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B. ÖFFENTLICHE KREDITHILFEN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

I. FORMEN ÖFFENTLICHER KREDITHILFEN

4. Zahlungswirksamkeit öffentlicher Kredithilfen

Im Gegensatz zu den meisten anderen öffentlichen Ausgaben sind öffentliche Kre-dithilfen dadurch gekennzeichnet, daß die damit verbundenen Nettoausgaben, also die Finanzierungskosten öffentlicher Kredithilfen, nicht ohne weiteres erkennbar sind6. Dies beruht darauf, daß öffentliche Kredithilfen, abgesehen von kapitalisierten Zinszuschüssen, nicht oder nicht nur in der Vergabeperiode, sondern (auch} in künftigen Perioden zu Aus-gaben führen. Umgekehrt resultieren aus der Vergabe von Kredithilfen wiederum Ein-nahmen, die mit den Ausgaben saldiert werden müssen, um die damit verbundenen Netto-ausgaben zu ermitteln. Die Kenntnis der NettoNetto-ausgaben ist aber notwendige Vorausset-zung für eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse öffentlicher Kredithilfen bzw. einer Analyse sozial optimaler Programmniveaus und -strukturen7. Im diesem Abschnitt soll

auf-1 Vgl. BUNDESMINISTER FÜR WIRTSCHAFT (1989), S.15.

2 Vgl. BOSWORTH/CARRON/RHYNE (1987), S.37

3 Hier sind die Provisionen so niedrig festgesetzt, daß nur durch öffentliche entgeltlose Haf-tungsübernahme das Fortbestehen dieser Einrichtungen gesichert werden kann. Vgl.

DICKERTMANN (1980), S.284.

4 Vgl. BOSWORTH/CARRON/RHYNE (198~), S.38.

5 Vgl. SCHLECHT (1982), S.423 ff. mit einem Uberblick über die zwischen 1972 und 1982 über-nommenen öffentlichen "Rettungsbürgschaften" und die damit verbundenen Schadens-leistungen des Bundes.

6 Vgl. BOSKIN/BARHAM/CONE/OZLER (1987), S.14.

7 Vgl. BOSKIN/BARHAM/CONE/OZLER (1987), S.15.

gezeigt werden, welche Zahlungsströme durch die Vergabe öffentlicher Kredithilfen verur-sacht werden. Dabei sollen die durch Kredithilfen verurverur-sachten Verwaltungskosten un-berücksichtigt bleiben. Außerdem wird an dieser Stelle aus Vereinfachungsgründen von marktlichen Preisreaktionen abgesehen, die durch Kredithilfen induziert werden können und gegebenenfalls Rückwirkungen auf die Höhe der Nettoausgaben öffentlicher Kredit-hilfen haben können. Schließlich bleiben die mit der Finanzierung dieser Nettoausgaben verbundenen sozialen Kosten unberücksichtigt.

Die Nettoausgaben öffentlicher Kredithilfen werden definiert als Differenz des (erwarteten) Gegenwartswerts der Ausgaben und des (erwarteten) Gegenwartswerts der Einnahmen1. Die Abdiskontierung künftiger Zahlungsströme erfolgt dabei mit der Oppor-tunitätskostenrate, die zumindest näherungsweise durch den Marktzinssatz für Kredite ent-sprechender Laufzeit zu erfassen ist2. Soweit öffentliche Kredithilfen Ausgabenüber-schüsse implizieren, ziehen sie einen Finanzierungsbedarf nach sich.

Bei Schuldendiensthilfen ist der Finanzierungsbedarf vergleichsweise einfach zu er-fassen, da sie ausschließlich zu Ausgaben führen3. Allerdings hängt die zeitliche Verteilung der erforderlichen Einnahmen davon ab, ob die Schuldendiensthilfe in kapitalisierter oder laufender Form vergeben wird. Im ersteren Fall müssen die Ausgaben für Schuldendienst-hilfen vollständig in der Vergabeperiode finanziert werden. Im anderen Fall verteilen sich die Ausgaben über mehrere Perioden, wobei aber bereits in der Vergabeperiode Verbind-lichkeiten in Höhe des Gegenwartswerts der künftigen Zahlungen entstehen.

Dagegen verursacht ein Darlehen in der Vergabeperiode Ausgaben in Höhe der Darlehenssumme. Durch diese Ausgaben kommt es jedoch zu einem Forderungserwerb des Darlehensgebers; das öffentliche Nominalvermögen erhöht sich um die Darlehens-summe4.S. Die Erhöhung des nominalen Finanzvermögens, d.h. der Ausgabenüberschuß der Vergabeperiode, muß durch Einnahmen in der Vergabeperiode finanziert werden, wo-bei die "Umwandlung" liquider Mittel in eine Forderung einen Aktivtausch darstellt6•

Erfolgt dieser Vorgang mittels Steuerfinanzierung, ist die Darlehensvergabe mit künftigen Einnahmenüberschüssen in Form von Tilgungs- und ggf. auch Zinszahlungen verbunden.

1 Von Risikokosten wird hier abgesehen.

2 Zum vergleichbaren Problem der Bestimmung von Diskontierungsraten in Kosten-Nutzen-Analysen vgl. ausführlich BOADWAY/WILDASIN (1984), S.203 ff., 213 ff. m.w.N. Siehe auch FOLKERS (1981), S.25.

