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Notwendigkeit einer Tariflimite

Im Dokument Betreuungsgutscheine in der Stadt Bern (Seite 98-101)

In der Literatur gibt es keine einheitliche Meinung darüber, ob ein Gutscheinsystem mit Tariflimite oder ohne Tariflimite (bzw. quasi egalitäre Gutscheine oder «open-ended vouchers») zu bevorzugen ist.41 In einem Gutscheinsystem ohne Tariflimite wie in Luzern behält der Preismechanismus grundsätzlich seine steuernde Wirkung. Der Nachteil besteht darin, dass die Zahlungsbereitschaft der Eltern über die Qualität der Betreuung entscheidet.

Aus Sicht der Chancengleichheit ist daher eine Tariflimite zu begrüssen. Eine Tariflimite garantiert aber keine Chancengleichheit, weil nach wie vor die Angebote sich qualitativ unterschieden können und der Zugang zu den einzelnen Angeboten eingeschränkt ist. Die Literatur geht gar davon aus, dass solche Tariflimiten die Innovationsfähigkeit und Flexibilität des Marktes hemmt, was sich wiederum negativ auf die Qualität auswirken kann. Mit Tariflimite ist die Qualität der Kinderbetreuung jedoch aber unabhängig von der Zahlungsbereitschaft der Eltern, solange es neben dem Gutscheinsystem keinen zweiten Markt für rein private Betreuung gibt.

Mit der Tariflimite in der Stadt Bern soll sichergestellt werden, dass Familien mit tieferen Einkommen Zugang zu entsprechenden Betreuungsleistungen haben. Wie oben aufgezeigt, ist die Tariflimite das richtige Mittel um eine entsprechende Chancengleichheit zu gewährleisten. Inwiefern eine Tariflimite allerdings überhaupt notwendig ist, hängt einerseits von der Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für Kinderbetreuung ab. Andererseits auch wesentlich davon, aufgrund welcher Überlegungen die heutigen Tarife bestimmt werden und wie die Kindertagesstätten bei einer Freigabe der Tarifhöhe diese setzen würden.

Erkenntnisse hierzu können aus den Kita-Befragungen und den Elternbefragungen abgeleitet werden.

Einen Hinweis auf die Tarifentwicklung bei einer Freigabe des Maximaltarifs ergibt sich aus der Analyse der Tarife für Betreuungsplätze ohne Betreuungsgutscheine. Die Tarife für entsprechende Betreuungsplätze können durch die Kindertagesstätten selbst bestimmt werden. Gemäss der Kitabefragung haben nur 7% der Kindertagesstätten keine unterschiedlichen Tarife für Betreuungsplätze mit oder ohne Gutschein. Entsprechend orientieren sich diese Kindertagesstätten bei der Tarifgestaltung an den Normkosten. Die übrigen Kindertagesstätten orientieren sich für die Berechnung der Tarife meist an mehreren Aspekten, wobei sowohl die Normkosten als auch die effektive Kostenstruktur wichtige Anhaltspunkte darstellen. Aber auch die Tarife der Konkurrenz oder die Zahlungsbereitschaft

41 Vgl. Kreyenfeld/Wagner (2000), Working Paper: Die Zusammenarbeit von Staat und Markt in der Sozialpolitik, S.

13ff.

4. Beurteilung der Tariflimite ECOPLAN

der Eltern werden von mindestens einem Drittel der Kitas in der Tarifberechnung miteinbezogen.

Abbildung 4-3: Tarife für Plätze ohne Betreuungsgutscheine

Quelle: Kitabefragung Ecoplan (2015); N=53

Eine Analyse der Tarife für private Plätze ohne Betreuungsgutscheine zeigt, dass diese im Schnitt mit gut 118.65 CHF höher sind als die vorgegebenen Tarife für Betreuungsgutschein-Plätze. Der Durchschnittswert wird einerseits durch die städtischen Kitas tiefgehalten. Nicht städtische Kitas mit Betreuungsgutscheinen haben einen deutlich höheren Durchschnittswert (Abbildung 4-2). Diejenigen Kitas, die bewusst einen unterschiedlichen Tarif wählen, berechnen im Durchschnitt 120 CHF pro Tag. Insgesamt liegen die Tarife zwischen 70 CHF und 140 CHF, wobei drei Viertel aller Kindertagesstätten einen Tarif von höchstens 120 CHF verlangen und nur vier Kitas die 130 CHF Grenze überschreiten.

