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2 Schrifttum

2.7 Der zoonotische Charakter

Eine Zoonose ist laut WHO definiert als eine Krankheit oder Infektion, die auf natürlichem Weg von einem Wirbeltier zu einem Mensch oder andersherum übertragen wird [Internet:

URL: http://www.who.int/zoonoses/en/].

Zum derzeitigen Kenntnisstand geht man davon aus, dass der wechselseitige Transfer von S. aureus, sowohl der Methicillin-sensiblen- als auch der Methicillin-resistenten Stämme, zwischen Mensch und Tier möglich ist und diese Spezies als Zoonoseerreger angesehen werden muss. Die in den letzten Jahren veröffentlichten Studien aus der ganzen Welt belegen diese Annahme deutlich. Wie schon beschrieben können genetische Untersuchungen an Methicillin–resistenten Staphylococcus aureus–Stämmen aus Proben von Tieren eine Zuordnung zum gleichen klonalen Komplex wie entsprechende Stämme von Menschen aus der gleichen geographischen Region nachweisen. So konnten weltweit Transmissionen von MRSA zwischen Nutz- sowie Haustieren und deren Besitzern bzw. Betreuern nachgewiesen werden. Dadurch konnte der Nachweis erbracht werden, dass MRSA Zoonoseerreger sind.

WEESE et al. berichteten im Jahr 2006 über die Übertragung von MRSA zwischen Pferden und dem Personal in einer Pferdeklinik. In Ungarn berichteten JUHÁSZ-KASZANYITZKY et al. (2007) über die Transmission von MRSA zwischen Landwirten und ihren Kühen, welche in engem Kontakt zu diesen standen. Ob der Landwirt oder die Kühe zuerst mit MRSA besiedelt waren, konnte nicht geklärt werden.

Kleintiere als Überträger von MRSA auf den Menschen stehen seit längerem in der Diskussion. VAN DUIJKEREN et al. berichteten 2004 über eine Transmission vom Menschen zu einem gesunden Hund, und SING et al. konnten 2008 eine Katze als Reservoire für eine Reinfektion einer an einem Abszess erkrankten Frau nachweisen. Durch den engen Kontakt des Menschen zu seinen Begleittieren kann man davon ausgehen, dass die Transmission von MRSA zwischen Mensch und Tier regelmäßig vorkommt. Dies zeigt sehr deutlich die Bedeutung der Kleintiere im häuslichen Umfeld in der Epidemiologie der MRSA.

Häufig kann die Richtung der Transmission nicht abschließend geklärt werden.

Staphylokokken der S. intermedius group (SIG) wie S. pseudintermedius und S. intermedius sind Kommensalen und auch Infektionserreger, die vorwiegend bei Tieren isoliert werden.

Beim Menschen treten S. intermedius und S. pseudintermedius originär weder als

Kommensale noch als Infektionserreger in Erscheinung. Neuere Untersuchungen zu Infektionen verursacht durch S. pseudintermedius beim Menschen lassen jedoch auch für diesen Erreger ein zoonotisches Potential vermuten. Bislang sind für S. pseudintermedius nur wenige Berichte über Infektionen beim Menschen veröffentlicht. Im Jahr 2006 wurde in Belgien eine mögliche Transmission von S. pseudintermedius von einem Tier auf den Menschen bekannt. Dies war der erste beschriebene Fall einer Infektion durch S.

pseudintermedius bei einem Menschen. Eine sechzigjährige Frau bekam eine Infektion nach einer Operation am Herzen und es wurde S. pseudintermedius isoliert. Ob die Frau Haustiere besaß, ist nicht bekannt (VAN HOOVELS et al. 2006). In diesem Fall war S.

pseudintermedius Oxacillin-sensibel. Jedoch verdeutlicht dieses Beispiel die Problematik der in der Veterinärmedizin immer häufiger isolierten Methicillin-resistenten Staphylococcus pseudintermedius.

