“ (Scherer, 1990, S. 3). Er klassifiziert dazu fünf Subsysteme,

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das Informationsverarbeitungssystem (kognitive Komponente),

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das Versorgungssystem (neurophysiologische Komponente),

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das Steuerungssystem (motivationale Komponente),

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das Aktionssystem (Ausdruckskomponente) und

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das Monitorsystem (Gefühlskomponente),

die in der Regel getrennt voneinander jeweils unterschiedliche Funktionen überneh-men. Das Informationsverarbeitungssystem dient dabei der Bewertung interner und externer Reize hinsichtlich deren Relevanz. Demgegenüber beinhaltet die Funktion des Versorgungssystems die Regelung des homöostatischen Gleichgewichts des Organismus. Das Steuerungssystem übernimmt Funktionen der Planung und Ent-scheidung hinsichtlich instrumenteller Handlungen (etwa sich nicht mehr so stark in die Arbeit des Kooperationsnetzwerkes einbringen zu wollen). Das Aktionssystem ist für die Steuerung des Ausdrucksverhaltens sowie von willentlichen Handlungen zu-ständig. Die Aufgabe des Monitorsystems ist die Kontrolle der anderen Subsysteme.

Während des Emotionsprozesses sind diese Teilsysteme im Interesse des gesamten Organismus koordiniert und wirken temporär zusammen: „Emotionen bestehen aus

Abfolgen von aufeinander bezogenen, synchronisierten Veränderungen in den Zu-ständen aller fünf organismischen Subsyteme. Diese Veränderungen werden aus-gelöst durch die Bewertung eines externen oder internen Reizes als bedeutsam für die zentralen Bedürfnisse und Ziele des Organismus“ (Scherer, 1990, S. 6).

4.1.2.3 Handlungsschemata

Allgemein werden in dieser Arbeit unter Handlungsschemata Verhaltenstendenzen von Akteuren verstanden, die durch eine gewisse kognitive Vorstrukturiertheit ge-kennzeichnet sind (vgl. dazu die empirischen Befunde in Kapitel 3). Sie sind weitge-hend kulturell und durch die individuelle (berufliche) Biografie der Handelnden erwor-ben und helfen dabei, soziale Situationen für den jeweiligen Akteur zu strukturieren:

eine interpretative Ordnung zu schaffen und die soziale Realität zu konstruieren (vgl.

zum Schemabegriff detaillierter Anderson, 1996). Hinsichtlich der Kooperation in in-terorganisationalen Netzwerken können vorrangig folgende Bereiche den Hand-lungsschemata zugeordnet werden:

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kooperations- und interaktionsbezogene

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arbeitskulturell-methodische

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inhaltlich-sachbezogene

Der erste Bereich umfasst dabei z. B. Attributionsstile hinsichtlich der Ursachenzu-schreibung für das eigene und das fremde Verhalten sowie Prozesse der Personen-wahrnehmung. In diesem Zuge wird in der Sozialpsychologie z. B. auf so genannte Attributionsfehler aufmerksam gemacht: Der fundamentale Attributionsfehler nach Ross (1977) etwa führt dazu, dass Ursachen primär auf Personen und weniger auf situationale Rahmenbedingungen zurückgeführt werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Netzwerkmitglied in einem Koperationsnetzwerk zum folgenden Netzwerktreffen einen Arbeitsauftrag nicht erledigen konnte – bei den übrigen Netzwerkmitgliedern besteht dann die Tendenz, dies dem persönlichen Unwillen bzw. den nicht vorhan-denen Fähigkeiten desjenigen zuzuschreiben. Weitere Attributionsstile und kognitive Heuristiken, die in der empirischen Sozialpsychologie erforscht worden sind, werden z. B. bei Bierhoff (2000) beschrieben.

Der arbeitskulturell-methodische Bereich der Handlungsschemata bezieht sich auf gelernte sowie durch persönliche Vorlieben und kulturelle Einflüsse vermittelte Vor-gehensweisen zur jeweiligen Aufgabenerledigung. Unterschiede bei den Akteuren in interorganisationalen Netzwerken werden – wie bereits weiter oben gezeigt – sowohl in der konkreten Zusammenarbeit als auch bei der Abstimmung über bestimmte Verfahren der Entscheidungsfindung sichtbar. So haben technisch oder ingenieurs-wissenschaftlich ausgebildete Netzwerkakteure i. d. R. ein anderes Verständnis über den formalen Ablauf von Diskussionsrunden als z. B. Sozialwissenschaftler (vgl. da-zu auch Kapitel 3).