3 Dabei wird davon abgesehen, daß Einnahmen bei Schuldendiensthilfen aus der Rückab-wicklung des Subventionsverhältnisses analog den zivilrechtlichen Regeln über die unge-rechtfertigte Bereicherung entstehen können.

4 Vgl. DICKERTMANN (1980), S.240.

5 Das Umgekehrte gilt bei Erfüllungsleistungen auf solche Forderungen.

6 Vgl. ZEITEL (1977), S.1000.

Der Bestand steuerfinanzierter Darlehensforderungen bildet somit einen "Reservefonds"1, der künftig zur Deckung laufender staatlicher Ausgaben verwendet werden kann. Wird der Forderungserwerb dagegen kreditfinanziert, so leuchtet unmittelbar ein, daß die Darle-hensvergabe Zinsverbilligungskosten verursacht2• Sie steigen mit zunehmender Kreditaus-fallwahrscheinlichkeit, die bei marktlichen Krediten zu einer Erhöhung des nominalen Zinssatzes führt3. Diese Zinsverbilligungskosten erzeugen einen Finanzierungsbedarf in den Folgeperioden. Darüber hinaus reduziert die Vergabe zinsverbilligter Darlehen, die durch eine Kreditaufnahme am Kapitalmarkt refinanziert werden, gegenüber der Vergabe von Darlehen mit marktlicher Verzinsung das öffentliche Nettovermögen. Da der Nettoge-genwartswert der künftigen Zahlungssalden ökonomisch dem Nettovermögen entspricht4, ergibt sich hier aufgrund der Zinsverbilligung ein negativer Wert, der genau dem Gegenwartswert der Nettoausgaben öffentlicher Darlehen entspricht. Denn die Zinsein-nahmen stellen insoweit lediglich Teilkostenersätze für die Zinsaufwendungen dar5. Ein Nettovermögensverlust gleicher Höhe ergibt sich jedoch auch bei Steuerfinanzierung des Forderungserwerbs, sofern die Opportunitätskostenrate von der Finanzierung des For-derungserwerbs unabhängig ist6. Dies kommt darin zum Ausdruck, daß der (potentielle) Marktwert der Darlehensforderung wegen der Zinsverbilligung unterhalb des Nominal-betrags liegen muß7• Da der Marktwert der Forderungen bereits im Zeitpunkt der Dar-lehensvergabe unter seinem Nominalwert liegt, realisieren sich die Nettoausgaben des öffentlichen Darlehens in kapitalisierter Höhe in diesem Zeitpunkt.

Kreditgewährleistungen führen als Eventualverbindlichkeiten nur im Schadensfall zu Ausgaben. Sofern dafür Prämien zu entrichten sind, werden die Ausgaben zumindest teil-weise durch Einnahmen ausgeglichen. Ein über die Prämieneinnahmen hinausgehender

1 ZEITEL (1967), S.211.

2 Dies gilt nur dann nicht, wenn die Zinshöhe des öffentlichen Darlehens und des Refmanzie-rungskredits übereinstimmen.

3 Vgl. DICKERTMANN (1980), S.50.

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~~~st~tttt1~tfts~-r!-. FOLKERS (1980).

6 Unterstellt man einen vollkommenen Kapitalmarkt, so stimmen im Gleichgewicht die soziale Zeitpräferenz- und Opportunitätskostenrate überein. Die staatliche Diskontierungsrate ist da-her unabhängig davon, ob die Darlehensfinanzierung durch Entzug finanzieller Ressourcen• zur Finanzierung privater Investitionen oder privaten Konsums erfolgt. Berücksichtigt man dage-gen, daß die Opportunitätskostenrate die Zeitpräferenzrate wegen der Besteuerung von Kapi-taleinkünften übersteigt, können sich bei der Kredit- gegenüber der Steuerfinanzierung unter-schiedliche soziale Opportunitätskosten ergeben, wenn beide Finanzierungsinstrumente in unterschiedlicher Weise zu einer Verdrängung privater Investitionen führen. Zu einem Über-blick hierzu siehe BOADWAY/WILDASIN (1~84), S.203 ff.

7 Vgl. DICKERTMANN (1980), S.241. Diese Überlegung basiert auf dem einfachen Zusam-menhang, daß der Kurs einer künftig fälligen Forderung kleiner ist als der Nominalbetrag, wenn der Marktzinssatz den Nominalzinssatz übersteigt.

Finanzierungsbedarf entsteht dabei in den Perioden, in denen die Ausgaben die Einnah-men übersteigen. Da die Inanspruchnahme aus Gewährleistungen zu einem Forderungser-werb führt, können auch nach dem Ende des Gewährleistungszeitraums Einnahmenüber-schüsse entstehen. Allerdings ist der Marktwert der aufgrund einer Inanspruchnahme aus Gewährleistungen erworbenen Forderungen wegen der teilweise sehr geringen Erfül-lungswahrscheinlichkeit regelmäßig deutlich niedriger als bei Forderungen aus öffentlichen Darlehen. Die Nettoausgaben eines Kreditgewährleistungs-Programms bestimmen sich jedoch wiederum allein nach dem Gegenwartswert der Differenz von Ausgaben und Ein-nahmen über den gesamten Zeitraum, in dem die Gewährleistungen zahlungswirksam werden.