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2 Schrifttum

2.4 Antibiotikaresistenzen von S. aureus

Bereits wenige Jahre nach Einführung der ersten antimikrobiellen Substanzen in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts zeigten Krankheitserreger Resistenzen gegenüber diesen Substanzen (KIRBY 1944). Resistenzentwicklungen gegenüber einer Vielzahl von Antibiotika sind heute weltweite Realität. Der Grund dafür ist ein enormes Anpassungspotential von Mikroorganismen an sich verändernde Umweltbedingungen.

Antibiotikaresistenzen sind Teil des programmierten Adaptationsmechanismus der Erreger.

Dabei wird durch den Wirkstoff selbst keine Bildung von Resistenzgenen induziert, ferner haben Vertreter, die das Resistenzgen besitzen, einen Selektionsvorteil (DINGERMANN et al. 2002). Man kann davon ausgehen, dass Mikroorganismen in der Lage sind, gegen nahezu jeden antimikrobiellen Wirkstoff Resistenzen zu entwickeln.

Nach ROLLE u. MAYR (2007, S. 378-380) wird zwischen Primärresistenz und Sekundärresistenz unterschieden. Primärresistenzen sind speziesbedingt und die Bakterienspezies ist von vornherein resistent gegenüber einem bestimmten Antibiotikum.

Meist fehlt den Erregern der Angriffspunkt für das Antibiotikum. So sind beispielsweise gramnegative Bakterien unempfindlich gegenüber Benzylpenicillinen, da die Benzylpenicilline die äußere Zellmembran von gramnegativen Erregern nicht passieren können.

Sekundärresistenzen sind erworbene Resistenzen, die durch ungerichtete, spontane Mutation mit nachfolgender gerichteter Selektion oder durch Aufnahme zusätzlicher Resistenzgene entstehen. Der Erwerb zusätzlicher Resistenzgene erfolgt durch Plasmide (Konjugation), Bakteriophagen (Transduktion) oder freie DNA (Transformation). Dieses kann sowohl vertikal durch Zellteilung als auch horizontal zwischen gleichen oder auch unterschiedlichen Spezies erfolgen.

Grundsätzlich gibt es drei Mechanismen der Antibiotikaresistenz:

- Manche Bakterien bauen antimikrobielle Wirkstoffe ab oder modifizieren sie, sodass diese unwirksam werden. Die Resistenzentwicklung gegenüber den β-Laktamen ist dafür das bekannteste Beispiel. Einige S. aureus-Stämme bilden bestimmte Enzyme, sogenannte β-Laktamasen, die am Antibiotikum den β-Laktamring spalten und dieses dadurch unwirksam machen.

- Ein weiterer Mechanismus zur Resistenzentwicklung ist die Veränderung der Targetstruktur. Es wird die Zielstruktur im Bakterium verändert. So haben z. B.

Stämme von S. aureus und S. intermedius die Penicillinbindunsproteine auf ihrer Oberfläche so modifiziert, dass die β-Laktamantibiotika nicht mehr an diese binden können.

- Ein dritter Mechanismus beruht auf dem aktiven Efflux des Antibiotikums. Durch membranständige Transportsysteme werden Antibiotika, aber auch Schwermetalle und Desinfektionsmittel aktiv aus der Zelle entfernt.

Ein Problem bei der antimikrobiellen Therapie stellen die Mehrfachresistenzen dar. In diesem Zusammenhang ist die Problematik der Kreuz- und Parallelresistenz zu beachten. Durch die Tatsache, dass auf bestimmten genetischen Einheiten, wie Plasmiden, Genbereiche lokalisiert sind, die für mehrere Resistenzen verantwortlich sind, werden durch Selektion auf eine Resistenz gleichzeitig Resistenzen gegen andere Antibiotika gefördert. Dadurch kann es zur Selektion multiresistenter Erreger kommen. Die durch Mutation oder Akquirierung von genetischem Material erworbene Resistenz ist grundsätzlich durch Weitergabe der Resistenzgene auf andere Bakterien übertragbar. So kann der Austausch von Resistenzgenen zwischen unterschiedlichen Bakterienspezies zur Entstehung von multiresistenten Erregern führen. Durch einen unsachgemäßen Antibiotikaeinsatz, insbesondere im Hinblick auf eine unzureichende Dosierung und eine zu kurze Therapiedauer, wird dieses Problem verschärft und die Selektion auf Mehrfachresistenzen gefördert (DINGERMANN et al. 2002).

Die Fähigkeit von S. aureus durch den Erwerb von Resistenzgenen oder Mutation schnell Resistenzen gegen Antibiotika zu entwickeln, begann bereits Mitte der 40er Jahre kurz nach der Einführung des Penicillins. So entstanden aus zuvor Penicillin-sensiblen S.

aureus-Stämmen Penicillin-resistente Stämme (KIRBY 1944). Bei diesen zuerst entwickelten Resistenzen handelte es sich um den Erwerb der ß-Lactamase (Penicillinase), die das Penicillin-Molekül durch Spaltung unwirksam macht. Dieser Mechanismus wurde durch die 1960 eingeführten Isoxazolylpenicilline wieder wirkungslos, dieses waren Penicillinase-feste Penicilline. Die in Deutschland verwendeten Isoxazolylpenicilline waren Oxacillin, Dicloxacillin und später Flucloxacillin, in den USA Methicillin und Nafcillin.

Doch auch gegenüber dieser Gruppe von Antibiotika entwickelten sich Resistenzen, und so wurde bereits im Jahre 1961 erstmals in England von Methicillin-resistenten Staphylokokken berichtet (JEVONS 1961). Sie wurden nach dem in den USA benutzten Methicillin als

„Methicillin–resistente Staphylococcus aureus“ oder auch kurz MRSA benannt.

