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Wirkstoffauswahl unter Berücksichtigung der prozentualen ARfD-Ausschöp-

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4.1 Risikoorientierte Auswahl der Testsubstanzen

4.1.5 Wirkstoffauswahl unter Berücksichtigung der prozentualen ARfD-Ausschöp-

Die Gefährlichkeit eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffrückstandes wird nicht nur durch dessen charakteristische Wirkungsweise bestimmt, sondern hängt entscheidend von der Kon-zentration ab, die vom Verbraucher durch den Verzehr eines Lebensmittels aufgenommen wird. Bei der Risikobewertung eines Wirkstoffes spielt somit nicht nur dessen spezifische Toxizität eine wichtige Rolle, sondern auch die Exposition des Menschen gegenüber diesem Stoff.

Es wurden daher unter Zuhilfenahme des VELS-Modells und auf Grundlage der zur Verfü-gung stehenden Wirkstoffrückstandsbefunde aus dem Jahr 2006 in einem fünften Schritt die wirkstoffspezifischen ARfD-Ausschöpfungen der 29 verbliebenen Substanzen ermittelt (nähere Erläuterungen zur Berechnung s. Kap. 3.2.4.2). Unter Berücksichtigung der Exposi-tion, d. h. der Verzehrsmenge eines Lebensmittels und der Konzentration eines Wirkstoff-rückstandes, ermöglicht die Berechnung der ARfD-Ausschöpfung die Abschätzung und Bewertung des akuten Risikos, das von einem Pflanzenschutzmittelrückstand ausgeht.

Die Ergebnisse in Tab. 4-3 zeigen, dass die Hälfte (49,8 %) der Rückstandsgehalte ihre korrespondierende ARfD maximal zu einem Fünftel ausschöpft. Bei einem Großteil der Befunde (40,5 %) konnte die ARfD-Ausschöpfung nicht ermittelt werden, da für einige Wirk-stoffe die Festsetzung eines ARfD-Wertes aufgrund der geringen akuten Toxizität nicht erfor-derlich ist. In Einzelfällen konnten zudem keine Berechnungen vorgenommen werden, da die Befunde für Blatt- und Frischgemüse im VELS-Modell keiner bestimmten Gemüsesorte und somit auch keiner konkreten Verzehrsmenge zugeordnet werden können.

Bei Papaya, Rosenkohl und Grünkohl beziehen sich die Verzehrsmengen hingegen auf das verarbeitete Produkt, so dass für die Berechnung der aufgenommenen Wirkstoffkonzentration in diesen Fällen Verarbeitungsfaktoren nötig sind. Das BfR stellt zwar im Internet eine Liste mit allen bislang bekannten Verarbeitungsfaktoren zur Verfügung, doch ist diese Zusammen-stellung weder für alle verarbeiteten Produkte von Obst- und Gemüsesorten noch für alle Pflanzenschutzmittelwirkstoffe vollständig (BfR 2009b). Somit konnten für Papaya, Rosen-kohl und GrünRosen-kohl keine wirkstoffspezifischen Aufnahmemengen und infolgedessen keine ARfD-Ausschöpfungen ermittelt werden.

Tab. 4-3. Darstellung der prozentualen ARfD-Ausschöpfung der einzelnen Rückstandsbefunde von 29 Pflanzenschutzmittelwirkstoffen. – Die Auswertung basiert auf Untersuchungsdaten des LAVES aus dem Jahr 2006 über Pflanzenschutzmittelwirkstoffrückstände in Obst- und Gemüseproben. Die ARfD-Ausschöpfung wurde mithilfe des VELS-Modells berechnet. Stand der ARfD-Werte: November 2007. Soweit nicht anders angegeben, entsprechen die Angaben zur ARfD den BfR-Werten. Bei einem Großteil der Rückstandsdaten konnte eine prozentuale ARfD-Ausschöpfung nicht berechnet werden, da entweder keine wirkstoffspezifischen ARfD-Werte existieren oder für bestimmte Fruchtsorten konkrete Verzehrsmengen bzw. Verarbeitungsfaktoren fehlen.

