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2.8 Einsatz epidemiologischer Typisierungsverfahren

Um die Epidemiologie der MRSA zu untersuchen, bedient man sich spezieller Typisierungsverfahren. Typisierungsverfahren im Rahmen epidemiologischer Untersuchungen haben als Hauptanliegen, einen bestimmten epidemischen Stamm anhand gewählter Merkmale von epidemiologisch nicht mit ihm zusammenhängenden Stämmen zu unterscheiden. Diese Merkmale sollten sich derart verhalten, dass sie stabil innerhalb des einen epidemischen Stammes sind, aber gleichzeitig genügend Variabilität innerhalb der Gesamtheit der Spezies-Population aufweisen. So kann der verwandtschaftliche Grad von Bakterienisolaten zueinander bestimmt werden.

Für den Nachweis einer Infektionskette reicht die alleinige Bestimmung von Keimen der gleichen Spezies bei mehreren Patienten bzw. des Personals oder an Gebrauchsgegenständen der Klinik oder Praxis nicht aus. Vielmehr ist die Klärung der klonalen Identität verschiedener Bakterienisolate aus einem Infektionsgeschehen nötig. Durch die Wahl des Typisierungsverfahrens zur Bestimmung der klonalen Identität verschiedener Isolate können unterschiedliche Fragestellungen beantwortet werden, wie z. B. die Ausbreitung von MRSA in einer Klinik oder Verbreitung und Verwandtschaftsverhältnisse von MRSA in einer bestimmten geographischen Region. Dadurch können auch Aussagen über mögliche Transmissionswege von MRSA zwischen Tier und Mensch aufgezeigt werden.

Man unterscheidet zwischen phänotypischen und genotypischen Typisierungsverfahren. Die phänotypischen Verfahren detektieren Eigenschaften, welche von den Mikroorganismen exprimiert werden. Dagegen wird mit den genotypischen Verfahren chromosomale DNA analysiert. Zu den phänotypischen Verfahren zählt z. B. die Identifizierung eines Erregers mittels Anzüchtung einer Kultur oder die Bestimmung seines Antibiotika-Resistenzprofils.

Bei der Bestimmung eines Erregers mittels Kultur wird dieser auf speziellen Nährböden als Reinkultur angezüchtet und sein phänotypisches Verhalten wie z. B. Koloniemorphologie oder metabolische Aktivität beurteilt. Der Nutzen zur Abklärung von Verwandtschaftsverhältnissen zwischen einzelnen Isolaten durch phänotypische Typisierungsverfahren ist jedoch meist begrenzt, da Mikroorganismen unter Umwelteinflüssen die phänotypische Expression der zu untersuchenden Eigenschaft variieren können. Daher können phänotypische Unterschiede bei Isolaten desselben Stammes auftreten.

Aus diesem Grund wird zur Untersuchung der verwandtschaftlichen Beziehung verschiedener Bakterienisolate bei den meisten Typisierungsverfahren die chromosomale DNA untersucht.

Im Folgenden werden die am häufigsten angewandten Methoden zur Diagnostik der MRSA vorgestellt.

PFGE-Analyse chromosomaler DNA mittels Pulsfeld-Gelelektrophorese

Die Gelelektrophorese im gepulsten Feldstärkegradienten ist von SCHWARZ und CANTOR 1984 entwickelt worden. Diese Methode basiert auf der elektrophoretischen Auftrennung von DNA, welche zuvor mit einem Restriktionsenzym, im Falle von S. aureus der Endonuklease SmaI, zerschnitten wurde. Im Gegensatz zur konventionellen Gelelektrophorese können hierbei relativ große DNA-Fragmente aufgetrennt werden. Die Auftrennung erfolgt dabei in einem elektrischen Feld, dessen Ausrichtung sich periodisch ändert, also pulsiert.

Trotz der hohen Kosten, die mit dieser Methode verbunden sind, ist die PFGE eine häufig eingesetzte und sehr gut anwendbare Technik, die zur Beobachtung von räumlich und zeitlich begrenzten Ausbrüchen geeignet ist. Sie wurde lange Zeit als „Goldstandard“ in der MRSA Diagnostik angesehen (SCHMITZ et al. 1998).

