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Wirtschaftskunde als Teil der Allgemeinbildung

Bevor man sich mit der inhaltlichen Ausarbeitung des konkreten Themas auseinandersetzt, soll dieser angesprochene Bereich der Wirtschaftskunde auch als Teil von Allgemeinbildung erläutert werden.

In der Auseinandersetzung mit den beiden Begriffen Wirtschaftskunde und Allgemeinbildung tauchen immer wieder zwei Begriffe auf, deren Bedeutung es in Bezug auf die gestellte Fragestellung zu klären gilt.

4.1 Wirtschaftserziehung

Damit ist jedoch nicht das in Österreich gültige Unterrichtsprinzip der Wirtschaftserziehung und VerbraucherInnenbildung gemeint (BMUKK 2013), da über dieses Prinzip keine textliche Fassung vorhanden ist und so inhaltliche Ausarbeitungen für die Lehrperson erschwert (GOETZ 1995, S. 27) werden.

Im Zusammenhang mit dieser Arbeit ist die Sichtweise von KLAPPACHER auf die Wirtschaftskunde von großer Bedeutung. KLAPPACHER beschreibt in seinem Konzept Sinnvoll GW, welches für die Sekundarstufe I konzipiert ist, aber durchaus auf die Sekundarstufe II übertragbar ist, „… dass Wirtschafskunde im Sinne von Wirtschaftserziehung und nicht im Sinne einer Volkswirtschaftslehre oder Betriebswirtschaftslehre oder Wirtschaftsgeographie zu sehen ist“ (2008, S. 18).

Diese Überlegungen entstanden aus der im vorangegangenen Kapitel besprochenen neuen fachdidaktischen Diskussion im Fach Geografie und Wirtschaftskunde. Diese Vorstellung der Wirtschaftserziehung entwickelte sich durch ein neues didaktisches

„gesellschaftsorientiertes“ Basiskonzept nach SITTE, indem der „... in gesellschaftlicher Bindung räumlich und wirtschaftlich handelnde Mensch in den Mittelpunkt des Unterrichtsfaches“ rücken sollte (2001, S. 164). Hiermit beruft SITTE sich bei der Behandlung ökonomischer Aspekte auf jene Vorstellung von Wirtschaftserziehung, die sich an Handlungsbereichen zu orientieren hat (SITTE 2001c, S. 546).

41 Die Anforderungen an diesen Begriff sind nach SITTE (2001c, S. 545–546) jene, dass die Schüler und Schülerinnen in den privaten, betriebs- und volkswirtschaftlichen und globalen Bereichen der Wirtschaft handeln können. Ziel ist es, Jugendliche zu handelnden und mündigen „Wirtschaftsbürgern“ zu erziehen. KLAPPACHER (2008, S.

19) beschreibt Wirtschaftserziehung sogar als Grundvoraussetzung, die Schüler und Schülerinnen zu Mitbestimmungs-, Solidaritäts- und Selbstbestimmungsfähigkeit in allen Lebensbereichen befähigt. Folglich ist für SITTE Wirtschaftserziehung ein

„zentraler Bestandteil einer zeitgemäßen Allgemeinbildung“ (2001c, S. 546).

4.2 Ökonomische Bildung

Ein weiterer Begriff, der im Zusammenhang mit Allgemeinbildung und Wirtschaftskunde genannt wird, ist jener der ökonomischen Bildung. Nach FRIDRICH (2012a, S. 5) wird „… in der Unterrichtspraxis vielfach eine Weiterentwicklung von Wirtschaftskunde hin zu einer wirtschaftlichen bzw. ökonomischen Bildung vollzogen.“

Um ökonomische Bildung mit Allgemeinbildung bzw. mit der kritisch-konstruktiven Didaktik in Einklang zu bringen, braucht man sich nur dessen Ziele anzusehen.

Obwohl es verschiedene Interpretationen von ökonomischer Bildung gibt, sind deren Ziele ident.