Schließlich ist der inhaltlich-sachbezogene Bereich durch die akteursbezogene ko-gnitive Strukturierung des jeweils in einem Kooperationsnetzwerk zu behandelnden Themenfeldes charakterisiert, die sich zum einen auf das thematische Wissen und zum anderen dessen kognitive Organisation bezieht. Das bedeutet beispielsweise, dass es bei den Akteuren bestimmte Ordnungskategorien im deklarativen und

pro-zessualen Wissen gibt, nach denen z. B. neue themenrelevante Informationen verar-beitet und repräsentiert werden (vgl. Anderson, 1996). Das bedeutet in diesem Zu-sammenhang aber auch, dass es i. d. R. in einem Kooperationsnetzwerk sowohl ein unterschiedliches Vorwissen bei den Akteuren z. B. hinsichtlich des Themas „prä-ventive Ansätze im Arbeitsschutz“ gibt als auch unterschiedliche Interpretationen bei der Verknüpfung dieses Themas mit anderen Informationen auftreten. Das wird ins-besondere bei fachlich sehr heterogen zusammengesetzten Kooperationsnetzwer-ken der Fall sein, daher kommt hier dem kommunikativen Austausch und der Klärung jeweiliger Wissensbestände bei den Akteuren eine besondere Bedeutung zu.

Im Rahmen der interorganisationalen Netzwerkkooperation stellt die detailliertere Erforschung der sukzessiven Entwicklung gemeinsam geteilter Handlungsschemata eine große Herausforderung dar. Hinweise auf diesen Entwicklungsprozess gibt es z. B. aus der Studie 3 dieser Arbeit.

4.1.2.4 Variablen der Persönlichkeit

Charakteristika der Persönlichkeit nehmen ebenfalls Einfluss auf das Interaktionsge-schehen in Kooperationsnetzwerken. Allerdings kann z. B. aus den Beobachtungen der Studie 3 in diesem Zusammenhang konstatiert werden, dass eine eindeutige Festlegung auf den Dispositionismus-, den Situationismus- oder den Interaktionis-musansatz der psychologischen Persönlichkeitsforschung (vgl. zum Überblick Ame-lang & Bartussek, 1997) nicht erfolgen kann. Es wurde z. B. beobachtet, dass sich einige Akteure im größeren Gremium eher zurückhaltend und weniger offen verhiel-ten, hingegen in der kleineren Arbeitsgemeinschaft sehr aktiv und offen54. Dennoch erscheint es pragmatisch, nach relativ überdauernden Persönlichkeitseigenschaften eines (potenziellen) Netzwerkakteurs in Verbindung mit seinen persönlich verfolgten Zielen (Motivation) zu suchen und ihre Ausprägung in spezifischen Situationen fest-zustellen. Das kann beispielsweise zu hilfreichen Einschätzungen führen wie: „Herr X ist wunderbar geeignet für die Moderation unserer fachlich arbeitenden Arbeitsgrup-pe – jedoch sollte möglicherweise die Präsentation in einem größeren Gremium je-mand anderes übernehmen“.

Staudinger (2000) unterscheidet als relevante Untersuchungsgrößen der Persönlich-keit strukturelle und prozessuale Merkmale. Zu den strukturellen Merkmalen zählt sie Persönlichkeitsdispositionen wie beispielsweise die "big five" (Emotionale Labilität, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit). Die prozessualen Persönlichkeitsmerkmale beziehen sich darüber hinaus auf Mechanis-men wie Zielstrukturen, Emotionsmuster, BewältigungsforMechanis-men, Bewertungs- und At-tributionsstile – vgl dazu die anderen hier diskutierten akteursbezogenen Einfluss-größen in diesem Zusammenhang. Dieser Argumentation folgend weisen strukturelle Persönlichkeitsvariablen zwar einen hohen Stabilitätsgrad auf, zeigen sich gegen-über Entwicklungen jedoch nicht als resistent. Aber auch prozessuale Merkmale können sich sich im Lauf der Entwicklung verändern (für einen ausführlichen

54 Jedoch kann die in Studie 3 verwendete Methodik nicht dazu herangezogen werden, hinreichende Antworten auf diesen persönlichkeitspsychologischen Problemraum zu geben, der üblicherweise mit quantitativen, inferenzstatistischen Methoden behandelt wird.

blick vgl. Staudinger, 2000).