MLST–Multi Locus Sequence Typing

Bei dieser Methode werden verschiedenen Sequenzen eines Genes, den Allelen, bestimmte Ziffern zugewiesen, aus denen sich dann der MLST-Typ ergibt. Man nennt ihn auch den Sequenztyp (ST), der eine Einordnung in verwandtschaftliche Linien möglich macht. Die Unterschiede in den Sequenzen werden hierbei nicht gewichtet, d. h. eine Punktmutation erzeugt ebenso einen neuen Alleltyp wie ein größerer Basenaustausch. Untersucht werden dabei interne Bereiche von sogenannten housekeeping-Genen mittels PCR, da diese in allen Stämmen vorkommen, aber noch genügend Variationen innerhalb der Spezies-Population zeigen (ENRIGHT et al. 2000). Für S. aureus werden sieben definierte Haushaltsgene untersucht. Die Methode eignet sich sehr gut für weltweite epidemiologische Untersuchungen über einen langen Zeitraum und gilt als Methode der Wahl bei der Untersuchung klonaler Erregerausbreitung.

spa -Gen Sequenztypisierung

Ziel dieser PCR-basierten Technik ist die sogenannte X-Region, eine hypervariable Region im Bereich des spa-Gens, welches für das zellwandassoziierte Protein A von S. aureus codiert (FRÉNAY et al. 1996). Die X-Region von spa besteht aus mehreren repeats, sich wiederholende DNA-Einheiten gleicher Länge. Die Anzahl an repeats kann von Stamm zu Stamm unterschiedlich sein, wodurch eine Differenzierung zwischen Isolaten möglich ist.

Dieser ausgeprägte Sequenz-Polymorphismus dient als Grundlage dieses Typisierungsverfahrens. Untereinander verwandte spa-Sequenztypen werden als Komplexe zusammengefasst. Die Benennung von spa-Typen erfolgt, ähnlich wie bei der MLST-Typisierung, durch die Analyse der ermittelten Sequenz mittels einer Datenbanksoftware.

Wie auch die MLST-Typisierung eignet sich die spa-Typisierung bei der primären Typisierung zum Nachweis von Abstammungslinien. Aufgrund der hohen Kongruenz zwischen spa-Typen und MLST definierten klonalen Linien ist bei MRSA eine direkte Zuordnung der spa-Typen zu MLST-Typen (ST) gegeben. Die spa-Typisierung eignet sich zum Nachweis eines Ausbruchgeschehens in einer medizinischen Einrichtung ebenso wie zur vergleichenden Untersuchung von Stämmen unterschiedlicher regionaler Herkunft.

Die Übereinstimmung der Ergebnisse dieser Methode mit denen der PFGE und MLST ist hoch (STROMMENGER et al. 2006), so dass sich diese drei Typisierungsmethoden zur Untersuchung von MRSA-Stämmen weltweit etabliert haben und MRSA-Typen anhand dieser Methoden definiert werden.

Typisierung der chromosomalen Staphylokokken Genkassette:

SCC mec -Typisierung

Mittels PCR wird bei dieser Typisierungsmethode die SSCmec-Genkassette, welche das für die Methicillinresistenz verantwortliche mecA-Gen trägt, sowie der für S. aureus weitestgehend spezifische Genabschnitt orfX nachgewiesen. Da orfX spezifisch für S. aureus ist, können MRSA durch dieses Verfahren mit einer hohen Sicherheit aus mischbesiedelten Abstrichmaterialien direkt bestimmt werden (CUNY u. WITTE 2005).

Von dieser SCCmec-Genkassette existieren innerhalb der MRSA-Population mehrere Typen.

Bisher konnten fünf Typen beschrieben werden (SCCmec I-V). Durch SCCmec-Typisierung

werden verwandtschaftliche Verhältnisse einzelner Staphylokokken-Isolate zueinander aufgeklärt.