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Wirkung der Tariflimite auf den Markt

Die Marktentwicklung in Bern zeigt, dass Wettbewerb auch mit einer Tariflimite möglich ist.

Dabei stellt sich jedoch die Frage, welche Auswirkungen die Tariflimite auf den Markt hat bzw. welche Entwicklung zu erwarten wäre, wenn keine Tariflimite besteht. Entscheidend für den Einfluss auf den Markt ist die Höhe der Tariflimite. Wird die Tariflimite ausreichend hoch gewählt und liegt deutlich über den effektiven Kosten einer Kita, entsteht ein Preiswettbewerb unterhalt der Tariflimite. Der Markt funktioniert wie bei «open-ended vouchers». Die Kitas haben einen gewissen Spielraum, die nötigen Mittel zur Differenzierung ihres Angebots zu generieren. Es entstehen zwar unterschiedliche qualitative Angebote, ein Zweiklassen-Kitasystem kann aber mit ausreichend hohen Gutscheinen verhindert werden.

Die Tariflimite stellt sicher, dass die teuersten Angebote grundsätzlich auch für tiefere Einkommen erreichbar bleiben.

4. Beurteilung der Tariflimite ECOPLAN

Abbildung 4-1: Wirkung der Tariflimite, wenn Tariflimite höher als effektive Kosten

Quelle: Eigene Darstellung.

Wird die Tariflimite aber zu tief gewählt und liegt sogar unterhalb der durchschnittlichen effektiven Kosten für die Kinderbetreuung, dann übersteigt die Nachfrage nach Betreuungsplätzen das Angebot, da die Anbieter nicht bereit oder nicht fähig sind, zum entsprechenden Preis zu produzieren. Dies kann dazu führen, dass die Kostenstruktur des Angebotes angepasst wird, z.B. über eine Senkung der Lohnkosten, was voraussichtlich zu einer tieferen Qualität führt.

Preis

Menge Angebot

Nachfrage Tariflimite

Überangebot

Markt

Tariflimite

Kleinere

Nachfrage Höheres Angebot

Überangebot

Preise < Tariflimite Verdrängung / Verteuerung

Gleichgewicht 2-Klassen Kitas

Erwarteter Markteffekt

4. Beurteilung der Tariflimite ECOPLAN

Abbildung 4-2: Wirkung der Tariflimite, wenn Tariflimite tiefer als effektive Kosten

Quelle: Eigene Darstellung.

Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zur Qualität ist allerdings wahrscheinlicher, dass sich wie bereits vor Einführung des Gutscheinsystems ein getrennter Markt für subventionierte und nicht subventionierte Plätze bildet. Wenn ausreichend Nachfrage nach Betreuungsplätzen zu Preisen oberhalb der Tariflimite besteht, kann es für den Anbieter sehr attraktiv sein, nicht oder nur mit einem Teilangebot am Gutscheinsystem teilzunehmen, um die übrigen Plätze zu einem lukrativeren Preis verkaufen zu können. Dies wird verstärkt, wenn – wie im aktuellen Berner System – unterschiedliche Tarife für Gutscheinplätze und rein private Plätze erlaubt sind.

Die Vorteile des Gutscheinsystems gegenüber der bisherigen Finanzierung über Leistungsverträge geht verloren. Vor allem steht den Eltern nur eine beschränkte Anzahl an Betreuungsplätzen zur Verfügung, um Betreuungsgutscheine einzulösen. Für Kindertagesstätten existieren zwar keine exklusiven Zugangsrechte mehr zum Markt für subventionierte Plätze und alle können entsprechende Plätze anbieten. Die Rahmenbedingungen sind aber so unattraktiv, dass die gewünschten Markteffekte ausbleiben. Dies führt weiter dazu, dass die Zweiteilung des Marktes zwischen subventionierten und nicht subventionierten Betreuungsplätzen bestehen bleibt. Mehr noch:

Die Tarife der nicht subventionierten Betreuungsplätze werden verwendet, um die subventionierten Plätze quer zu subventionieren. Entsprechend fallen diese höher an, als das eigentliche Marktgleichgewicht wäre.