Pestizidklasse Wirkstoff

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2,6 % der untersuchten Rückstandsbefunde überschreiten die korrespondierende ARfD, wobei der Großteil der Überschreitungen durch den Wirkstoff Imazalil verursacht wird. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine Überschätzung des akuten Risikos handelt, da die Überschreitungen nur bei Zitrusfrüchten (16x Clementine, 11x Orange, 9x Zitrone, 1x Grapefruit und 1x Pomelo) festzustellen sind und Imazalil bei diesen Obstsor-ten nach der Ernte als Oberflächenbehandlungsmittel gegen Pilzbefall eingesetzt wird. Dies bedeutet, dass sich der Wirkstoff vornehmlich auf der Schale der Zitrusfrüchte befindet, und diese wird vom Verbraucher gewöhnlich nicht mitverzehrt. Bei der amtlichen Rückstandsana-lyse wird jedoch gemäß Anlage 4 Liste B der Rückstands-Höchstmengenverordnung die kom-plette Frucht mit Schale auf Rückstände untersucht, so dass Imazalil nachgewiesen werden kann.

Wird dessen Rückstandswert im VELS-Modell nun unkorrigiert in die Formel von beispiels-weise „Orangen, roh“ eingesetzt, ergeben sich in der Folge sehr hohe Aufnahmegehalte auf-grund der dort angegebenen Verzehrsmenge von 238,4 g (s. Abb. 3-5 auf S. 37). Diese Angabe bezieht sich jedoch nur auf den essbaren Anteil einer Orange ohne Schale. Der über-wiegende Anteil von Imazalil befindet sich aber, wie bereits erwähnt, auf der Schalen-oberfläche (BVL 2004).

Unter diesem Aspekt müsste man daher für eine nach üblichen Verzehrsgewohnheiten ange-messene Berechnung der ARfD-Ausschöpfung nicht die Verzehrsmenge von „Orangen, roh“, sondern diejenige von „Orangenschale“ einsetzen. Diese liegt bei 4 g, so dass sich für Imazalil bei der Orange beispielsweise maximale Ausschöpfungsraten von knapp 9 % im Gegensatz zu 400 % ergeben. Im Falle der Zitrone lassen sich nach gleicher Vorgehensweise maximale ARfD-Ausschöpfungsraten von etwa 2 % („Zitronenschale“) statt 544 % („Zitronen, roh“) errechnen. Für Clementine, Grapefruit und Pomelo sind im VELS-Modell keine spezifischen Verzehrsmengen für die Fruchtschale angegeben, doch würde man diese auf 4 g wie bei der Orange festlegen, so läge die höchste ARfD-Ausschöpfung bei etwa 24 % (Clementine). Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen würden somit alle Imazalil-Rück-stände, die in Zitrusfrüchten nachgewiesen wurden, kein einziges Mal eine ARfD-Überschrei-tung hervorrufen.

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Weitere Wirkstoffe, die die korrespondierende ARfD ein- bis dreimal überschreiten, sind Captan, Carbendazim, Dimethoat, Prochloraz und Procymidon. Die höchste ARfD-Ausschöp-fung weist hierbei Dimethoat mit einer Rate von 282 % in der Salatart Lollo rosso auf. Bei den genannten Wirkstoffen ist nicht bekannt, dass sie als Konservierungsmittel von pflanzli-chen Erntegütern eingesetzt werden, weshalb die ermittelten Überschreitungen vermutlich auch nicht als Risikoüberschätzung angesehen werden können.

Generell überschreitet jedoch nur ein geringer Prozentsatz der Wirkstoffrückstände die korrespondierende ARfD. Nach Korrektur der ARfD-Ausschöpfungen der Rückstandsbe-funde von Imazalil läge dieser Prozentsatz bei 0,54 %. In Hinblick auf die Exposition des Verbrauchers war somit kein Wirkstoff von auffallend erhöhter, toxikologischer Relevanz.

Auf dieser Grundlage war damit keine weitergehende Reduktion des Wirkstoffspektrums angemessen.