Es ist daher zu erwarten, dass bei einer Freigabe der Tariflimite die Tarife grundsätzlich ansteigen dürften. Allerdings ist nur ein moderater Anstieg zu erwarten. Neben den Tarifen für Betreuungsplätze gibt es hierfür mehrere weitere Hinweise. So werden heute beispielsweise die privaten Tarife verwendet, um die Gutscheinplätze mitzufinanzieren.

Dadurch sind sie heute höher als sie eigentlich sein müssten. Dies bestätigen auch die Ergebnisse der Kitabefragung. Zwar sind die Kindertagesstätten mehrheitlich der Ansicht, dass die vorgesehene Tariflimite nicht ausreichen wird, um die Kosten zu decken. Nur 6 der befragten Einrichtungen empfanden den Betrag von 110.85 CHF als ausreichend (vgl.

Abbildung 4-4). Die von den Kindertagesstätten angegebene Wunschhöhe für den 118; 15

städtische Kitas Kitas mit BG &

2013 subv. Plätzen

4. Beurteilung der Tariflimite ECOPLAN

Betreuungsgutschein liegt zwischen 112 CHF und 130 CHF. Im Durchschnitt beträgt dieser 117.72 CHF.

Abbildung 4-4: Reicht der Gutscheinbetrag von CHF 110.85 pro Betreuungstag à 11.5 Stunden aus, um die Vollkosten (exkl. Verpflegung) zu decken?

Quelle: Kitabefragung Ecoplan (2015); Frage zu Tariflimite und Vollkosten N=45; Frage zur Wunschhöhe der Tariflimite N=34.

Abbildung 4-5: Falls nein, wie hoch muss aus heutiger Sicht der Betrag [in CHF] ausfallen, damit die Kosten pro Platz (exkl. Verpflegung) gedeckt werden können?

Quelle: Kitabefragung Ecoplan (2015); Kitas, die der Ansicht sind, dass der Betreuungsgutschein in der Höhe von

110.85 CHF nicht ausreicht, um die Kosten zu decken: Städtische Kitas N=15, Private Kitas mit BG & 2013 subv. Plätzen N=17; Private Kitas mit BG & 2013 ohne subv. Plätze N=4.

Aufgrund der bisherigen Resultate lässt sich keine Notwendigkeit einer Tariflimite ableiten.

Zwar ist aufgrund der Rückmeldungen der Kindertagesstätten aus der Stadt Bern und der heutigen Tarifstruktur zu erwarten, dass eine Aufhebung der Tariflimite zu einem moderaten

Wunschöhe [in CHF]

städtische Kita 0 0% 100% 15 118.00

Kita mit BG, 2013 subven. Plätze 5 20% 80% 20 116.76

Kita mit BG, 2013 keine subven. Pl. 1 20% 80% 4 120.75

Total 6 13% 87% 39 117.72

nein Ja

Reicht die Tariflimite aus, um die Vollkosten zu decken?

118; 15

städtische Kitas Kitas mit BG &

2013 subv. Plätzen

Kitas mit BG &

2013 keine subv. Pl

Ø = 118 Ø = 116.76 Ø 120.75

4. Beurteilung der Tariflimite ECOPLAN

Anstieg der Tarife führen wird. Dieser Anstieg ist jedoch nicht über alle Kitas hinweg zu erwarten und der Zugang zur Kinderbetreuung für Familien mit tieferen Einkommen kann auch ohne Tariflimite als gegeben betrachtet werden.

Im Dokument Betreuungsgutscheine in der Stadt Bern (Seite 98-101)