Aufgrund der Rückmeldungen der Kindertagesstätten wird deutlich, dass die für den Pilot gewählte Tariflimite von 110.85 CHF ohne Mahlzeiten zu knapp bemessen ist und weiterhin ein zweigeteilter Markt existiert. 39 der Befragten 45 Kitas mit Betreuungsgutscheinen geben Preis

Menge Angebot

Nachfrage Tariflimite

Ungedeckte Nachfrage

Markt

Tariflimite

Höhere Nachfrage Kleineres Angebot

Ungedeckte Nachfrage

Anpassungen des

Angebotes 2. Markt ohne BG

Qualitätsverlust 2-Klassen Kitas Angebot

B A

A B

Erwarteter Markteffekt

4. Beurteilung der Tariflimite ECOPLAN

an, dass der Gutscheinbetrag nicht ausreicht, um die Vollkosten zu decken. Die Kindertagesstätten haben demnach nur einen beschränkten Anreiz, alle freien Plätze an Personen mit Betreuungsgutscheinen zu vergeben. Diese Erkenntnis wird dadurch bestärkt, dass heute 85% der befragten Kindertagesstätten mit Betreuungsgutscheinen unterschiedliche Tarife für Gutscheinplätze und nicht subventionierte Plätze aufweisen. Dies sind insbesondere private Kindertagesstätten mit Betreuungsgutscheinplätzen: Drei Viertel der privaten Kindertagesstätten weisen einen unterschiedlichen Tarif aus. Aber auch die städtischen Kindertagesstätten nutzen unterschiedliche Tarife.40 Als Hauptgrund wird häufig genannt, dass die privaten Tarife einen Geschwisterrabatt vorsehen und daher der Grundtarif höher angesetzt werden muss. Oder aber, dass die Tarife bereits vor dem Systemwechsel bestanden haben. Einheitliche Tarife für subventionierte und nicht subventionierte Betreuungsplätze waren nämlich bereits vor der Einführung der Gutscheine eher die Ausnahme. Nur vier der 25 befragten privaten Kindertagesstätten, die bereits vor Einführung der Gutscheine sowohl private als auch subventionierte Plätze anboten, hatten für alle Plätze den gleichen Tarif.

Die Kindertagesstätten machen kein Geheimnis daraus, dass sie die höheren privaten Tarife vor allem auch dafür nutzten, um das Defizit aus den zu tiefen Beiträgen für Betreuungsgutscheine zu decken. In der Befragung 2015 machten zwar nur wenige Kindertagesstätten eine Angabe, wie sie das entstehende Defizit decken werden. Die häufigste Nennung ist aber „durch höhere Tarif für Private“ (8 Nennungen), noch vor

„vermehrt Plätze für Kleinstkinder“ (7). In der Befragung 2013 kommt dies aber noch deutlicher zum Ausdruck. Damals gaben 34 der insgesamt 65 Kindertagesstätten (16 Städtische, 13 Private mit subv. Plätzen und 5 Private ohne subv. Plätze) bei der Befragung an, ein allfälliges Defizit aufgrund der zu geringen Tariflimite mit höheren Tarifen für private Plätze zu kompensieren.

Dass mit der heute gültigen Tariflimite eine Verzerrung oder eben gar eine Zweiteilung des Marktes weiterhin gefördert wird, zeigt ebenfalls der Fakt, dass mehrere Kindertagesstätten auf eine Teilnahme am Pilot verzichtet haben, da für sie die Gutscheinlösung nicht attraktiv war.

Aus diesen Überlegungen wird es als sinnvoll erachtet, die bestehende Tariflimite anzuheben. Dabei gilt zu erwähnen, dass eine höhere Tariflimite nicht mit höheren Subventionen (Gutscheinbeträgen) gleichzusetzten ist. Die Tariflimite und der maximale Gutscheinbetrag sind unabhängig voneinander. Wie im nachfolgenden Abschnitt gezeigt wird, führt eine Anhebung der Tariflimite nicht automatisch dazu, dass sämtliche Kindertagesstätten ihre Preise der Tariflimite angleichen.

Welche Höhe optimal ist, kann aus den Daten nicht abschliessend beantwortet werden und ist letztendlich eine politische Frage. Dabei geht es insbesondere darum, welche

40 In den städtischen Kitas liegt der Preis für private Plätze ohne Betreuungsgutschein gemäss Verordnung bei 118°CHF.

4. Beurteilung der Tariflimite ECOPLAN

Eigenleistung den Eltern zugetraut wird. Im heute geltenden System beträgt die minimale Eigenleistung für Eltern mit einem massgebenden Einkommen von unter 42‘120 CHF maximal 6.66 CHF für einen Betreuungstag von 9 Stunden. Dies entspricht 133.20 CHF pro Monat bei einer 100% Betreuung bzw. weniger als 4% des Monatseinkommens.