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5. Diskussion

5.3 Bedeutung von MRSA ST398 bei Kleintieren

Bisher sind MRSA ST398 originär als Besiedeler und Infektionserreger bei Nutztieren und hier vor allem bei Schweinen in Europa in Erscheinung getreten (DE NEELING et al. 2007, GUARDABASSI et al. 2007, MEEMKEN et al. 2008). Mittlerweile werden diese MRSA auch sporadisch bei anderen Spezies gefunden. Beim Menschen sind Berichte über das Vorkommen von MRSA ST398 seit längerer Zeit bekannt (VAN LOO et al. 2007, FRICK 2010). Dies trifft vor allem auf Personen zu, die regelmäßigen Kontakt zu Nutztieren haben, wie beispielsweise Landwirte oder Tierärzte.

Sowohl bei Nutztieren, als auch beim Menschen tritt MRSA ST398 in der Regel als asymptomatischer Besiedeler von Haut- und Schleimhaut in Erscheinung. Doch wird vereinzelt auch über Infektionen beim Menschen und bei Nutztieren (WITTE et al. 2007, VAN DUIJKEREN et al. 2007) berichtet, die durch MRSA ST398 ausgelöst werden. Häufig handelt es sich dabei um Infektionen der Haut, also um nicht invasive Infektionen. Doch

wurde auch schon von Infektionen, die mit Sepsis einhergehen berichtet, was die Invasivität und Pathogenität dieses Erregers verdeutlicht. EKKELENKAMP et al. (2006) konnten MRSA ST398 bei einer Endokarditis bei einem Menschen aus den Niederlanden nachweisen und IP et al. (2005) isolierten in China MRSA ST398 aus dem Blut zweier Patienten mit Bakteriämie.

Auch bei Hobbytieren treten diese MRSA bei Infektionen auf. Es gibt Berichte über eine Beteiligung von MRSA ST398 an Wundinfektionen bei einem Hund aus Deutschland und bei Pferden aus Österreich (WITTE et al. 2007). Eine Untersuchung von CUNY et al. (2008) beschreibt, dass ST398 zu postoperativen und anderen Wundinfektionen bei Pferden und zu einem Ausbruchgeschehen in einer Veterinärmedizinischen Einrichtung führen kann.

Auch aus der Humanmedizin ist ein Ausbruchgeschehen in einer medizinischen Einrichtung, an dem MRSA ST398 beteiligt war, bekannt (FANOY et al. 2009).

Die genannten Beispiele und die eigene Untersuchung zeigen deutlich, dass MRSA ST398 schon längst nicht mehr nur bei Nutztieren und ihren Betreuungspersonen anzutreffen sind.

Sie treten mittlerweile als Kommensale sowie als Infektionserreger beim Menschen und bei Hobbytieren in Erscheinung. Sie können sich in Tiermedizinischen Kliniken etablieren und zu nosokomialen Ausbruchgeschehen führen. Dadurch wird deutlich, wie wenig wirtsspezifisch MRSA ST398 sind und wie hoch die Pathogenität für verschiedene Spezies sein kann.

Wenn bei Kleintieren MRSA von Schleimhäuten oder aus Wundinfektionen isoliert werden, sind dies in der Regel MRSA humanen Ursprungs. Es ist bislang noch kein originär an die Kleintierpopulation adaptierter MRSA-Stamm beschrieben worden. Neu sind Berichte über MRSA ST398 in der Kleintierpopulation. Bislang liegen erst drei weitere Fallberichte zusätzlich zu der eigenen Untersuchung über MRSA ST398 bei Kleintieren vor. Einmal eine Wundinfektion durch MRSA ST398 bei einem Hund (WITTE et al. 2007) und eine nasale Besiedlung mit MRSA ST398 bei einem Hund (NIENHOFF et al. 2009). Beide Fallberichte stammen aus Deutschland. Aus Kanada ist kürzlich eine weitere Veröffentlichung zu MRSA ST398 bei Hunden in einem Züchter Zwinger bekannt geworden (FLORAS et al. 2010).