Orientiert man sich am Modell der ökonomischen Bildung nach Albers, so besteht Bildung für ihn nach BRANDLMAIER et al. (2006, S. 31) aus zwei Komponenten, erstens Persönlichkeit und zweitens Bewährung in Lebenssituationen. Menschen soll also zur Mündigkeit verholfen werden – ein klarer Auftrag, den schon die klassischen Bildungstheoretiker für sich beanspruchten. Ergänzt wird dieser Anspruch noch durch das Ziel des handlungsfähigen Menschen. Albers (BRANDLMAIER 2006, S. 31) sieht das Leitbild der ökonomischen Bildung in dem „… des mündigen Wirtschaftsbürgers, der in der Lage ist, die ökonomisch geprägten Lebenssituationen im privaten, gesellschaftlichen und beruflichen Bereich zu bewältigen“.

Bekräftigt wird dieser Gedanke Albers durch die Wirtschaftsbildung im Sinne KOLLMANNs, der in seinem Artikel „Wirtschaftsbildung muss immer kritisch sein …“

42 (2012) diese nur dann für sinnvoll hält, wenn sie kritische Züge aufweist. Denn nur meinungs- und handlungsfähige Menschen können Wirtschaft von jeglicher Ideologie befreit verstehen (2012, S. 72). Dieser Gedanke liegt ganz im Sinne KLAFKIs, der mit den Zielen der Allgemeinbildung (Mitbestimmungs-, Solidaritäts- und Selbstbestimmungsfähigkeit) und dem Problemunterricht genau dieses Anliegen, nämlich die Befähigung des einzelnen Schülers und der einzelnen Schülerin, zum Handeln fordert (KLAFKI 1991, S. 55–56). Ökonomische Bildung kann daher als Teil der Allgemeinbildung angesehen werden (BRANDLMAIER 2006, S. 31).

Eine weitere Interpretation ökonomischer Bildung, die an Albers Modell anschließt, bieten SEEBER et al. im Zuge ihres Kompetenzmodells ökonomischer Bildung (2012, S. 68) ab, der das Ziel dieser darin sieht, „… dass der Mensch seine Interessen in der heutigen Wirtschaft und Gesellschaft zugleich mündig vertreten, sachkundig urteilen und verantwortlich handeln kann“. In dieser Zielstellung werden die drei Leitideen der ökonomischen Bildung nach SEEBER et al. (2012, S. 68) sehr gut ersichtlich.

Leitideen der ökonomischen Bildung nach Seeber et al.

Diese Leitideen bilden eine systemische Einheit (SEEBER et al. 2012, S. 68) und sind für alle Schulstufen und alle Schulformen bestimmt und gültig (SEEBER et al. 2012, S. 84). Sie lauten wie folgt:

 Mündigkeit: Diese beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstbestimmung in ökonomisch geprägten Lebenssituationen.

 Tüchtigkeit: Diese beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft, den Anforderungen in wechselnden Lebenssituationen zu genügen.

 Verantwortung: Diese beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft, für sich selbst, für andere, für Sachwerte und Institutionen Verantwortung zu übernehmen.

43 Diese Leitideen lassen sich nun mit jenen Zielen der Allgemeinbildung nach KLAFKI gleichstellen, wenngleich die einen Ziele ökonomischen Bezug aufzeigen und die anderen allgemeingültig sind.

Durch diese Vergleichbarkeit der Leitideen der ökonomischen Bildung mit der kritisch-konstruktiven Didaktik gilt diese laut SEEBER et al. (2012, S. 85) als „… ein unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung“.

Fazit

Durch diese Darstellungen zeigt sich, dass diese beiden Begriffe in zwei Punkten ident und verknüpfbar werden. Beide sind Teile der Allgemeinbildung, verfolgen daher dieselben Ziele und sind inhaltlich durch den „Lebenssituationsansatz“ geprägt, oder um es mit Worten von FRIDRICH (2012b, S. 22) zu sagen: „Es ist inzwischen in Österreich fachdidaktisch Allgemeingut, dass Wirtschaftskunde bzw. ökonomische Bildung Bestandteil einer modernen Allgemeinbildung darstellen sowie zumindest die drei großen, miteinander vernetzten Handlungsbereiche Konsumökonomie, Arbeitsökonomie und Gesellschaftsökonomie umfassen.“

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5 Schwerpunktsetzung der Weg zu den