Tab. 4.1 Darstellung der im revidierten NEO-Persönlichkeitsinventar (NEO-PI-R) von Costa und McCrae (1992) gemessenen Faktoren

Faktor Unterskalen (Facetten)

Neuroticism

(Emotionale Labilität)

Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Depression, soziale Befan-genheit, Impulsivität, Verletzlichkeit

Extraversion (Extraversion)

Herzlichkeit, Geselligkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Akti-vität, Erlebnishunger, Frohsinn

Openness to experience (Offenheit für Erfahrungen)

Offenheit für Fantasie, Offenheit für Ästhetik, Offenheit für Gefühle, Offenheit für Handlungen, Offenheit für Ideen, Offenheit für Normen- und Wertesysteme Agreeableness

(Verträglichkeit)

Vertrauen, Freimütigkeit, Altruismus, Entgegenkom-men, Bescheidenheit, Gutherzigkeit

Conscientiousness (Gewissenhaftigkeit)

Kompetenz, Ordentlichkeit, Pflichtbewusstsein, Leistungsstreben, Selbstdisziplin, Besonnenheit

Unter dem eingangs gegebenen Hinweis, die Persönlichkeitsfaktoren nicht zwangs-läufig als konsistente, über alle Situationen verhaltensbestimmende Eigenschaften zu verstehen, werden an dieser Stelle zur heuristischen Einschätzung die „big five“

nach Costa & McCrae (1985, 1992) kurz skizziert55. Demnach umfassen die nachfol-genden fünf hauptsächlichen Persönlichkeitsfaktoren die in Tabelle 4.1 aufgeführten Gliederungsbereiche, welche in Form eines Fragebogens erfasst werden können56. Das ideale Persönlichkeitsprofil von Akteuren in einem interorganisationalen Koope-rationsnetzwerk kann allerdings aufgrund der jeweiligen situationalen Anforderungen und umweltbezogenen Rahmenbedingungen nicht festgelegt werden. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass z. B. die Kooperationsorientierung positiv beein-flusst wird und die Prozesse im Netzwerkgeschehen effektiver sind, wenn Netzwerk-akteure eher eine Offenheit für Erfahrungen zeigen und ein gewisses Maß an Ver-träglichkeit aufweisen.

4.1.2.5 Kooperationsorientierung

Die Kooperationsorientierung der Netzwerkakteure kennzeichnet das Resultat von antizipierten sowie erfahrenen Kooperationsinteraktionen in Abhängigkeit von Per-sönlichkeitseigenschaften und zugrunde liegenden Erwartungen bzw. Interessen der

55 Die „big five“ nach Costa & McCrae (1985) stellen gegenwärtig einen in der anwendungsorientier-ten Persönlichkeitsdiagnostik populären Ansatz dar, der hinsichtlich seiner Dimensionalität eine gewisse „Robustheit“ über viele Untersuchungen hinweg zeigt und Ähnlichkeiten zu anderen Traittheorien (vgl. dazu ausführlicher Costa & McCrae, 1992 sowie Amelang & Bartussek, 1997).

56 Die Darstellung wurde modifiziert aus Amelang & Bartussek (1997) übernommen – die Über-setzung der Skalen erfolgte durch persönliche Mitteilung von Angleitner & Ostendorf an die genannten Autoren.

Akteure. Sie kann zu Beginn eines interorganisationalen Kooperationsprozesses be-reits niedrig sein, wenn z. B. das Kooperationsumfeld von starker Konkurrenz und eher verpflichtenden Kooperationsaufträgen gekennzeichnet ist und sich der jeweili-ge Akteur stark mit der der Rolle als Interessenvertreter seiner Institution identifiziert.

Andererseits ist zu erwarten, dass sie Kooperationsorientierung gerade bei einem bestehendem freundschaftlichen Vertrauensverhältnis hoch ist – etwa, wenn bereits in anderen Projekten gemeinsame Erfahrungen gesammelt werden konnte. Die Ko-operationsorientierung ist somit im interorganisationalen Netzwerkgeschehen eine nicht unerhebliche Einflussgröße, da sie die Handlungsschemata und Verhaltens-hierarchien der Netzwerkakteure maßgeblich beeinflusst (vgl. weiter unten).

In diesem Zusammenhang ist auch eine Betrachtung der Empathiefähigkeit der Netzwerkakteure von Bedeutung, da diese durch eine persönliche Auseinanderset-zung mit den Zielen, Interessen und Stimmungen anderer Netzwerkakteure charakte-risiert ist.