Hierbei wurden MRSA ST398 sowohl bei gesunden Hunden auf den Schleimhäuten als auch aus Infektionen isoliert. In diesem Zwinger wurde eine hohe Nachweishäufigkeit von MRSA ST398 mit 23 positiven Nachweisen von 42 Hunden gefunden. Ein Ausbruchgeschehen in diesem Zwinger konnte nachgewiesen werden.

In der eigenen Untersuchung wurden die spa-Typen t034, t108, t011, die mit dem MLST-Typ ST398 assoziiert sind, ausschließlich aus Wundinfektionen von Kleintieren nachgewiesen. Sie traten in keinem Fall als reiner Besiedler der Schleimhäute von Kleintieren in Erscheinung.

Alle MRSA Nachweise in dieser Untersuchung stammten von Katzen. Dies ist der erste bekannte Nachweis von MRSA ST398 bei Katzen.

Die vorliegende Arbeit zeigt deutlich, dass vor allem in einer ländlichen Region eine Infektion beim Kleintier durch MRSA ST398 keinen Seltenheitsstatus besitzt. Auch der Eintrag und die Verbreitung von MRSA ST398 in Kleintierpraxen und die nasale Besiedlung von Tierärzten stellt ein Infektionsrisiko für die Kleintierpatienten, vor allem nach Operationen, dar. So haben die MRSA ST398 für unsere Kleintierpopulation die gleiche Bedeutung erlangt, wie MRSA-Stämme humanen Ursprungs, die nachgewiesenermaßen zu nosokomialen Infektionen und Ausbruchgeschehen in deutschen Tierkliniken führen. Auch die nachgewiesene Beteiligung von MRSA ST398 an Ausbruchgeschehen (CUNY et al.

2008, FANOY et al. 2009, FLORAS et al. 2010) zeigt die Bedeutung dieses MRSA-Stammes für die Human- und Veterinärmedizin. So muss in Zukunft auch mit dem häufigeren Nachweis von nosokomialen Infektionen und Ausbruchgeschehen durch MRSA ST398 in Kleintierkliniken gerechnet werden, vor allem in nutztierdichten Regionen. MRSA ST 398 ist längst nicht mehr ein rein Nutztier assoziierter MRSA-Stamm.

Es bleibt festzuhalten, dass MRSA bei unseren Kleintieren sowohl humanen Ursprungs als auch MRSA ST398 in Deutschland an Bedeutung zugenommen haben. Für die Gesunderhaltung unserer Kleintierpopulation ist es wichtig, das Bewusstsein für das Vorhandensein nosokomialer Infektionen in der Tiermedizin zu schärfen, um Ausbruchgeschehen in Kleintierkliniken und postoperative Wundinfektionen zu verhindern.

Eine zusätzliche Bedeutung haben MRSA bei Kleintieren auch für den Menschen. Durch infizierte oder asymptomatisch besiedelte Kleintiere können MRSA in das häusliche Umfeld gelangen. Auch wenn die Kolonisierungsrate mit MRSA bei Kleintieren durch die vorliegende Arbeit und Untersuchungen anderer Autoren gering erscheint, können unsere Hobbytiere als Reservoire für MRSA dienen und diese Erreger mit ihrem Besitzer durch engen Kontakt austauschen. Die MRSA-Problematik ist ein gutes Beispiel für den engen Zusammenhang zwischen Human- und Veterinärmedizin mit dem Aspekt „One Health“.

MRSA sind nicht allein auf eine Population oder Spezies beschränkt sondern der

Zoonosecharakter dieses Erregers fordert eine engere Kooperation zwischen Human- und Tiermedizin für die Zukunft.

5.4 Nachweishäufigkeit und Bedeutung von MRSA beim