Verantwortlich für diese Resistenz ist das mecA-Gen (CHAMBERS 1997). MRSA haben die Eigenschaft der Methicillin-Resistenz als Sekundärresistenz durch die Aufnahme einer Genkassette in die chromosomale DNA erworben. Dieses Staphylococcal Cassette Chromosome mec (SCCmec) umgibt das mecA-Gen. Das mecA-Gen kodiert für ein modifiziertes Penicillin-bindendes-Protein, das PBP2a, welches nur eine sehr geringe Affinität zu den β-Laktam-Antibiotika zeigt und zum Wirkverlust aller Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme führt. So sind MRSA definiert über ihre Resistenz gegenüber Oxacillin und über den Nachweis des mecA–Gens (DEURENBERG et al. 2007).

S. aureus ist jedoch längst nicht nur gegenüber diesen Antibiotikaklassen resistent. Durch einen oftmals nicht zielgerichteten Einsatz von Antiinfektiva und unzureichende Hygieneregimes in medizinischen Einrichtungen steigt der Selektionsdruck auf diese Erreger erheblich, sodass mittlerweile S. aureus-Stämme isoliert werden, die gegenüber verschiedensten Antibiotikaklassen resistent sind. So sind laut ROBERT KOCH-INSTITUT (1998) seit Ende der 70er Jahre Resistenzen gegen weitere staphylokokkenwirksame Antibiotika wie Gentamicin, Chinolone und Rifampicin aufgetreten.

Als zur Behandlung von MRSA geeignete, bakterizide Substanzen stehen bis heute die Glykopeptide Vancomycin und Teicoplanin zur Verfügung. Vancomycin und Teicoplanin sind seit 1958 in Gebrauch und galten lange Zeit als Reserveantibiotika für hochgradig multiresistente S. aureus. S. aureus einschließlich MRSA sind gegenüber diesen Substanzen über mehrere Jahrzehnte sensibel geblieben, sie waren und sind Mittel der (letzten) Wahl in der Therapie MRSA assoziierter Infektionen. Der vermehrte Einsatz dieser Antibiotika

resultierte jedoch in einer Resistenzentwicklung auch gegenüber diesen Substanzen. Im Jahr 1997 trat in Japan ein erstes S. aureus-Isolat mit reduzierter Empfindlichkeit gegenüber Vancomycin auf (HIRAMATSU et al. 1997). Seitdem wird in den USA und in Japan eine stetig zunehmende Resistenzentwicklung gegenüber Vancomycin und Teicoplanin beobachtet (ROBERT KOCH-INSTITUT 1997). Auch im europäischen Raum (KRESKEN et al. 2000) sowie erstmals auch in Deutschland (ROBERT KOCH-INSTITUT 1998) kam es zum Auftreten von Vancomycin-intermediär-sensiblen S. aureus (VISA) und Vancomycin-resistenten S. aureus (VRSA) sowie von Glycopeptid-intermediär-sensiblen S. aureus (GISA). Der Anteil dieser Vancomycin-intermediär-sensiblen S. aureus (VISA) und Glycopeptid-intermediär-sensiblen S. aureus (GISA) in der Staphylokokken-Population ist in Deutschland laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Anonym 2008) sehr gering. So sei die Anwendung der Glykopeptide und Linezolid in der kalkulierten Therapie von Infektionen durch Staphylokokken praktisch bisher nicht beeinträchtigt worden.

Zudem stehen mit Daptomycin und Tigecyclin seit 2006 zwei neue Therapieoptionen mit guter Wirksamkeit gegen Staphylokokken einschließlich MRSA und Oxacillin (Methicillin)-resistenter koagulasenegativer Staphylokokken zur Verfügung.

Zunehmende Resistenzen für die verschiedenen Antibiotikaklassen zusätzlich zur Resistenz gegen β-Laktamantibiotika nennt das ROBERT KOCH-INSTITUT (2009) für die letzten Jahre. Die Erhebung bezieht sich auf die sogenannten haMRSA-Stämme (hospital aquired MRSA) aus deutschen Krankenhäusern. Getestet wurde die Resistenzausbildung gegenüber bestimmten Indikator–Substanzen. Für eine Reihe von Antibiotika beträgt die Häufigkeit der Resistenzbildung weniger als 10 %, insgesamt liegen für die wichtige Substanz Rifampicin und auch für potentielle Kombinationspartner (Cotrimoxazol, Fusidinsäure-Natrium und Fosfomycin) noch günstige Werte vor (ROBERT KOCH-INSTITUT 2009):

Tab. 1: Häufigkeit der Resistenz in % gegenüber Antibiotika bei haMRSA in Deutschland, basierend auf Einsendungen an das Nationale Referenzzentrum für Staphylokokken 2006 bis 2008, laut Epid. Bull. 17/2009

2006 2007 2008

Oxacillin 100 100 100

Ciprofloxacin 93,8 95,8 91

Moxifloxacin - 94,4 89,6

Erythromycin 72,5 75 80,7

Clindamycin 65,4 72 73,4

Gentamicin 13,3 9,8 10,5

Oxytetrazyklin 7,4 6,8 7,3

Rifampicin 2,5 1,07 0,4

Cotrimoxazol 3,1 2 10,8

Fusidinsäure- Natrium 6,4 3,8 2,0

Fosfomycin 3,3 0,56 1,1

Linezolid 0,04 0,11 0,1

Tigezyklin - - 0

Daptomycin - - 0,65

Mupirocin 2,6 3,3 5,3

Vancomycin 0 0 0

Teicoplanin 0 0 0