Jüngste Untersuchungen von MEEMKEN et al. (2008) beschreiben das Auftreten von MRSA ST398 als nasalen Besiedler bei Schweinen und ihren Betreuungspersonen bzw. beruflich exponierten Personen in Deutschland. So sind sowohl Tierärzte als auch amtliche Fachassistenten an Schlachthöfen mit einer erhöhten Prävalenz im Vergleich zu den geschätzten Prävalenzen bei der Normalbevölkerung nasal besiedelt. Als Übertragungsweg werden Staub und Aerosole in der Luft als Carrier für die MRSA diskutiert. Die direkte und indirekte Übertragung von laMRSA zwischen Nutztier und Mensch wird regelmäßig nachgewiesen. Zusätzlich muss sogar die Weiterverbreitung dieses Subtyps durch zwischenmenschliche Kontakte als möglich angesehen werden. Dieses Weitertragen von laMRSA in der Bevölkerung belegen Nachweise von MRSA im familiären Umfeld MRSA-positiver Landwirte, ohne dass die Menschen aus dem familiären Umfeld selbst Kontakt zu den landwirtschaftlichen Nutztieren hatten. Personen, bei denen laMRSA nachgewiesen werden, sind in der Regel ähnlich den Nutztieren lediglich asymptomatisch mit laMRSA auf Schleimhäuten und Haut besiedelt. Jedoch ließ sich in der Humanmedizin jüngst ein Ausbruchgeschehen in einem niederländischen Krankenhaus nachweisen, an dem MRSA ST398 an Infektionen ursächlich beteiligt waren (FANOY et al. 2009). Der Weg des Eintrags der laMRSA in das Krankenhaus konnte nicht geklärt werden. Infektionen mit MRSA ST398 sind bisher noch sehr selten und zeigen in der Regel einen klinisch milden Verlauf.

Wie hoch das Risiko einer Übertragung von MRSA auf den Menschen ausgehend vom Tier ist, bleibt bislang schwer abzuschätzen. Aus Sicht des Nationalen Referenzlabors für koagulasepositive Staphylokokken im BfR gibt es verschiedene Expositionspfade für den Menschen, die ein unterschiedlich hohes Übertragungsrisiko darstellen. So können MRSA über verschiedene Wege zum Menschen gelangen und bei diesem zur Besiedlung der Haut und Nasenvorhöfe oder zur Infektion führen (FETSCH et al. 2009):

- Übertragung durch unmittelbaren Mensch – Tier Kontakt

- Übertragung durch Kontakt und Verzehr kontaminierter Lebensmittel - Übertragung durch Aerosole und Emissionen aus Stallungen

Erste Untersuchungen zur Belastung von rohem Fleisch mit MRSA belegen, dass MRSA aus der Primärproduktion in die Lebensmittelkette gelangen können. Inwieweit hier jedoch ein Risiko für den Verbraucher besteht, ist derzeit noch nicht hinreichend bekannt. Daten aus den Niederlanden deuten darauf hin, dass der Verbreitung über kontaminierte Lebensmittel keine herausragende Bedeutung zukommt. Unabhängig von der zum Teil recht hohen Nachweisrate von laMRSA in Nutztierbeständen, ist aufgrund der niedrigen Erregerkonzentration im kontaminierten Lebensmittel von einem geringen Übertragungsrisiko durch Kontakt und Verzehr auszugehen. Bislang ist kein Fall von einer Übertragung von MRSA über Lebensmittel auf den Menschen bekannt.

Die größte Bedeutung in der Übertragung von MRSA von Mensch zu Tier und andersherum hat der direkte Kontakt zwischen Mensch und Tier.

Die Exposition mit laMRSA durch die Umwelt kann derzeit nicht sicher abgeschätzt werden, da eine Abgrenzung von dem unmittelbaren und mittelbaren Kontakt zu Nutztieren epidemiologisch nur schwer möglich ist.